Roeder, Guido

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Guido Roeder (Abstammung), in: „Genealogisches Handbuch bürgerlicher Familien, ein deutsches Geschlechterbuch“, Band 14 von Regierungsassessor Prof. Dr. jur. Bernhard Koerner, C .A. Starke, Görlitz 1908, S. 410–411

Otto Albert Guido Roeder (Lebensrune.png 30. November 1887 in Lichtenberg, Kreis Niederbarnim; Todesrune.png 1. November 1965 in Taufkirchen, Landkreis Erding, Oberbayern) war ein deutscher Bankkaufmann und Inhaber des „Widar-Verlages“, der in den 1950er Jahren bundesweite Bekanntheit erlangte. Er gab sich auch dem Privatstudium der Astrologie und des Okkultismus hin. Außerdem trat er in Berlin dem „Bund der Guoten“ bei, dessen Geschäftsführer er später wurde.

Leben

Guido Roeder wurde als Sohn und erstes Kind des Rittergutsbesitzers und Kommunalpolitikers Hermann Franz Leo Roeder (1856–1941) aus Berlin-Lichtenberg und dessen Frau Martha Veronica „Vrony“, geb. Heyl geboren. Nach der Obersekundareife absolvierte er eine kaufmännische Lehre im Getreide- und Futtermittelhandel und war als Volontär auf einem Gut bei Braunschweig tätig. Als Einjährig-Freiwilliger diente er im Magdeburgischen Dragoner-Regiment Nr. 6 der Preußischen Armee in Mainz. Schließlich arbeitete er in der Rheinischen Bank in Essen.

Als Leutnant der Reserve kehrte Guido Roeder aus dem Ersten Weltkrieg nach Hause und gründete 1919 den Widar-Verlag in Berlin, der völkisch-esoterische Literatur verlegte. Von 1919 bis 1920 schrieb er im Münchener Beobachter fünfzehn Artikel, die sich alle mit der Zinsknechtschaft befaßten. Im Februar 1933 wurde Roeder auf Antrag seines Vaters vom Amtsgericht Berlin-Mitte entmündigt.

Im Dritten Reich wurde der Widar-Verlag im Jahr 1934 aufgrund Differenzen geschlossen. Dies geschah trotz der Tatsache, daß Roeder, wie er in der Nachkriegszeit behauptet hatte, bei Heinrich Himmler Zugang hatte:

„Ich war bei Himmler als Astrologe geschätzt, da ich – ohne den Auftraggeber zu kennen – über 30 Horoskope für ihn berechnete und dazu Charakteranalysen lieferte.“

Roeder verlegte seinen Wohnsitz nach Kleinwalsertal und/oder nach Oberammergau. 1942 (nach anderen Quellen am 5. August 1943[1]) wurde er wegen eines Verstoßes gegen das Heimtückegesetz in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert, in dem er bis Kriegsende einsaß. Er hatte der Musikstudentin Charlotte Barth im „Sporthotel“ in Baad gegenüber verlautet, daß er der Meinung sei, Adolf Hitler stamme von Ostjuden ab. Dies lag an seiner Ablehnung der nationalsozialistischen Lehre, die er für die Zerschlagung des Widar-Verlages verantwortlich machte. Roeder berichtete, daß sein Geist auch in Dachau ein weites Feld fand:

„Ich entdeckte das Geheimnis der gotischen Kathedralbaukunst und vollendete meinen Lehrsatz vom Gegenwert. Dieser Lehrsatz lautet: Der Gegenwert der Nutzung ist die Erhaltung.“

1945 war er in Freiheit und heiratete noch im selben Jahr Melanie Marie-Antoinette Ultima von Born-Fallois (Lebensrune.png 30. Juni 1906 auf Gut Sienno bei Klarheim, Gemeinde Dobsch, Landkreis Bromberg), Enkeltochter des Rittergutsbesitzers Major a. D. Friedrich von Born-Fallois.

