Heeresarchiv Potsdam
Das Heeresarchiv Potsdam entstand 1936 unter Friedrich von Rabenau, Grundstock der Aktensammlung bot das sich beim Reichsarchiv befindliche und überführte Preußische Heeresarchiv. Das Heeresarchiv übernahm laufend die Kriegstagebücher aller Kommandobehörden und Truppen sowie in der Gerichtsakten-Sammelstelle die Gerichtsakten der Feld- und Kriegsgerichte.
Durch den Bombenterror der Royal Air Force am 14. April 1945 wurden fast alle Unterlagen, die nicht ausgelagert waren, vernichtet. Die verbliebenen Akten gingen nach dem Zweiten Weltkrieg in das Militärarchiv Potsdam ein und wurden nach der deutschen Teilvereinigung 1990 Bestandteil des Bundesarchiv-Militärarchivs.
Inhaltsverzeichnis
Erläuterung
Nach dreijährigen Verhandlungen vereinbarten der Reichs- und Preußische Minister des Innern und der Reichskriegsminister im September 1936, daß die militärischen Akten durch das Oberkommando des Heeres übernommen werden sollten. Der Chef der Heeresarchive und die ihm unterstellten Heeresarchive übernahmen mit dem 1. April 1937 das militärische Archivgut, das seit 1919 das Reichsarchiv, seine Zweigstellen in Dresden und Stuttgart sowie das Kriegsarchiv in München verwalteten.
Chef der Heeresarchive
Der Chef der Heeresarchive war der Leiter des Archivwesens für den Wehrmachtteil Heer mit Dienstsitz in Potsdam. Dem Chef der Heeresarchive unterstanden die Heeresarchive in Potsdam, Wien, München, Dresden und Stuttgart, die Heeresarchiv-Zweigstellen in Prag und Danzig sowie die Beauftragten in den besetzten Gebieten und die Wehrmacht-Sichtungsstelle für Beuteakten. Der Chef der Heeresarchive war zuständig für die Aufnahme von Akten des Oberkommandos der Wehrmacht, des Oberkommandos des Heeres mit nachgeordneten Dienststellen, der Kommandobehörden, Truppen, Verwaltungsbehörden und sonstigen Einrichtungen des Heeres. Die Benutzerordnung regelte das Ausleihen und Benutzen der Heeresarchivalien.
Der Chef der Heeresarchive unterstand dem Oberquartiermeister V im Generalstab des Heeres bis 1942. Mit der Neuausrichtung der Kriegsgeschichtsschreibung unterstellte Hitler den Chef der Heeresarchive zum 1. Juli 1942 dem Beauftragten des Führers für die militärische Geschichtsschreibung Oberst im Generalstab Walter Scherff. Chef der Heeresarchive war von 1937 bis 1942 Friedrich von Rabenau, ab 1942 bis Kriegsende Karl Ruppert, der seit 1937 das Heeresarchiv Potsdam leitete. Die Leitung des Heeresarchivs Potsdam und das Amt des Chefs der Heeresarchive wurden 1943 zusammengelegt.
Abteilungen
Die Abteilungen des Heeresarchivs Potsdam waren in Sachgebiete gegliedert. Weitere Organisationseinheiten nahmen die Sammlungen, Nachlässe, die Karten und die Bildsammlung auf. Dem Heeresarchiv Potsdam wurden 1935 auch die Abteilung Berlin des Reichsarchivs und das Zentralnachweiseamt für Kriegerverluste und Kriegsgräber unterstellt. Das Heeresarchiv Potsdam gliederte sich in drei Abteilungen.
- Die Abteilung A verwaltete das brandenburgisch-preußische Heeresarchiv, dessen Archivgut eine Laufzeit vom 17. Jahrhundert bis zur Auflösung des preußischen Heeres 1920 umfaßte.
- Die Abteilung B verwahrte die Akten der nach dem 1. Weltkrieg entstandenen Freiwilligenformationen und der Reichswehr.
