Geibel, Emanuel
Franz Emanuel August Geibel, seit 1852 von Geibel ( 17. Oktober 1815 in Lübeck; 6. April 1884 ebenda), war ein deutscher Dichter und Burschenschafter. Er hat sich durch „treue vaterländische Begeisterung, Reinheit und Wärme der Empfindung wie künstlerische Pflege der Form ausgezeichnet“ und wurde in der „zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgreichster deutscher Lyriker“.[1]
Inhaltsverzeichnis
Leben
Auf dem Gymnasium „Katharineum“ in Lübeck erhielt Geibel eine gründliche und vielseitige Schulbildung, bei der die klassischen Sprachen im Mittelpunkt standen. Auf Wunsch seines Vaters, eines reformierten Predigers, studierte er Theologie und Philosophie, um dann als Erzieher in Athen zu wirken. Dabei erlangte er mittels einer käuflichen Promotion in absentia einen Doktortitel, der aufgrund dessen aber keine Bedeutung hatte.
Später stieg der Dr. phil. habil. zum Professor für Ästhetik und Poetik an der Universität München auf (1851) und wurde geadelt. Geibel wurde der eigentliche Begründer des Münchener Dichterkreises, der in bewußtem Gegensatz zum Jungen Deutschland und zu der erstarkenden Literatur des Realismus einem klassizistisch-idealistischen Kult der schönen Form huldigte. Schließlich ging er wieder in seine Heimatstadt Lübeck zurück.
Geibels politische Lyrik mit national-konservativem Charakter nahm ihren Ausgang mit einer dichterischen Kampfansage an Georg Herwegh. Er begleitete als Gegner des politischen Radikalismus und als nationaler Sänger mit seinen Dichtungen die politische Entwicklung des deutschen Volkes bis zur Einigung durch Otto von Bismarck.
Er begleitete auch den Alldeutschen Verband geistig, und aus seinem Gedicht „Deutschlands Beruf“ (1861) wurde die Zeile ganz besonders bekannt, die mit als Überschrift für das Wollen und Wirken des Alldeutschtums gelten kann und in diesem Zusammenhang immer wieder genannt wurde:
- „Und es mag am deutschen Wesen einmal noch die Welt genesen!“
Wirken
Zu seinem Wirken heißt es:[2]
- „Emanuel Geibel, geb. den 18. Oktober 1815 zu Lübeck, widmete sich in Bonn und Berlin (1835–38) philologischen Studien, versah 1838–40 eine Hauslehrerstelle in Griechenland beim Fürsten Kantakazi, 1841–42 gewährte ihm die Gastfreundschaft des Freiherrn Karl von der Malsburg in Escheberg bei Cassel sorgenfreie Muße; von da ab wurde er durch eine ihm von König Friedrich Wilhelm IV. bewilligte lebenslängliche Pension in den Stand gesetzt, sorgenlos seinem poetischen Schaffen zu leben; er blieb in Lübeck bis er 1852 vom König Maximilian II. zum Ehrenprofessor der Universität und als Vorleser berufen wurde. Hier blieb er der Mittelpunkt des Münchener Dichterkreises, bis ihn seine politische Überzeugung veranlaßte, nach dem Tode des Königs Max seine Stellung in Bayern aufzugeben. Er kehrte in seine Vaterstadt Lübeck zurück (1868), deren Ehrenbürger er wurde. Hier starb er am 16. April 1884. Geibel verfolgt die Entwicklung der deutschen Verhältnisse durch die Wirrsale der Politik als begeisterter Herold in seinen formschönen Gedichten, die namentlich auf die deutsche Jugend von großem Einflusse waren. Treu hielt er an dem nationalen Gedanken fest, auch in Zeitstürmen, in denen andere Patrioten an einer nationalen Lösung verzagten.“
Leben und Schaffen
Kurze Einführung in Leben und Schaffen aus dem Buch „Deutsche Geisteshelden – Aus dem Leben deutscher Dichter“:[3]
Geibel und Preußen
Nicht nur der spätere bayerische König Maximilian II. war ein Bewunderer Geibels, auch Friedrich Wilhelm IV. galt als solcher. Er bewilligte dem Dichter ein lebenslanges Jahresgehalt von 800 Thalern. Geibel zeigte seine Freude mit dem Dankgedicht „An den König von Preußen“, nahm auch beim Thema „Deutscher Dualismus“ Stellung und unterstützte das Königreich Preußen im Deutsch-Dänischen Krieg (er jubelte ob des preußischen Sieges an den Düppeler Schanzen mit dem Gedicht „Siegeslied von Düppel“) und im Deutschen Bruderkrieg.