Im Juli 1947 hob das Amtsgericht Lindau die Entmündigung wieder auf. In Schachen, ein Ortsteil von Lindau (Bodensee), betätigte sich Roeder in der Nachkriegszeit als Astrologe. Um 1952 gründete er den Widar-Verlag in Irsengund (Oberreute) neu, zog aber ca. 1955 mit seinem Verlag nach Oberammergau um.

Bekanntheit erlangte Guido Roeder durch die Schrift „SOS-Rufe aus den USA! – Die kommende rote Diktatur!“, die er im Juni 1956 in einer Auflage von 35.000 Stück drucken ließ[2] und an Bundestagsabgeordnete, Parteien, Verbände und sonstige BRD-Prominente aus der Wirtschafts- und Finanzwelt verschickte. Die Schrift war eine von Roeder selbst angefertigte Übersetzung des Flugblattes „The Coming Red Dictatorship“ aus dem US-amerikanischen Common-Sense-Verlag. In der Schrift wurde eine Weltverschwörungstheorie vertreten. Roeder hatte seine Fassung nicht mit originalen Photographien jüdischer Personen illustriert, sondern gezeichnete Karikaturen (z. B. von Bernard Baruch, Henry Morgenthau, James Warburg) verwendet, die der Schnitzlehrer Hans Schwaighofer (1920–2000), der bei den berühmten Oberammergauer Passionsspielen den Judas Ischariot spielte, für ihn angefertigt hatte. Zudem hatte er die Stellen, in denen im englischen Original „Jews“ stand, mit dem Wort „Sataniden“ übersetzt. Auszug der 64 Absätze:

  • 1. Du wirst erschossen!
  • 2. Oder, wenn es gut geht, in die Konzentrationslager kommen, die sie für Dich errichtet haben bei Avon Park, Florida; Allenwood, Pennsylvania; Florence, Arizona; Tula Lake, Florida; und El Reno, Oklahoma.
  • 3. Es sei denn, daß Du sofort handelst, um dieser Verschwörung Einhalt zu tun, welche ständig seit vielen Jahren an Umfang zunimmt und jetzt ihre Führer in den erwünschten Machtpositionen hat, bereit, um die Stricke anzuziehen, welche die christliche Menschheit für immer fesseln sollen.
  • 9. Es ist die Verschwörung der Sataniden, um die Christen zu versklaven und über sie als Könige über Sklaven zu herrschen.
  • 12. Dieser Plan besteht seit 400 Jahren auf Grund der Anordnungen durch den großen Sanhedrin von Konstantinopel in seinem Rache-Protokoll von 1492.“

Am Ende der Schrift „SOS-Rufe aus den USA! – Die kommende rote Diktatur!“ warb Roeder für die Neuveröffentlichung „Die Bankierverschwörung von Jekyl Island“ im Widar-Verlag (Oberammergau 1956). Es war die erste deutschsprachige Übersetzung des Buches „The Federal Reserve Conspiracy“ von Eustace Mullins. Die FAZ sprach von einem „Stürmer redivivus“, die „Allgemeine Wochenzeitung der Juden“ forderte eine „Erweiterung des Strafgesetzbuches“. Einige Adressaten wendeten sich an das Bundesinnenministerium. Bis Ende Juli 1956 wurden 24 derartige Eingaben registriert, darunter die der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, des Bundesverbandes Deutscher Zeitschriftenverleger, des Bundestagspräsidenten Eugen Gerstenmaier, des Bundesfinanzministers Fritz Schäffer, der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und des SPD-Abgeordneten Adolf Arndt. Der Bundesinnenminister Gerhard Schröder (CDU) schrieb u. a. an den SPD-Bundestagsabgeordneten Helmut Schmidt:

„Sobald wir die Hintergründe aufgeklärt haben, hoffe ich diesen Verlag mit Stumpf und Stiel ausheben zu können.“

