Kleist, Friedrich von
Friedrich Emil Ferdinand Heinrich von Kleist, ab 1814 Graf Kleist von Nollendorf ( 9. April 1762 in Berlin; 17. Februar 1823 ebenda) war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee, zuletzt Kommandierender General des Norddeutschen Bundeskorps 1815 und zuletzt preußischer Generalfeldmarschall. Er war 1806 bei der Schlacht bei Jena und Auerstedt als Oberst ein Generaladjutant des Königs Friedrich Wilhelm III. Er ist nicht mit dem Oberst Friedrich Wilhelm von Kleist, Generaladjutant des Oberbefehlshabers Feldmarschall Herzog von Braunschweig ( 1806), zu verwechseln.[1]
Inhaltsverzeichnis
Wirken
Befreiungskriege
Im Rußlandfeldzug Napoleons befehligte von Kleist 1812 die Infanterie des preußischen Hilfskorps unter Julius von Grawert bzw. ab dem 8. August 1812 unter Ludwig Yorck von Wartenburg. Als Yorck von Wartenburg die Kämpfe zwischen preußischen und kaiserlich-russischen Truppen im Namen des Tyrannen Napoleon abgewendet hatte und ein gemeinsames Handeln der künftigen Verbündeten vorbereitete indem er die Konvention von Tauroggen unterschrieb, wurde er vom König von Preußen abgesetzt. Von Kleist sollte nun übernehmen, weigerte sich aber, an Yorcks Stelle zu treten. Preußen war Napoleon dienstverpflichtet, somit konnte Friedrich Wilhelm III. von Preußen nicht anders handeln, allerdings kam es nie zum Kriegsgericht, denn tatsächlich hat der König nur auf diese Niederlage Napoleons gehofft, und sowohl Yorck von Wartenburg als auch Kleist von Nollendorf wurden für ihr patriotisches Handeln vom König später auf das Höchste ausgezeichnet.
Bei Beginn des Feldzugs gegen Frankreich 1813 befehligte er als Generalleutnant ein preußisch-russisches Korps, mit dem er in der Nacht zum 17. April 1813 bei einem Versuch, die Franzosen in Wittenberg zu überrumpeln, ein erfolgreiches Gefecht unternahm. Als das Heer der Koalitionstruppen bei Dresden die Elbe überschritten hatte, besetzte von Kleist den Saaleübergang bei Halle. Er behauptete sich hier bis zum 28. April, zog sich jedoch am folgenden Tag über Schkeuditz zurück. Bei Bautzen verteidigte er am 20. Mai mit geringen Kräften den Spreeübergang bei Burgk so lange, daß Miloradowitsch Bautzen ohne Verluste räumen konnte. Als preußischer Bevollmächtigter schloß er dann am 4. Juni den Waffenstillstand bei Poischwitz ab.
Nach dessen Ablauf befehligte von Kleist das II. preußische Armeekorps, das zum Hauptheer der Koalition in Böhmen stieß. Ab Juli 1813 war sein Adjutant Major i. G. Wilhelm von Röder. In der Schlacht bei Dresden führte er die zweite Angriffskolonne. Auf dem Rückzug marschierte er über den Kamm des Gebirges nach Nollendorf in den Rücken Vandammes und entschied am 30. August 1813 durch seinen Angriff die Schlacht bei Kulm und Nollendorf.
Völkerschlacht bei Leipzig
In der Völkerschlacht bei Leipzig kämpfte der Graf erfolgreich auf dem linken Flügel des großen Heeres bei Markkleeberg, anschließend blockierte er mit dem II. preußischen Armeekorps die Stadt Erfurt mit ihrer Zitadelle Petersberg und folgte später dem Heer nach Frankreich, wo er bei Etoges am 14. Februar 1814 unter Gebhard Leberecht von Blücher mitkämpfte. Der Sieg bei Laon wurde insbesondere durch seinen und von Yorcks Entschluß errungen, den Angriff am Abend zu beginnen. Vor Paris war Graf Kleist an der Schlacht bei Villette beteiligt. Der König ernannte ihn 1814 zum General der Infanterie.
Auswirkungen der Schlacht bei Kulm und Nollendorf
Für seine Verdienste in der Schlacht bei Kulm und Nollendorf wurde er am 3. Juni 1814 vom König von Preußen in den erblichen Grafenstand mit dem Beinamen „von Nollendorf“ erhoben und erhielt eine Dotation. Er bedachte gegenüber dem König aber auch seine Corps-Männer, wobei er die Leistung von Major Karl Wilhelm Georg von Grolman besonders hervorhob. Er behielt den Oberbefehl der drei am Niederrhein zurückbleibenden preußischen Armeekorps.
