Lossow, Otto Hermann von

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Landeskommandant Otto von Lossow hatte den Auftrag bekommen, das Verbot des Völkischen Beobachters durch Reichsregierung durchzusetzen, was dieser jedoch aus Überzeugung ablehnte. Hans von Seeckt legte ihm daraufhin den Abschied nahe. Von Lossow ließ sich trotz verschiedener Vermittlungsversuche nicht bewegen, seinen Abschied zu nehmen. Daraufhin wurde er am 19. Oktober 1923 von Ebert und Seeckt seiner Ämter enthoben und Generalmajor Freiherr Kreß von Kressenstein mit der Führung der 7. Division und den Aufgaben des Befehlshabers im Wehrkreis VII beauftragt. Das Bayerische Gesamtstaatsministerium beschloß allerdings am 20. Oktober 1923, die 7. (Bayerische) Division in die Pflicht zu nehmen und berief von Lossow, entgegen der Reichsverfassung, zum Divisionsführer. Nach einem Kompromiß der bayerischen Regierung und der Reichsregierung war das Einvernehmen zwischen München und Berlin wiederhergestellt, und die Inpflichtnahme der 7. Division entfiel damit. Daraufhin trat von Lossow am 18. Februar 1924 zurück und wurde mit Wirkung vom 29. Februar 1924 verabschiedet. So ging die „Affäre Lossow“ zu Ende. Er ging nach seiner Pensionierung in die Türkei und kam später zurück nach München. Er besuchte gerne, wie auch sein Bruder Paul, die Thermalbäder in Baden bei Zürich, wie aus einem Brief aus dem Jahre 1935 hervorgeht.

Otto Hermann von Lossow (Lebensrune.png 15. Januar 1868 in Hof (Saale), Königreich Bayern; Todesrune.png 25. November 1938 in München) war ein deutscher Offizier der Bayerischen Armee, des Deutschen Heeres und der Reichswehr, zuletzt Generalleutnant, Kommandeur der 7. Division, Befehlshaber im Wehrkreis VII und Landeskommandant in Bayern.

Werdegang

Ranglisteneintrag, Mai 1914
Portraitbüste des Generalmajors von Georg Kolbe (1917)
Generalmajor Otto Hermann von Lossow.jpg
Generalmajor Otto Hermann von Lossow, Unterschrift.jpg
Generalleutnant Otto von Lossow (1922).jpg
Landeskommandant Otto von Lossow.jpg