- Die Abteilung C war für die Aufnahme von Akten der Wehrmacht bestimmt, d. h. ab 1935 mit der Wiedererrichtung der Wehrhoheit.
Zusammenfassung des militärischen Archivwesens des Heeres
- Mit Gründung des Norddeutschen Bundes 1867 wurden – mit Ausnahme der Sächsischen Armee – die Truppen der Bundesstaaten der Preußischen Armee eingegliedert. Mit Gründung des Deutschen Reiches wurden auch die Verbände Badens und des südlichen Hessens eingegliedert, sodaß neben der Preußischen ab 1871 nur noch die selbständigen Armeen und Militärverwaltungen Bayerns, Württembergs und Sachsens bestanden. Dieser Zusammenfassung auf Kommando- und Organisationsebene stand jedoch eine Zersplitterung auf Archivseite gegenüber. Für die Preußische Armee, ihre Dienststellen und Einheiten bestanden folgende Archiveinrichtungen: das 1816 eingerichtete Kriegsarchiv des Großen Generalstabes, das 1839 eingerichtete Geheime Archiv des Kriegsministeriums und das 1874 eingerichtete Archiv der Geheimen Kriegskanzlei. Hinzu kamen ältere Registraturen bei nachgeordneten dezentralen Stellen. Sofern militärisches Schriftgut bereits im Ersten Weltkrieg den Weg von den erstellenden Dienststellen und Einheiten ins Archiv fand, ging es also bereits in Preußen zu verschiedenen Archiven ein, hinzu kamen die Kriegsarchive der Bundesstaaten Bayern, Württemberg und Sachsen. Bedingt durch die Notwendigkeit, nach Kriegsende die noch bei den Kriegsgesellschaften, sonstigen Dienststellen und Einheiten befindlichen Unterlagen aufnehmen zu müssen, entstand 1919 das Reichsarchiv in Potsdam. Bereits im Krieg, 1916, war die Kriegswissenschaftliche Abteilung beim Admiralstab der Marine entstanden, mit der Aufgabe, die operativen Akten, Log- und Kriegstagebücher der Kaiserlichen Marine zu sammeln. Hieraus entstand ebenfalls 1919 das Marinearchiv.
- Die Unterlagen bis 1858 des Kriegsarchivs des Großen Generalstabes, sowie die älteren Bestände des Archivs der Geheimen Kriegskanzlei waren bereits 1918 an das Geheime Archiv des Kriegsministeriums gegangen. Während die Unterlagen ab 1859 des Kriegsarchivs des Großen Generalstabes 1919 direkt ans Reichsarchiv gingen, wurde das Geheime Archiv des Kriegsministeriums 1920 als Abteilung Berlin dem Reichsarchiv unterstellt. 1924/25 erfolgte schließlich die Abgabe der Unterlagen des Kriegsarchivs des Großen Generalstabes bis 1858, der Unterlagen des Archivs der Geheimen Kriegskanzlei bis 1874, der geschriebenen Ranglisten bis 1911, der Adelsakten bis 1920 und der übrigen Bestände bis 1867 an das Preußische Geheime Staatsarchiv, wo sie als Preußisches Heeresarchiv zusammengefaßt wurden. Die Akten der Obersten Heeresleitung, der Heeresgruppen- und der Armeeoberkommandos allgemein und die operativen und taktischen Akten auch der Einheiten des Feldheeres von den Generalkommandos bis zu den untersten Einheiten, insbesondere die Kriegstagebücher, dazu wie erwähnt die Akten des Großen Generalstabes ab 1859 und der Kriegsgesellschaften insgesamt gingen ins Reichsarchiv ein. Demgegenüber wurden die Verwaltungsakten der Generalkommandos, der Truppenteile, Intendanturen und Militärbehörden der Heimat an sogenannte Heeresabwicklungsämter, in der Regel an den Sitzen der ehemaligen stellvertretenden Generalkommandos, abgegeben. Diese dreizehn Stellen wurden 1921 als Reichsarchivzweigstellen ans Reichsarchiv angegliedert und 1925/26 in den Reichsarchivzweigstellen Stuttgart (für Württemberg und Baden), Dresden (für Sachsen) und Spandau (für Preußen), sowie im Bayerischen Kriegsarchiv in München zusammengefaßt. Die Reichsarchivzweigstelle Spandau (bis 1930 noch mit Außenstellen in den Staatsarchiven Breslau und Münster) wurde 1935 ebenso wie die Abteilung Berlin ins Reichsarchiv übernommen. Nach wie vor selbständig verblieb das Zentralnachweisamt für Kriegerverluste und Kriegsgräber in Berlin, das die Ranglisten und Stammrollen der Preußischen Armee von 1914 bis 1920 verwahrte und dem Reichsministerium des Innern unterstand.
