Lippe-Biesterfeld, Bernhard zur

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Bernhard Prinz zur Lippe-Unterschrift.jpg

Bernhard Leopold Friedrich Eberhard Julius Kurt Karl Gottfried Peter Prinz zur Lippe-Biesterfeld (Lebensrune.png 29. Juni 1911 in Jena; Todesrune.png 1. Dezember 2004 in Utrecht) war ein deutscher Adliger, SS-Angehöriger, danach Volksverräter, alliierter Bomberpilot und Prinzgemahl von Juliana von Oranien-Nassau, Königin der Niederlande.

Werdegang

Der freiwillige Terrorflieger Prinz zur Lippe-Biesterfeld mit Familie

Bernhard Leopold Prinz zur Lippe-Biesterfeld wurde am 28. Juni 1911 geboren (lt. Standesamt Jena; in amtlichen Mitteilungen des niederländischen Königshauses wurde später der 29. Juni 1911 als Geburtstermin genannt). Er war der Sohn des preußischen Kavallerieoffiziers Prinz Bernhard zur Lippe-Biesterfeld senior (Todesrune.png 1934) und Armgard Kunigunde Freiin von Sierstorpff-Cramm (Todesrune.png 1951), die in erster Ehe mit Graf Bodo von Oeynhausen verheiratet war. Nach der Heirat mit Prinz Bernhard (senior) im Jahre 1909 wurde Bernhards Mutter durch fürstliches Dekret Gräfin von Biesterfeld. Am 24. Februar 1916 erhielt sie für sich und ihre Nachkommen den Titel einer Prinzessin zur Lippe-Biesterfeld.

Bernhard besuchte das Gymnasium in Züllichau, später ein Internat in Berlin. Er studierte nach dem Abitur (1929) Jura in Lausanne, München und Berlin. Mit dem Referendarexamen schloß er 1935 die akademische Ausbildung ab.[1] Es folgten Studienaufenthalte in Paris, England, Marokko und den Niederlanden, wo er bei einem Besuch bei Freunden Prinzessin Juliana kennenlernte. Beruflich wurde der junge Jurist 1935 Direktionssekretär des IG-Farben-Konzerns in Paris. 1936 wechselte er in die Filiale nach Amsterdam.

Am 8. September 1936 wurde die Verlobung der damaligen Kronprinzessin Juliana mit Bernhard bekanntgegeben. Die Hochzeit fand am 7. Januar 1937 in Den Haag statt. Am selben Tag erhielt Prinzgemahl Bernhard durch königliches Dekret den Namen und Rang eines Prinzen der Niederlande. Beide hatten vier gemeinsame Töchter: die spätere Königin Beatrix und ihre Schwestern Irene, Margriet und Christina.

Der Prinzgemahl hatte außerdem zwei außereheliche Töchter. Informierte Kreise wußten von Alicia de Bielefeld (Lebensrune.png 21 Juni 1952), Tochter seiner 19 jährigen Pariser Geliebten Alicia Webber, angeblich Tochter der Testpilotin Hanna Reitsch. Erst durch ein posthum in der Volkskrant veröffentlichtes Interview Bernhards mit Chefredakteur Pieter Broertjes und dem Journalisten Jan Tromp wurde die Öffentlichkeit auf seine zweite Tochter Alexia Grinda (Lebensrune.png 1967 in Boulogne-Billancourt) aufmerksam.

Bernhard war ab 1934 Mitglied der SA und nach deren Entmachtung durch Adolf Hitler Mitglied der Reiter-SS, ferner Mitglied der NSDAP[2] und des Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps. Die NSDAP-Mitgliedschaft hat Bernhard stets öffentlich bestritten, auch nachdem Ende 1995 entsprechende Dokumente in VSA-Archiven gefunden worden waren.[3]

Er selbst stand nach dem Krieg nicht zu diesen Tatsachen und stritt sie sogar ab.[4] Die Historikerin Annejet van der Zijl kam 2010 in einer umfangreichen Studie zu dem Ergebnis:[5][6]

„Aufgrund der nun verfügbaren Daten scheint dann auch die Schlußfolgerung gerechtfertigt, daß Bernhards Sympathie und Engagement für nationalsozialistische Organisationen deutlich größer gewesen ist als später von ihm dargestellt.“

