Fichte, Johann Gottlieb

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Feuergeist des Gedankens: Johann Gottlieb Fichte (1762–1814)

Johann Gottlieb Fichte (Lebensrune.png 19. Mai 1762 in Rammenau bei Bischofswerda; Todesrune.png 29. Januar 1814 in Berlin) war ein deutscher Erzieher und Philosoph. Er gilt neben Friedrich Schleiermacher, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und Georg W. F. Hegel als wichtigster Vertreter des deutschen Idealismus.

Leben

Johann Gottlieb Fichte.jpg

Nach seiner Schulzeit zog Fichte nach Jena, wo er an der Universität studierte, was ihm seine finanzielle Lage aber erschwerte, weswegen er seine Studien abbrechen mußte. Er schlug sich fortan mühsam mit Privatunterricht durch.

Übergang zur Philosophie

Im Jahre 1790 lernte Fichte die Philosophie Kants kennen, die einen großen Einfluß auf ihn ausübte. Kant inspirierte ihn zu seiner am Begriff des Ich ausgerichteten Wissenschaftslehre. Fichte sah eine rigorose und systematische Einteilung zwischen den „Dingen, wie sie sind“ und „wie die Dinge erscheinen“ (Phänomene) als eine Einladung zum Skeptizismus.

1791 besuchte Fichte Königsberg, wo Immanuel Kant ihm einen Verleger für seine Schrift „Versuch einer Kritik aller Offenbarung“ (1792) verschaffte, die anonym veröffentlicht wurde. Das Buch galt zunächst als ein lange erwartetes religionsphilosophisches Werk von Kant selbst. Als Kant den Irrtum klarstellte, war Fichte berühmt und erhielt einen Lehrstuhl für Philosophie an der Universität Jena, den er 1794 antrat.

Während seiner Jenaer Professur (1794–1799) wurde er zur Zielscheibe im sogenannten „Atheismusstreit”. 1799 hatte eine zunächst anonyme Streitschrift Fichtes den Streit ausgelöst: Fichte wurde wegen Verbreitung atheistischer Ideen und Gottlosigkeit verklagt und zum Rücktritt gezwungen. 1805 bekam Fichte den Lehrstuhl für Philosophie in Erlangen, 1807 wirkte er als Zensor der „Hartungschen Zeitung” in Königsberg, wurde aber auf Befehl des preußischen Generals Ernst von Rüchel entlassen. 1810 wurde Fichte Dekan der philosophischen Fakultät und für kurze Zeit der erste gewählte Rektor der Berliner Universität.

Fichte war spätestens seit 1794 Mitglied einer Freimaurerloge in Rudolstadt, trat allerdings nach einigen Jahren wieder aus. Auch bei der Entstehung der Gesellschaft der freien Männer hatte er einen bedeutenden Anteil. In Berlin wurde er Mitglied der Deutschen Tischgesellschaft, ab Sommer 1811 deren „Sprecher” (Vorsitzender). Der sich früher als Anhänger der Französischen Revolution bezeichnende Fichte profilierte sich nun insbesondere durch die flammend patriotischen „Reden an die deutsche Nation“ (als Text veröffentlicht bis 1808) als Gegner Napoleons.

Ein utopisches Gesellschaftsmodell – eine neue Art sozialistischer Gesellschaft auf nationaler Grundlage – findet sich in dem Werk „Der geschlossene Handelsstaat“ (1800).

Nach einem kurzen Aufenthalt in Erlangen hielt Fichte in einem Freisemester im Winter 1805/06 in Berlin Vorlesungen, die 1806 unter dem Titel „Anweisungen zum seligen Leben“ erschienen. Die Kriegswirren, ausgelöst durch Napoleons Überfall auf Preußen, vereitelten Fichtes Rückkehr nach Erlangen und führten zu Aufenthalten in Kopenhagen und Königsberg, wo Fichte Vorlesungen hielt und eine Professur angeboten bekam. Bereits 1806 kehrte er jedoch aufgrund der Bedrohung Königsbergs durch französische Truppen wieder in das französisch besetzte Berlin zurück und veröffentlichte seine „Grundzüge des Gegenwärtigen Zeitalters“. Trotz der bedrohlichen politischen Umstände hielt Fichte in Berlin in den Jahren 1807/08 seine „Reden an die deutsche Nation“.

