Natzmer, Oldwig Otto von

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Oberst Oldwig Otto von Natzmer

Oldwig Otto Wilhelm Gneomar von Natzmer (Lebensrune.png 29. Juni 1904 in Liegnitz; Todesrune.png 1. April 1980 in Dissen am Teutoburger Wald) war ein deutscher Offizier der Reichswehr und der Wehrmacht, zuletzt Generalleutnant des Heeres und Ritterkreuzträger im Zweiten Weltkrieg. Von Natzmer war seit dem 20. Juli 1944 Chef des Generalstabes der Heeresgruppe Nord. Am 25. Januar 1945 wurde die Heeresgruppe Nord lagebedingt in Heeresgruppe Kurland umbenannt, deren Chef des Generalstabes er blieb. Teile der Heeresgruppe konnten noch über die Ostsee nach Westen evakuiert werden, so auch Generalleutnant von Natzmer, der schließlich, im Gegensatz zum Oberbefehlshaber Generaloberst Carl Hilpert, in westalliierte Kriegsgefangenschaft geriet.

Werdegang

Generalleutnant Rudolf Schmundt (Mitte) und Ritterkreuzträger Oberst Oldwig Otto von Natzmer
Generalmajor Oldwig Otto von Natzmer im Oktober 1944
Brief (1969)

Lexikon der Wehrmacht

„Oldwig von Natzmer trat am 1. April 1925 als Fahnenjunker in die Reichswehr ein. Am 1. Dezember 1928 wurde er beim 9. (Preuß.) Reiter-Regiment zum Leutnant befördert. Danach gehörte er dann die nächsten Jahre zur 4. Eskadron vom 9. (Preuß.) Reiter-Regiment in Beeskow bei Fürstenwalde. Ab dem Frühjahr 1932 gehörte er zur Ausbildungs-Eskadron vom 9. (Preuß.) Reiter-Regiment in Fürstenwalde an der Spree. 1932/33 wurde er zum Oberleutnant befördert. Am 1. März 1936 wurde er zum Rittmeister befördert. Als solcher wurde er dann zur Kriegsakademie kommandiert. Im Sommer 1938 wurde er dann zum Generalstabes des Heeres kommandiert. Bei der Mobilmachung für den 2. Weltkrieg im Sommer 1939 blieb er weiter in dieser Kommandierung. Auch während des Polen- und Westfeldzuges wurde er dort als Major i. G. eingesetzt. Am 1. April 1941 wurde er dann zum 1. Generalstabsoffizier der 161. Infanterie-Division ernannt. Als solcher wurde er dann bei Beginn des Sommers 1941 im Ostfeldzug beim Angriff auf Mittelrussland eingesetzt. Mitte Juli 1941 wurde er dann zum Ia vom XXXIX. Armeekorps (motorisiert) ernannt. Als solcher wurde er am 1. April 1942 zum Oberstleutnant i.G. befördert. Am 1. November 1942 wurde er dann zum Ia der noch relativ neuen 26. Panzer-Division ernannt. Mitte Dezember 1942 wurde er dann zum Ia der Infanterie-Division Großdeutschland ernannt. Er trug bereits kurze Zeit später beide Eisernen Kreuze. Am 2. April 1943 wurde ihm das Deutsches Kreuz in Gold verliehen. Am 1. Mai 1943 wurde er zum Oberst i. G. befördert. Mitte Mai 1943 wurde er dann durch die Umbenennung des Stabes zur Panzer-Grenadier-Division Großdeutschland zu deren 1. Generalstabsoffizier ernannt. Am 4. September 1943 wurde ihm das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen. Am 1. Juli 1944 wurde er zum Generalmajor befördert. Sein Rangdienstalter wurde später auf den 1. Januar 1945 festgelegt. Am 19. Juli 1944 wurde er abgelöst. Er wurde dafür jetzt zum Chef des Generalstabes der Heeresgruppe Nord ernannt. […] Diesen Posten behielt er dann bis zur Kapitulation der Wehrmacht im Frühjahr 1945. Vorher wurde er am 15. März 1945 noch zum Generalleutnant befördert.“[1]

Nachkriegszeit

Von Natzmer arbeitete, wie etwa 300 andere deutsche hohe Offiziere, zeitweise für die deutsche Abteilung der kriegsgeschichtlichen Forschungsgruppe der United States Army, der Operational History (German) Section oder kurz die „Historical Division“. Die von der Historical Division in Washington D.C. vergebenen Auftragsuntersuchungen wurden ab Juni 1948 über eine acht Mitglieder umfassende Control Group koordiniert, die ihren Sitz zunächst in Königstein im Taunus und ab 1949 in Karlsruhe hatte. Zum Leiter der „Control Group“ hatten die VS-Amerikaner im Februar 1948 Franz Halder designiert, der dann auch die anderen sieben Mitglieder dieses Gremiums vorschlug: General der Infanterie Hans von Greiffenberg, Generalmajor Alfred Toppe, Generalmajor Burkhart Müller-Hillebrand, Generalleutnant Oldwig Otto von Natzmer, Generalmajor Helmuth Reinhardt, Oberst Alred Zerbel und Vizeadmiral Leopold Bürkner.

