Leopold Wilhelm von Baden-Baden
Leopold Wilhelm Markgraf von Baden und Hochberg ( 16. September 1626;[2] 23. Februar 1671[3] in Warasdin, Kroatien) war ein deutscher Adliger, Offizier im Dreißigjährigen Krieg, Feldzeugmeister der Kaiserlichen Armee und seit 1664 erster Reichsgeneralfeldmarschall der Reichsarmee des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Der Feldherr, zu dessen Neffen Ludwig Wilhelm I. von Baden-Baden zählte, war zuletzt Gouverneur und Befehlshaber des Generalats Warasdin,[4] einem Nebenland Ungarns im Heiligen Römischen Reich.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Als junger Mann ging Prinz Leopold Wilhelm an den Hof des römisch-deutschen Kaisers in Wien, wo er zum kaiserlichen Kriegsrat ernannt wurde. Als der junge Herzog Leopold, seit 1654 König in Germanien, 1655 auch König von Ungarn wurde, wurde Leopold dessen Leibgarde-Hatschier-Hauptmann. Als Leopold von Österreich 1658 zum deutschen Kaiser gewählt wurde, war Leopold Wilhelm Prinz von Baden bei dessen Krönung in Frankfurt an seiner Seite.
Leopold Wilhelm wurde am 11. Juli 1648 Generalfeldwachtmeister (Generalmajor), am 7. Mai 1658 Feldmarschall-Leutnant, am 3. Dezember 1659 Feldzeugmeister im Zweiten Nordischen Krieg und am 20. März 1664 (Bestallung zu „einem Feldmarschall über die gantze Reichs-Creyß-Armee“) erster bekannter Reichsfeldmarschall bzw. Reichsgeneralfeldmarschall mit einem Sold von 1.500 Gulden im Monat. In einem kaiserlichen Schreiben datiert vom 24. März 1664 zu Linz wurde allen Generälen und Offizieren der kaiserlichen Kriegsheere, und allen Untertanen des Reiches und des Hauses Österreich befohlen, den Markgrafen als kommandierender General der nach Ungarn ziehende Reichsarmee anzuerkennen.
Türkenkriege
Die noch im Umbruch befindende Reichs-Kreis-Armee (Armee der Reichskreise) tat sich schwer, zum Zweck der Unterstützung der kaiserlichen Truppen (unter Feldmarschall, später Generalleutnant Raimund Graf von Montecuccoli) in den Türkenkriegen. Die Protestanten des am 20. Januar 1663 eröffneten Reichstages wollten einen „Obersten Heerführer“, nämlich Friedrich Wilhelm Kurfürst von Brandenburg, aber die Katholiken setzten sich mit ihrem Wunsch nach einem General-Feldmarschall durch und konnten sich nach langen Streitereien auf den Markgrafen von Baden-Baden einigen, der besonders vom Bischof von Münster unterstützt wurde. Des Reichsfeldmarschalls Stellvertreter wurde Reichsgeneralfeldmarschalleutnant Georg Friedrich zu Waldeck, des weiteren im Stab Reichsgeneral der Kavallerie Ulrich Herzog von Württemberg (1617–1671), Reichs-Generalfeldzeugmeister (Infanterie) Franz Graf von Fugger-Weißenhorn-Nordendorf ( 1612; ⚔ 1. August 1664 bei der Schlacht bei dem Kloster St. Gotthard an der Raab), Reichs-Generalwachtmeister zu Roß Adolf Herzog zu Holstein (1634–1704), Generalwachtmeister zu Fuß Bernhard Gustav Markgraf von Baden-Durlach (1631–1677) und Generalwachtmeister zu Fuß Johann Ferdinand Freiherr von Puech (Pucher) von Kur-Bayern.