1813 erkrankte Johanna, Fichtes Frau, am sog. Lazarettfieber, welches sie sich bei der Pflege von Kriegsverwundeten zugezogen hatte. Auch Fichte sollte daran erkranken und konnte sich im Gegensatz zu seiner Frau von diesem Fieber nicht erholen. Er starb am 29. Januar 1814 in Berlin und wurde auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof beerdigt.

Fichtes „Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre“

Ein zentraler Kern in Fichtes Philosophie ist der Begriff des „absoluten Ich“. Dieses absolute Ich ist nicht mit dem individuellen Geist zu verwechseln. Später nutzte Fichte die Bezeichnung „Absolutes“, „Sein“ oder sogar „Gott“. Fichte beginnt in seiner „Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre“ mit einer Aussage, die eine Handlungsweise des Ich zum Ausdruck bringen soll, deren Verständnis daher diese Handlung auszuführen erfordert:

„Das Ich sezt sich selbst, und es ist, vermöge dieses bloßen Setzens durch sich selbst; und umgekehrt: Das Ich ist, und es sezt sein Seyn, vermöge seines bloßen Seyns. – Es ist zugleich das Handelnde, und das Produkt der Handlung; das Thätige, und das, was durch die Thätigkeit hervorgebracht wird; Handlung, und That sind Eins und dasselbe; und daher ist das: Ich bin, Ausdruck einer Thathandlung.“ (GA I, 2, 259)

Fichte ging es um die praktische Umsetzung seiner Philosophie, weshalb er die Errichtung eines lückenlosen Systems als zweitrangig erachtete. Im Vordergrund stand für ihn die Verständlichkeit, d. h. die Art, seine Lehre so darzustellen, daß sie von jedermann verstanden werden konnte. Sein positives Menschenbild ging davon aus, daß in jedem Menschen – und nicht nur im Fachgelehrten – der Grund echter Selbsterkenntnis (und damit auch Gotteserkenntnis) gelegt ist und man lediglich auf diese verweisen müsse.

Fichtes Kantrezeption

Fichte reagierte auf die Frage, wie theoretische und praktische Vernunft zusammenhängen, indem er deutlich machte, daß die beiden Teile der Vernunft in ein hierarchisches Verhältnis zu setzen sind. Hierbei ist die praktische Vernunft der theoretischen übergeordnet. Letztere benötige die praktische Vernunft; diese aber sei autonom. Auch für Kant war die praktische Vernunft ein Vermögen des Willens – und damit autonom. Für Fichte mündet diese Tatsache in seiner Theorie zur Selbstsetzung. Der Wille bringt, indem er sich ein Gesetz gibt, zugleich sein Wesen als Vernunftwille hervor. Dieser Vernunftwille macht das aus, was wir sind – nämlich unser Ich. „Das absolute Ich ist, indem es sich setzt, und setzt sich, indem es ist.“ [1] Aus diesem Grund kommt der praktischen Vernunft absolute Freiheit zu. Fichtes Idealismus ist daher eine Konsequenz aus dem Primat der praktischen Vernunft.

Der Kritik am transzendentalen Argument bei Kant entzieht sich Fichte, indem er die praktische Vernunft als Bedingung für die theoretische Vernunft erklärt. Hierbei geht Fichte von der Handlung des Urteilens aus und schließt mit Hilfe eines transzendentalen Argumentes auf das sich setzende Ich als Bedingung hierfür. Alles Urteilen ist Handeln des menschlichen Geistes. Diesem liegt der Satz „Ich bin“ zugrunde. Das „schlechthin gesezte und auf sich selbst gegründete“ (GA I,2,258) ist der Grund des Handelns.