1949 wurde von Natzmer vom „Spiegel“ als „45jähriger Versicherungsagent und Schulbuchsortimenter“ bezeichnet,[2] dies scheint jedoch eine Tarnung bzw. „Legende“ gewesen zu sein. Schon zu dieser Zeit wertete er US-amerikanische und französische Militärmanöver in der Westzone aus.

„Gliederung und Bewaffnung der vollmotorisierten amerikanischen Infanterie sind für bewegliche Verteidigung und Gegenangriffe besonders geeignet: Mit einer Kompanie M 26-Panzern, zahlreichen sMG und Granatwerfern, mit 2-Mann-Panzerabwehrkanonen, die im Liegen zu bedienen sind und auf 800 Meter einen modernen Panzer durchschlagen sollen, sowie mit personell starken Schützenkompanien vereinigt die US-Infanterie in idealer Weise Feuer- und Stoßkraft. Die junge, frische und unbekümmert sportliche Truppe wird von tatkräftigen Offizieren und erfahrenen alten Soldaten geführt. Die taktische Führung scheint jedoch an manchen Stellen weniger gut fundiert und oft sorglos zu sein. Offenbar in der Annahme, die Überlegenheit amerikanischer Rüstung müsse jede Krise meistern. Gegenüber einem harten und entschlossenen Gegner hätte die Truppe jedoch erhebliche Opfer an Menschen und Material bringen müssen. […] Es liegen Anzeichen vor, daß französische Militärkreise zwölf leichtbewaffnete deutsche Divisionen befürworten. Sie würden die erste wehrlose Beute der 20 000 sowjetischen Panzer. Die deutsche Jugend lehnt das ab. Sie will nicht verheizt werden. […] Wenn ich das wäre, würde ich bestimmt für die Aufstellung jener 12 leichten Divisionen eintreten, auf die einige kurzsichtige Offiziere hoffen, und dabei an die rapide Entwicklung von Reichswehr zur 12-Millionen-Wehrmacht denken. Aber gerade als Soldat kann man heute nur Europäer sein, denn wenn Europa schon verteidigt werden soll, dann nur von einer gesamteuropäischen Unionsarmee und nicht von Länder-Landsknechtshaufen. Wenn schon Westeuropa-Soldat, dann nur, wenn Deutschland gleichberechtigt und ohne Einschränkungen in die West-Union aufgenommen wird. Und dann nicht in leichten Infanterie-Verbänden ohne schwere Waffen und Panzer, sondern nur in modernen, gut bewaffneten Verbänden. […] Deren [Anm.: die anderen Westeuropäer] größte Sicherheit wäre eine zentrale Führung aller Unionstruppen und die Belieferung der deutschen Truppen mit im Ausland hergestellten Waffen. So könnte man uns jederzeit den Gashahn abdrehen, wenn wir gefährlich werden oder wieder ein allzu starker Mann auftreten sollte.“

Spätestens 1950/51 (ggf. schon 1949) war von Natzmer Angehöriger der Organisation Gehlen und galt als Bindeglied zwischen der „Historical Division“ und der OG sowie der „Schnez-Truppe“, der er ggf. ab 1949 angehörte. Generalmajor a. D. Hellmuth Reinhardt, ebenfalls von der war „Historical Division“, war der Verbindungsmann zwischen den südwestdeutschen Veteranenorganisation und der Dienststelle 35 (DS 35) unter General der Artillerie a. D. Horst von Mellenthin der Organisation Gehlen, gegen die auch von Natzmer mehrfach Bericht erstattete.

