Bretschneider, Sylvia
Sylvia Bretschneider ( 14. November 1960 in Waren (Müritz), DDR; 28. April 2019 in Neubrandenburg) war eine linke Politikerin der BRD-Blockpartei SPD.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Bretschneider besuchte die Polytechnische und die Erweiterte Oberschule in Waren (Müritz) und legte 1979 ihr Abitur ab. Von 1979 bis 1983 studierte sie an der Sektion „Theoretische und angewandte Sprachwissenschaften“ der Karl-Marx-Universität Leipzig. Die Möglichkeit eines Studiums an der Karl-Marx-Universität verlangte eine hohe Parteilichkeit im Sinne der SED.[1] Von 1983 bis 1989 war sie als Diplomlehrerin für Englisch und Deutsch tätig, danach ein Jahr als Betriebsorganisatorin im Verkehrskombinat Neubrandenburg. Von 1990 bis 1994 war sie im Schulamt Neubrandenburg beschäftigt.
Bretschneider war seit 1990 SPD-Mitglied, von 1994 bis 2002 Leiterin des Arbeitskreises der SPD-Fraktion für Bildung, Wissenschaft und Kultur, von 1998 bis 2002 stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion und von 1994 bis Oktober 2002 „bildungs- und jugendpolitische Sprecherin“ der SPD-Fraktion. Seit 1994 war sie Mitglied des Landtages Mecklenburg-Vorpommern und seit 2002 Präsidentin des Landtages Mecklenburg-Vorpommern.
Positionen
Sylvia Bretschneider, Präsidentin des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern, hat einen ehemaligen Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR für den „Bürgerpreis zur deutschen Einheit“ vorgeschlagen. Die mit insgesamt 40.000 Euro dotierte Auszeichnung wird von der Bundeszentrale für politische Bildung vergeben. Geehrt werden sollen Personen, die „einen engagierten Beitrag zur Gestaltung der inneren Einheit leisten“. Davon aber kann bei dem Neubrandenburger Fotografen Bernd Lasdin kaum die Rede sein – trotz vielbeachteter Langzeit-Foto-Dokumentationen wie „Westzeit-Story“. Denn Lasdin bespitzelte als IM „Klaus Träger“ von 1974 an für die Stasi Kollegen, Bekannte und Freunde. So meldete er seinem Führungsoffizier, daß eine Bekannte „nicht abgeneigt sei“, für „Geschenke“ mit Männern „zu schlafen“, einem Kollegen attestierte er „eine kleine Schwäche für die Pornografie“. Auf SPIEGEL-Anfrage erklärte Bretschneider, ihr sei Lasdins IM-Tätigkeit „nicht bekannt“ gewesen. Lasdin hingegen gab an, seine Stasi-Kontakte bereits im Frühjahr 2005 öffentlich eingeräumt zu haben.[2]
Am 1. Mai 2007 rief Bretschneider alle „demokratischen gesellschaftlichen Gruppen“ auf, sich gemeinsam klar zur Demokratie und „gegen Rechts“ zu positionieren.[3] Auf ihrer Netzseite warb sie für das antideutsche Jusos-Projekt „Endstation Rechts“.
Das Landesverfassungsgericht in Greifswald entschied 2009, daß Bretschneider den NPD-Landtagsabgeordneten Raimund Borrmann in seinen durch die Landesverfassung „gesicherten Abgeordnetenrechten verletzt“ habe, als sie ihn am 18. Oktober 2007 von einer Sitzung des Landtags ausschloß.[4]
Am 29. April 2010 drehte Bretschneider in ihrer Funktion als Landtagspräsidentin dem NPD-Abgeordneten Tino Müller im Schweriner Landtag das Mikrofon ab und entzog ihm das Rederecht. Anlaß war die Rede Müllers, die dieser im Rahmen einer Aktuellen Stunde mit dem von der Partei Die Linke gewählten Thema „8. Mai Tag der Befreiung – Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg“ hielt. Der Darstellung des 8. Mai 1945 als „Tag der Befreiung“ und anderen Geschichtsverfälschungen durch die SED-Nachfolgepartei hielt Müller in seiner Rede u. a. entgegen:
- „Befreier vergewaltigen nicht! Befreier plündern nicht! Befreier brandschatzen nicht! Befreier machen nicht zivile Städte komplett dem Erdboden gleich! Und Befreier werfen auch keine Atombomben auf Großstädte wie Hiroshima und Nagasaki! Ähnlich wie beim Massaker von Katyn wird aber der Tag kommen, wo die Unterdrückung der geschichtlichen Wahrheit nicht mehr möglich sein wird. 65 Jahre nach Kriegsende ...“
An diesem Punkt stellte Bretschneider dann mit der vorgeschobenen Begründung, die Redezeit sei abgelaufen, das Mikrofon ab, erteilte Müller einen weiteren Ordnungsruf und entzog ihm in der Folge das Rederecht für die gesamte Sitzung. Da Müller seine Rede im „freiesten Staat, den es je auf deutschem Boden gegeben hat“ nicht beenden konnte, sei an dieser Stelle der Rest seiner Darlegung wiedergegeben:
- „Ähnlich wie beim Massaker von Katyn wird aber der Tag kommen, wo die Unterdrückung der geschichtlichen Wahrheit nicht mehr möglich sein wird. 65 Jahre nach Kriegsende ist die Zeit für eine wahrheitsgetreue Darstellung des Leidensweges der europäischen Völker in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gekommen.
- Angesichts der großen Leiden und der barbarischen Verbrechen an unserem Volk durch die alliierten Kriegsverbrecher kann ich Ihre Sinnentstellung des 8. Mai nur noch als kollektive Geisteskrankheit und paranoide Gefühlsregung bezeichnen. Mögen Sie sich hier im sogenannten Hohen Hause doch weiterhin in Aktuellen Stunden selbst mit Dreck bewerfen – aber deuten Sie das tragische Schicksal unseres Volkes nicht nach Ihrem krankhaften Schuldkultextremismus um!
- Solange wir Nationalisten hier Sitz und Stimme haben, wird Ihnen dies nicht widerstandslos gelingen.“
Filmbeiträge
Siehe auch: Wer von der Lüge lebt, muß die Wahrheit fürchten!
Mitgliedschaften
- 1999–2002: Stadtvertretung Neubrandenburg
- Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK)
- Gewerkschaft ver.di
- Arbeiterwohlfahrt
- Verkehrswacht Neubrandenburg e. V.
- Verein „Fraueneinfälle“ Neubrandenburg e. V.
- Freundeskreis Kunstsammlung Neubrandenburg e. V.
- Sportverein „Motor Süd Neubrandenburg“ e. V.
- Förderverein der Fachhochschule Neubrandenburg
- Vorsitzende der „Neubrandenburger Tafel e. V.“
- Reservistenverband M-V
- 2003–2019: Vorsitzende des Tourismusverbandes des Landes Mecklenburg-Vorpommern
Familie
Sylvia Bretschneider war verheiratet und hinterließ drei Kinder.
Verweise
- Sylvia Bretschneiders Netzpräsenz
- Profil beim Landtag Mecklenburg-Vorpommern
- Strafanzeige gegen die Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD) gestellt, NPD Mecklenburg-Vorpommern, 14. Juni 2010
- Hadmut Danisch: Die Zensorenkarrieren der DDR-Frauen, 19. Februar 2017
- Simon Voigt: Sylvia Bretschneider ist tot, Nordkurier, 28. April 2019
- AfD bei Trauerstaatsakt unerwünscht, FAZ, 10. Mai 2019