Bereits am 9. Juli 1956 wurde das Flugblatt vom Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen wegen eines unzureichenden Impressums eingezogen. Die Verlagsräume in Oberammergau wurden polizeilich durchsucht und die 66 dort lagernden Exemplare wurden beschlagnahmt. Sowohl die Bayerische Landespolizei als auch der Zentralrat der Juden in Deutschland stellten eine Anzeige beim Staatsanwalt des Landgerichts München II. Aufgrund der Bitte des Bundesinnenministers Schröder wurden die Ermittlungen dem BKA übertragen. Außerdem schaltete sich das Bundesjustizministerium ein. Durch die Vernehmung Roeders durch einen Beamten des Bundeskriminalamtes wurde bekannt, daß Roeder sogar selbst ein „anerkanntes Opfer des Faschismus“ war. Auf Weisung von Bundesminister Schröder stellte das Bundeskriminalamt 9.000 Exemplare (von insgesamt 10.000) der vom Widar-Verlag in Oberammergau herausgegebenen Broschüre von Eustace Mullins „Die Bankierverschwörung von Jekyl Island“ sicher. Wie das Bundesinnenministerium mitteilte, hatte das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen die Beschlagnahme der sichergestellten Druckschriften angeordnet, denn „diese Schrift enthält in tendenziöser Art Äußerungen gegen eine Gruppe von jüdischen Finanzmännern, die geeignet sind, einen Haß gegen jüdische Volksteile hervorzurufen und zu schüren und dadurch eine Gefährdung der Öffentlichkeit herbeizuführen“.

Roeder wurde wegen neun seiner Publikationen wegen verschiedener Straftatbestände angeklagt, aber nach psychiatrischer Untersuchung für unzurechnungsfähig erklärt, weswegen die Staatsanwaltschaft das Verfahren 1959 einstellte. Der BGH zog letztinstanzlich die Schrift „Die Bankierverschwörung von Jekyl Island“ am 21. April 1961 ein.[3] Im Mai 1961 wurden die Exemplare in einem nahe von Roeders Wohnort Oberammergau gelegenen Papier- und Pappewerk Oberau vernichtet bzw. wiederverwertet (→ Bücherverbrennung).

Zitate

  • „So sende ich Dir, mein deutsches Volk, die erste Botschaft […] Jüdisches Geldwesen untergrub Deine Freiheit und Freude am Schaffen, indem es Dich in die Netze der Wucher-, Steuer- und Zinswirtschaft verstrickte […] Ein Opfer sehe ich Dich der Raubgier jener schwarz, rot, goldenen Internationale: Jesuitentum, Demokratie und Kapitalismus.“ — Roeder in seiner „Königsbotschaft“, 1920

Widar-Verlag

Widar Verlag (Guido Roeder).jpg
  • Paul Christian Franze (Dr. med):
    • Höherzüchtung des Menschen auf biologischer Grundlage, Vortrag aus dem Jahre 1909
    • Idealistische Sittenlehre und ihre Gründung auf Naturwissenschaft, Neuauflage des Originals aus dem Jahre 1909
  • Ellegaard Ellerbek (= Gustav Leisner):
    • Versailler Visionen. Ein okkult-armanisches Bekenntnis zu Pauli Wort: „Wisset Ihr nicht, daß Ihr Götter seid?“, Berlin 1919[4]
    • Sönne Sonnings Söhne auf Sonnensee. Ein deutscher Roman mit drei Gesichtern, in einer Vorschau und sieben Büchern. Mit 4 Briefen von Guido von List, Berlin 1919/1920 (2 Bände)
    • Ritter Rottmanns rufen. Rhythmen des Eisernen Reiters, Berlin 1922
    • Wallfahrt zu Gott. Ein Spiel aus deutschem Streben ins Licht, Berlin 1922
  • Christiane Feldschmidt: Der goldene Kern, Berlin 1920
  • Hannes Klardeck: Eine Korruptionszentrale. Aus der Propaganda des Braukapitals, Berlin 1931
  • Guido Roeder:
    • Wider den Wucher. Ein Sammelruf nach rechts und links von einem Gegner der Mitte, Deutschvölkische Verlagsanstalt (= H. 20 der Hammer-Schläge), Hamburg 1920
    • Im Morgenrot der Weltrevolution, erste Auflage in den 1920er Jahren; zweite Auflage 1952
    • SOS-Rufe aus den USA! – Die kommende rote Diktatur!, Oberammergau 1956
    • DM 1000,– Kopfgeld, Oberammergau 1957 (PDF-Datei)
    • Das Kommen des heiligen Reiches der Deutschen, Oberammergau 1958
  • Dietrich von Kuenheim: Sowjet-Agenten überall. Ein Bericht des Nachrichtendienstes der russischen Emigration, Oberreute 1955[5] (PDF-Datei | PDF-Datei)
  • Gerd Hover (= Friedrich-Victor Risse): Der Fall Schmeisser ohne Schminke, Oberammergau 1956 (PDF-Datei)
  • Eustace Mullins: Die Bankierverschwörung von Jekyl Island, Oberammergau 1956
  • Hilary Cotter: Khasaren bedrohen Kardinal-Primas Mindszenty, Oberammergau 1956
  • Die Weltherrschaft der Khasaren, Oberammergau 1957

