Lanz, Karl

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Oberleutnant der Reserve Dr. h. c. Karl Wilhelm Konstantin Philipp Lanz, 1910; Bildquelle: „Illustriertes Universum-Jahrbuch 1910“, Reclam-Verlag, Leipzig 1910, S. 213

Karl Wilhelm Konstantin Philipp Lanz (Lebensrune.png 18. Mai 1873 in Mannheim; Todesrune.png 18. August 1921 ebenda) war ein deutscher Ingenieur, Reserveoffizier, Maschinenfabrikant, Luftschiffbauer und Luftfahrtmäzen.

Leben

Mannheim-Oststadt, Villa Lanz, Gartenseite, um 1917

Kurzchronologie

  • Bis 1892 Besuch des Karl-Friedrich-Gymnasiums Mannheim, Abitur
  • 1892 Einjährig-Freiwilliger bei der 4. Eskadron des 2. Rheinischen Husaren-Regiments. Nr. 9
  • 1894 bis 1897 Studium an der Technischen Hochschule Hannover Abteilung III für mechanisch-technische Wissenschaft; danach Maschinenbau in Karlsruhe und (Berlin-)Charlottenburg; Examen
  • 1897 Eintritt in Maschinenfabrik seines Vaters
  • 1898 Seconde-Lieutenant der Reserve im 3. Schlesischen Dragoner-Regiment Nr. 15 in Hagenau
  • 1905 Tod des Vaters und Übernahme der Fabrikleitung
  • 1907 Einweihung des Heinrich-Lanz-Krankenhauses in Mannheim als Familien-Stiftung; Mitglied des Verbands landwirtschaftlicher Maschinen-Prüfungs-Anstalten
  • 1908 Bau einer Werft für Luftschiffe in (Mannheim-)Rheinau
  • 1908 Lanz-Preis der Lüfte
    • Lanz verfolgte auch die technische Entwicklung auf Randgebieten seines Wirkungskreises. So war ihm die Rückständigkeit der jungen Flugtechnik aufgefallen, die in Deutschland kaum Unterstützung erfuhr. Im Jahre 1908 begann er deren Förderung, indem er dem Berliner Verein für Luftschiffahrt 50.000 Mark für einen Lanzpreis stiftete. Der Preis stand nur deutschen Fliegern, Flugzeug-Konstrukteuren und Flugzeugen offen.[1]
  • 1909 Stiftung der Akademie der Wissenschaften an der Universität Heidelberg; Gründung der Gesellschaft „Luftschiffbau Lanz und Schütte“
  • 1910 Stiftung eines Preises zur Unterstützung der deutschen Luftfahrt-Ingenieure
  • 1911 beratendes Mitglied in der Geräte-Abteilung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft; Fertigstellung des ersten Luftschiffs System Schütte-Lanz
  • Ende März bis Ende April 1913 Ausstellung der Sammlung Dr. Karl Lanz im städtischen Ausstellungsgebäude auf der Mathildenhöhe zu Darmstadt
  • 1914 von August 1914 bis Juni 1916 Kriegsdienst im Weltkrieg
  • 1914 Gründung einer Flugzeug-Bauabteilung
  • 1915 Bau von Flugzeugen im Werk Zeesen bei Berlin
  • 1916 Erwerb der Landmaschinenfabrik Wery AG in Zweibrücken; Heinrich-Lanz-Gedächtnis-Fonds zur Unterstützung der Mannheimer Handelshochschule

