Nordamerikanische Indianer
Als Nordamerikanische Indianer werden alle Indianerstämme bezeichnet, die auf dem nordamerikanischen Kontinent heimisch waren oder noch sind. Eine Ausnahme bilden hiervon die nördlichen Polarindianer.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die ersten europiden Ureinwohner[1][2][3], die Solutrier[4], vermischten sich mit den nachdrängenden asiatischen Nachfahren der Clovis-Menschen in Nordamerika zu einer neuen Rasse, den Indianern Nordamerikas. Diese wurden nach dem Mittelalter jedoch durch eine neue Besiedelung von Europa aus zum großen Teil vernichtet. Auch in Nordamerika überwiegen diese Halbindianer inzwischen die dort verbliebenen ursprünglichen Indianer bei weitem. Durch genetische Vergleiche wurde festgestellt, daß rund ein Viertel der amerikanischen Ureinwohner des Nordkontinents Übereinstimmungen mit den arischen Solutriern aufweist.[5]
Zu den Indianern Nordamerikas zählt man üblicherweise sämtliche Indianer nördlich von Mexiko. Die nordamerikanischen Indianervölker unterscheiden sich kulturell erheblich. Im Norden Kanadas schließen sich den Eskimos die kanadischen Jäger an. Einen besonderen Kulturbereich bilden die Völker des Ostens und Südostens, die seßhaften Ackerbau mit Töpferei betreiben, einen wohlgegliederten Stammesverband haben und in befestigten Dörfern leben. Die Prärie-Indianer wurden erst durch die weißen Siedler in die Steppe abgedrängt und dort zu schweifenden Jägern. Das Kulturgebiet der Nordwestamerikaner bilden vorwiegend Fischervölker. Einen weiteren Kulturbereich mit Sammelwirtschaft ergeben die kalifornischen Völker, denen im Süden Missionsindianer der Schoschonengruppe folgen. Weiter im Süden wohnen die Puebloindianer, an die die Nevaho, Apatschen und Komantschen grenzen. An der Grenze zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Mexiko wohnten die sonorischen Völker.
Die US-amerikanische Indianerpolitik wechselte je nach Regierung. Als Ergebnis leben die Indianer heute meist desillusioniert in Armut. Wesentlich stärker als die weißen Amerikaner leiden sie unter Alkoholismus, Herzproblemen, Diabetes und anderen physischen und psychischen Krankheiten. In den Vereinigten Staaten sind Indianer eine Randgruppe und leben relativ abseits. Bei der Volkszählung 2000 gaben 2,47 Millionen Menschen an, Indianer oder Indigene Alaskas zu sein – dies sind 26 % mehr als 1990.[6] Weitere 1,6 Millionen gaben an, teilweise indianischer Abstammung zu sein. Die US-Indianer besitzen rund 23 Millionen Hektar Land, zumeist in Reservationen. Diese Zahl ist aufgrund von Landstreitigkeiten umstritten. 85 % der Indianer leben außerhalb von Reservationen, meist in Städten. Die Stadt mit den meisten indianischen Einwohnern ist Neu York, hier leben 87.000 Indianer. Gemäß der Census-Schätzung von 2003 lebt ein Drittel aller VS-Indianer in den drei Bundesstaaten Kalifornien, Arizona und Oklahoma.
Die Indianerkriege
Die Entstehung der USA war gleichbedeutend mit dem Vorrücken der „Grenze“, einem ständig sich verändernden Siedlungsstreifen, der am Anfang des 18. Jahrhunderts in den Appalachen und hundert Jahre später am Mississippi stand.
Das Leben der Indianer Heute
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren so gut wie alle Indianer in die Reservationen getrieben worden. Sie hatten ihre Freiheit verloren und ihr Land dazu. Es machten sich Elend und Resignation breit. Die Situation der Indianer besserte sich nur langsam. 1924 wurden sie als VS-amerikanische Staatsbürger anerkannt, und 10 Jahre später durften sich die Stämme selbst verwalten. Bürger zweiter Klasse blieben die ersten Amerikaner aber nach wie vor.
Vorübergehende Gleichberechtigung erfuhren einige Indianer erstmals im Ersten und noch stärker im Zweiten Weltkrieg. 25.000 junge Männer zogen für die Vereinigten Staaten in einen falschen Krieg. Einige wurden sogar zu Nationalhelden.
Besonders wertvolle Dienste leisteten die Navajo. Sie dienten bei den Nachrichtentruppen und übermittelten in ihrer Muttersprache unverschlüsselt Befehle und Meldungen. Das sparte nicht nur viel Zeit, sondern brachte den japanischen Geheimdienst fast zur Verzweiflung. Wie sollte dieser auch auf die Idee kommen, daß die abgehörten Nachrichten nicht in einer genialen Geheimsprache durchgegeben wurden, sondern in einer den Japanern unbekannten Sprache eines Indianerstammes?
Nach dem Krieg kehrten die indianischen Soldaten gewöhnlich wieder zurück in ihren elenden Alltag. Sie fanden wie viele ihrer Stammesbrüder oft keine Arbeit und waren auf staatliche Hilfe angewiesen.