Verweise

Fußnoten

  1. ROEDER, Guido
  2. Druckerei W. Heimberg, Stade – Hier ließ 1957 auch Friedrich Nieland seine Broschüre drucken.
  3. Bundesgerichtshof – Urt. v. 21.04.1961, Az.: 3 StR 55/60
  4. „Arman, feurio! – [...] kein Buch okkulter ist als das tiefste der tiefen, die Edda, und kein Volk okkulter als das tiefste der tiefen, die Germanen, – und daß der Germane im Grade seiner Reinblütigkeit – okkult ist, d. h. armanisch.“ Den Ersten Weltkrieg beschreibt der Autor als „Reinigung“: „Wir haben [...] gesehen, daß die Matrix, die Mutterhülle der Erde, von allen Gedanken und Empfindungen der Menschen gewisse Qualitäten annimmt. Es gibt aber einen Augenblick, in dem die Matrix [...] soviel gesammelt hat von Empfindungsstoffen oder sagen wir Empfindungsmolekülen, daß sie gewissermaßen geladen ist und nunmehr das Schicksal des Quellensenders selber übernimmt. Mit anderen Worten: Die Menschen zimmern sich durch ihre Gedanken und Empfindungen auf dem Mittel der Matrix ihr eigenes Schicksal. Die Erde ist in ihrem geologischen, mineralogischen und meteorologischen Zustande nichts anderes wie das tellurische Widerspiel für den Gemüts- und Gesamtseelenzustand der auf der Erde befindlichen Menschheit. Das begreifen die wenigsten. DIE aber wissen es für immer. Wenn das so ist, so braucht man sich nur der oben angeführten Beschaffenheit der Erdmatrix als der Vereinigung der gesamten Auren über den Völkern zu erinnern, um auch ganz klar und deutlich das Schicksal der Erde vorauszuschauen. [...] Komme bald, siegender, seliger Weltbrand!“ — Ellegaard Ellerbek ist Gustav Leisner (1877–1947), völkisch-okkulter Schriftsteller, Führer im Wiking-Bund, stand den Ariosophen und Lanz von Liebenfels nahe. Ein glühender Anhänger des Guido von List, persönlich bekannt mit Detlef Schmude, dem ersten reichsdeutschen Prior des Ordo Novi Templi (O.N.T.) u. a. okkulten Größen der Zeit, wie Peryt Shou. Er veröffentlichte ebenfalls Romane, Theaterstücke und mystische Gedichte.
  5. Für diesen Text fühlt sich Roeder allerdings nicht verantwortlich. Auch sein enger Freund, der als Herausgeber dieser Broschüre zeichnende Rittmeister außer Diensten Dietrich von Kuenheim, sei ebenfalls nicht verantwortlich, sagt Roeder. Das photokopierte Manuskript habe ihm der Düsseldorfer Innenarchitekt Dieter Klingelhöller eines Tages gebracht. Klingelhöller wiederum habe es von dem „russischen Finanzjuristen Zöllner“ erhalten. Den Kern dieses sonderbaren Heftes aber habe ein heute in Freiburg lebender Dr. Kurt Seesemann geschrieben. — Der Spiegel (33/1956)