- „Die Vereidigung der meisten Generäle fand am 12. April 1664 in Regensburg statt, doch standen diesen vorerst noch keine Truppen zur Verfügung (die Reichskreise sollten ohne den österreichischen Kreis 16.956 Mann zu Fuß und 4.037 Mann zu Pferde auf bringen). Tatsächlich bestand jedoch, was vorweggenommen sei, die Armee des Markgrafen von Baden nur aus Truppen aus dem fränkischen, bayrischen, schwäbischen, westfälischen und niedersächsischen Kreis; jeder dieser Kreise hatte mit Ausnahme des schwäbischen und des bayrischen Kreises ein Regiment zu Fuß und ein Regiment zu Pferde gestellt, der bayrische Kreis hatte nur ein Kavallerieregiment aufzustellen, weil, wie bereits erwähnt, ein bayrisches Infanteriekorps bereits an der Mur stand. Das Kontingent des burgundischen Kreises stand überhaupt nicht zur Verfügung, während die Truppen des obersächsischen Kreises bereits seit Ende 1663 im Verband der Nordarmee unter Feldzeugmeister de Souches in Ungarn operierten. Schließlich sei noch erwähnt, daß das oberrheinische Kreiskontingent zu spät den Kriegsschauplatz erreichte4 5 (auch kurmainzische Kompagnien passierten erst Mitte Juli 1664 das niederösterreichische Waldviertel, ebenso auch Pfalzneuburgische Kompagnien zu Pferde, die zum Allianzkorps gehörten).“[5]
Friedrich VI. Markgraf von Baden-Durlach (1617–1677), des Generalwachtmeisters älterer Bruder, führte, nebst dem Bischof von Münster, auf Befehl der Reichsstände das Direktorium des Kriegsrates der Reichsarmee. Leopold Wilhelm mußte, nachdem er sein Heer gemustert hatte, erkennen, daß es an allem mangelte. Er schreib an die Stände auf dem Reichstag, daß er zu Ausrüstung eigenes Geld einsetzen würde, aber auch zusätzliche Kredite brauchte und teilweise auf Schuldscheine zurückgreifen mußte. Der marsch durch die Steiermark bis an die ungarische Grenze war mühsam und langsam, Proviantknappheit und Hunger begleiteten die Soldaten. Die meisten von ihnen waren neu geworben und in den Waffen noch ganz unerfahren, so daß unterwegs auch noch die Ausbildung erfolgte. Von Fieber schwer erkrankt, wie auch andere des Heeres, gelang der Allianz dennoch ein glänzender Sieg bei St. Gotthard gegen den „Erb-Feind“.
Danach übergab die Reste der Reichsarmee an seinen Vertrauten Georg Friedrich zu Waldeck, der mit der Führung beauftragt war, und reiste nach Fürstenfeld, von wo aus er am 4. August 1664 den Reichsständen in Regensburg (Originalanrede: „Des Heiligen Römischen Reichs Chur-Fürsten und Ständen, Herrn Räthe, Bottschaffter und Gesandten zu Regensburg“) schriftlich Bericht erstatte. Er berichte, wie die ganze Nacht des 31. Juli auf den 1. August 1664 insbesondere das Lager der Reichsarmee Opfer der osmanischen Artillerie wurde. Auch berichtete er ehrlich, daß zu beginn der Schlacht, gerade die Reichsarmee, die die Mitte des christlichen Heeres bildete, ob der Unerfahrenheit im Waffengang, der Erschöpfung durch den langen Anmarsch und des Hungers zurückwich (manche, so der reichsfeldmarschall an den Reichstag, bis nach Graz und gar Wien), teilweise überrannt wurde und schwere Verluste erleiden mußte. Ebenfalls berichtete er, daß zwei Regimenter der Kaiserlichen Armee, die dem „Heer der Reichsvölker“ unterstellt waren – das Schmidtsche zu Pferd und das Nassauische zu Fuß – gleichfalls nicht stehen blieben, wobei die Nassauische, nachdem der Oberst gefallen war, „meistentheils niedergehauen worden“. Dann aber preschte die Reichsarmee, unterstützt von etlichen kaiserlichen Regimenter, nach vorne und konnte die Türken bis an den Fluß zurückdrängen.
Erbittert wurde gekämpft, die ganze türkische Hauptmacht hatte sich nun den Deutschen entgegengeworfen, und des Reichsgeneralfeldmarschalls Truppen schwankten erneut kurz, dann aber kamen von beiden Seiten die Hilfsvölker und die verwegene Reiterei der Franzosen. Nun begann die Umfassung: Die Fußvölker und etliche Regimenter der Reiterei der Kaiserlichen Armee kamen von rechts, die Reichstruppen des Schwäbischen Reichskreises drückten von der Mitte aus nach vorne und französisches Fußvolk unterstütz von der Reiterei von links. Gemeinsam hinderten sie die Türken daran, die in der nacht ausgehobenen Laufgräben neu zu besetzten, mit Mut und Stärke wurde unerbittlich angegriffen, so daß die Türken „auch mit solcher Kraft über das Wasser getrieben, daß alles, was nicht niedergehauen worden, im Wasser ersoffen“. Der Feind am anderen Ufer hat seine Artilleriestücke flüchtend zurückgelassen, Reichssoldaten schwammen hinüber, um diese zu „vernageln“ oder ins Wasser zu werfen. Das „Treffen“, die Schlacht, dauerte rund acht Stunden ohne Pause.