Biographie

Lanz war ein Industrieller und Mäzen, der zwar öffentlich kaum in Erscheinung trat und zurückgezogen lebte, aber umso nachhaltiger in seinem Wirken präsent war. Er leitete ein international arbeitendes Unternehmen, förderte vielseitig die junge deutsche Luftfahrt und stiftete namhafte Geldbeträge für Wissenschaft und Gesellschaft. Der lange Schatten seines berühmten Vaters und Firmengründers Heinrich Lanz verdeckt zu Unrecht seine Person, die doch so vielseitig und eindringlich das industrielle Leben Mannheims und seiner Umgebung prägte. Nach Abitur und Studium des Maschineningenieurwesens trat Lanz 1897 in die väterliche Fabrik in Mannheim ein. Das Unternehmen „Heinrich-Lanz & Co“ exportierte seine Produkte in alle Welt: Dampfdreschmaschinen, Lokomobilen, Strohpressen und andere Landmaschinen, die sich durch hohe Zuverlässigkeit und Sicherheitsstandards auszeichneten. Der Vater zählte dank seines Unternehmergeistes bald zu den vermögendsten Männern Badens. Dabei setzten er und seine Familie beträchtliche Summen ein, um das gesellschaftliche Leben Mannheims zu fördern. Er hatte dazu beigetragen, die Stadt schon 1900 zu einem bedeutenden Industrie- und Handelsstandort zu machen. In diesem Unternehmen lernte der Sohn das Geschäftsleben von Grund auf kennen, wobei ihm seine Ausbildung zum Ingenieur zugute kam. 1905 starb sein Vater, und Lanz übernahm im selben Jahr die Leitung der Firma, von der einige Werksteile nach Mannheim-Lindenhof übersiedelten. 1909 wurde die Fabrik in eine OHG umgewandelt, deren Mitinhaber sämtlich Lanz' Familienmitglieder waren. Zu diesem Zeitpunkt zählte das Unternehmen 4 335 Mitarbeiter. Die Produktpalette wurde um Erntemaschinen und Motorpflüge erweitert. Technische Neuheiten zeugten von der Leistungsfähigkeit der Lanzschen Konstrukteure. So wurde etwa auf der Brüsseler Weltausstellung von 1910 die mit 1 000 PS größte Lokomobile ihrer Zeit vorgestellt. 1912 ging der Landbaumotor Lanz in Produktion. Die Fabrik wies nun 4 171 Arbeiter auf. Seit 1914 stellte das Unternehmen auf Rüstungsgüter um und lieferte Kettenzugmaschinen, Radschlepper, Dampfzuglokomobilen, Torpedomaschinen und Minen. Lanz selber zog 1914 als Rittmeister der Reserve an die Westfront. Er tat Dienst als Adjutant bei der Etappeninspektion der 7. Armee und erlebte vom Januar bis März 1916 die Stellungskämpfe an der Aisne (Verdun-Offensive). Am 29. Juni 1916 wurde Lanz aus dem Militärdienst entlassen, weil er als Firmenchef die kriegswichtige Produktion in Mannheim leiten musste. Im selben Jahr wurde ein neuer Werkstoff, der Lanz-Perlitgrauguss entwickelt, der stahlähnliche Eigenschaften besaß. Während des Weltkriegs vergrößerte Lanz das Firmenimperium um die Wery AG in Zweibrücken, die Erntemaschinen baute. Kurz nach dem Krieg wurde die Zentrifugenabteilung aus dem Mannheimer Werk ausgegliedert und unter der Bezeichnung Schwarzwaldwerke Lanz KG in Vöhrenbach bei Villingen selbständig organisiert. Im Todesjahr von Lanz, 1921, stellte sein Unternehmen den ersten Rohölackerschlepper der Welt vor, den Fritz Huber erdacht hatte. Er ging als „Lanz-Bulldog“ in die Geschichte der Technik ein. Lanz hatte somit die Arbeit seines Vaters erfolgreich fortgeführt und die Fabrik zum führenden Unternehmen Europas im Bereich Landmaschinentechnik gemacht. Im Jahre 1925 beschäftigte das Werk 4 094 Arbeiter. Nur amerikanische Hersteller waren bedeutender. Das Unternehmen trug damit zur Mechanisierung und Maschinisierung der Landwirtschaft bei, die allerdings in Deutschland insgesamt nicht die Verbreitung fand wie in den USA. Der Firmenchef und Ingenieur Lanz selber stellte der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft DLG (gegründet 1885 in Berlin) seine reiche Erfahrung zur Verfügung, indem er im Ausschuss der Geräteabteilung tätig war. Erstaunlich ist, dass Lanz darüber hinaus großes Interesse für die Luftfahrt zeigte und mit anderen Zeitgenossen wie dem Grafen Zeppelin weitsichtig ahnte, dass Flugapparate die Verkehrsmittel der Zukunft sein würden. Auf Vorschlag seines kaufmännischen Direktors und Prokuristen Paul Zabel stellte Lanz die finanziellen und produktionstechnischen Kapazitäten seines Mannheimer Werkes für den Luftschiffbau zur Verfügung. Die Konstruktionsarbeit erledigte Professor Johann Schütte (1873-1940) aus Oldenburg, eigentlich ein Schiffbauingenieur, der seit 1904 an den Technischen Hochschule in Danzig und Berlin lehrte. Mit ihm schloss Lanz 1909 einen Kooperationsvertrag. Im selben Jahr wurde die Gesellschaft „Luftschiffbau Lanz und Schütte“ gegründet. Die hydrodynamischen Versuche, die Johann Schütte 1899 im italienischen La Spezia durchgeführt hatte, kamen der Formgebung des künftigen Schütte-Lanz-Luftschiffes zugute, die aerodynamisch ausgereifter war als die des Zeppelins. Ein weiteres Merkmal des Schütte-Lanz-Luftschiffs war sein starres Gerüst, das zunächst aus Holzleisten bestand. Die Herstellung des Luftschiffs seit 1909 erfolgte in einer eigens errichteten Halle in Mannheim-Rheinau. 1911 stieg das erste Schütte-Lanz-Luftschiff „SL.1“ empor. Es fasste 19 500 cbm Gas. 1912 kaufte es die deutsche Heeresverwaltung. Der drohende Verkauf des Luftschiffs an das Ausland mag beim Erwerb mitgeholfen haben. Ein Jahr später kam sogar ein Vertrag mit dem Kriegsministerium zustande, das weitere Schütte-Lanz-Luftschiffe orderte. Damit hatten die Zeppelin-Luftschiffe Konkurrenz erhalten. Nach Kriegsende baute Schütte-Lanz noch bis 1924 Luftschiffe. Insgesamt wurden 22 Schiffe bis 1920 realisiert. Trotz vieler Verbesserungen hatten sich die „Luftkreuzer“ Lanzscher Bauart insgesamt nicht bewährt. Die geleimte Holzkonstruktion, die später durch Aluminiumrohre ersetzt wurde, war sehr witterungsanfällig. Die Knicksteifigkeit ließ ebenfalls zu Wünschen übrig. Steighöhe und Tragfähigkeit waren gering. Das Kriegsgeschehen machte ohnehin bald deutlich, dass Luftschiffe den Flugzeugen unterlegen waren. Auch diesem Luftfahrzeug gehörte schon früh das Interesse von Lanz. Um 1900 befand sich die Motorfliegerei noch in den Kinderschuhen. Amerikanische und französische Konstrukteure führten das Feld an, und Lanz wünschte, dass vergleichbare Anstrengungen auch in Deutschland unternommen würden. Deshalb lobte er 1908 einen „Lanz-Preis der Lüfte“ aus. Das Flugzeug musste von einem Deutschen konstruiert werden, in Deutschland hergestellt und von einem Deutschen gesteuert werden. Den Preis im Wert von 40 000 Mark gewann am 30. Oktober 1909 auf dem Flugfeld von Berlin-Johannisthal der bekannte Magdeburger Flugpionier Hans Grade (1879–1946). Es blieb nicht bei der finanziellen Förderung des Luftverkehrswesens. Schon 1914 begann Lanz in seiner Luftschiffwerft auch Flugzeuge zu bauen. Zusätzliche Montagehallen entstanden in Darmstadt und Leipzig. Bis 1923 wurden 1 000 Maschinen hergestellt. Die Produktion kam durch die Verbote im Versailler Vertrag zum Erliegen. Schließlich förderte Lanz auch den Bootsbau, indem er Preise für Motorboote aussetzte und die Rhein- (1907/08) und Bodensee-Wochen (1908/10) veranstaltete. Neben der Förderung der Technik engagierte sich Lanz auch als Mäzen der Wissenschaft. So wurde er auf Betreiben verschiedener Heidelberger Ordinarien und anderer Persönlichkeiten 1909 Stifter der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Er stellte zu dem Zweck die außergewöhnlich hohe Summe von einer Million Mark zur Verfügung. Lanz versprach sich davon, das Ansehen der Lanzschen Fabrik zu festigen und die Wissenschaft für technische Anwendungen nutzbar zu machen. Die naturwissenschaftlich-mathematische Fakultät der Universität dankte ihm dieses Engagement am 30. Juni 1909 mit der Ehrendoktorwürde. In seiner Heimatstadt Mannheim richtete er einen Fonds ein für die Unterstützung der Handelshochschule. Außerdem weihte er 1907 als Familienstiftung das Heinrich-Lanz-Krankenhaus, das auf eine Initiative seines Vaters zurückging, ein. Dort verstarb Lanz im Alter von nur 48 Jahren. Der frühe Tod und die chaotischen Nachkriegsjahre verhinderten schließlich den Bau einer Arbeitersiedlung in Mannheim.[2]