Neue Deutsche Biographie

Nach Absolvierung des Realgymnasiums im bayer. Kadettenkorps trat L. 1886 als Fähnrich in das bayer. Infanterie-Leib-Regiment ein und besuchte bis 1888 die Kriegsakademie. 1900/01 nahm der ehrgeizige, risikofreudige Leutnant als Adjutant der 2. Ostasiat. Infanteriebrigade an der China-Expedition teil. Nach Verwendungen im bayer. Generalstab wurde L. im Oktober 1908 für zwei Jahre zum preuß. Großen Generalstab kommandiert und gleichzeitig zum ao. Mitglied des bayer. Senats beim Reichsmilitärgericht bestimmt (1908 Major). Anschließend wurde er Bataillonskommandeur im 8. Infanterie-Rgt. Anfang 1911 ging L. für drei Jahre als Militärinstruktor in die Türkei. Er übte eine Lehrtätigkeit an der türk. Kriegsakademie aus und gehörte als Oberstleutnant dem türk. Generalstab an. Im Stab des Oberkommandierenden der Armee in Thrakien, Abdulla Pascha, nahm er 1912/13 als Kommandeur einer Infanteriedivision am Balkankrieg teil, den die Türkei verlor. Sein Urteil über die Schlagkraft und Kampfmoral der türk. Armee war vernichtend. Im Mai 1913 legte er seine „Gedanken über Reformen in der Türkei“ in einer Denkschrift nieder, die zur Berufung Otto Liman v. Sanders' zum Missionschef in Konstantinopel beigetragen hat. Im 1. Weltkrieg stand L. zunächst als Generalstabschef des 1. bayer. Reservekorps an der Westfront (1914 Oberst). Im Juli 1915 ging er als Militärattaché an die deutsche Botschaft in Konstantinopel; am 19.4.1916 wurde er hier als Generalmajor zum Militärbevollmächtigten ernannt. Zusammen mit Kriegsminister Enver Pascha, der ihn gern auf dem Posten des beiden gleichermaßen verhaßten Liman v. Sanders' als Missionschef gesehen hätte, besuchte er die Kriegsschauplätze der türk. Armee. Er unterrichtete Berlin laufend über die militärische Lage in der Türkei, wachte eifersüchtig über die Besetzung der Stellen, die sich in deutschen Händen befanden, und vermittelte Rüstungsaufträge für die deutsche Industrie. Er erreichte die Einsetzung eines deutschen Finanzfachmanns als Berater des Kriegs- und Finanzministeriums und die Betrauung Falkenhayns mit der 6. Armee (1917). Der politische und militärische Zusammenbruch Deutschlands erschütterte L. ungemein. Aus diesem Grund und wegen eines Herzleidens infolge einer mehrmaligen Malariaerkrankung trug er sich mit dem Gedanken, seinen Abschied zu nehmen. Doch dann schloß er sich jenen Kräften an, die hofften, das politische Blatt wenden zu können. Er wurde Generalstabschef beim Oberbefehlshaber des Heimatschutzes Süd, im Januar 1919 Chef des Ingenieurkorps und im Oktober 1919 Kommandeur der Infanterie-Schule in München. Am 28.9.1921 wurde L. als Generalleutnant Wehrkreisbefehlshaber und Kommandeur der in Bayern stationierten 7. Division und damit bayer. Landeskommandant. Er war ein entschiedener Verfechter des aktiven Widerstands gegen Frankreich, das Anfang 1923 das Ruhrgebiet besetzt hatte. Für den Fall eines Krieges mit Frankreich oder eines Bürgerkrieges wollte er die 7. Division um Angehörige der Wehrverbände vergrößern; zu diesem Zweck wurden diese von der Reichswehr ausgebildet und teils mit Waffen versorgt. Von →Adolf Hitler war L. anfangs sehr beeindruckt. Erst als es dieser am 1. Mai 1923 entgegen vorherigen Versprechen zu einer Machtprobe mit dem Staat kommen ließ, indem er durch eine „nationale Demonstration“ die Konfrontation mit den Sozialisten suchte, wurde L. gegenüber den Wehrverbänden und den Nationalsozialisten vorsichtiger. Am 26.9.1923 wurde der passive Widerstand an der Ruhr aufgegeben. Am selben Tag erließ die bayer. Regierung eine Verordnung zum Schutz und zur Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit; Gustav v. Kahr wurde zum Generalstaatskommissar ernannt, auf den die gesamte vollziehende Gewalt im Staat überging. Die Reichsregierung beantwortete den bayer. Schritt noch am selben Tag mit der Verhängung des Ausnahmezustands über das ganze Reich und übertrug die vollziehende Gewalt ReichswehrministerOtto Geßler. Tags darauf befahl dieser L., den „Völkischen Beobachter“ wegen beleidigender Behauptungen zu verbieten. Der „Diener zweier Herren“ setzte sein Amt des Landeskommandanten über jenes des Wehrkreisbefehlshabers und verweigerte mit Berufung auf die bayer. Verordnung die Ausführung des Befehls. Daraufhin wurde L. am 20.10.1923 von der Reichsregierung seines Dienstes enthoben. Nun nahm die bayer. Regierung die 7. Division in Pflicht. L., Kahr und Polizeioberst Hans v. Seißer bildeten in diesen Wochen gleichsam ein Triumvirat, das die Macht im Staate innehatte. Sie nahmen Fühlung auf mit norddeutschen Rechtsradikalen, die an die Stelle der rechtmäßigen Regierung in Berlin ein Direktorium setzen wollten. Hitler nützte diese Bestrebungen sowie die Spannungen zwischen Berlin und München infolge der „Affäre Lossow“ für seine Umsturzpläne: Am Abend des 8. Nov. 1923 unternahm er im Münchener Bürgerbräukeller, wo Kahr die Ziele seiner Politik hatte darlegen wollen, einen Putsch. Die bayer. Regierung und die Reichsregierung wurden für abgesetzt erklärt; Kahr, L. und Seißer wurden genötigt, sich dem Putsch anzuschließen und mit Hitler und Ludendorff eine Regierung zu bilden. Anschließend begab sich L. nicht – wie vereinbart – in das von Röhm besetzte Wehrkreiskommando, um mit Hitler und Ludendorff zu konferieren, sondern in die Infanteriekaserne. Er widerrief – ebenso wie Kahr und Seißer – die erzwungenen Zusagen und organisierte die Niederwerfung des Aufstandes. Als die Putschisten am Morgen des 9. November mit Hitler und Ludendorff an der Spitze bewaffnet durch die Stadt marschierten, trat ihnen bei der Feldherrnhalle die Landespolizei entgegen. Während des kurzen Feuergefechts wurden ein Polizist und sechzehn Putschisten getötet; die Rädelsführer wurden verhaftet. – L. war nun auch als Landeskommandant unhaltbar geworden. Die bayer. Regierung hielt aus taktischen Gründen zunächst noch an ihm fest, um durch Verhandlungen mit der Reichsregierung über die „Affäre Lossow“ einige Zugeständnisse zu erreichen. Noch vor Beginn des Prozesses gegen Hitler und die Putschisten trat L. zurück. Mit Wirkung vom 29.2.1924 wurde er vom Reichspräsidenten der Stellung als Landeskommandant in Bayern enthoben und aus dem Heeresdienst entlassen. Während des Hitlerprozesses (26.2.-27.3.1924) wurde L. ausführlich vernommen, jedoch nicht unter Anklage gestellt. Er lebte fortan völlig zurückgezogen.[1]