Gegenwärtig leben in den USA fast zwei Millionen Indianer. Sie gehören 550 zumeist kleinen Völkern an. Lediglich der Stamm der Cherokee hat mehr als 300.000 Angehörige. In Kanada sind rund 495.000 Indianer „registriert“. Nur jeder fünfte VS-amerikanische Indianer gibt heute eine der 291 Reservationen als seine Adresse an. Viele andere sind in große Städte oder aufs Land gezogen. Die meisten Indianer leben in den Bundesstaaten Oklahoma (252.000), Kalifornien (242.000) und Arizona (204.000). Dort im Süden, zwischen Neu Mexiko, Utah und Arizona, liegt auch die größte Reservation der USA. Mit einer Fläche von 56.000 Quadratkilometern ist die Reservation der Navajo fast doppelt so groß wie Belgien. Aber gerade in dieser Gegend Nordamerikas gibt es besonders viele Indianer, die außerhalb von Reservationen leben. In Arizona machen die Indianer 7 % der Gesamtbevölkerung aus, in Neu Mexiko 9 %. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung ist in Alaska mit 20 % am höchsten – dort gibt es viele rein indianische Gemeinden, die jedoch keinen Reservationsstatus haben.
Entschädigung für Landnutzung
Nach endlosen Jahren erbitterten juristischen Tauziehens wollte die US-Regierung ab 2012 die Ureinwohner des Landes mit 3,4 Milliarden Dollar (umgerechnet 2,3 Milliarden Euro) entschädigen. Die Zahlungen sollten an mehrere hunderttausend Personen gehen, die selbst oder deren Vorfahren in der Vergangenheit von den damaligen Regierungen um die Stammesgebiete gebracht wurden als Entschädigung für entgangene Einnahmen aus der Förderung von Öl und Erdgas auf eigenem Land, das seit 1887 vom Innenministerium verwaltet wurde. Bereits vor vielen Jahren hatte das höchste US-Gericht Sprüche gefällt, daß auch für den Landraub zu zahlen sei, jedoch konnten bislang die enormen Summen nicht aufgebracht werden.
Große Häuptlinge
Ein Häuptling wurde nur der von allen anerkannte Anführer einer Gemeinschaft. Er mußte bestimmte Charakterzüge aufweisen. Seine Häuptlingswürde besaß er nicht automatisch, er konnte sie nur durch Klugheit, Tapferkeit und durch herausragende Leistungen behalten. Wichtige Merkmale eines guten Häuptlings waren unter anderem Redegewandtheit und das Fällen umsichtiger Urteile. Viele nordamerikanische Stämme unterschieden zwischen Friedenshäuptlingen und Kriegshäuptlingen. Das Amt des Friedenshäuptlings wurde meistens vererbt – der Kriegshäuptling mußte sich sein Amt bei den Stammesbrüdern erst durch besondere Taten verdienen.
Die Aufgabe eines Kriegshäuptlings bestand darin, bei kriegerischen Auseinandersetzungen die Taktik festzulegen, Wachposten aufzustellen, Lagerplätze auszusuchen und seine Krieger in die Schlacht zu führen. Der Friedenshäuptling hingegen war u. a. eine Art Richter, der Streitigkeiten zwischen den Stammesbrüdern schlichtete, sowie Sprecher bei Verhandlungen zwischen den Stämmen und/oder bei Verhandlungen mit der VS-Regierung. Die einzelnen Häuptlinge konnten allerdings keine eigene Entscheidung treffen. Sie mußten sich dem Willen der Mehrheit beugen.
In Zeiten des Krieges hatte der Kriegshäuptling eine größere Macht, während sich der Friedenshäuptling unterordnen mußte. Oft war das ein langer Prozeß, da viele Stämme ständig gegen die Weißen bzw. gegen Nachbarstämme Krieg führten. Bei vielen Prärie-Indianern splitterten sich die Stämme in einzelne Gruppen. Wenn sich diese Gruppen bzw. sich die einzelnen Stämme untereinander vereinigten, entstand ein Gemeinschaftsrat, der aus mehreren Häuptlingen bestand. Aus diesem Gemeinschaftsrat heraus wurden wiederum ein oder mehrere Oberhäuptlinge gewählt.
- Große Häuptlinge (Auswahl)
- American Horse (Wasechun Tashunka)
- Big Tree
- Black Kettle
- Chief Seattle
- Cochise (A-da-tli-chi)
- Crazy Horse
- Dull Knife
- Gall
- Geronimo (Goyathlay)
- Joseph (In-Mat-Tu-Yah-Lat-Lat)
- Kicking Bird
- Little Crow
- Lone Wolf
- Mangas Coloradas
- Pontiak
- Quanah Parker
- Rain in the face
- Red Cloud (Machpiya-Luta)
- Roman Nose
- Satank / Sitting Bear
- Satanta / White Bear
- Sitting Bull (Tatanka Yotanka)
- Spotted Tail
- Tecumseh
- Washakie
Stämme
Ein Stamm ist eine Gruppe von Menschen, welche sich aus den unterschiedlichsten Gründen zusammengeschlossen haben können. Zur Stammesbildung können u. a. die folgenden Gründe führen: die Kultur, die Sprache, der Dialekt, das Territorium, in dem die Gruppe lebt, gemeinsame Sitten und Gebräuche usw.
