Eiserne Division
Die Eiserne Division oder auch Baltisches Freikorps war ein aus deutschen Freiwilligen bestehender Freikorps-Verband, der an der Seite Baltendeutscher und russischer Weißgardisten 1919 im Baltikum gegen den Bolschewismus während des lettischen Unabhängigkeitskrieges kämpfte. Die Division entstand im Februar 1919 aus der am 29. November 1918 aufgestellten „Eisernen Brigade“. Kommandeur war Josef Bischoff. Markantes Hoheitsabzeichen an der Uniform sowohl der Brigade als auch der Division war der silberne Totenkopf an der Kokarde der Kopfbedeckung.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Zusammenfassung
Anfang Februar 1919 übernahm das VI. Reserve-Korps die Befehlsführung in Kurland. Dem Kommandierenden General, Generalmajor Rüdiger von der Goltz, unterstanden das Gouvernement Libau, die Baltische Landeswehr, die Eiserne Division, die eintreffende 1. Garde-Reserve-Division und verschiedene kleinere Freikorps. Die Eiserne Division nahm Anfang März an der Offensive auf Mitau teil und besetzte die alte Weltkriegsstellung bei Olai.
Am 22. Mai wurde gemeinsam mit der Baltischen Landeswehr Riga, die einst freie Reichsstadt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, zurückerobert, wobei die Eiserne Division mit 50.000 Mann sich durch ihre Verwegenheit auszeichnete. In der Folge gaben die Roten Armeen zunächst den Kampf um Lettland auf.
Unter Berufung auf den Versailler Vertrag verlangte die Entente immer drängender den Abtransport der deutschen Truppen aus dem Baltikum. Am 27. August 1919 stellte der französische Marschall Foch der deutschen Regierung ein direktes Ultimatum und drohte mit Repressalien im Westen. Daraufhin erteilte das Reichswehrministerium dem General-Kommando VI den Befehl, mit dem Abtransport derjenigen Truppenteile zu beginnen, die auf eigenen Wunsch in die Heimat zurückkehren wollen. Den vorgeschlagenen Schiffstransport lehnte Graf von der Goltz ab und schlug etappenweise Räumung innerhalb von zwei Monaten per Bahntransport vor.
Schon im Juli 1919 kam es zu einer ersten Fühlungsnahme zwischen Awaloff-Bermondt und Major Bischoff hinsichtlich einer Zusammenarbeit. Am 28. Juli 1919 faßte Hauptmann Heinz Guderian die Lage in einem Memorandum zusammen mit folgenden Leitsätzen:
- 1. Der lettische Ministerpräsident Ulmanis hat alle den deutschen Freiwilligen gemachten Versprechungen annulliert, d. h. die Politik einer Zusammenarbeit mit Lettland ist gescheitert.
- 2. Der Vertrag von Versailles verlangt die Räumung des Baltenlandes, damit wird die direkte Verbindung Deutschland – Rußland aufgegeben. Deutschland ist dann nur noch von ententeabhängigen Kleinstaaten umgeben. Der Weg nach Rußland über das Baltikum muß für die zukünftige Entwicklung offen gehalten werden, und das soll die Aufgabe der Soldaten und Siedler in Kurland sein.
Die Eiserne Division hatte jetzt eine Stärke von 14.000 Mann und ihre Gliederung entsprach dem Stand einer modernen Kriegsdivision. Der Kommandeur befürchtete, daß man diese Division in Einzeltransporten zerreißen und somit auf kaltem Wege auflösen wollte. Seine Bedenken wurden bestätigt, als das Fußartillerie-Bataillon gegen den Willen von Offizieren und Mannschaften abtransportiert wurde. Auch das Bataillon des Leutnants zur See Rieckhoff wurde am 23. August 1919 zum Rücktransport nach Mitau befohlen. In Begleitung des Hauptmanns Guderian erläßt Bischoff auf dem Bahnhof Mitau den Befehl, „Das Bataillon Rieckhoff ladet in Schaulen aus und bezieht dort bis auf weitere befehle Unterkunft!“ Zur Klärung der Lage erließ Bischoff am nächsten Tag folgenden Aufruf:
- „Soldaten der Eisernen Division!
