Reinhardt, Walther (1887)
Walther Wilhelm August Ludwig Reinhardt (auch in der Reihenfolge Wilhelm August Ludwig Walter; 21. Dezember 1887 in Frankfurt am Main; ermordet 11. Dezember 1945 im Spezialgefängnis Nr. 6 in Berlin-Lichtenberg) war ein deutscher promovierter Jurist, Offizier des Deutschen Heeres sowie der Wehrmacht und Diplomat. Zwischen 1915 und 1941 war er Autor zahlreicher Schriften, mit seinen vielen Leitartikeln für die „Frankfurter Zeitung“ gehörte er zu den maßgeblich liberalen Köpfen des Auswärtigen Amtes vor 1933. Seine George-Washington-Biographie wurde national und international mit Preisen ausgezeichnet. Er darf nicht mit dem General der Infanterie Walther Reinhardt verwechselt werden.
Inhaltsverzeichnis
Chronologischer Werdegang
- Abitur und Dienst als Einjährig Freiwilliger
- Studium der Rechtswissenschaften in Marburg, Lyon, Paris, Lausanne und Heidelberg
- 1914/15 Artillerieoffizier an der Westfront im Ersten Weltkrieg
- 1918 nach Eintritt in das Diplomatenkorps Attaché am Generalkonsulat in Sankt Petersburg
- Anfang November 1918 wurden die deutschen Konsulatsangehörigen in Moskau und Sankt Petersburg von den Bolschewiki überfallen und gefangengenommen. Sie wurden mißhandelt und ihnen wurde mit Erschießung gedroht. Schon am 6. Juli 1918 wurde der deutsche Botschafter in Moskau Wilhelm von Mirbach-Harff von Bolschewisten ermordet. Nur mit Glück und Überredungskunst wurden die Diplomaten freigelassen und des Landes verwiesen.
- 1921 in Porto Alegre, Portugal
- 1922 bis 1924 in Montevideo und Rio de Janeiro
- 1923 bis 1925 Vizekonsul in Neu York und Chikago
- 1926 bis 1927 Vizekonsul in Zürich und Lettland
- 1928 bis August 1934 Konsul in Seattle, Washington
- sein Nachfolger wurde der Karrierediplomat Dr. Gustav Reiche
- 1932 Erhalt des renommierten Strassburger Preises in dessen Jury Albert Einstein, Thomas Mann und Jakob Wasserman saßen
- „The Ralph Beaver Strassburger Foundation Prize for the best work cementing the friendship of the United States and Germany to Walther Reinhardt for his biography George Washington.“
- 1934 Tätigkeit im Auswärtigen Amt
- zugleich Dozent für Literatur (Schwerpunkt: Johann Wolfgang von Goethe)
- 1937 bis 1939 Generalkonsul in Liverpool, Großbritannien
- Er soll angeblich den Briten Joseph Patrick Kelly als deutschen Agenten verpflichtet haben und wurde deshalb im Juni 1939 des Landes verwiesen.
- 1. September 1938 Eintritt in die NSDAP
Zweiter Weltkrieg
- 1939 Major der Reserve der Luftwaffe (W.B.K. Ausland in Berlin) und Verbindungsoffizier des OKL zum Auswärtigen Amt
- 1941/42 in Casablanca Mitglied der Kommission zur Überwachung der französischen Armee in Afrika
- 1942 Offizier der Abwehr
- 1942/43 Vertreter des Auswärtigen Amtes beim Stab für den Süd-Osten
- 31. August 1943 vom Reserveoffizierkorps der Luftwaffe zum Wehrmachtsbeamtenkorps des Heeres übergetreten
- 1943 Abteilungsleiter für Angelegenheiten britischer, amerikanischer und französischer Kriegsgefangenenlager in Deutschland
Verhaftung und Tod
Marschall von Bieberstein wurde am 9. Juni, Walther Reinhardt am 19 Juni 1945 in Berlin-Charlottenburg von den sowjetischen Besatzern festgenommen. Er wurde dann vom NKWD in das Spezialgefängnis Nr. 6 nach Berlin-Lichtenberg verschleppt. Essensentzug, Schlafentzug und schlimmste Folterverhöre mußte er ertragen. Ihm wurde vorgeworfen, er hätte „politische, wirtschaftliche und militärische Spionage zugunsten Deutschlands“ begangen, aber er verteidigte sich souverän. Da keine Beweise vorlagen, wurde die Anklage geändert, nun sollte er nach Artikel 52-2 („konterrevolutionärer Eindringling“) des Strafgesetzbuches der RSFSR verurteilt werden. Schließlich wurde er vom SMT der Garnison Berlin für „schuldig befunden“, als Diplomat „das Entstehen des Eroberungskrieges“ gefördert zu haben. Am 11. Dezember 1945 wurde er hingerichtet, der Mord bleibt bis heute ungesühnt (Stand: 2019), noch am 18. Dezember 2011 lehnte die GWP (Hauptmilitärstaatsanwaltschaft Rußlands) eine Rehabilitierung ab.
Familie
Walther war der Sohn des Rechtswissenschaftlers Prof. Dr. Wilhelm Emil Otto Reinhardt (1859–1917) und dessen am 2. April 1887 in Marburg-Biedenkopf geehelichten Frau Pauline Sophie Marie Anna, geb. Roser (1863–1943). Er hatte zwei Geschwister: Charlotte Elisabeth Helene Hildegard ( 1889) und Carl August Victor Adolf Curt (1893-1918). Dr. Reinhardt war mit Ilse, geb. Pfeiffer ( 1902) verheiratet. Aus der Ehe sind die zwei Töchter entsprossen: Sybille und Gisela.[2]
Werke (Auswahl)
- Sechs Monate Westfront. Feldzugserlebnisse eines Artillerie-Offiziers in Belgien, Nordfrankreich und der Champagne, Reclam jun, Leipzig 1915 (mindestens drei, ggf. vier Auflagen)
- Querweltein – Reiseeindrücke eines deutschen Diplomaten nach dem Kriege, E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1925
- George Washington – Die Geschichte einer Staatengründung, Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 1931
- zweite Auflage 1965, ebenfalls im Societäts-Verlag
- Die Vereinigten Staaten am Stillen Ozean, Berlin 1936
- Schwalb fliegt nach Italien – Geschichte einer Frühlingsreise zu zweien, Verlagshandlung Georg Stilke, Berlin 1937
- Liebe im Fernen Westen, Eden-Verlag, Universitas, Berlin 1941 (Mit 22 Zeichnungen von Paul Scheurich)