Winnerl, Rudolf
Rudolf Winnerl ( 15. März 1916 in Lugau, Erzgebirge; 26. Februar 1991 in Syke bei Bremen) war ein deutscher Unteroffizier der Wehrmacht, zuletzt Oberfeldwebel der Luftwaffe, Kampfflieger und Ritterkreuzträger des Zweiten Weltkrieges. Während seiner Dienstzeit flog er auf mehr als 21 verschiedenen Flugzeugtypen und absolvierte 355 Feindflüge im Westfeldzug 1940, beim Unternehmen „Adlerangriff“ und an der Ostfront, wo bei er Unmengen an Feindmaterial zerstörte, drei Schiffe sowie ein U-Boot versenkte, zehn Panzer vernichtete und 19 Eisenbahnnachschubstrecken des Feindes zerstörte. 1943 sollte seine glänzende Fliegerlaufbahn nach einem feigen Bandenüberfall tragisch enden.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Rudolf Winnerl wurde am 1916 in Lugau im Erzgebirge als Sohn eines Bergmanns geboren und erlernte nach dem Besuch der Volksschule den Beruf eines Formers. Im Jahre 1930 der Hitler-Jugend beigetreten, wurde er dort ein Jahr später zum HJ-Führer ernannt.
Am 5. Juni 1935 trat er der Landespolizei in Chemnitz bei und wurde kurze Zeit später in das Heer der Wehrmacht überführt, wo er seine militärische und infanteristische Grundausbildung erhielt. Im Zuge der Vermehrung der Luftwaffe meldete sich Winnerl freiwillig und wurde Ende 1937, ggf. Anfang 1938 zum Flieger-Ausbildungs-Regiment 31 nach Magdeburg versetzt. Am 2. Mai 1938 begann an der Flugzeugführerschule 4 in Zeltweg seine Ausbildung zum Flugzeugführer. Dem schloß sich dann die Versetzung zur Ergänzungskampfgruppe 2 nach Quedlinburg an.
Nach Ende der Ausbildung zum Flugzeugführer einmotoriger Flugzeuge am 29. April 1939, wechselte er vom 2. Oktober bis zum 30. Dezember 1939 in die 2. Schülerkompanie der Kampffliegerschule Tutow, wo er zum Kampfflieger ausgebildet wurde und erstmals mehrmotorige Flugzeuge, wie die Do 17, Ju 86 oder He 111, flog. Nach einer kurzen Kommandierung an die Flugzeugführerschule C nach Zeltweg, wird Winnerl am 9. Januar 1940 in die 9. Staffel des Kampfgeschwaders 1 „Hindenburg“ versetzt.
Zweiter Weltkrieg
Mit seiner Staffel startete er am 16. Mai 1940 gegen 15.15 Uhr vom Flugplatz Ettinghausen mit einer He 111 zu seinem ersten Feindflug. Ziel dieses ersten Einsatzes waren der Bahnhof und Truppen in bzw. bei Berlagmont in Frankreich. Sein zweiter Einsatz erfolgte schon am nächsten Tag gegen Ziele im Bahnhof von Perame. Nach Köln-Butzweilerhof zurückverlegt, unternahm er von dort am 27. Mai 1940 seinen 3. Feindflug gegen Truppen im Raum Armentiers und ab dem 28. Mai 1940 im Raum Dünkirchen, Brügge und Ostende.
Nach der Versetzung in die 7. Staffel des Geschwaders am 6. Juli 1940, nahm er noch am gleichen Tag an Einsätzen gegen gegnerische Truppen teil, wobei er mit Ausfall des rechten Motors zu seinem Einsatzhafen zurückkehren mußte. Am 16. Juli 1940 erfolgte dann die endgültige Versetzung in die 4. Staffel der II. Gruppe unter Major Benno Kosch. Diese 4. Staffel war die älteste Kampffliegerstaffel der Luftwaffe und ging aus dem getarnten Funkpeilinstitut der elektronischen Industrie e. V. in Tutow bei Demmin in Pommern hervor.
Mit der Staffel nahm er an den folgenden Verlegungen bzw. Einsätzen über England teil, erhielt am 22. Dezember 1940 erstmalig Heimaturlaub und absolvierte, nach zehn weiteren Feindflügen, vom 13. Januar bis zum 31. Mai 1941 die Blindflugausbildung an der Blindflugschule 2 in Neuburg an der Donau.