Die letzten Jahre
Nach dem Tode seines Schirmherrn und Förderers König Maximilian 1864 zerfiel der „Münchener Kreis“. Ein Begrüßungs- und Huldigungsgedicht von Geibels auf den preußischen König Wilhelm I. (bei dessen Besuch in Lübeck am 13. September 1868) führte am 14. Oktober 1868 durch königlichen Kabinettsbefehl zur Kündigung des bayerischen Ehrensolds durch Ludwig II. Geibel erhielt dafür am 5. November 1868 ein Gnadengehalt (einen lebenslangen Ehrensold von tausend Thalern) des Königs von Preußen; die dabei in Aussicht gestellte Universitätsprofessur kam jedoch nicht zustande. Geibel hatte seine unitarische Hoffnung kundgetan, der Preußenadler möge bald „übers Reich ununterbrochen vom Fels zum Meer“ ziehen. Am 19. Oktober 1868 erbat Geibel in einem würde- und ehrfurchtsvollen Schreiben vom König die Enthebung von seiner Ehrenprofessur und als Capitular des Maximilianordens.
Als „Reichsherold“ war er der Reichsidee fest verpflichtet, hierfür wurde er gefeiert und mit dem Ehrenbürgerrecht ausgezeichnet. Er lebte von 1868 an wieder beständig in Lübeck, wo er verstarb. Den Titel „von“ des bayerischen Personaladels führte er nun nicht mehr.
Tod
Von Geibel verstarb nach langer, schwerer Krankheit am 6. April 1884 in Lübeck. Dort hatte er zusammen mit seinem Freund Heinrich Schunck einen belletristischen Lesezirkel geleitet. Trauerfeier und Trauerzug erreichten in der Hansestadt weder vorher noch nachher je wieder vergleichbare Dimensionen. Die Gedächtnisrede hielt sein Schwager Ludwig Trummer, Hauptpastor der Petrikirche, am Sarge in der Marienkirche. Geibels Grabstelle befindet sich auf dem Burgtorfriedhof. Die Beisetzung dort leitete sein Neffe, Pastor Heinrich Lindenberg. Am 18. Oktober 1889 wurde der heutige Koberg im Stadtzentrum, damals Kaufberg, in Geibelplatz umbenannt und darauf ein Denkmal eingeweiht.
Familiäres
Ein Enkel Emanuel Geibels war der Schauspieler Jürgen Fehling.
Gedichte und Sprüche
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Kornblumen
- Kornblumen flecht' ich dir zum Kranz
- Ins blonde Lockenhaar.
- Wie leuchtet doch der blaue Glanz
- Auf goldnem Grund so klar!
- Der blaue Kranz ist meine Lust;
- Er sagt mir stets auf’s neu,
- Wohl keine sei in tiefster Brust
- Wie du, mein Kind, so treu.
- Auch mahnt sein Himmelblau zugleich
- Mich heimlich süßer Art,
- Daß mir ein ganzes Himmelreich
- In deiner Liebe ward.
Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)
- Erhebung in den bayerischen Personaladel 1852
- Ehrenprofessur an der Universität München für deutsche Literatur und Ästhetik (Poetik) von König Maximilian II., 1852
- Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst, 1852
- Am 9. Dezember 1868 wurde Geibel Ehrenbürger der Stadt Lübeck.
- Schiller-Preis (Preußen), 1869
- Am 18. Oktober 1889 errichtete man ein Denkmal in Lübeck auf dem Geibelplatz, das von Hermann Volz geschaffen wurde.
