Remlinger, Heinrich (1882)
Heinrich Gottlob Remlinger ( 19. März 1882 in Poppenweiler bei Ludwigsburg; ermordet 5. Januar 1946 in Leningrad) war ein deutscher Unteroffizier der Württembergischen Armee und des Deutschen Heeres sowie Offizier der Reichswehr und der Wehrmacht, zuletzt Generalmajor des Heeres und Stadtkommandant im Zweiten Weltkrieg.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Chronologie
- Eintritt in das Heer am 2. Oktober 1902
- Von 1905 bis 1906 an der Kavallerie-Unteroffiziersreitschule des Königlich Preußischen Militär-Reit-Instituts in Hannover[1]
- Erster Weltkrieg
- Am 22. August 1914, als er nur kurze Zeit an der Front war, barg Remlinger eigenhändig seinen Regimentskommandeur Oberstleutnant Wilhelm Freiherr von Gültlingen ( 9. Januar 1867 in Ludwigsburg) vom Schlachtfeld, da dieser bei Ethe während des ersten Gefechtes des Ulanen-Regimentes schwer verwundet wurde.[2][3] Hierfür erhielt Remlinger das Eiserne Kreuz, II. Klasse.
- Schlacht um die Maas-Übergänge, 28. August bis 1. September 1914
- Kämpfe im Argonnerwald, 25. September bis 31. Dezember 1914
- Stellungskämpfe vor Ypern, 10. Januar bis 8. Juli 1916
- u. a. Teilnahme an der Schlacht an der Somme, mehrfache Verwundung, zahlreiche Tapferkeitsorden
- 15.3.1919 Führer der Sicherungs-Eskadron, Ulm
- 25.7.1919 im Württembergischen Reichswehr-Kavallerie-Regiment 13 der Reichswehr-Brigade 13, Stuttgart
- 1.5.1920 im Reiter-Regiment 18
- 1.4.1924 in der 1. Eskadron/Reiter-Regiment 18 (Ludwigsburg) [laut Stellenbesetzung]
- 1.11.1924 Chef der 1. Eskadron/Reiter-Regiment 18 (Ludwigsburg)
- 1.5.1927 Chef der Ausbildungseskadron des Reiterregiments 18 (Stuttgart) [laut Stellenbesetzung]
- 1.4.1929 im Stab der 3. Kavallerie-Division (Weimar)
- 1. bis 27.5.1929 Lehrgang an der Pionierschule
- 13.10. bis 14.11.1931 Fahr- und Gerätelehrgang
- 1.10.1934 im Stab der „Leichten Division“ (Umbenennung zur Umgliederung)
- Am 1.10.1934 entstand aus der 3. Kavallerie-Division eine „Leichte Division“ (zeitweise auch als „Schnelle Division“ bezeichnet). Daraus wurde im Oktober 1935 in Weimar die 1. Panzer-Division.
- 1.7.1935 im Stab der Kommandantur von Neustettin
- 15.10.1935 im Stab der Heeresdienststelle 1 (Neustettin)
- 15.4.1936 Kommandant des Militärgefängnisses Torgau
- 10.11.1938 Kommandant des Wehrmachtgefängnisses Torgau
- Vorgänger war Adolf Pogede, Nachfolger Alfred Nüske
- 1.2.1943 Führerreserve OKH
- 15.2.1943 Stellvertretender Militärbefehlshaber in Frankreich (stv. MBF) unter Carl-Heinrich von Stülpnagel
- 10.5.1943 Kommandeur der Feldkommandantur 186[4]
- Gefangennahme durch die Rote Armee am 15. Februar 1945 in Budapest
Stadt- bzw. Standortkommandant
- Standortkommandant 241 in Pleskau ab dem 21. September 1943
- Pleskau fiel am 23. Juli 1944 und wurde von der Roten Armee besetzt.
- Standortkommandant 241 in Budapest
- Nach mehreren Quellen, insbesondere russischen, war Remlinger Stadtkommandant von Budapest. Militärhistorisch gesichert ist, daß SS-Obergruppenführer Karl Pfeffer-Wildenbruch ab Anfang Dezember 1944 Festungskommandant von Budapest war. Kommandant der Stadt – zuständig für ungarische Belange und Wildenbruch unterstellt – war Generaloberst Iván Hindy, Träger des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub, Schwertern und Brillanten. Es erscheint plausibel, daß Remlinger vom Juli 1944 bis zum Eintreffen Wildenbruchs Stadt- bzw. Festungskommandant war, sich dann aber während der Schlacht um Ofen-Pest als Standortkommandant dem neuen Kommandanten General Wildenbruch unterstellen mußte.