Unternehmen Versicherungen

„Bei der am 28. Januar 1953 nach langem Hin und Her endlich zustandegekommenen Besprechung zwischen Schardt, Schnez und Natzmer orientierte Schnez den amerikanischen Geheimdienst-Major in aller Ausführlichkeit. Er erklärte diesem, dass die Organisation nach dem Koreakrieg gegründet worden sei, um ähnlichen Gefahren für Westdeutschland entgegenzuwirken. Dabei hätten am Anfang die badischen und württembergischen Divisionen und ihre Traditionsverbände den Grundstock geliefert. Ziel des Unternehmens sei die Evakuierung der hierzu willigen Angehörigen dieser Divisionen ohne Familien in einen Raum westlich des Rheins. Seine Absicht sei es, sich im Kriegsfall der Regierung der Bundesrepublik und den westlichen Streitkräften zur Verfügung zu stellen und durch Bewaffnung und Ausrüstung mit westlichem Material zur Aufstellung kampffähiger deutscher Verbände zu kommen, wobei die Organisation insgesamt rund 10.000 Mann stark sei.160 Davon seien 1000 Mann Führungspersonal mit Kenntnis aller Details und 1000 Mann sog. ‚ergänzendes Führungspersonal‘. […] Am 14. Juni 1953, einen Monat nach der Ratifizierung des EVG-Vertrags durch die Bundesrepublik Deutschland, fand die nächste und letzte in den Akten greif-bare Besprechung zwischen Schnez und Schardt in der Stuttgarter Wohnung des ehemaligen Obersten statt. Neben Natzmer nahmen Generalleutnant a. D. Hans Wagner und Grasser teil. Grasser stand zu diesem Zeitpunkt zwei Wochen vor seiner Pensionierung als Kommandeur des Grenzabschnittes Süd des Bundesgrenzschutzes und sollte danach den bis dahin nominell von Bünau versehenen Vorsitz des „Unternehmens Versicherungen“ (Selbsthilfe-Unternehmen für Transport und Versicherungen ) übernehmen. Wagner, ehemaliger Kommandeur der 269. Infanterie-Division und Ulmer Stadtrat, führte den „Großbereich Ulm“ im „Unternehmen Versicherungen“ und wies Schardt detailliert in seinen Bereich ein. Aus dem Besprechungsprotokoll geht hervor, dass Schardt [Anm.: Major Henry P. Schardt, Chief Intelligence Group im 7707th European Command Intelligence Center im Camp King in Oberursel] bereits SHAPE sowie den US-Stellvertreter General Ridgways, General Thomas T. Handy, über die Organisation informiert hatte und sich auch weiterhin um deren Abstützung bemühen wollte. […] Ob die Schnez-Organisation von SHAPE schließlich noch übernommen worden ist oder nicht, muss derzeit leider offen bleiben. Aus den Akten der OG geht das nicht hervor, die Hauptprotagonisten des Projektes sowie die wenigen hochrangigen Wissensträger sind inzwischen alle verstorben. Die 1000 Mann ‚voll eingewiesenes Führungspersonal‘ sind namentlich nicht bekannt. So gut wie sicher ist dagegen, dass im November 1953 die OG die Betreuung der Schnez-Organisation einstellte. Im gleichen Monat schrieb nämlich Mellenthin an Schnez: ‚Ich habe lange gezögert Ihnen einen Brief zu schreiben, da ich immer noch hoffte, eine Änderung in dem Entscheid zu erreichen, nach dem unsere finanzielle Beteili-gung an dem Unternehmen Versicherungen eingestellt wird. Es ist mir dieses leider nicht gelungen. [...]. Wir können Ihnen daher nur unsere weitere ideelle Hilfe zusagen.‘ Auch wenn die Quellenbasis noch viele Fragen offen lässt, ist doch festzustellen, dass mit dem später so genannten „Unternehmen Versicherungen“ ab Juli 1950 und bis Ende des Jahres 1953 in der Bundesrepublik Deutschland eine im Verteidigungsfall strategisch relevante – wenn auch gekaderte – Heeresformation entstanden war. Für diese angesichts der akuten Bedrohungsperzeption des Koreaschocks entstandene deutsche ‚Ad-hoc-Truppe‘ standen Mobilisierungs-, Aufwachs- und Gliederungsmodelle aus der Erfahrungswelt der Reichswehr bzw. Wehrmacht der 1930er und 1940er Jahre Pate. Ihrer strategischen Bestimmung, ihrem operativen Einsatzszenario und auch ihren taktischen Grundsätzen zufolge handelte es sich um deutsche, aber nur im Bündnis mit den Westmächten einsetz-bare Landstreitkräfte zur Verteidigung bzw. Rückeroberung des Territoriums der jungen Bundesrepublik Deutschland. […] Im gleichen Zeitfenster plante das „Unternehmen Versicherungen“ mit einer im Kriegsfall nahezu identischen zu erreichenden Stärke von etwa 45.000 Mann – ausreichende Finanzierung und entsprechend lange Vorwarnzeiten vorausgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt bestand die gepanzerte Motorisierung des ‚Schnez-Armeekorps‘ freilich nur auf dem Papier. […] Bereits in Friedenszeiten aber konnte das „Unternehmen Versicherungen“ dazu geeignet sein, eine Aufstellung der zwölf Divisionen nach dem Himmeroder Konzept zu decken und somit die Gefahr eines von der Sowjetunion unterstützten, angesichts der NATO-Doktrin der totalen nuklearen Vergeltung aber nur durch ‚DDR-Streitkräfte‘ durchgeführten Präventivkrieg zur Verhinderung einer Aufstellung westdeutscher Streitkräfte kalkulierbar zu machen. […] Die Risiken bei der Etablierung einer solch heiklen Organisation waren offensichtlich allen Beteiligten bekannt, allerdings schien es angesichts der einhellig wahrgenommenen militärischen Bedrohung einerseits und der militärischen Wehrlosigkeit der Bundesrepublik Deutschland andererseits kaum Alternativen zu geben. Ob der Schnez-Plan im Falle eines Angriffes der KVP [Anm.: Kasernierte Volkspolizei] im operativen Sinn funktioniert hätte, ist nicht unwahrscheinlich. Diese Bewährung blieb dem ‚Unternehmen Versicherungen‘ glücklicherweise erspart.“[3]

