Telschow, Otto
Otto Telschow ( 27. Februar 1876 in Wittenberge; Freitod 31. Mai 1945 in Lüneburg) war ein deutsches Mitglied der NSDAP, Gauleiter von Lüneburg-Stade (später: Ost-Hannover) und Reichsverteidigungskommissar. Er war unter anderem preußischer Staatsrat, Mitglied des Reichstages und Reichsstatthalter im Zweiten Weltkrieg.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Abstammung
Otto Telschow stammte aus einer kinderreichen Familie. Er hatte acht Geschwister, wie das in bäuerlichen Familien des ausgehenden 19. Jahrhunderts nicht ungewöhnlich war. Otto Telschows Familie entstammte einem alten kurmärkischen Bauerngeschlecht, das schon dem Großen Kurfürsten und Friedrich dem Großen dient und dessen Nachfahren in den Freiheitskriegen ihre Pflicht und Schuldigkeit taten.
Werdegang
Otto Telschow wurde am 27. Februar 1876 in Wittenberge an der Elbe als ältestes von neun Kindern des Justizbeamten und Gerichtsdieners Wilhelm Telschow und seiner aus der Mark Brandenburg stammenden Frau Luise Marie geboren. Väterlicherseits entstammte er einer Familie, die ihre Wurzeln in bäuerlichen Kreisen hatte, der Urgroßvater war Vollhufner in der Prignitz, der Großvater ging als zweiter Sohn auf ein Gut, wo er die Aufsicht über die Landarbeiter führte.
Vater Wilhelm nahm als Havelberger Infanterist am Krieg 1870/71 teil und war später in Flensburg stationiert. Hier, wie nach dem Wechsel seines Vaters in den Justizdienst in Altona, Marne und Wandsbek, erhielt Otto Telschow von klein auf eine militärisch geprägte Erziehung. Im Alter von elf Jahren schickten ihn seine Eltern auf die „Königliche Militär-Knaben-Erziehungsanstalt“ im Schloß Annaburg bei Dessau. Dort erhielt der Zögling zusammen mit 500 anderen Söhnen von Militäranwärtern auf Staatskosten eine preußische Schulbildung.
Telschow ging 1893 als freiwilliger „Dreijähriger“ zu den Ulanen. Er diente der Preußischen Armee in Saarburg im Elsaß und in Wandsbeck bei Hamburg bei den dortigen Husaren, dem Husaren-Regiment „Königin Wilhelmina der Niederlande“ (Hannoversches) Nr. 15, bis 1901. Als Militäranwärter trat er dann – inzwischen Unteroffizier (ggf. Fahnenjunker-Unteroffizier) geworden – zur Polizeibehörde in Hamburg über. Er tat bei der Hamburger Polizeibehörde bis 1924 Dienst.
Otto Telschow war bereits 1905 Mitglied der von Max Liedermann von Sonnenberg geführten „Deutsch-Sozialen Partei“ und Mitarbeiter der „Deutsch-Sozialen Blätter“.
Erster Weltkrieg
Während des Ersten Weltkrieges stand er an der Front, zuerst bei der Reiterei und zuletzt bei der Infanterie des Deutschen Heeres. Als Lazarettinspektor nahm er bis Ende 1917 an Schlachten in Belgien, Frankreich und Rumänien teil.
Weimarer Republik
Nach dem Kriege nahm er den Dienst bei der Hamburger Polizei wieder auf. Er erlebte jene außerordentlich blutigen Spartakistenaufstände, die der Hamburger Polizei ungeheure Opfer kosteten. Schon in den ersten Nachkriegsjahren engagierte er sich in der völkischen Bewegung, 1924 wurde er Mitglied der Deutsch-Völkischen Freiheitspartei. 1925 trat er der NSDAP bei und erhielt die Mitgliedsnummer 7.057. Im Juni 1925 gründete Telschow die erste NSDAP-Ortsgruppe des nördlichen Niedersachsens in Buchholz in der Nordheide, unter den 13 Mitgliedern war auch seine Ehefrau.
Vom 16. Juli 1925 bis 30. Oktober 1928 ernannte ihn Adolf Hitler zum Gauleiter von Lüneburg-Stade und vom 1. Oktober 1928 bis zur Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 zum Gauleiter von Hannover-Ost. Telschow meisterte die anstehenden, großen Aufgaben und gründete zudem die nationalsozialistische Wochenzeitung Niedersachsen-Stürmer.