- Ich habe Euch hier im Lande eine Lebensmöglichkeit schaffen wollen. Auf Grund der mit der lettländischen Regierung rechtmäßig abgeschlossenen Verträge habe ich Euch angeworben unter dem versprechen der Siedung.
- Ihr habt daraufhin zu Hause alles im Stich gelassen, seid herbeigeeilt und habt das Land in schweren Kämpfen mit Eurem Blut erobert und vom Bolschewismus befreit.
- Nun aber leugnet die lettische Regierung die Verträge ab. Die deutsche Regierung hat den Schmachfrieden unterzeichnet und damit mir die Möglichkeit genommen, Euch meine Versprechungen einzulösen. Die Regierung ist dadurch selbst verantwortlich geworden, und ich will ihr gegenüber Eure Rechte wahren.
- Ich habe deshalb anliegende Erklärung an sie gerichtet.
- Versteht mich wohl, es handelt sich nur darum, Eure wohlerworbenen Rechte durchzusetzen. Es liegt mir fern, irgendwelche Gegenrevolution nach Deutschland zu tragen. Nur für Euch sorgen will ich. Darum stellt Euch fest geschlossen hinter mich! Ich trage allein die Verantwortung, und ich nehme sie gern mit vollem Bewußtsein auf mich, denn ich weiß, Ihr habt mir Euer Vertrauen geschenkt, und ich will und werde es nicht täuschen.
- gez. Bischoff“
Ende September 1919 trat die Division dann gemeinsam mit den Freikorps der Deutschen Legion zur Westrussischen Befreiungsarmee (Russische Westarmee) des Abenteurers Pawel Michailowitsch Bermondt-Awaloff über. Im November 1919 war die Division gemeinsam mit der Deutschen Legion und der Freiwilligen Russischen Westarmee bei Thorensberg am Westufer von Riga von Kommunisten eingekesselt. Die Sturmabteilung „Roßbach“ entschied sich zu einem 1.200 km langen Gewaltmarsch von Berlin nach Thorensberg. Das Husarenstück gelang, der Entsatz war erfolgreich. Unter schweren Verlusten deckten die Männer unter Gerhard Roßbach den geordneten Rückzug der Baltikumkämpfer.
Neugliederung der Kurlandfront
Die am 10. Februar 1919 von Kassel nach Kolberg verlegte OHL entsendet zur Stabilisierung der Kurlandfront, d. h. zum verstärkten Schutz der Reichsgrenze, den Generalmajor Graf Rüdiger von der Goltz – den Befreier Finnlands – mit dem Stab des VI. Reserve-Korps und der neu aufgestellten 1. Garde-Reserve-Division nach Libau. Außerdem wurde in Bartenstein/Ostpreußen das Armee-Oberkommando „Nord“ eingerichtet. Die bisher selbständig operierenden Freiwilligenverbände wurden alle dem Generalkommando VI unterstellt. Für die baltische Front ergaben sich nunmehr folgende Befehlsverhältnisse:
- OHL, Kolberg
- Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg
- Generalquartiermeister: General der Infanterie Wilhelm Groener
- AOK „Nord“
- General der Infanterie Ferdinand von Quast
- Chef des Generalstabes: Generalmajor Hans von Seeckt
- Ia: Major Werner Freiherr von Fritsch
- IV. Reserve-Korps, Libau (nach der Befreiung von Riga Übersiedlung nach Mitau)
- Generalmajor Rüdiger Graf von der Goltz (Kommandierender General)
- Chef des Stabes: Major Hagemann
- Ia: Hauptmann von Jagow
- 1. Garde-Reserve-Division (Südabschnitt)
- Generalmajor Paul Tiede
- Ia: Hauptmann i. G. von Rabenau
- Eiserne Division (Mittelabschnitt)