Am 2. Juni 1941 wieder zu seiner 4. Staffel zurückgekehrt, übernahm er die Position des „Kettenhundes“ des Staffelkapitäns Johannes Brandenburg. Kurze Zeit später wurde die II. Gruppe aus dem England-Einsatz herausgenommen und auf den E-Hafen (Einsatzhafen) Powunden in Ostpreußen verlegt. Das Fliegende Personal traf dort erst am 18. Juni 1941 ein, da die Besatzungen zur Unterstützung des schwer ringenden Schlachtschiffes „Bismarck“ eingesetzt werden sollten.
Ostfront
Mit Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion stand die II. Gruppe in ununterbrochenen Einsatz. Kurze Zeit vorher hatte Rudolf geheiratet und seinen Wohnsitz nach Syke bei Bremen verlegt. Vorwiegend flog man Einsätze gegen die vom feind besetzten Flugplätze Libau, Mitau, Windau, Riga-Spilve, auf Eisenbahnlinien, gegen Truppenbewegungen, Küstenbefestigungen, zu Bekämpfung der sowjetischen Ostseeflotte und gegen den gegnerischen Nachschub. Die Einsätze wurden dabei bei Tag und bei Nacht geflogen. Zunächst nur im Nordabschnitt, verlegte das Kampfgeschwader bald in den Mittel- bzw. Südabschnitt und flog Einsätze gegen Moskau und Rshew.
Am 02.09.1941 verlegte die II. Gruppe, zur Umschulung auf das neue Flugzeugmuster Ju 88 A-4, nach Insterburg in Ostpreußen. Anfang Oktober wieder einsatzbereit verlegte die Gruppe nach Staraja Russa und nahm an den schweren Winterkämpfen der Wehrmacht teil. Geflogen wurden u.a. Einsätze gegen den Ladoga See, der Nachschubweg für Leningrad, sowie zur Unterstützung der kämpfenden Truppe. Mitte Dezember erfolgte dann die Verlegung zur III. Gruppe nach Dno.
Mit Beginn des Jahres 1942 folgten pausenlose Einsätze der 4. Staffel zur Unterstützung der Abwehr der gegnerischen Winteroffensive im norden der Ostfront. Winnerl steigerte seine Einsatzzahlen und flog jeden Einsatz der 4. Staffel mit. So erfolgte bspw. am 27.02.1942 der 1000. Feindflug der 4. Staffel.
Am 28. Februar 1942 startete die Staffel zur Bekämpfung von gegnerischen Truppen im Kastenwald bei Dubberow/Cholm. Nach Abwurf der Bomben meldete eine Besatzung auf dem Rückflug noch Bomben an Bord zu haben. Staffelkapitän Brandenburg befahl einen weiteren Angriff und begleitete dieses Maschine. Zu diesem Zeitpunkt rollte aber bereits ein weiterer Angriff, diesmal von Sturzkampfflugzeugen. Dabei wurde Brandenburgs Maschine von einer Stuka-Bombe getroffen und auseinandergerissen. Brandenburg fand dabei den Tod. Winnerl hatte seinen Kapitän mehrmals gewarnt. Später vorgehende Heereseinheiten fanden die Reste der Maschine und konnten Brandenburg anhand seines Ritterkreuzes identifizieren.
Ab dem 20. März 1942 nahm Winnerl mit seiner Staffel an Einsätzen zur Entlastung der eingekesselten deutschen Truppen bei Cholm und Demjansk teil und erreichte so am 29. März 1942 seinen 200. Feindflug. Winnerls Besatzung bestand damals aus dem Bordfunker Christian Heil, dem Bordmechaniker Johann Gürtler und dem Beobachter Kurt Seidel. Heil und Gürtler erhielten später beide das Deutsche Kreuz in Gold.
Ostern 1942 nahm Winnerl an einem Tagesgroßangriff auf den Hafen Leningrad teil und beschädigte dabei ein 5.000 BRT-Schiff schwer. Die Versenkung von drei Schiffen gelang ihm am 25. Juni und am 5. Juli und 6. Juli 1942. Im Sommer 1942 gelang es ihm weiterhin ein sowjetisches U-Boot zu versenken. Am 25. Juli 1942 wurde durch feindliche Flak im Raum Leningrad erheblich am Kopf verwundet, als er mit seiner Ju 88 A-4 eine feindliche Panzeraufstellung angriff.