- Im Jahr 1936 wurde schließlich das militärische Archivwesen des Heeres zusammengefaßt. Die neue Heeresarchivverwaltung wurde geführt durch den Chef der Heeresarchive und unterstand dem Generalstab des Heeres. Das preußische Heeresarchiv in Potsdam war dabei zuständig für das Schriftgut sowohl der Preußischen Armee, als auch des deutschen Heeres ab 1921. Es vereinigte die militärischen Bestände des Preußischen Geheimen Staatsarchivs und des Reichsarchivs. Als rein historische Archive traten 1937 hinzu die Heeresarchive München, Stuttgart und Dresden, 1938 das Heeresarchiv Wien, 1939 die Heeresarchivzweigstelle Prag und 1940 die Heeresarchivzweigstelle Danzig. Demgegenüber wurde das Marinearchiv in Berlin 1936 lediglich erneut umbenannt in Kriegswissenschaftliche Abteilung der Marine. Das Archiv war hier an die Forschungseinrichtung angeschlossen und verwahrte zunächst ausschließlich die Unterlagen aus dem Ersten Weltkrieg, erst ab 1940 gingen hier insgesamt Abgaben aus der Zeit vor 1914, sowie der Reichs- und Kriegsmarine ein. Im Jahr 1944 erfolgte die Verlegung nach Schloß Tambach bei Coburg. Die neugeschaffene Luftwaffe richtete sich 1936 in Berlin ein eigenes Luftarchiv bei ihrer Kriegswissenschaftlichen Abteilung ein und zog in dieses aus der Zeit vor 1918 auch die Unterlagen der Luftstreitkräfte der Preußischen und Bayerischen Armeen und zum Teil auch der Marineluftstreitkräfte ein.
- Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß auch die Waffen-SS 1940 eine Kriegswissenschaftliche Forschungsabteilung in Oranienburg einrichtete, die 1941 nach Schloß Zasmuky in Böhmen verlegt wurde und ab 1944 als Kriegsarchiv der Waffen-SS firmierte. Darüber hinaus wurde für das Schriftgut des Wehrwirtschafts- und Rüstungsamtes das Archiv der Wehrwirtschaftsdienststellen in Muskau eingerichtet. In der Folgezeit bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges kam es zu erheblichen Verlusten an militärischem Archivgut, wie auch Schriftgut militärischer Provenienz insgesamt. Die unmittelbar vor der Kapitulation befohlenen Selbstzerstörungen, angeordnet von dem 1942 eingerichteten Beauftragten des Führers für die militärische Geschichtsschreibung, betrafen zunächst das noch bei Einheiten und Dienststellen befindliche Schriftgut, nur zum Teil auch Archivgut aus dem Ersten Weltkrieg. Luftwaffe und Waffen-SS setzten diesen Befehl sehr gründlich, das Heer weitgehend, die Kriegsmarine hingegen gar nicht um. Im Luftarchiv wurden vor allem die neueren Unterlagen vernichtet, die älteren Bestände blieben weitgehend erhalten. Bereits zuvor war allerdings Archivgut vor allem kriegsbedingt zerstört worden. Noch 1942 kam es zu einem Brand in der Kriegswissenschaftlichen Abteilung des Heeres, von dem allerdings kein älteres Schriftgut betroffen war. Im Frühjahr 1945 gingen jedoch bei einem Luftangriff auf Berlin, der auch das Zentralnachweisamt traf, die Rang- und Stammlisten von 1914 bis 1920 verloren.
