Deutsch-Südwestafrika
Basisdaten | |
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Hauptstadt: | Windhuk |
Verwaltungssitz: | 1885–1891: Otjimbingwe 1891–1915: Windhuk |
Verwaltungsorganisation: | 6 Bezirke |
Einwohner: | zirka 200.000 Einwohner,
davon zirka 2.500 Deutsche (1902) |
Währung: | Goldmark |
Besitzergreifung: | 1884–1915 |
Mandat: | Südafrikanische Union |
Heutige Gebiete: | Namibia |
Deutsch-Südwestafrika war von 1884 bis 1915 ein deutsches Schutzgebiet an der Westküste im südlichen Afrika. Fundament der deutschen Kolonie war das Lüderitzland. Nachfolgestaat auf dem Gebiet der deutschen Kolonie ist Namibia.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte des Schutzgebietes
Deutsch-Südwestafrika war die einzige der deutschen Kolonien, in der sich eine nennenswerte Anzahl deutscher Siedler (auch „Südwester“ genannt) niederließ. Nachdem im Norden des Gebietes Bodenschätze wie z. B. Kupfer und später im Süden Diamanten gefunden wurden, entwickelte sich erstmalig eine industrielle Infrastruktur. Mit dem Bau einer schmalspurigen Bahnstrecke von Swakopmund nach Windhuk wurde 1897 begonnen, und diese dann im Jahr 1902 eröffnet. Es folgten weitere mittels modernster deutscher Ingenieurskunst errichtete Bahnstrecken, und 1914 verfügte das Gebiet über ein Streckennetz von 2.372 Kilometern, was überhaupt erst den späteren wirtschaftlichen Aufstieg des Landes ermöglichte.
1904 kam es zum Kampf gegen die Nama unter Hendrik Witboi (→ Hereroaufstand).[1] 1915 wurde das Gebiet - im Zuge des Ersten Weltkrieges - von Truppen der Südafrikanischen Union angegriffen, erobert, dann unter deren Militärverwaltung gestellt und 1919 als sogenanntes „Völkerbundsmandat Südwestafrika”, vorübergehend der Verwaltung Südafrikas übertragen.
Erwerb des Landes
Im Auftrag des Bremer Kaufmannes Adolf Lüderitz erwarb 1883 der 21jährige Heinrich Vogelsang vom Hottentotten-Anführer Josef Frederick die Bucht von Angra Pequena - das spätere Lüderitz - mit fünf Meilen Hinterland.
Dieses Gebiet war am 24. April 1884 unter den Schutz des Deutschen Reiches gestellt worden, um die Landerwerbungen des Bremer Kaufmannes gegen britische Gebietsansprüche zu sichern.
Bis heute haben die Stadt und die anliegende Küste Lüderitzbucht ihren Namen in ihrer deutschen Namensgebung und Schriftform behalten. Die erste offizielle Flaggenhissung fand am 7. August 1884 unter Beteiligung von Besatzungen deutscher Kriegsschiffe, Vertretern der Firma Lüderitz und des Hottentotten-Anführers Josef Frederick, nebst dessen Ratsleuten, in feierlichem Rahmen statt. 1885 wurde in Otjimbingwe der Erste Verwaltungssitz eingerichtet. 1886 kehrte Adolf Lüderitz von einer Expedition an den Oranje nicht zurück und gilt seither als verschollen.
1890 vergrößerte sich Deutsch-Südwest durch den Caprivizipfel im Nordosten, von dem man sich neue Handelsrouten (am afrikanischen Strom „Sambesi” gelegen) versprach. Dieser Gebietsgewinn beruhte auf dem Helgoland-Sansibar-Vertrag. Am 18. Oktober des gleichen Jahres wurde auf Betreiben des Hauptmanns Curt von François der Grundstein für die Feste „Groß Windhuk” gelegt. Die Schutzgebietsverwaltung zog bald darauf in diese Festung. Um sie herum entstand im Laufe der kommenden Jahre die spätere Landeshauptstadt Windhuk.