Nach Brjansk verlegt erfolgten Einsätze gegen Kaluga, Rshew und Orel, sowie gegen feindliche Durchbruchsversuche. Danach am 10. September 1942 wieder in den Raum Leningrad verlegt, kehrt die II. Gruppe Ende Dezember 1942 nach Königsberg-Neuhausen in die Heimat zurück. Zuvor nahm die Gruppe an Einsätzen gegen Stalingrad teil. Dabei wurde Winnerls Maschine so schwer beschädigt, daß er hinter den feindlichen Linien notlanden mußte und sich in mehreren Tagesmärschen mit seiner Besatzung zu den eigenen Linien durchschlug. Wieder bei seiner Staffel, erhielt Winnerl vier Wochen Erholungsurlaub in Kitzbühel und kehrt dann wieder zu seiner Staffel zurück.
Im April 1943 wurde Winnerl als Flugzeug- und Kettenführer der 4. Staffel des KG 1 „Hindenburg“ mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet. Ihm war es auf über 300 Feindflügen gelungen, drei Schiffe zu versenken, vier Flak- und Artilleriestellungen, zehn Panzer, neun Bunkerstellungen, drei Munitions- und ein Versorgungslager sowie 11 Materialtransportzüge zu vernichten, 19 Eisenbahnstrecken nachhaltig zu unterbrechen, ein 5000-BRT-Schiff schwer zu beschädigen, den schweren Kampf des Heeres zu unterstützen und weiterhin Versorgungsflüge für Demjansk und Cholm zu fliegen. Winnerl war damit der zweite Angehörige der 4. Staffel, dem das Ritterkreuz verliehen wurde.
Im Sommer 1943 kam er für kurze Zeit zur 11. Staffel/IV. Gruppe/KG 1, im September 1943 wurde er zurück zur II. Gruppe versetzt.
Hinterhalt in Italien
Ende September 1943 nach dem Fall Achse erfolgte die Verlegung der II. Gruppe nach Italien. Winnerl wurde als verantwortlicher Wachhabender am 13. November 1943 am Flugplatzrand des Fliegerhorsts Airasca, das inzwischen als gefährliches Partisanengebiet galt, in einen Hinterhalt gelockt und in den Kopf geschossen, was zur fast vollständigen Lähmung führte. Damit war Winnerl nicht mehr dienstfähig. Erst im Februar 1945 wurde er aus dem Reserve-Lazarett entlassen.
Tod
Rudolf Winnerl verstarb am 26. Februar 1991 in Syke bei Bremen. Er ruht in einem Gemeinschaftsgrab mit seiner Gemahlin Hildegard und einer Luise Käkritz, vermutlich die Schwiegermutter. Ob die vor dem Grabstein vermerkten Verstorbene „Regina“ die Tochter des Paares ist, konnte nicht ermittelt werden.
Beförderungen
- 2. Mai 1936 Gefreiter
- 1. Oktober 1937 Obergefreiter
- 10. April 1939 Unteroffizier
- 1. Oktober 1941 Feldwebel
- 25. Juli 1942 Oberfeldwebel mit Wirkung vom 1. August 1942:
Auszeichnungen (Auszug)
- Flugzeugführerabzeichen (Wehrmacht)
- Wehrmacht-Dienstauszeichnung, IV. Klasse am 1. Mai 1939
- Eisernes Kreuz (1939), 2. und 1. Klasse
- 2. Klasse am 25. Juni 1940
- 1. Klasse am 13. Juli 1941 als Unteroffizier
- Ehrenpokal der Luftwaffe am 23. Februar 1942 als Feldwebel
- Medaille „Winterschlacht im Osten 1941/42“ am 16. Juli 1942
- Frontflugspange für Kampfflieger in Bronze, Silber und Gold
- Bronze am 5. Juli 1941
- Silber am 4. Oktober 1941
- Gold am 20. April 1942
- Anhänger zur goldenen Frontflugspange (Sternenanhänger) am 13. Oktober 1942
- Verwundetenabzeichen (1939) in Schwarz und Gold
- Schwarz am 27. Juli 1942
- Gold am 1. Dezember 1944
- Demjanskschild am 31. Dezember 1943
- Deutsches Kreuz in Gold am 11. Mai 1942 als Feldwebel und Flugzeugführer in der 4. Staffel/Kampfgeschwader 1 „Hindenburg“
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes am 18. April 1943 als Oberfeldwebel und Flugzeugführer in der 4. Staffel/Kampfgeschwader 1 „Hindenburg“