Lanz-Preis der Lüfte

Bis zum Jahre 1908 gab es kein einziges flugfähiges deutsches Motorflugzeug. Um Initiativen anzuregen, wurde durch den Mannheimer Industriellen Dr. Lanz, Mitglied des Berliner Vereins für Luftschiffahrt, der nach ihm benannte Preis am 15. April 1908 ausgeschrieben. Insgesamt waren es 50.000 Mark, von denen 10.000 Mark der direkten finanziellen Unterstützung deutscher Flugtechniker dienen sollten, 40.000 Mark aber den Lanz-Preis ausmachte. Folgende Bedingungen waren an den Lanzpreis gebunden: Das Flugzeug mußte von einer 100 Meter langen Startlinie zwei 1.000 m voneinander entfernte Marken umfliegen, davon die zweite im entgegengesetzten Drehsinn wie die erste, und dann zur Startlinie zurückkehren, die 500 m entfernt parallel zur Verbindungslinie der Wendepfähle lag. Das Fluggerät mußte von einem Deutschen konstruiert, in all seinen Teilen in Deutschland hergestellt sein und von einem Deutschen geführt werden. Dr. Lanz war derart zufrieden mit der Ausrichtung des ersten Wettbewerbes, daß er für 1910 fünf weitere gestaffelte Zusatzpreise stiftet.