In seinem Wahlkreis war er stets erfolgreich und vereinte regelmäßig besonders große Stimmenanteile auf seine Person. Schon 1929 war er Mitglied des Hannoverschen Provinziallandtages, dessen Präsident er später war. Nach der Wahl zum Reichstag 1932 zog er mit 195 weiteren NSDAP-Politikern in das Parlament ein.
Drittes Reich
Als Gauleiter von Hannover-Ost, der das wichtige Unterelbe-Gebiet zu verwalten hatte, berief ihn im Juli 1933 Ministerpräsident Hermann Göring in den Preußischen Staatsrat. Nach Telschow wurde die 1937 gegründete Arbeitersiedlung „Otto-Telschow-Stadt“ (→ Bremerhaven) benannt.
Tod
Als die britische Armee am 18. April 1945 Lüneburg überrannte, versuchte Telschow noch, den Fängen der anglo-amerikanischen Siegerjustiz zu entkommen. Er verübte dann Suizid mittels Öffnen der Pulsadern und verstarb am 31. Mai 1945 im Lüneburger Krankenhaus.
Familie
Am 2. September 1921 heirate Telschow in Hamburg Clara Jenny Philippine Gevert ( 3. November 1890), die ihn fortan in seiner politischen Arbeit tatkräftig unterstützte. Die Scheidung wurde im September 1939 beantragt, aber von Adolf Hitler, zum Schutz der „alten Kämpferin Clara“, erst am 4. Juni 1942 genehmigt. Telschow hinterließ bei seinem Tod seine zweite Ehefrau Hildegard und den gemeinsamen Sohn Otto ( 1939; unehelich). Clara, Tochter des Kaufmannes Wilhelm „Willi“ John Friedrich Gevert und der Anne, geb. Doege, lebte noch 1957 in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), sie soll nach dem Krieg schlimmes mitgemacht haben und war laut ihren Schwestern Anita und Thea schwer verbittert. Nach vereinzelten Quellen war Clara die zweite und Hildegard die dritte Ehefrau, da Otto Telschow vor dem Ersten Weltkrieg erstmalig verheiratet war.
Auszeichnungen und Ehrungen (Auswahl)
- Eisernes Kreuz (1914), II. Klasse
- Hanseatenkreuz
- Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP
- Allgemeines Gau-Ehrenzeichen für die Mitgliedschaft seit 1925
- Ehrenkreuz des Weltkrieges
- Dienstauszeichnung der NSDAP in Silber
- Medaille zur Erinnerung an den 13. März 1938
- Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938
- Goldenes HJ-Ehrenzeichen (als Gauleiter vermutlich mit Eichenlaub)
- Otto-Telschow-Wall in Lüneburg
- Otto-Telschow-Straße in Uelzen
- Otto-Telschow-Straße in Harburg-Wilhelmsburg
- Otto-Telschow-Straße in Zeven
- Otto-Telschow-Haus in Celle
- Otto-Telschow-Schule in Buchholz
- Otto-Telschow-Schule in Wesermünde
- Otto-Telschow-Stadt in Wesermünde (Bremerhaven)
Ehrenbürgerschaften
- Bleckede, 1933, entzogen 2008
- Blumenthal, 1933
- Die Ehrenbürgerschaft der damals unabhängigen Gemeinde Blumenthal erlosch am 1. November 1939 durch die Eingemeindung Blumenthals nach Bremen.
- Buchholz in der Nordheide, 1941, Aberkennung 2008
- Celle, 1936, Aberkennung 2007
- Gartow, 1933, Aberkennung 2008
- Lüneburg, 1937, Aberkennung 2007
- Neuhaus/Elbe, 1933, Aberkennung 2008
- Soltau, 29. August 1937, Aberkennung 2014
- Wesermünde (Bremerhaven) 1934, Aberkennung 1949
- Wustrow, 1933, Aberkennung 2008
Literatur
- Das Deutsche Führerlexikon, Otto Stollberg G.m.b.H., Berlin 1934
- Männer im Dritten Reich, Orientalische Cigaretten-Compagnie „Rosma“ GmbH, 1934
- Geboren 1876
- Gestorben 1945
- Deutscher Politiker
- Deutscher Polizist
- Reichstagsabgeordneter (Weimarer Republik)
- Reichstagsabgeordneter (Deutsches Reich 1933–1945)
- DVFP-Mitglied
- Mitglied im Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund
- Gauleiter
- NSDAP-Mitglied
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Träger des Eisernen Kreuzes II. Klasse (1914)
- Träger des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP
- Person (Wittenberge)