Besonders ausgezeichnet hatten sich Leopold Wilhelms Bericht nach das Schwäbische, das Pfalzgräfische und das Birkenfeldische Regiment, die Niedersächsische Kompanie zu Pferd, und die 3. Bayerische Kompanie sowie die Offiziere Hermann Lothar von Post und Oberst Johann Wilhelm Zobel zu Giebelstadt. Von seinen Generälen lobte er insbesondere Georg Friedrich zu Waldeck, Ulrich Herzog von Württemberg und Bernhard Gustav Markgraf von Baden-Durlach, unter welchem drei Pferde erschossen wurden, er aber immer wieder neu aufsaß und seine Fußtruppen anspornte. Ebenfalls betrauerte er den Heldentod des Generalfeldzeugmeisters Graf Fugger. Später reiste er über Wien nach Regensburg, wo er im Herbst 1664 dem Reichstag mündlich berichtete und anschließend sein Patent als Reichsgeneralfeldmarschall niederlegte.
Allgemeine Deutsche Biographie
- „Leopold Wilhelm, Markgraf von Baden, kaiserlicher General-Feldmarschall, geb. den 16. Septbr. 1626, unbekannt wo, † den 1. März 1671 zu Warasdin in Croatien, war ein Sohn des Markgrafen Wilhelm von Baden und dessen erster Gemahlin Catharina Ursula, Tochter Johann Georgs, Fürsten zu Hohenzollern. Als solchem ward ihm schon von Jugend an Ritterlichkeit zu eigen und beschleunigten überdies die ununterbrochenen Kämpfe jener Zeit die Ausbildung seiner natürlichen Anlagen für den Kriegerberuf. Wo er in untergeordneten Sphären seine Erfahrungen sich erworben, läßt sich mit Sicherheit nicht feststellen. 1661 aber commandirte er bereits die Artillerie in Siebenbürgen, und daß er schon damals eines guten Rufes genoß, bezeugt seine am Reichstage zu Regensburg 1664 stattgehabte Bestallung zu einem ‚Feldmarschall über die gantze Reichs-Creyß-Armee‘. Selbe erfolgte nämlich in Erwägung des Umstandes, daß L. W. zu jenen Personen gehörig, welche von ‚hochtapfferem Gemüthe und vieler Kriegserfahrenheit‘ und dann mit der Bestimmung, es habe der Markgraf dem Kaiser baldigst Beistand zu bringen bei der Zurückweisung der immer mehr vordringenden Türken.