Um dem Vorwurf zu entgehen, daß wir eventuell gar nicht urteilen, sondern nur zu urteilen glauben, führt Fichte die „intellektuelle Anschauung“ ein. Sie ist selbstverständlich auch praktisch zu verstehen als „Anschauen seiner selbst im Vollziehen eines Acts“ (GA I, 4,216). Wenn wir urteilen, beobachten wir uns nicht, sondern stellen handlungsorientierte Fragen. Diese Fragen gehen von der Annahme aus, daß man ein Vernunftwesen ist. Würde dem nicht so sein, könnten wir nicht urteilen – was konträr erscheint. Gleichwohl hat Fichte erkannt, daß daraus, daß man nicht an den Bedingungen vernünftigen Urteilens zweifeln kann, nicht(!) folgt, daß man diese Bedingungen tatsächlich erfüllt.

Den schärfsten Bruch mit Kant bewirkte Fichte mit der Ablehnung der Konzeption eines „Dinges an sich“. Nur so kann in seinen Augen die absolute Freiheit des Ich bewahrt werden (vgl. GA III, 2,298). Das „Ding an sich“ wird bei Fichte zu einem „Anstoß“ degradiert. Dieser ist ein irrationales Faktum innerhalb des Ich, das das Ich zu bewältigen versucht. Die Folge ist der Ausschluß aus dem Ich, gleichsam hinaus in die Welt als „Nicht-Ich“. Ist das absolute Ich demzufolge also ein „Ding an sich“ auf der Seite des Subjekts? Fichtes Antwort: Nur wenn es erscheint. Das absolute Ich existiert nur im Handeln selbst. In der philosophischen Reflexion wird das absolute Ich herausgegriffen und zu etwas Objektivem gemacht. Für Fichte ist es gleichsam Artefakt der Theorie, keine Entität der realen Welt.

Jenaer Philosophie

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Es stellt sich nun die Frage, warum das absolute Ich, welches autonom ist, auf einen „Anstoß“ reagiert. Fichte macht deutlich, daß das absolute Ich nur ist, wenn es sich seiner selbst bewußt wird. Dies kann nur geschehen, wenn es mit Material konfrontiert wird, auf das es zu reagieren hat. Würde es zu keinem Kontakt kommen, würde das Ich „ganz in seiner Tätigkeit aufgehen“.[2] Um aber zu sein – und damit auch ein Selbstbewußtsein zu entwickeln –, muß es sich für den „Anstoß“ öffnen und dafür Sorge tragen, daß der „Stein des Anstoßes“ erhalten bleibt. Nach Fichte kann das Ich demnach als ein unendliches Streben nach Autonomie verstanden werden.

Der „Anstoß“ ist hierbei gleichsam nur notwendige Bedingung des Selbstbewußtseins, keine hinreichende. Die weiteren Bedingungen für das Selbstbewußtsein finden sich in den jeweiligen Teildisziplinen der Wissenschaftslehre, die Fichte unterscheidet: Naturlehre, Rechtslehre, Sittenlehre und Religionslehre. Erstere hat Fichte, aufgrund des von ihm entwickelten Primats der praktischen Vernunft, nie ausgearbeitet.

Fichtes Rechtslehre

In „Grundlagen des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre“ von 1796/97 wird die Beziehung zwischen dem Selbstbewußtsein und – sozusagen – der Welt präzisiert. Das Bewußtsein kann sich nur als frei handelndes Wesen begreifen, wenn es „den Begriff eines frei handelnden Wesens auf sich anwenden kann“. [3] Das kann es nur, wenn andere das Selbstbewußtsein auffordern etwas zu tun und gleichzeitig(!) die Freiheit eingestehen, dieser Aufforderung nicht nachzukommen. Da dieser Vorgang reziprok ist, folgt, daß das Sein des Selbstbewußtseins von der Anerkennung der Freiheit anderer abhängt.