Siebter Koalitionskrieg
Während dem Sommerfeldzug von 1815 erhielt Graf Kleist den Oberbefehl über das Norddeutsche Bundeskorps, das selbständig und unabhängig von der Armee des Generalfeldmarschalls von Blücher am Niederrhein operieren sollte. Er wurde zum „Kommandierenden General zwischen Elbe und Weser“ ernannt, mußte aber wegen schwerer Erkrankung bald abgeben, sein Nachfolger wurde Generalmajor/Generalleutnant Karl Georg Albrecht Ernst von Hake. Nach Genesung wurde er als Nachfolger von General der Infanterie Friedrich Wilhelm Bülow von Dennewitz Kommandierender General des IV. Armee-Korps in Magdeburg.
Nachkriegszeit
Nach dem Zweiten Frieden von Paris erhielt von Kleist das Generalkommando für die Provinz Sachsen in Merseburg. Als Dotation wurde ihm die Domäne Stötterlingenburg bei Halberstadt geschenkt. Am 4. März 1821 wurde er bei seinem Abschied zum Feldmarschall ernannt, das IV. Armee-Korps übernahm Friedrich Wilhelm von Jagow am 5. März. Der verheiratete Feldmarschall a. D. mit zwei Söhnen und einer Tochter zog sich dann auf seine Güter zurück.
Familie
Von Kleist heiratete 1787 in Berlin Hermine Caroline Charlotte, geborene von Retzow ( 1767; 14. März 1838 in Halberstadt). Sie war die Tochter des Ritterschaftsrats Wilhelm Leopold von Retzow ( 1729; 1803) und dessen Ehefrau Henriette Christine Friederike, geborene von Thiele und war Enkelin des Generals Wolf Friedrich von Retzow. Das Paar hatte zwei Söhne und eine Tochter. Einer der Söhne starb früh, der andere Sohn Hermann von Kleist von Nollendorf ( 2. September 1804; 28. März 1870) war in Ostpreußen mit Henriette, geborene von Gustedt ( 18. April 1809) verheiratet. Er war dort Landrat und Förderer des Eisenbahnwesens. Die Tochter Hermine Henriette Helene Leopoldine ( 19. August 1785; 3. März 1840) verheiratete sich mit dem Oberstleutnant Timon Viktor Baron von Laviere.
Auszeichnungen (Auszug)
- Ritter des Königlich Preußischen Ordens „Pour le Mérite“ am 4. Dezember 1792
- Ritter der französischen Ehrenlegion
- Ehrenritter des Johanniter-Ordens
- Roter Adlerorden, II. und I. Klasse, 1812
- I. Klasse am 18. Oktober 1812 als Generalmajor (einschließlich 2000 Thaler)
- Eisernes Kreuz (1813), II. und I. Klasse
- Russischer Orden der Heiligen Anna
- Orden des Heiligen Wladimir, II. Klasse (Halsorden mit Bruststern)
- Ritter des Schwarzen Adlerordens mit Stern am 31. August 1813 (laut Cabinetsordre/AOK) für die Schlacht bei Kulm
- Eichenlaub zum Verdienstorden (Pour le Mérite) am 1. April 1814 bei gleichzeitiger Ernennung zum Chef des 1. Westpreußischen Infanterie-Regimentes
- Ehrendegen mit Diamanten von Zar Alexander, 1814
- Beförderung zum General der Infanterie am 30. Mai 1814 und Ernennung zum Kommandierenden General aller Truppen und Festungen in Schlesien
- Grafenstand am 3. Juni 1814
- Großkreuz des Preußischen rothen Adler-Ordens[2]
Ehrungen
- Ehrendoktor (Dr. phil. h. c.) der Universität Berlin, 3. August 1814 (Antrag vom 27. Juli 1814)
- Das Grenadier-Regiment „Graf Kleist von Nollendorf“ (1. Westpreußisches) Nr. 6 führte seit dem 27. Januar 1889 bis zu seiner Auflösung Ende 1918 zum bleibenden Andenken seinen Namen.
- Der Nollendorfplatz und die Kleiststraße in Berlin erinnern an den verdienten Generalfeldmarschall Graf Kleist von Nollendorf.
Literatur
- Georg von Kleist: Das Leben des Generalfeldmarschalls Grafen Kleist von Nollendorf, 1887 (PDF-Datei, Bestellmöglichkeit der PDF-Datei und des Ausdrucks)