1937 wandte sich Bernhard außerdem in zwei Briefen an Adolf Hitler, in welchen er Hitler bat, gegen negative Presseberichte über ihn vorzugehen.[7]

Zweiter Weltkrieg

Während des Krieges flüchtete Bernhard und hatte offensichtlich keine Hemmungen, sich als alliierter Bomberpilot gegen die deutsche Zivilbevölkerung zu betätigen. Weiterhin versuchte er im September 1944, 200 in VS-amerikanische Kriegsgefangenschaft geratene niederländische Waffen-SS-Angehörige erschießen zu lassen.[8] Der mit der Erschießung beauftragte Offizier verweigerte den Befehl. Die SS-Männer wurden von den VS-Amerikanern als Kriegsgefangene interniert.

Bernhard half sogar beim Aufbau der niederländischen Widerstandsbewegung und beteiligte sich auch als Einpeitscher an den grausamen Verfolgungen gegen Kollaborateure. Bei den Kapitulationsverhandlungen mit den deutschen Truppen in den Niederlanden im Mai 1945 in Wageningen vertrat Bernhard, nur niederländisch sprechend, die Streitkräfte der in London verweilenden Exilregierung.

Skandale und kompromittierende Geschäfte (Auswahl)

Die nachfolgende Auflistung beansprucht keine Vollständigkeit:

  • Der Attentäter Leutnant Kruithof, verantwortlich für den Mord an Oberst Joseph Mussert im Mai 1940 während der reichsdeutschen Sicherung der Niederlande, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zum Kapitän befördert und in den Stab des Prinzen Bernhard aufgenommen.
  • Im Mai 1954 wurde der Prinz zu Lippe-Biesterfeld zum ersten Veranstalter der Bilderberg-Konferenzen, als er in das damals ihm gehörende Hotel „De Bilderberg“ in Oosterbeek bei Arnheim zahlreiche, hochrangige Gäste zu einem transatlantischen Treffen eingeladen hatte.

Zitat

Quelle
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Prinz Bernhard

Ende Februar 1943 trat Bernhard eine Reise an, welche von Montreal in Kanada über Trinidad vor der Küste Venezuelas und einer weiteren Zahl südamerikanischer Staaten zur nordafrikanischen Front, und von dort nach England führte. Der Frontbesuch in Afrika sollte wohl als Frontturismus eingestuft werden – der Prinz hatte derarte Ausflüge sehr gerne und dokumentierte sie sorgfältig in seinen Fotoalben.

(...) Bevor seinem Reiseantritt nach Südamerika hatte er sich von seinem Schattenbild, Pieter van Houten, einem Mitarbeiter des britischen Sicherheitsdienstes M15, losgelöscht[9]. Unbeaufsichtigt besuchte der Prinz dann Brasilien, Paraguay und Argentinien. Dort soll er Frau von Pannwitz mitsamt ihrer Tochter besucht haben, die auf dem Gut eines Juan Zorreguieta[10] verblieben. Bernhard stand mit der Familie von Pannwitz bekanntlich schon in Kontakt in den Jahren vor dem Kriege, als diese noch auf das Gut Hartekamp unweit von Heemstede wohnte. Dank des Reichsmarschalls Hermann Göring hatten die beiden Damen ein Ausreisevisum nach Argentinien bekommen.

(...) Der Grund seines Besuches an Frau und Tochter von Pannwitz bleibt für uns im Dunst vernebelt. Vielleicht war es ein freundschaftlicher Besuch. Aber warum mit einer umfangreichen Gefolgschaft und in einem privaten Flugzeug, bei vorherrschender Knappheit? Sein ehemaliger Arbeitgeber IG-Farben hatte mehrere Ansiedlungen in Südamerika, Hinweise auf eine Kontaktaufnahme mit dem Betrieb sind jedoch nicht vorhanden. Wirklich notwendig war das auch nicht, begegnete ihm doch mehrmals Gerhardt Fritze. Deutlich ist auf jedem Fall weshalb er sich von van Houten, der ihn beobachten mußte, loslöschte: Spionen brauchte er nicht.[11]