Es wird deutlich, daß sich Fichte nicht auf das Moralgesetz als die bindende Kraft des Rechts versteht, sondern das Eigeninteresse des selbstbewußten Ich. Ein Rechtsverhältnis entsteht demnach aufgrund der bloßen Existenz eines Nicht-Ich.

Fichte definiert den Staat als Ausdruck des absoluten Willens, dessen Absicht es ist, die Freiheit und Rechte seiner Bürger zu garantieren. Kollektives und individuelles Handeln werden mit dem Ausdruck „sittliches Handeln“ in Eins gesetzt. Freiheit in der Geschichte sei nach Fichte die mehr oder weniger sittliche Gestaltung gesellschaftlicher Verhältnisse der verschiedenen Völker.

Fichtes Sittenlehre

Im „System der Sittenlehre nach den Prinzipien der Wissenschaftslehre“ von 1798 geht Fichte davon aus, daß das Selbstbewußtsein des absoluten Ich nur sein kann, unter der Bedingung des Bewußtseins des Sittengesetzes. Hierbei ist sich das Ich des Sittengesetzes niemals in abstracto bekannt, sondern „immer in Form konkreter Aufgaben und Pflichten der Welt“ [4]. Das Ich kann sich nur eine Tätigkeit zuschreiben, wenn diese mit der kausalen Wirklichkeit einer ihm unabhängigen Welt verbunden ist. Dies wiederum ist nur möglich, wenn es sich einen Körper zuschreibt. Da dieser Körper Teil der Welt ist, unterliegt er auch den Naturtrieben. Das Sittengesetz untersucht nun die Bedingungen der Manifestation eines zugleich verkörperten und von Naturtrieben beherrschten Ich.

Fichtes Religionslehre

Der Ausbruch des Atheismusstreits hinderte Fichte daran, seine Religionslehre systematisch auszuarbeiten. Während Kant von der Existenz Gottes ausging, da die Existenz Gottes notwendig im Hinblick auf die Bedingungen der Möglichkeit sittlichen Handelns erscheint, sah Fichte nur die Notwendigkeit zu einer „moralischen Weltordnung“. Diese ließe sich nicht zwingend auf eine höhere Instanz – also Gott – zurückführen. Die aktive Weltordnung selbst, der „ordo ordinans“, mag man als Gott bezeichnen. Wer aber dies tut, der „verkennt die unmittelbare Beziehung des Gottesbegriffs zum moralischen Bewußtsein und ist, so Fichte, der wahre Götzendiener und Atheist.“ [5]

Beitrag zur Französischen Revolution (1793)

Fichte begrüßte die Französische Revolution und verfaßte seine beiden Revolutionsschriften von 1793 („Zurückforderung der Denkfreiheit von den Fürsten Europens, die sie bisher unterdrückten“ und „Beiträge zur Berichtigung der Urteile des Publikums über die Französische Revolution“). Er begründet die Rechtmäßigkeit der Revolution in Anlehnung an Rousseaus „Contract social“ mit dem Argument, daß es ein „unveräußerliches Recht des Menschen“ sei, einen Gesellschaftszustand „aufzuheben“, der zu einem System der Unterdrückung verkommen ist. Denn dieser behindere den geistigen Fortschritt des Menschengeschlechts. Nach dem französischen Überfall auf Deutschland unter Napoleon wurde Fichte jedoch zu einem glühenden deutschen Patrioten.

Fichtes Antijudaismus

Die Äußerungen bezüglich der Stellung des Judentums in dieser Schrift wurden von vielen als „antisemitische“ Äußerungen bezeichnet. Fichte greift im besagten Abschnitt nicht nur die Juden mit harschen Worten an, sondern auch das Militär und den Adel. Das Judentum als Staat im Staate sondere sich ab. Die Juden, körperlich schlaff, hätten einen egoistischen Handelsgeist. Sie übervorteilten die übrigen Bürger, seien nur auf sich und ihre Sippe bedacht. Fichte übernimmt größtenteils die damals vorherrschenden Vorurteile, prangert aber vor allem immer wieder die separatistische Einstellung dieser Religion an.