Reichskommissare und Gouverneure (1884–1915)
- Reichskommissare:
- Gustav Nachtigal vom 7. Oktober 1884 bis Mai 1885
- Heinrich Ernst Göring von Mai 1885 bis August 1890
- Louis Nels (provisorisch) von August 1890 bis März 1891
- Curt von François von März 1891 bis November 1893
- Landeshauptmänner:
- Curt von François von November 1893 bis zum 15. März 1894
- Theodor Leutwein vom 15. März 1894 bis zum 18. April 1898
- Gouverneure:
- Theodor Leutwein vom 18. April 1898 bis zum 19. August 1905
- Lothar von Trotha (provisorisch) vom 19. August 1905 bis November 1905
- Friedrich von Lindequist von November 1905 bis zum 20. Mai 1907
- Bruno von Schuckmann vom 20. Mai 1907 bis zum 20. Juni 1910
- Theodor Seitz vom 28. August 1910 bis zur militärischen Besatzung durch Südafrika am 9. Juli 1915
Das Ende der Kolonie
Im Ersten Weltkrieg eröffneten Truppen der damaligen Südafrikanischen Union am 13. September 1914 mit einem Überfall auf die Polizeistation von Ramansdrift die Feindseligkeiten. Deutsche Siedler wurden nach der Eroberung in das Konzentrationslager bei Pretoria, später in das von Pietermaritzburg, abtransportiert. Diese KZs des Britischen Empires hatten sich schon im Burenkrieg gegen die Frauen und Kinder der bekämpften Buren in den Jahren 1899–1902 „bewährt“. Am 20. September 1914 begann der Großangriff südafrikanischer Truppen auf die deutsche Kolonie. Aufgrund drückender Überlegenheit der Truppen der Südafrikanischen Union gelang der Schutztruppe nur ein hinhaltender Widerstand, auch burische Freikorps, die auf deutscher Seite in die Kämpfe eingriffen, konnten nicht viel ausrichten.
Am 9. Juli 1915 kapitulierte Victor Franke, der letzte Kommandeur der Schutztruppe, bei Khorab.
Nach dem Krieg ging das Gebiet an England und wurde später von Südafrika fremdverwaltet, auch unter Einbeziehung in den südafrikanischen Währungsverbund des „Rand”, der 1:1-Parität zum neuen Namibia-Dollar aufweist. Am 21. März 1990 wurde die ehemalige Kolonie unter dem neuen Namen Namibia unabhängig. Seither regiert die linksextreme ehemalige Befreiungsbewegung SWAPO, die sich auf bedingungslose Unterstützung des zahlenmäßig größten Stammes, die Rindvieh züchtenden Owambos an der Grenze zu Angola (wo die SWAPO Rast- und Verfügungsraum für den bewaffneten Kampf mittels moderner sowjetischer Waffenausrüstung und bestem Nachschub an Verbrauchsmaterial hatte), verläßt.
An die deutsche Kolonialzeit erinnern noch eine Vielzahl von deutschen Namen, Bauwerken (gerade auch in Lüderitz und Swakopmund) und Geschäften sowie die ca. 20.000 deutschen Siedler, die noch im Land leben. Noch immer verstehen viele Neger Namibias in den Städten Lüderitz, Swakopmund und teilweise auch dem alle Gruppierungen beherbergenden Windhuk das gesprochene Deutsch, war doch der erste schwarze Präsident 1990, Sam Nujoma, selber einst deutschsprachiger Gepäckträger zwischen den Sommerfrischler-Hotels und dem heute noch prächtigen Bahnhof in Swakopmund gewesen.
Bildergalerie
Denkmal des deutschen Marine-Expeditionskorps (Marine Denkmal 1904-5 für die Unterstützung der Schutztruppe durch Marineinfanterie in Bataillonsstärke) in Swakopmund (errichtet 1908) von Prof. Albert Moritz Wolff
Der Schutztruppenreiter: Dieses Denkmal war bis 2009 (endgültiger Abbau am 25. Dezember 2013) Wahrzeichen Windhuks und ganz Deutsch-Südwestafrikas. Es wurde nach den Aufständen der Hereros und Hottentotten (1904–1907) zur Erinnerung an die Gefallenen errichtet und war seit 1912 als „Südwester Reiter“ bekannt.
Bevölkerung
Deutsch-Südwestafrika war das einzige Schutzgebiet des Kaiserreiches, in der eine gezielte Ansiedlung Deutscher in größerem Umfang erfolgte.