Viele der Stämme Nordamerikas bestanden oder bestehen immer noch aus Unterstämmen, so daß es schwierig ist, die Einheit der Stämme genau zu definieren, denn jeder Unterstamm hatte wieder seine eigenen Gesetze und auch seine eigenen Führer.
Ein gutes Beispiel hierfür sind die Sioux. Bei den Sioux gab es zwei große Gruppen – die östlichen und die westlichen Sioux. Die östlichen Sioux unterteilten sich wiederum in die Untergruppen der Wahpetons, Wahpehutes Moewakantons, Sissetons, Yanktons und Yanktonais. Die westlichen Sioux unterteilten sich in die Untergruppen der Brulés, Hunkpapas, Blackfoot, Miniconjous, Oglallas, Sans Arcs und Two Kettles. Die einzelnen Untergruppen schlossen sich aber oft zu einer großen Gemeinschaft zusammen, wenn es darum ging, Krieg zu führen, gemeinsam Büffel zu jagen oder kulturelle Veranstaltungen durchzuführen.
Zitate
- „Des guten Karl May edler Winnetou ist eine in dieser – und in jeder – Beziehung sehr schlechte und kenntnislos erfundene literarische Mißfigur. Vornehme, großzügige Charaktere konnte man aus allen nördlichen Präriestämmen herausdichten, aus den Sioux, den Cheyennes, den Assiniboins: – nur nicht gerade aus dem armseligen, raubnomadischen Volke, dessen Wörterbuch dem unseligen ‚Old Shatterhand‘ zufällig auf den Schreibtisch gefallen war, aus den allverhaßten Zigeunern unter den Rothäuten, den Apachen.“ — Friedrich von Gagern[7]
- „Einige Moralisten haben das Recht der Europäer, in den Landstrichen der Amerikanischen Urvölker sich niederzulassen, in Zweifel gezogen. Aber haben sie die Frage reiflich erwogen? In Bezug auf den größten Teil des Landes, beruht das Eigentumsrecht der Indianer selbst auf einer zweifelhaften Grundlage. Allerdings würde das Naturrecht ihnen ihre angebauten Felder, ihre Wohngebäude, hinreichendes Land für ihren Unterhalt und Alles, was persönliche Arbeit einem Jeden noch außerdem verschafft hätte, zusichern. Aber welches Recht hat der Jäger auf den weiten Wald, den er, seine Beute verfolgend, zufällig durchlaufen hat?“[8] — John Quincy Adams, sechster Präsident der USA
- „„Unser großes Land ist kein Tierschutzgebiet für schmutzige Wilde.“[9] — Theodore Roosevelt,[10] US-Präsident
Siehe auch
Literatur
- James Adair: Geschichte der amerikanischen Indianer. Besonders der am Missisippi [sic!], an Ost-und Westflorida, Georgien, Süd-und Nord-Karolina und Virginien angrenzenden Nationen. Nebst einem Anhange (1782) (PDF-Datei)
- Theodor Waitz: Die Indianer Nordamerica’s, 1865 (PDF-Datei)
- Gustav Adolf Schwalbe: Anthropologie der nordamerikanischen Indianer (1897) (PDF-Datei)
- James Athearn Jones: Sagen der nordamerikanischen Indianer, 1857 (PDF-Datei)
- Otto Willi Ulrich: Indianer – Die Geschichte einer großen Nation, 1938
- Norman B. Wiltsey: Stolz starben die Stämme – Der Untergang der Indianer in zeitgenössischen Berichten und Bilddokumenten, Verlag der Nation, 1997, ISBN 9783373005001
- Englischsprachig
- Thomas Goodrich: Scalp Dance: Indian Warfare on the High Plains, 1865–1879. Stackpole Books, 2002, ISBN 0811729079 [352 S.]
- Duane Schultz: Over the Earth I Come: The Great Sioux Uprising of 1862. St. Martin's Griffin; Reprint Edition, 1993, ISBN 978-0312093600 [324 S.]
- Gregory Michno: Dakota Dawn: The Decisive First Week of the Sioux Uprising, August 1862. Savas Beatie, 2011
- Frederick Drimmer: Captured by the Indians: 15 Firsthand Accounts, 1750–1870. Dover Pubn Inc, Revidierte Fassung 1985, ISBN 978-0486249018 [384 S.]
- Dennis J. Stanford / Bruce A. Bradley: Across Atlantic Ice – The Origin of America’s Clovis Culture, University of California, 2012, ISBN 0520227832
Verweise
- Revilo P. Oliver: Romanticizing American Indians: Scalping the Unwary, National Vanguard, 28. November 2017 [Erstveröffentlichung Juli 1991]
- Welt der Indianer, PH Network
- US-Doppelmoral trifft Indianer, PAZ, 29. Juli 2013