Quelle: Gerard Aalders, Prins Bernhard, niets was wat het leek, Amsterdam, Verlag Boom, 2014, S. 150–151


Auszeichnungen (Auswahl)

Stammtafel

Stammtafel Bernhard zur Lippe-Biesterfeld
Großeltern

Ernst Kasimir Friedrich Carl Eberhard zur Lippe-Biesterfeld (1842–1904)
∞ 1869
Caroline von Wartensleben (1844–1905)

Aschwin von Sierstorpff-Cramm (1846–1909)
∞ 1872
Hedwig von Sierstorpff (1848–1900)

Eltern

Bernhard zur Lippe (1872–1934)
∞ 1909
Armgard von Sierstorpff-Cramm (1883–1971)

Bernhard zur Lippe-Biesterfeld (1911–2004)
∞ 1937
Juliana der Niederlande (1909–2004)

Kinder

Beatrix der Niederlande (1938)
∞ 1966
Claus von Amsberg (1926–2002)

Irene (1939)
∞ 1964
Karel Hugo von Bourbon-Parma (1930)

Margriet (1943)
∞ 1967
Pieter van Vollenhoven (1939)

Christina (1947)
∞ 1975
Jorge Guillermo (1946)

Enkelkinder

Willem-Alexander (1967)
Johan Friso (1968)
Constantijn (1969)

Carlos Javier Bernardo (1970)
Margarita Beatrix Marie (1972)
Jaime Bernardo (1972)
Maria Carolina Christina (1974)

Maurits (1968)
Bernhard jr (1969)
Pieter-Christiaan (1972)
Floris (1975)

Bernardo (1977)
Nicolas (1979)
Juliana jr. (1981)

Literatur

  • Rüdiger Graf von der Goltz: Deutschlands Köpfe der Gegenwart über Deutschlands Zukunft, Eigenbrödler Verlag, 1928
  • Gerard Aalders: Niets was wat het leek – Prins Bernhard, Boom Verlag, Amsterdam 2014, ISBN 9789461055293 (niederländischsprachig)

Fußnoten

  1. Internationales Biographisches Archiv 11/2005
  2. Bernhard meldete sich freiwillig zur Reiter-SS, für die er bis 1935 ritt. Mit dem Segen Hitlers und maßgeblicher SS-Führer heiratete er 1937 die niederländische Kronprinzessin Juliane.
  3. Gerard Aalders und Coen Hilbrink (1996): De Affaire-Sanders – Spionage en Intriges in Herrijzend Nederland. Verlag SDU, Den Haag, ISBN 90-12-08252-8
  4. Christoph Driessen: Geschichte der Niederlande, Von der Seemacht zum Trendland. Regensburg 2009, ISBN 978-3-7917-2173-6, S. 197
  5. Annejet van der Zijl: Bernhard – een verborgen geschiedenis, Verlag Querido, Amsterdam 2010, ISBN 9789021437644
  6. Annejet van der Zijl: Nieuwe feiten over Prins Bernhard in Annejets promotieonderzoekWebarchive
  7. Bernhards Briefe an Hitler, Niederländische Tageszeitung Treue, 15. August 2005
  8. So der jüdische Historiker Lou de Jong.
  9. Ob es sich bei diesem M15-Mitarbeiter um einen Familienangehörigen des niederländischen NSB-Mitgliedes Herman van Houten handelt, ist nicht bekannt.
  10. Ein Familienangehöriger des WEF-Mitgliedes und späteren Königin der Niederlande Maxima Zorreguieta.
  11. Aalders, Prins Bernhard, S. 151, mit der Bemerkung: „In niederländischen Archiven sind Informationen über Bernhards Reise nach Südamerika nur selten vorzufinden. In bezug auf das Jahr 1943 gibt es nur einen kleinen Notiz, aus dem hervorgeht, der Prinz werde am 7. Februar 1943 ‚luftweise‘ in Washington eintreffen, und am nächsten Tag über Brasilien nach Ägypten abreisen. Kein Wort über Südamerika. Dieses Kontinent findet sich beschränkt in einigen Dokumenten des Jahres 1942 zurück (welche im übrigen erst 2010 freigegeben wurden; berechtigt erscheint die Vermutung, es soll dort mehr geben.“