- Erhalten blieben hier nur die der Bayerischen Armee, die bei einer im Bayerischen Kriegsarchiv in München angesiedelten Zweigstelle des Zentralnachweisamtes aufbewahrt wurden. Neueres Schriftgut, auch der Kriegsmarine, wurde zum Teil bei anderen Luftangriffen noch in den Registraturen der Dienststellen vernichtet. Die größten Verluste an älterem Schriftgut entstanden jedoch durch den Brand des Preußischen Heeresarchivs beim Luftangriff auf Potsdam im April 1945. Dabei wurde die preußische militärische Überlieferung fast vollständig vernichtet, mit betroffen wurden auch große Bereiche des bereits ins Heeresarchiv abgegebenen Schriftgutes von Wehrmacht und Heer. Der Sachstand der Überlieferung des militärischen Schriftgutes aus der Zeit des Ersten Weltkrieges ist damit folgender: Die Überlieferung der Preußischen Armee ist weitgehend vernichtet. Erhalten sind nur Splitter, bestehend aus geretteten Resten, zum Zeitpunkt des Brandes anderweitig ausgeliehenen Einzelstücken, Doppelstücken amerikanischer Kopien, die in den 1920ern von den USA erstellt worden waren und zum Zeitpunkt des Brandes bereits ausgelagerte Unterlagen. Die Unterlagen der Luftstreitkräfte der Preußischen Armee bilden innerhalb der Gesamtunterlagen der Preußischen Armee den größten Anteil. Die Unterlagen der Bayerischen Luftstreitkräfte befinden sich in München. Schriftgut der Schutztruppen, des Ostasiatischen Expeditionskorps, bzw. der Ostasiatischen Besatzungsbrigade und des Reichsmilitärgerichts ist nur noch in geringen Resten vorhanden. Einzig die Überlieferung der Kaiserlichen Marine ist beinahe vollständig vorhanden, hier fehlen nur Akten, die im Zuge der Revolution 1918 vernichtet wurden. Über weite Strecken hinweg kann sie auch zumindest teilweise und auf übergeordneter Ebene als Ersatzüberlieferung dienen. Vor allem deckt sie nicht allein militärische, sondern auch wirtschafts-, technik- und kolonialgeschichtliche Bereiche ab.[1]
Militärarchiv Potsdam
Das Militärarchiv Potsdam war zwischen 1958 und 1990 ein zentrales Archiv militärischer Dokumente der DDR in einem Nebengebäude der Potsdamer Villa Ingenheim. Das Archiv ging aus dem „historischen Archiv der KVP“, das auf Befehl 126/55 des Chefs der Kasernierten Volkspolizei (KVP), Heinz Hoffmann als „Dienststelle Königstein I“ angelegt worden war, hervor. 1956 wurden die Bestände (Militärakten der Reichsarchivzweigstelle Dresden der Sächsischen Armee, Wehrmacht und Zentrales Archiv des Stabes der Kasernierten Volkspolizei) von der Festung Königstein nach Potsdam verlegt. Die Reste des ehemaligen Heeresarchivs wurde in der DDR zu einer Abteilung des 1958 gegründeten „Instituts für Deutsche Militärgeschichte“ zusammengefaßt. Ab Sommer 1990 und bis zur Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 hieß das Archiv „Militärarchiv Potsdam“. Danach gehörte es als „Militärisches Zwischenarchiv“ zum Bundesarchiv. Die Bestände wurden je nach Alter ins Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg (nach 1867) oder das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin (vor 1867) überführt.