„Fern sei von diesen Blättern der Gifthauch der Intoleranz, wie er es von meinem Herzen ist! Derjenige Jude, der über die festen, man möchte sagen, unübersteiglichen Verschanzungen, die vor ihm liegen, zur allgemeinen Gerechtigkeits-, Menschen- und Wahrheitsliebe hindurchdringt, ist ein Held und ein Heiliger. Ich weiß nicht, ob es deren gab oder gibt. Ich will es glauben, sobald ich sie sehe. Nur verkaufe man mir nicht schönen Schein für Realität! – Möchten doch immer die Juden nicht an Jesum Christum, möchten sie doch sogar an keinen Gott glauben, wenn sie nur nicht an zwei verschiedne Sittengesetze, und an einen menschenfeindlichen Gott glaubten.
Menschenrechte müssen sie haben, ob sie gleich uns dieselben nicht zugestehen; denn sie sind Menschen, und ihre Ungerechtigkeit berechtigt uns nicht, ihnen gleich zu werden. Zwinge keinen Juden wider seinen Willen, und leide nicht, daß es geschehe, wo du der Nächste bist, der es hindern kann; das bist du ihm schlechterdings schuldig. Wenn du gestern gegessen hast, und hungerst wieder, und hast nur auf heute Brot, so gib's dem Juden, der neben dir hungert, wenn er gestern nicht gegessen hat, und du tust sehr wohl daran. – Aber ihnen Bürgerrechte zu geben, dazu sehe ich wenigstens kein Mittel, als das, in einer Nacht ihnen allen die Köpfe abzuschneiden, und andere aufzusetzen, in denen auch nicht eine jüdische Idee sei. Um uns vor ihnen zu schützen, dazu sehe ich wieder kein anderes Mittel, als ihnen ihr gelobtes Land zu erobern, und sie alle dahin zu schicken.
Vorherrschende Toleranz der Juden in Staaten, wo für Selbstdenker keine Toleranz ist, zeigt sonnenklar, worauf eigentlich abgesehen wird. – Die Aufrechthaltung deines Glaubens liegt dir so sehr an deinem Vaterherzen. Siehe diese Juden; sie glauben überhaupt nicht an Jesum Christum; das mußt du nicht leiden; und ich sehe, daß du sie mit Wohltaten überhäufst. – ‚O, sie haben Aberglauben, und das ist mir genug. Glaube du doch an Zoroaster oder Konfuzius, an Moses oder Mahomed, an den Papst, Luther oder Calvin, das gilt mir gleich; wenn du nur an eine fremde Vernunft glaubst, Aber du willst selbst Vernunft haben, und das werde ich nie leiden. Sei unmündig, sonst wächsest du mir zu Kopfe.‘ – Ich will nicht etwa sagen, daß man die Juden um ihres Glaubens willen verfolgen solle, sondern daß man überhaupt niemand deswegen verfolgen solle.
Ich weiß, daß man vor verschiednen gelehrten Tribunalen eher die ganze Sittlichkeit, und ihr heiligstes Produkt, die Religion, angreifen darf, als die jüdische Nation. Denen sage ich, daß mich nie ein Jude betrog, weil ich mich nie mit einem einließ, daß ich mehrmals Juden, die man neckte, mit eigner Gefahr und zu eignem Nachteil in Schutz genommen habe, daß also nicht Privatanimosität aus mir redet. Was ich sage, halte ich für wahr; ich sagte es so, weil ich das für nötig hielt: ich setze hinzu, daß mir das Verfahren vieler neuerer Schriftsteller in Rücksicht der Juden sehr folgewidrig scheint, und daß ich ein Recht zu haben glaube, zu sagen, was und wie ich's denke. Wem das Gesagte nicht gefällt, der schimpfe nicht, verleumde nicht, empfindle nicht, sondern widerlege obige Tatsachen.“

In seiner 1794 erschienen Streitschrift „Eisenmenger der Zweite“ polemisierte Saul Ascher gegen die antijüdischen Äußerungen Fichtes, dem er den Namen des seinerzeit bekannten Judenfeindes Johann Andreas Eisenmenger, dem Autor der Schrift „Entdecktes Judentum“, zulegte. Mit Fichte sei eine neue Dimension des säkularen Judenhasses zu verzeichnen. Andererseits lernte Fichte mit David Veit einen Vertreter der jüdischen Haskala kennen und schätzen.