Gerichtsfarce und Ermordung
Stalin inszenierte im Dezember 1945, also noch während der Nürnberger Prozesse, einen Schauprozeß in Leningrad gegen die angeblich Verantwortlichen für das Massaker von Katyn (nach einem KGB-Memorandum von Februar 1959 21.857 Menschen liquidiert). Um zu vertuschen, daß die Sowjets im Rahmen der Stalinschen Säuberungen massenhaft Polen abgeschlachtet haben, mußten gefangengenommene und wehrlose deutsche Offiziere und Soldaten herhalten.
Zwischen dem 28. Dezember 1945 und dem 4. Januar 1946 wurde in Leningrad vor dem Militärtribunal des Leningrader Militärbezirks im Gebäude des Wyborger Kulturhauses verhandelt. Jeden Tag nur wenige Stunden, von den angeblich Tausenden Protokollen und Schriftstücken wurden den Angeklagten nur einzelne vorgelegt. Erbeutete deutsche Dokumente wurden nicht übersetzt, die Militärrichter interessierten sich ohnehin nicht dafür. Die Angeklagten waren schwach, ausgemergelt und trugen die Zeichen monatelanger schlimmster Folter im Gesicht. Sie erhielten keine Uniformen oder Zivilkleidung, sondern mußten verschlissene Eisenbahnerarbeitskleidung tragen.
Die Verteidiger der Deutschen, wie dies schon der Schauprozeß von Charkow 1943 vormachte, waren reine Statisten, die kaum ein Wort mit ihren Mandanten wechselten, die Zeugen (vorwiegend Frauen und Kinder), berichteten Schauderhaftes und erkannten natürlich die Deutschen als Täter. Stellungnahmen der Angeklagten wurden nicht übersetzt, außer es handelte sich um ein Eingeständnis. Am achten Verhandlungstag hörte das Tribunal genug, die wenigen Medienvertreter waren zufrieden, alle elf Angeklagten wurden schuldig gesprochen. Remlingers und Wieses lautes „nicht schuldig“ ging unter, die anderen waren zu eingeschüchtert, um noch zu sprechen.
Angeklagte
Vor dem Militärtribunal standen als Sündenböcke:
- Generalmajor Heinrich Remlinger ( 1882)
- Franz Kadell nennt Generlamajor Remlinger in seinem Werk Katyn – Das zweifache Trauma der Polen Hauptmann Heinrich Remmlinger, dies kann nur ein Produkt schlechter Recherche sein, denn auch andere Namen schreibt er falsch, so z. B. Düre statt Diere und Herbard Janike statt Gerhard Janicke.
- Hauptmann Karl Herrmann Strüffling ( 1912 in Rostock), Chef der 2. Kompanie des II. Bataillons z. b. V. der 21. Luftwaffen-Felddivision (Feld-Division 21 [L])
- Oberleutnant Franz Wiese ( 1909), Chef der 1. Kompanie des II. Bataillons z. b. V. der 21. Luftwaffen-Felddivision (20 Jahre GULag)
- Leutnant Eduard Sonnenfeld ( 1911 in Hannover), Führer des Pionierzuges 322/Grenadier-Regiment 322 der 285. Sicherungs-Division bzw. 281. Infanterie-Division.[5]
- Oberfeldwebel Fritz Engel ( 1915 in Gera), Zugführer in der 2. Kompanie/II. Bataillon z. b. V. der 21. Luftwaffen-Felddivision
- Oberfeldwebel Ernst Böhm ( 1911 in Oschersleben), Zugführer im II. Bataillon z. b. V. der 21. Luftwaffen-Felddivision
- Feldwebel Erich Paul Vogel, Zugführer in der 1. Kompanie/II. Bataillon z. b. V. der 21. Luftwaffen-Felddivision (20 Jahre GULag)
- Obergefreiter Erwin Skotki ( 1919), 2. Kompanie/II. Bataillon z. b. V. der 21. Luftwaffen-Felddivision
- Soldat Gerhard Janicke ( 1921 in Kappe), 2. Kompanie/II. Bataillon z. b. V. der 21. Luftwaffen-Felddivision
- Soldat Erwin Ernst Geherer ( 1912), 2. Kompanie/II. Bataillon z. b. V. der 21. Luftwaffen-Felddivision
- Soldat Arno Diere ( 1920), 1. Kompanie/II. Bataillon z. b. V. der 21. Luftwaffen-Felddivision (15 Jahre GULag)