- Major Josef Bischoff
- Ia: Hauptmann i. G. Biese
- 2. Generalstabsoffizier Hauptmann i. G. Heinz Guderian
- Baltische Landeswehr (Nordabschnitt:)
- Major Alfred Fletcher
- Ia ab 9. März 1919: Hauptmann i. G. Heinrich Karl Waldemar Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten (am 21. März 1920 mit dem Charakter als Major aus dem Heeresdienst ausgeschieden, 1935 dem Heer wieder beigetreten, später Generalmajor z. V. der Wehrmacht)
- Nach vereinzelten Quellen war Ia Heinrichs älterer Bruder Hauptmann d. R. Lothar Georg Burggraf und Graf zu Dohna–Schlobitten–Willkühnen[2] (1881–1939; später Major d. R. und SS–Sturmbannführer)
Die Baltische Landeswehr wurde verstärkt durch:
- Weißrussische Abteilung des baltendeutschen Rittmeisters Anatol Leonid Fürst von Lieven
- Freikorps des Hauptmanns Walter-Eberhard Alexander Albert Freiherr von Medem (gefallen am 9. Mai 1945 in Prag)
- Freikorps des Rittmeisters Karl Ludwig Arthur Botho-Wendt Graf zu Eulenburg
- nicht zu verwechseln mit dem Freikorps „Eulenburg“ unter Major Siegfried Graf zu Eulenburg-Wicken, das auch in Teilen im Baltenland der 1. Garde-Reserve-Division unterstellt kämpfte
Divisionsgliederung 1919
- Eiserne Division[4] (Major Bischoff)
- 1. kurländisches Infanterie-Regiment (Major v. Lossow)
- I. Bataillon (?)
- II. Bataillon (Groeben)
- III. Bataillon (Heidberg)
- 2. kurländisches Infanterie-Regiment (Major v. Kleist)[5]
- I. Bataillon (Liebermann)
- II. Bataillon (Balla)
- III. Bataillon (Henke)
- 3. kurländisches Infanterie-Regiment (Hauptmann Poensgen)
- I. Bataillon (?)
- II. Bataillon (?)
- III. Bataillon (Rieckhoff)
- Kavallerie-Regiment (Major v. Kanitz)
- Artillerie-Abteilung (Major Sixt v. Arnim)
- I. Batterie (Hauptmann Auerbach)
- II. Batterie (Hauptmann Zimmermann)
- III. Batterie (?)
- Freiwilligen-Fußartillerie-Batterie des I. Armeekorps (zugeteilt)
- Panzerwagenabteilung des Gov. Libau (zugeteilt)
- 1. kurländisches Infanterie-Regiment (Major v. Lossow)
Zitate
- „Mag die Geschichte der Eisernen Division, ihre Gründung, ihren Kampf und ihr Ende ein Abenteuer nennen, es war der letzte und heroische Versuch, mit der Waffe in der Hand das deutsche Nachkriegsschicksal zu wenden, ehe es sich vollendete.“ — Josef Bischoff
Bekannte Divisionsangehörige (Auswahl)
- Kurt Andersen
- Rudolf Berthold
- Heinz Guderian (April bis August als Zweiter Generalstabsoffizier)
- Heinrich Hager
- Paul Hofmann
- Kurt Kaul
- Bruno Loerzer (Fliegerstaffel 427)
- Richard Manderbach
- Günther Pancke
- Bernhard Ruberg
- Hans Tröbst
Siehe auch
- Baltenkreuz
- Baltikumkämpfer
- Eiserne Schar „Berthold“
- Freikorps Oberland
- Kieler Eiserne Brigade
- Schlageterschild
- Grenzschutz Ost
- Lied der Eisernen Division
Literatur
- Ihno Meyer: Das Jägerbataillon der Eisernen Division im Kampfe gegen den Bolschewismus, Verlag Otto Hillmann, Leipzig 1920
- Josef Bischoff: Die letzte Front. Geschichte der Eisernen Division im Baltikum 1919, Schützen-Verlag 1936
Verweise
- Stimme Rußlands: Die deutsche Division in der russischen Armee (Teil 1, Teil 2)
- Erinnerungsmedaille der Eisernen Division