Fast durch alle Länder von Europa verbreitet sich ein mächtiger, feindselig gesinnter Staat, der mit allen übrigen im beständigen Krieg steht, und der manchmal fürchterlich schwer auf die Bürger drückt: es ist das Judentum!

Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters (1806)

In den „Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters“ entwickelt Fichte Ansichten zu einer Geschichtsphilosophie. Im Vordergrund steht ein Entwicklungsmodell, das die Geschichte in fünf Epochen unterteilt, wobei Fichte seine eigene Epoche als das „Zeitalter der vollendeten Sündhaftigkeit” verstand, während die Grundzüge die künftigen Epochen einleiten sollten. Diese Epochenentwicklung vollziehe sich in folgenden Stufen: 1. Instinktive Vernunft; 2. Äußerlich erzwungene, jedoch nicht überzeugende Autorität; 3. Emanzipation von jeder äußeren Autorität („vollendete Sündhaftigkeit”); 4. Rückkehr der freien, innerlichen Vernunft und 5. Verwirklichung der freien, innerlichen Vernunft in allen äußeren Lebensbereichen.

Reden an die deutsche Nation (1808)

Die „Reden an die deutsche Nation“ verstehen sich als Fortsetzung der „Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters“. In den Reden ruft Fichte im Bereich der Bildung zu einer Nationalerziehung nach Pestalozzischem Vorbild auf, die das menschliche Verhältnis zur Freiheit in der Vernunft- und Werterziehung verankern soll.

Fichte an jeden Deutschen

Recht bekannt ist Albert Matthais Gedicht „Fichte an jeden Deutschen“, das fälschlicherweise oft Fichte zugeschrieben wird, durch dessen „Reden an die deutsche Nation“ Matthai aber inspiriert wurde.[6]

Fichte an jeden Deutschen

Du sollst an Deutschlands Zukunft glauben,
an Deines Volkes Aufersteh'n.
Laß diesen Glauben Dir nicht rauben,
trotz allem, allem was gescheh'n.
Und handeln sollst Du so, als hinge
von Dir und Deinem Tun allein
das Schicksal ab der deutschen Dinge
und die Verantwortung wär' Dein.

Zitate

  • „Es hängt von euch ab, ob ihr das Ende sein wollt und die letzten eines nicht achtungswürdigen und bei der Nachwelt gewiß sogar über die Gebühr verachteten Geschlechts, bei dessen Geschichte die Nachkommen, falls es nämlich in der Barbarei, die da beginnen wird, zu einer Geschichte kommen kann, sich freuen werden, wenn es mit ihnen zu Ende ist, und das Schicksal preisen werden, daß es gerecht sei; oder ob ihr der Anfang sein wollt und der Entwicklungspunkt einer neuen, über alle eure Vorstellungen herrlichen Zeit, und diejenigen, von denen an die Nachkommenschaft die Jahre ihres Heils zähle. Bedenkt, daß ihr die letzten seid, in deren Gewalt diese große Veränderung steht.“
  • „Keine Nation, die in diesen Zustand der Abhängigkeit herabgesunken, kann durch die gewöhnlichen und bisher gebrauchten Mittel sich aus demselben erheben. War ihr Widerstand fruchtlos, als sie noch im Besitze aller ihrer Kräfte war, was kann derselbe sodann fruchten, nachdem sie des größten Teiles derselben beraubt ist? Was vorher hätte helfen können, nämlich wenn die Regierung die Zügel kräftig und straff angehalten hätte, ist nun nicht mehr anwendbar, nachdem diese Zügel nur noch zum Scheine in ihrer Hand ruhen und diese ihre Hand selbst durch eine fremde Hand gelenkt und geleitet wird.“ zitiert in: „Die Herrschaft der Minderwertigen
  • „Ein beruhigender Trost für den Freund der Menschen und der Wahrheit, wenn er dem offenen Kriege des Lichtes mit der Finsternis zusieht. Das Licht siegt endlich gewiß – die Zeit kann man freilich nicht bestimmen, aber es ist schon ein Unterpfand des Sieges, und des nahen Sieges, wenn die Finsternis genötigt ist, sich in einen öffentlichen Kampf einzulassen. Sie liebt das Dunkel; sie hat schon verloren, wenn sie gezwungen ist, an das Licht zu treten.“ zitiert in: „Einige Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten“ (Zweite Vorlesung)