- Nachdem nun L. seine nicht leicht zu vereinigenden Truppen mit möglichster Raschheit gesammelt, zog er mit selben über Wien, Oedenburg, Radkersburg nach Alsö-Lendva, worauf er sich den 25. oder 26. Juli dem Heere Montecuccoli's anschloß und dessen Centrum bildend, an der siegreichen Schlacht bei St. Gotthard an der Raab am 1. August 1664 theilnahm. Montecuccoli berichtete deshalb auch von dem Markgrafen, der am Schlachttage das Krankenbett verließ, zu Pferde stieg und mit einem Theil der Reichstruppen gegen die rechte Flanke der Spahi's mit großem Erfolge einhieb: ‚der Markgraf von Baden unterstützte aufs muthvollste mit frischen Truppen die erschöpften und flüchtigen Regimenter‘. L., welcher schon 1630 zum Inhaber eines k. k. Infanterieregiments (jetzt Nr. 13) ernannt worden war, befand sich nach dem Türkenkriege in der auszeichnenden Stellung eines Hauptmanns der Hatschiere und Trabanten bei den Vermählungsfeierlichkeiten des Kaisers, 1666, zu Wien und führte endlich während seiner letzten Lebensjahre das Commando des Warasdiner Generalats. L. war zweimal verehelicht; das erste Mal mit Sylvia oder Sibylla Catharina, Gräfin von Caretto, Wittwe des Grafen Czernin, das zweite Mal mit Maria Franciska, Tochter des Grafen Egon zu Fürstenberg, Wittwe nach Wolfgang Wilhelm, Pfalzgrafen zu Neuburg. Diesen Ehen entsprossen 2 Prinzen und 2 Prinzessinnen.“[6]
Neue Deutsche Biographie
- „Schon früh zeigte L., als nachgeborener Sohn auf fremden Dienst angewiesen, Neigung zum Kriegsdienst und schloß sich der kaiserl. Armee an. Am Ende des 30jährigen Krieges ist er bereits als Befehlshaber der Artillerie Mitglied der Generalität Leopolds I. (damals noch König von Ungarn), der ihn zum Hauptmann seiner Leibgarde ernannte. In dieser Eigenschaft begleitete L. ihn 1658 zur Kaiserwahl und Krönung nach Frankfurt. 1659 finden wir ihn als General im kaiserl. Heer, das unter Montecuccoli am Nord. Krieg teilnimmt. 1661 kommandierte er Truppen unter Montecuccoli in Siebenbürgen. 1663 wurde L. zum Reichsfeldmarschall ernannt und erhielt das Kommando über die Armee der Reichskreise im Krieg gegen die Türken. In der siegreichen Schlacht von St. Gotthard an der Raab/Mogersdorf (1.8.1664) kommandierte er, obwohl an diesem Tag krank, mit Mut und Entschlossenheit das Reichskontingent. – Nach dem Frieden von Vasvar (Eisenburg) im Okt. 1664 als Reichsfeldmarschall entlassen, lebte L. bis zu seinem Tod als Hauptmann der Hartschiere und Trabanten in Wien. Zuletzt befehligte er das Varasdiner Generalat. Sein Wahlspruch ‚pro Caesare mori vivere est‘[7] spiegelt eine im damaligen Fürstenstand nicht seltene Gesinnung wider.“[8]
Familie
Abstammung
Leopold Wilhelm war der Sohn von Wilhelm Markgraf von Baden-Baden (1593-1677) und der Katharina Ursula Prinzessin von Hohenzollern-Hechingen (1610–1640). Er war der zweite von 14 Kindern. Da er vor seinem Vater jung verstarb, wurde er nie Regent über die Markgrafschaft Baden-Baden.
Ehen
Die erste Ehe von Leopold Wilhelm von Baden war im Juni 1659 mit der 20 Jahre älteren Witwe Anna Sylvia Katharina Carretto Markgräfin von Savona und Gräfin von Millesimo ( 1605/06; 26. Februar 1664). Sie war zuvor mit Oberstlandhofmeister Hermann Graf Czernin von und zu Chudenitz verheiratet (seine dritte Ehefrau). Die politische Ehe, die von Leopolds Stieftante Margaretha Anna von Oettingen-Baldern vermittelt wurde, blieb kinderlos. Durch diese Heirat erwarb die Markgrafschaft Baden-Baden ausgedehnte Besitzungen in Böhmen. Anna Sylvia starb 1664 auf der Reise von Böhmen nach Baden in Regensburg. Beigesetzt wurde sie mit Zustimmung von Leopold Wilhelm in der Sigismundkapelle des Veitsdoms der Reichsstadt Prag neben ihrem ersten Gemahl.
Die zweite Ehe von Leopold Wilhelm von Baden war am 23. Februar 1666 mit, seit 13 Jahren Witwe,[9] Maria Franziska Gräfin von Fürstenberg-Heiligenberg ( 18. Mai 1633; 7. März 1702), der Tochter Ernst Egon VIII. Graf von Fürstenberg-Heiligenberg. Aus der Ehe gingen folgende Kinder hervor:
- Leopold Wilhelm ( 20. Januar 1667; 11. April 1716) Rastatt
- Der Kaiser und seine Gemahlin wurden Taufpaten
- Zwillingsbruder ( 20. Januar 1677)
- Karl Friedrich Ferdinand ( 14. September 1668; 14. September 1680)
- Katharina Franziska ( jung gestorben)
- Henriette ( jung gestorben)
- Anna ( jung gestorben)