Wehrmachtakademie
Die Wehrmachtakademie war eine höhere Bildungseinrichtung der Wehrmacht in den Jahren von 1935 bis 1938. Ihre Aufgabe bestand darin, Generalstabsoffiziere aller Teilstreitkräfte an ein gesamtstrategisches und z. T. waffengattungübergreifende Führungsdenken heranzuführen, Fragen der Gesamtkriegführung unter politischen, wirtschaftlichen und technischen Aspekten zu erörtern und die Absolventen auf eine Tätigkeit im Oberkommando der Wehrmacht vorzubereiten. Vorläufer dieser Einrichtung, wie die sogenannten „Reinhardt-Kurse“, existierten bereits in der Reichswehr. Um für diese Einrichtung und weitere Ämter auf Ministeriumsebene gut ausgebildete Offiziere heranzubilden, hatte Generalmajor Walter von Reichenau (später Generalfeldmarschall) als Chef des Wehrmachtamtes die Gründung einer die Teilstreitkräfte übergreifenden Akademie vorbereitet. Walther Wever und Reichskriegsminister Werner von Blomberg sollen die stärksten Befürworter der Akademie gewesen sein.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Führung
Leiter der Akademie, die ein eigenes Gebäude in Berlin-Moabit bezog, wurde General der Infanterie Wilhelm Adam, der zuvor Chef des Truppenamtes (1930–1933) gewesen war.
Vorläufer: Reinhardt- und Wachenfeld-Kurse
Die Institution eines zentralen Generalstabes war dem Deutschen Reich durch die Bestimmungen des Versailler Vertrages untersagt worden; daraus resultierend war auch eine Ausbildungsstätte für Generalstabsoffiziere verboten. Die Streitkräfte umgingen dieses Verbot jedoch, indem sie innerhalb des Reichswehrministeriums das sogenannte Truppenamt einrichteten, welches getarnt die Geschäfte des Großen Generalstabes fortführte. Die Ausbildung fand ab 1920 über die Führergehilfenausbildung dezentral bei den verschiedenen Wehrkreiskommandos, später bei den Gruppenkommandos statt. Allerdings bereitete die spätere Fortbildung der Führergehilfen und Generalstabsoffiziere Probleme. Die dazu angedachten Fernaufgaben und Stabsreisen blieben in ihrer Wirkung beschränkt. General der Infanterie Walther Reinhardt, der ehemalige Chef der Heeresleitung, versuchte, nach seiner Verabschiedung für Abhilfe zu sorgen. Die Ausbildung der Generalstabsoffiziere empfand er als zu fachlich und einseitig, weshalb er es für nötig hielt, ihren Blick für die großen Fragen der Gesamtkriegführung – Wirtschaft, Logistik, Geschichte – zu schärfen. Dazu rief er in Berlin eine Art Hochschulkurs ins Leben; später wurden diese als „Reinhardt-Kurse“ bekannt.[1]
Jährlich wurden zehn Heeres- und zwei Marineoffiziere nach Reinhardts Vorschlägen zum Kurs nach Berlin kommandiert und offiziell an der Berliner Universität immatrikuliert. Dort besuchten sie Seminare, welche vom Truppenamt festgelegt wurden. Zwei weitere Seminare nach freier Auswahl blieben optional. Einmal pro Woche wurden Vorträge zu operativen, kriegsgeschichtlichen und allgemeinen Themen gehalten. An einem weiteren Tag behielt sich Reinhardt zunächst selbst Vorträge über Kriegsgeschichte und operative Grundsätze vor. Hinzu kam eine mehrwöchige Übungsreise zwischen den Semestern. Um den Gesichtskreis und die Sprachkenntnisse der Kursteilnehmer zu fördern, wurden die Offiziere zum Ende des Lehrgangs für zwei Monate auf eine Auslandsreise geschickt. Das Ziel der Reise war den Teilnehmern individuell überlassen.[2]
Ziel war die Förderung des kritischen Denkens in größeren Zusammenhängen, also auch im Rahmen der gesamten Wehrmacht. Nachdem Reinhardt 1930 überraschend verstarb, übernahm General der Artillerie Wachenfeld die Leitung des Kurses, der nun „Fortbildungs-Kurs für Offiziere“ (oft auch kurz „Wachenfeld-Kurs“) genannt wurde und 1933 letztmals stattfand.[3]
Bekannte Teilnehmer der Kurse waren unter anderen die späteren Generalfeldmarschälle Albert Kesselring und Wilhelm List, sowie die späteren Generale Hans-Gustav Felber, Waldemar Erfurth und Hans von Greiffenberg. Eine Lehrkraft für staatsrechtliche, parlamentarische und geschichtliche Vorlesungen war der spätere erste Bundespräsident Theodor Heuss, der darüber auch später noch positiv berichtete.[4]
Teilnehmer (Auswahl)
- Ulrich Kessler, später General der Flieger
- Günther Korten, später Generaloberst und Chef des Generalstabes der Luftwaffe
- Walter Schwabedissen, später Generalmajor der Luftwaffe
- Hans-Detlef Herhudt von Rohden, später Generalmajor und Chef der Kriegswissenschaftlichen Abteilung des Generalstabes der Luftwaffe
- Alfred Schlemm, später General der Fallschirmtruppe und Chef des Generalstabes des XI. Fliegerkorps
- Enno von Rintelen, später General der Infanterie des Heeres
- Hans von Greiffenberg, später General der Infanterie und Chef des Generalstabes verschiedener Heeresgruppen
- Vincenz Müller, später Generalleutnant und dann Generalstabschef der Nationalen Volksarmee
- Otto Wöhler, später General der Infanterie und Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe
- Walther Nehring, später General der Panzertruppe und Oberbefehlshaber verschiedener Armeen
- Kurt Fricke, später Admiral und Chef des Stabes der Seekriegsleitung im Oberkommando der Marine
- Wilhelm Meendsen-Bohlken, später Vizeadmiral und Kommandant des Schweren Kreuzers „Admiral Scheer“
- Walter Düvert, später Generalleutnant
- Maximilian Ritter von Pohl, später General der Flieger