Neben dem Abbau von Diamanten und Kupfer war es insbesondere die Viehzucht, welche deutsche Siedler ins Land lockte. 1902 hatte die Kolonie etwa 200.000 Einwohner, davon jedoch nur 2.595 Deutsche, 1.354 Buren und 452 Briten. Bis 1914 kamen weitere 9.000 deutsche Siedler hinzu. Es gab vermutlich etwa 80.000 Herero, 60.000 Owambo, 35.000 Damara und 10.000 Nama (auch „Hottentotten” genannt).
Infrastruktur
Bis zur Errichtung der ersten Eisenbahnverbindung zwischen Swakopmund und Windhuk, die 1902 in Betrieb genommen werden konnte, erfolgte die Versorgung Deutsch-Südwests vom Schiffsentladepier Swakopmunds aus per Ochsenkarren quer durch die Namib-Wüste, weil eine vorgesehene Lokomobile kurz nach Inbetriebnahme noch innerhalb Swakops „ihren Geist für immer aufgab”. Seit damals trägt diese gußeiserne dampfgetriebene Zugmaschine den Namen Martin Luther; der Reformator soll bekanntlich den berühmt gewordenen Spruch getan haben: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.” Noch vor dem Ende der deutschen Herrschaft 1915 folgte eine ansehnliche Zahl von Verbindungen in den Süden und Norden des Landes. Damit hatte Deutsch-Südwestafrika das umfangreichste Eisenbahnstreckennetz aller deutschen Kolonien. Mit dem Aufbau dieses Bahnnetzes haben die Deutschen ganz entscheidenden Anteil am Aufstieg des Landes genommen.
Topographie
Drei Landschaftszonen folgen im Gebiet Deutsch-Südwestafrikas von West nach Ost aufeinander: die Küstenwüste Namib, das zwischen 1.000-1.600 m hoch gelegene Hochland mit bis zu 2.600 m hohen Tafelbergen, welches von Nord nach Süd in Amboland, Hereroland und Namaland gegliedert war und schließlich die Kalaharisteppe.
Das Klima besitzt subtropischen Charakter, ist aber aufgrund des von Süden nach Norden verlaufenden kalten Benguelastromes recht trocken und führt daher zu einem rund 100 km breiten Wüstengürtel entlang der rund 1.400 km langen Küste der Kolonie, was zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Erschließung des Gebietes führte.
Heutiger Zustand
Siehe auch
Literatur
- Karl Dove: Südwest-Afrika: Kriegs und Friedensbilder aus der ersten Deutschen Kolonie (1896) PDF-Datei
- Deutsches Kolonial-Lexikon: hrsg. von Heinrich Schnee, Leipzig, Verlag Quelle & Meyer 1920, 3 Bände
- Die Kämpfe der deutschen Truppen in Südwest-Afrika auf Grund amtlichen Materials:
- Band 1: Der Feldzug gegen die Hereros Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
- Band 2: Der Hottentottenkrieg
- Paul Kolbe: Unsere Helden in Südwestafrika, Leipzig 1907 (PDF-Datei)
- Kurt Dinter: Deutsch-Südwest-Afrika; Flora, Forst- und Landwirtschaftliche Fragmente (1909); PDF-Datei
- Kurd Schwabe: Mit Schwert und Pflug in Deutsch-Südwestafrika. Vier Kriegs- und Wanderjahre (Berlin, 1899); PDF-Datei Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
- Richard Hennig: Sturm und Sonnenschein in Deutsch-Südwest (1926); Nachdruck 2010 im Europäischen Hochschulverlag, ISBN 978-3867415910 (eingeschränkte Voransicht auf Google-Bücher)
- Hans Schinz: Deutsch-Südwest-Afrika: Forschungsreisen durch die deutschen Schutzgebiete Gross-Nama- und Hereroland, nach dem Kunene, dem Ngami-See und der Kalaxari, 1884–1887 (1891); (PDF-Datei)
- G. Haussleiter: Zur Eingeborenen-Frage in Deutsch-Südwest-Afrika: Erwägung und Vorschläge (1906); (PDF-Datei)