Clausewitz-Gesellschaft

Von Natzmer trat der 1961 gegründeten Clausewitz-Gesellschaft bei, in der er 1962 zum Vizepräsident gewählt wurde.

Familie

Oldwig Otto von Natzmer war der Sohn von Wilhelm Oldwig Wolff Heinrich von Natzmer (1871–1927) und dessen Frau Editha Ida Luise Eleonore, geb. Freiin von Quadt-Wykradt-Hüchtenbruck aus dem Hause Bögge. Sein Vater war ein Offizier der Preußischen Armee, Generalstabsoffizier im Ersten Weltkrieg und Generalmajor der Reichswehr. Er hatte eine ältere Schwester, Hildegard Christa Meta Elly (Lebensrune.png 17. Dezember 1902), und einen jüngeren Bruder, Gneomar Wilhelm Max Siegfried (1906–1974).[4] Zu seinen vielen Vettern gehörten Oberstleutnant Oldwig Albrecht Adolf Ferdinand von Natzmer und Oberst Gneomar Ferdinand Peter Albertus von Natzmer.

Gefallene Verwandte (Auswahl)

  • Karl Detwig von Natzmer (Lebensrune.png 25. April 1896), zuletzt Major und Kommandeur der Panzer-Abwehr-Abteilung 3/3. Division, gefallen am 26. September 1939 im Polenfeldzug
  • Hans Oldwig von Natzmer (Lebensrune.png 21. Juni 1921 Sophienwalde), Leutnant in einer Aufklärungsabteilung des Heeres, gefallen am 26. Juni 1941 bei Janowo an der Ostfront

Beförderungen

Fernschreiben zur Beförderung zum Generalleutnant
  • 1.4.1925 Fahnenjunker
  • 1.12.1928 Leutnant
  • 1.1.1933 Oberleutnant
  • 1.3.1936 Rittmeister
  • 18.3.1941 Major mit Wirkung vom 1.1.1941 und RDA vom 1.6.1940
  • 8.4.1942 Oberstleutnant i. G. mit RDA vom 1.1.1942
  • 1943 Oberst i. G. mit RDA vom 1.5.1943
  • 1.7.1944 Generalmajor ohne Rangdienstalter (RDA)
    • später RDA vom 1.1.1945 erhalten
  • 12.3.1945 Generalleutnant mit Wirkung und RDA vom 15.3.1945
    • am 15. Januar 1945 schlug Ferdinand Schörner, Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord, von Natzmer zur Beförderung zum Generalleutnant vor. Der IIa verschickte den Vorschlag am 26. Januar 1945. Die fernschriftliche Benachrichtigung vom 8. März 1945 bestätigte die Beförderung mit Wirkung und Rangdienstalter vom 20. April 1945. Generaloberst Schörner jedoch beantragte am 11. März 1945 eine „vorzugsweise Beförderung bereits zum 15. März 1945“ (auch für Georg Jauer), der Chef des Heerespersonalamtes General der Infanterie Wilhelm Burgdorf stimmte zu, legte dies dem Führer vor, der am 12. März 1945 befahl, die Beförderung mit Rangdienstalter vom 15. März 1945 vorzunehmen.

Auszeichnungen (Auszug)

Verweise

Fußnoten