Familie

Abstammung

Otto war der Sohn von Oskar von Lossow (Lebensrune.png 31. Mai 1832; Todesrune.png 1874) und dessen Ehefrau Johanna, geborene Schrön (1834–1926). Sein Vater, einer von sieben Söhne des Großkaufmanns in Hof an der Saale Karl von Lossow[2] (Lebensrune.png 9. Januar 1796; Todesrune.png 31. Januar 1861) und der Eduardine Karoline Renate Camilla, geb. Hagen (Lebensrune.png 11. April 1809; 16. Juni 1882 ), war von 1873 bis zu seinem Tod Bürgermeister von Lindau und Präsident des Landrats von Bayerisch-Schwaben. Seine Mutter war die Tochter von Dr. med. Friedrich Ludwig Schrön (Lebensrune.png 28. April 1804; Todesrune.png 4. Februar 1854), Gerichtsarzt in Hof an der Saale, [3] und der Emilie, geb. Palm aus Erlangen.

Bruder Paul

Ottos älterer Bruder Dipl.-Ing. Paul von Lossow (1865–1936), Geheimrat, Professor der Maschinenbaukunde an der TH München und leidenschaftlicher Ahnen- und Familiengeschichteforscher.

Vettern

Der spätere Oberst Maximilian von Lossow und der Landrat (1921 bis 1939) im Landkreis Rotenburg (Wümme) Rittmeister d. R. a. D. Balthasar Friedrich Ludwig Armin von Lossow (Lebensrune.png 11. Mai 1876 in Bremen; Todesrune.png 28. März 1945 in Berlin-Zehlendorf) von der norddeutschen Linie gehörten zu den vielen Vettern.