- Die 1920 gegründete Dritte Mädchenschule Lübecks wurde 1934 in Emanuel-Geibel-Mittelschule umbenannt; seit 1960 heißt sie Emanuel-Geibel-Realschule.
- 1894 wurde in Wien Rudolfsheim-Fünfhaus (15. Bezirk) die Geibelgasse nach ihm benannt.
- In Kiel-Schreventeich wurden 1900 sowohl die Geibelallee als auch der Geibelplatz nach ihm benannt.
- Emanuel-Geibel-Straßen oder Geibelstraßen gibt es u. a. in Bremen-Findorff, Bremerhaven-Lehe, Büdelsdorf, Dinslaken, Diedelsheim, Duisburg, Erfurt, Flensburg, Hamburg, Hannover, Leipzig, Norderstedt, Reutlingen, Speyer und Wiesbaden.
Siehe auch
Werke
- Gedichte (1840) auf zeno.org
- Zeitstimmen (1841) auf zeno.org (PDF-Datei)
- König Roderich (1844) (PDF-Datei)
- Zwölf Sonette für Schleswig-Holstein (1846) auf zeno.org
- Juniuslieder (1848) auf zeno.org, PDF-Datei
- Spanisches Liederbuch (1852), PDF-Datei
- Meister Andrea (1855) (PDF-Datei)
- Neue Gedichte (1856) auf zeno.org
- Brunhild (1857) (PDF-Datei)
- Romanzero der Spanier und Portugiesen; Stuttgart 1860 gemeinsam mit Adolf Friedrich von Schack (PDF-Datei)
- Die Loreley; Hannover 1861 (PDF-Datei)
- Fünf Bücher französischer Lyrik (1862) (PDF-Datei)
- Gedichte und Gedenkblätter (1864) auf zeno.org
- Sophonisbe (1868) (Netzbuch und einzelne Seiten als PDF-Dateien speicherbar)
- Heroldsrufe (1871) auf zeno.org (PDF-Datei)
- Spätherbstblätter (1877) auf zeno.org (PDF-Datei)
- Gedichte von Emanuel Geibel (1855) (PDF-Datei)
- Gesammelte Werke (PDF-Dateien):
- Emanuel Geibels Jugendbriefe; Berlin 1909 (PDF-Datei)
- Der Briefwechsel von Emanuel Geibel und Paul Heyse; München 1922 (PDF-Datei)
Bekannte Dichtungen
- Türmerlied, 1840 auf zeno.org
- Der Mai ist gekommen, 1841
- An Georg Herwegh, 1842 auf zeno.org
- Protestlied für Schleswig-Holsteiner, 1846 auf zeno.org
- Deutschlands Beruf, 1861 auf zeno.org
- Das Lied von Düppel, 1864 auf zeno.org
- Deutsche Siege, 1870 auf zeno.org
Literatur
- Stephan Waetzoldt: Emanuel Geibel (1885) (PDF-Datei)
- Wilhelm Scherer: Emanuel Geibel (1884) (PDF-Datei)
- Arno Holz: Emanuel Geibel: Ein Gedenkbuch (1884) (PDF-Datei)
- Carl Conrad Theodor Litzmann: Emanuel Geibel, aus Erinnerungen, Briefen und Tagebüchern (1887) (PDF-Datei)
- Karl Theodor Gaedertz:
- Johannes Weigle: Emanuel Geibels Jugendlyrik, Marburg: Univ. Diss. 1910
- Wilhelm Stahl: Emanuel Geibel und die Musik, Verlag Karl Curtius, Berlin 1919
- Heinrich Schneider: Die freundschaftliche Begegnung Heinrich Leutholds und Emanuel Geibels im Münchener Dichterkreis, Lübeck 1961 (PDF-Datei)
- Adolph Kohut: Emanuel Geibel als Mensch und Dichter, Berlin 1915 (PDF-Datei)
- Wilhelm Deecke: Aus meinen Erinnerungen an Emanuel Geibel, Weimar 1885 (PDF-Datei)
Verweise
- Geibel, Emanuel von, in: „Neue Deutsche Biographie“ 6 (1964), S. 139 f.
- Geibels Heroldsrufe
- Gedichte von Emanuel Geibel auf zeno.org