- Kurt von Francois: Deutsch-Südwest-Afrika: Geschichte der Kolonisation bis zum Ausbruch des Krieges mit Witbooi (1899); (PDF-Datei)
- Erwin Rupp: Soll und Haben in Deutsch-Südwest-Afrika (1904); (PDF-Datei)
- Helene von Falkenhausen: Ansiedlerschicksale – Elf Jahre in Deutsch-Südwestafrika 1893–1904, Dietrich Reimer, Berlin 1905 (zahlreiche Auflagen, vierte Auflage 1907; Abdruck „Reprint“ von „Peter's Antiques“, Swakopmund 1995)
- Paul Rohrbach: Aus Südwest-Afrikas schweren Tagen (1909); (PDF-Datei)
- Heinrich Schenck: Vegetationsbilder aus Südwest-Afrika (1903); (PDF-Datei)
- Margarethe Hopfer von Eckenbrecher: Was Afrika mir gab und nahm. Erlebnisse einer deutschen Ansiedlerfrau in Südwestafrika (1911) (PDF-Datei)
- Friedrich Freiherr von Dincklage-Campe: Deutsche Reiter in Südwest – Selbsterlebnisse aus den Kämpfen in Deutsch-Südwestafrika (1908) (PDF-Datei)
- Rafalski: Vom Niemandsland zum Ordnungsstaat. Geschichte der ehemaligen Kaiserlichen Landespolizei für Deutsch-Südwestafrika, 1930
- F. Lange: Deutsch-Südwest-Afrika. Kriegs- und Friedensbilder, 1907
- Meine Kriegserlebnisse in Deutsch-Süd-West-Afrika. Von einem Offizier der Schutztruppe, 1907
- K. Schwabe:
- Im deutschen Diamantenlande. Deutsch-Südwestafrika von der Errichtung der deutschen Herrschaft bis zur Gegenwart (1884–1910)
- Der Krieg in Deutsch-Südwestafrika 1904–1906, 1907 – ein Reprint der Ausgabe ist bei Buchdienst Hohenrain erhältlich [488 S., m. zahlr. Abb.] (Stand: 2019)
- Berthold von Deimling: Südwestafrika. Land und Leute – Unsere Kämpfe – Wert der Kolonie (Bestellmöglichkeit)
- Ewald Banse: Unsere großen Afrikaner. Das Leben deutscher Entdecker und Kolonialpioniere, Spenersche Verlagsbuchhandlung 1943
- Karl Raif: Kämpfe im Busch, 1935
- Heinrich Schnee:
- Die koloniale Schuldlüge, Knorr & Hirth, München 1924 (HTML-Version)
- Die deutschen Kolonien vor, in und nach dem Kriege, Quelle und Meyer, Leipzig 1935
- Deutsche Kolonien – Viel besser als ihr Ruf, Compact Geschichte Nr. 18 (erschienen 2023), Vorstellung und Bezugsnachweis
- Claus Nordbruch:
- Deutsche Kolonialleistungen gegen die Kolonialschuldlüge, in: Rolf Kosiek / Olaf Rose (Hgg.): Der Große Wendig – Richtigstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 1, Grabert Verlag, Tübingen 2006, S. 101–113
- Völkermord an den Herero in Deutsch-Südwestafrika 1904?, in: Rolf Kosiek / Olaf Rose (Hgg.): Der Große Wendig, Bd. 1, Grabert Verlag, Tübingen 2006, S. 80–90
- Der ›Vernichtungsbefehl‹ des Generals Lothar von Trotha, in: Rolf Kosiek / Olaf Rose (Hgg.): Der Große Wendig, Bd. 1, Grabert Verlag, Tübingen 2006, S. 91–100
- Bruce Gilley: Verteidigung des deutschen Kolonialismus, Manuscriptum Verlagsbuchhandlung, 2021, ISBN 978-3-948075-93-4
Verweise
Aktuelles
Geschichte
- Maximilian Bayer: „Die Helden der Naukluft, eine Erzählung aus Deutsch-Südwest”, Voggenreiter-Verlag, 1931 (Nachdruck)
- „Tagebuchblätter aus Südwest-Afrika“-1904. Nachdruck der 1906 erschienenen Aufzeichnungen eines Schutztrupplers, der 1904 im Gefecht bei Kub fiel
- Deutsch-Südwest-Afrika (Nexusboard.de)
- Ausführliche Beschreibung Deutsch-Südwestafrikas im Deutschen Kolonial-Lexikon von 1920
- Erstes Schutzgebiet. Deutschlands Südwest wird die erste deutsche Überseekolonie (wfg-gk.de - Deutsche und Allgemeine Geschichte) Verweis defekt, gelöscht oder zensiert!