Ehe

Trotz der großen Familie in Hof, Bremen und Berlin blieb Otto ledig. Seine Liebe galt dem Militär.

Beförderungen

  • 21.7.1886 Portepee-Fähnrich
    • aus dem Kadettenkorps kommend Eintritt in das renommierte Königlich Bayerische Infanterie-Leib-Regiment
  • 9.3.1888 Sekonde-Lieutenant
  • 20.6.1896 Premier-Lieutenant
  • 28.10.1902 Hauptmann
    • bis 1904 im Generalstab des I. Armee-Korps verwendet. Anschließend war er für zwei Jahre Kompaniechef in seinem Stammregiment, bevor er wieder in den Generalstabsdienst wechselte.
  • 9.3.1908 Major ohne Patent
    • zum Großen Generalstab nach Berlin kommandiert; auch militärisches Mitglied des bayerischen Senats beim Reichsmilitärgericht
    • 7.3.1909 Patent als Major erhalten
    • 1911 Oberstleutnant der Osmanischen Armee (Militärinstruktor); Die Schlacht von Lüleburgaz war die größte Schlacht in Europa zwischen dem Deutsch-Französischen Krieg und dem Ersten Weltkrieg. Als Kommandeur einer osmanischen Infanterie-Division sammelte Lossow nach der Niederlage der osmanischen Armee bei Lüleburgaz in Ost-Thrakien am 31. Oktober 1912 die sich in Unordnung zurückziehende Armee in der letzten Verteidigungslinie, 25 km westlich der Hauptstadt Konstantinopel bei Çatalca. Erst dort konnte der Vormarsch der bulgarischen Armee aufgehalten werden.
  • 26.1.1914 Oberstleutnant mit Patent vom 1.10.1913

Erster Weltkrieg

Im Ersten Weltkrieg zuerst Generalstabschef des I. bayerischen Reserve-Korps an der Westfront (Reichsland Elsaß-Lothringen, Frankreich).

  • 30.11.1914 Oberst
    • 1915 Militärattaché an die deutsche Botschaft in Konstantinopel
    • 1916 Militärbevollmächtigter an der Deutschen Botschaft in Konstantinopel; Als solcher protestierte er, wenn auch erfolglos, gegen die Völkermordpolitik der Jungtürken gegenüber den Armeniern, „eine neue Form des Massenmordes, d. h. die ganze armenische Nation durch völlige Abschließung verhungern zu lassen.“
  • 14.12.1917 Generalmajor ohne Patent

Reichswehr

Im Januar 1919 wurde von Lossow Chef des Ingenieurkorps und dann ab Oktober 1919 Kommandeur der Infanterie-Schule in München.

Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)

Fußnoten

  1. Lossow, Otto von, Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 204 f.
  2. Sohn des Hauptmanns Friedrich Balthasar Stephan von Lossow (1762–1805) und der Marie Sabine, geb. Kroester (1769–1841).
  3. Schrön war u. a. Autor (gemeinsam mit Philip Wilhelm Ludwig Griesselich) von „Offenes Bekenntniss über Heilkunst im Allgemeinen und Homöopathie ins Besondere“ und schrieb bedeutende Beiträge zur Homöopathie in „Hygea – Centralorgan für die homöopathische oder specifische Heilkunst“. Er bekämpfte in seinem Hauptwerk 1834 vor allem Samuel Hahnemanns Behauptung, der „Inbegriff der Symptome“ sei die einzige Heilanzeige, zumal Hahnemann selbst chronische Miasmen als Ursache berücksichtigte. Er lehnte die Psora-Theorie und die Potenzierung von Arzneimitteln ab und befürwortete die Erforschung der Krankheitsursachen. Ihm galt die Homöopathie als ein gleichberechtigtes Verfahren neben dem „antipathischen“ und „heteropathischen“.
  4. Otto von Lossow, The Prussian Machine
  5. Lossow, Otto v., Bayerische Landesbibliothek Online