Vergabeliste des Lanzpreises

  • 1. Preis am 30. Oktober 1909: Alter Adler Nr. 2 Hans Grade mit seinem selbst konstruierten Eindecker „Libelle“ mit ebenfalls selbst konstruiertem Vierzylinder-Zweitaktmotor, 40.000 Mark[3]
    • Er absolvierte auf dem Flugplatz Johannisthal die vorgeschriebene Strecke in 2 Minuten 43 Sekunden. Am Tag darauf gelang ihm sogar eine mehrmalige Umrundung der Markierungspunkte in einer Flugzeit von in 6 Minuten 52 Sekunden und einer Flughöhe von bis zu 30 Metern.
  • 2. Preis am 29. April 1010: Adolf Behrend auf einem Schultze-Herfort-Eindecker, 7.000 Mark
  • 3. Preis am 11. Juli 1910: Herrmann Dorner auf einem Eindecker T-II, 3.000 Mark
  • 4. Preis am 6. August 1910: Emile Jeannin auf einem Farman-Doppeldecker, 2.000 Mark
  • 5. Preis am 15. Oktober 1910: Fritz Heidenreich mit seinem selbst entworfenen und gebauten Eindecker, 1.500 Mark
  • 6. Preis am 13. Dezember 1910: Raymund Eyring auf einer Dr. Huth-Flugmaschine (Zweidecker), 1.000 Mark

Tod

Karl Lanz, der die von seinem Vater eingeleitete betriebliche Sozialpolitik konsequent fortgesetzt hatte, starb im Alter von nur 48 Jahren in dem von ihm selbst 1907 erbauten Krankenhaus im Mannheimer Lanz-Park. Schon während seiner Krankheit und endgültig nach seinem Tode übernahm sein Schwager Ernst Röchling die Leitung der Firma. In den 1920er Jahren erwarb das Unternehmen die Motorenwerke Gotha sowie u. a. Beteiligungen an den Badenia-Werken, Weinheim, und der Deutsche Perrot-Bremse GmbH, Mannheim. 1925 erfolgte die Umgründung in eine Aktiengesellschaft. Zunehmende Schwierigkeiten, besonders im Verlauf der Weltwirtschaftskrise, führten 1931 zum Ausscheiden der Familie Lanz aus dem Unternehmen. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Mannheimer Werk weitgehend zerstört, 1956 ging die Majorität des Aktienkapitals an das amerikanische Landmaschinen- und Schlepperunternehmen John Deere & Comp, über, seit 1959 führt das Mannheimer Unternehmen den Namen „John Deere-Lanz AG“. Ab 1967 beschränkt sich die Firma auf die Verwaltung des Grundbesitzes (John-Deere-Lanz-Verwaltungs-Aktiengesellschaft, Mannheim), die Werke in Mannheim und Zweibrücken sowie andere Firmenteile wurden als Zweigniederlassungen von Deere & Company verselbständigt.[4]

Familie

Karl war der Sohn des Fabrikanten Heinrich Lanz (1838–1905) und dessen Frau Julia, geb. Faul (1843–1926). Sein Vater war der Besitzer der 1859 gegründeten „Heinrich Lanz AG“.[5]

Ehe

Leutnant der Reserve Lanz heiratete 1903 in Mannheim seine Verlobte Eleonora Gisella Giulini (1885–1980), Tochter des Industriellen Paul Giulini (1856–1899) und der Fanny, geb. Clemm (Tochter des 1910 verstorbenen Chemie-Industriellen August Ernst Karl Konrad Clemm, seit 1893 Ritter von Clemm). Aus der Ehe sind fünf Kinder entsprossen:

  • Margot (1906–1995)
  • Heinrich (1909–1942), 1920 umbenannt in Johann Peter nach dem Urgroßvater (Speditionsunternehmer)
  • Renate (1914–?)
  • Sigrun (1917–?)
  • Giselher (1920–?)
    • Giselher trat der Crew I/1941 der Kriegsmarine bei und diente bei der U-Bootwaffe. Leutnant zur See Lanz diente auf U 563 sowie U 763 und war schließlich Kommandant von U 5364 (Seehund) bei den Kleinkampfverbänden.

Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)

Fußnoten