Werke (Auswahl)

Johann Gottlieb Fichte - Die grosse Rede über Volk und Vaterland (1942).jpg
  • Die Wissenschaftslehre, Fichtes Hauptwerk, wurde von ihm mehrfach überarbeitet
  • Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre (1794/1795)
  • Versuch einer neuen Darstellung der Wissenschaftslehre (1797/98)
  • Einige Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten (1794) PDF-Datei
  • Grundlage des Naturrechts (1796) (PDF-Dateien: Band 1, Band 2)
  • System der Sittenlehre (1798)
  • Appellation an das Publikum über die durch Churf. Sächs. Confiscationsrescript ihm beigemessenen atheistischen Aeußerungen. Eine Schrift, die man zu lesen bittet, ehe man sie confsicirt (1799)
  • Der geschlossne Handelsstaat. Ein philosophischer Entwurf als Anhang zur Rechtslehre und Probe einer künftig zu liefernden Politik (1800) PDF-Datei
  • Die Bestimmung des Menschen (1800)
  • Friedrich Nicolais Leben und sonderbare Meinungen (1801)
  • Philosophie der Maurerei. Briefe an Konstant. (1802/03)
  • Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters (1806) PDF-Datei
  • Die Anweisung zum seligen Leben oder auch die Religionslehre (1806)
  • Reden an die deutsche Nation (1807/1808) PDF-Datei
  • Das System der Rechtslehre (1812) HTML-Version
  • Über die einzig mögliche Störung der akademischen Freiheit (1905) PDF-Datei
  • Versuch einer Kritik aller Offenbarung HTML-Version
  • Die Staatslehre PDF-Datei
  • Die Thatsachen des Bewusstseyns, Vorlesungen PDF-Datei
  • Ein Evangelium der Freiheit PDF-Datei
  • Grundriss des eigenthümlichen der Wissenschaftslehre PDF-Datei
  • Werke in Auswahl auf archive.org

Ausgaben

  • Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 40 Bände. Hrsg. von Reinhard Lauth, Erich Fuchs und Hans Gliwitzky, Stuttgart- Bad Cannstatt 1962 ff. ISBN 3-7728-0138-2
  • Fichte im Kontext. Werke auf CD-ROM. Berlin ³2002, ISBN 3-932094-25-5
  • Werke in 2 Bänden. Hrsg. Wilhelm G. Jacobs, Peter L. Oesterreich, Frankfurt a. M. 1997. ISBN 978-3-618-63073-9

Siehe auch

Literatur

Verweise

Fußnoten

  1. vgl. Höffe, Otfried: Klassiker der Philosophie, 2. Bd., München 2008, S.32
  2. vgl. Höffe, Otfried: Klassiker der Philosophie, 2. Bd., München 2008, S.36
  3. vgl. Höffe, Otfried: Klassiker der Philosophie, 2. Bd., München 2008, S.37
  4. vgl. Höffe, Otfried: Klassiker der Philosophie, 2. Bd., München 2008, S.38
  5. vgl. Höffe, Otfried: Klassiker der Philosophie, 2. Bd., München 2008, S.38
  6. http://www.peter-rathay.de/Lieder/LiedTexte/deutschland_lied.html