Urteil
Das Militärtribunal erfand hanebüchene Anschuldigungen, um das schon vor der Verhandlung feststehende Urteil zu rechtfertigen. Das Urteil vom 4. Januar 1946 (aus dem Russischen übersetzt), in welchem „Frauen und Kinder“ möglichst oft wiederholt wird, würde satirisch anmuten, wenn es nicht um Leben und Tod gehen würde. Das NKWD feierte einen Sieg der Kriegspropaganda:
- „Remlinger befahl 14 Vernichtungseinsätze, in deren Verlauf einige hundert Ortschaften und Dörfer im Gebiet Pleskau niedergebrannt und 8.000 Sowjetbürger, vor allem Frauen und Kinder, umgebracht wurden. In den Siedlungen Karamyschew und Pikalicha wurden jeweils über 200 Bürger in Gebäuden zusammengetrieben und danach bei lebendigem Leibe verbrannt. Strüffling erschoß im Gebiet Ostrow 25 Menschen, erteilte seinen Unterstellten den Befehl, 10 bis 13 Jahre alte Kinder zu erschießen und erschoß eigenhändig 200 Menschen. Engel brannte mit seinem Zug 7 Siedlungen nieder, erschoß 80 Menschen und verbrannte in Häusern und Scheunen etwa 100 Personen. Es ist bewiesen, daß Engel eigenhändig 11 Frauen und Kinder umbrachte. Böhm brannte mit seinem Zug insgesamt 10 Ortschaften nieder, er erschoß etwa 60 Menschen und brachte eigenhändig 6 weitere Menschen um. Janicke brachte in dem Dorf Malyje Ljuzi 88 Menschen um, indem er sie in Scheunen und anderen Gebäuden zusammentrieb, die danach von ihm in Brand gesetzt wurden. Geherer war an der Vernichtung von 23 Dörfern und an der Erschießung von 100 Menschen – zum großen Teil Frauen und Kinder – beteiligt. Skotki war an der Exekution von 150 Personen, an der Zerstörung mehrerer Dörfer und an der Brandschatzung von 200 Häusern beteiligt. Sonnenfeld brannte mit seiner Einheit mehrere Dörfer nieder und nahm persönlich an mehreren Exekutionen teil. Auf sein Konto geht der Tod von 200 Menschen.“
Remlinger, Strüffling, Engel, Böhm, Janicke, Geherer, Skotki und Sonnenfeld wurden zum Tode durch den Strang verurteilt, Vogel, Wiese und Diere wurden zu 20 bzw. 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Ob sie alle die Tortur als deutsche Zwangsarbeiter im GULag überlebten, ist unbekannt. Nur von Diere, der bewußt von der Anklage der Nürnberger Prozesse nicht als Zeuge angefordert wurde, wird noch einmal berichtet, als er am 29. November 1954 sein Katyn-„Schuldbekenntnis“ zurücknimmt und angibt, er sei gefoltert worden und habe dann vor Gericht das ausgesagt, was die Verhöroffiziere des russischen Geheimdienstes ihm befohlen haben.
Tod
Bolschewistische Mordorgie vor der grölenden Menge
Am 5. Januar 1946 wurden die acht hehren deutschen Soldaten auf dem Kalinin-Platz in Leningrad vor dem Kinotheater „Gigant“ ermordet. Wie Vieh wurden die Männer in der eisig kalten Luft auf den Platz gefahren. Noch auf der Ladefläche der LKWs wurde ihnen der Strick angelegt, die Fahrzeuge fuhren los, und acht deutsche Soldaten rangen minutenlang mit dem qualvollen Tod. Manche Quellen geben an, daß Remlinger ggf. erst im Juli 1946 in Pleskau gehängt wurde, dies erscheint jedoch wenig plausibel.
Filmbeitrag: Das Verbrechen als Propagandafilm
Rehabilitation
Trotz zahlreicher veröffentlichter Appelle an Helmut Schmidt, Angela Merkel und weitere aus aller Welt wurden die deutschen Opfer der Siegerjustiz und des Massakers bis heute nicht rehabilitiert.[6]
Familie
Heinrich war der Sohn des gleichnamigen Werkmeisters Heinrich Remlinger ( 17. Dezember 1917) und dessen Frau Pauline, geb. Berner ( 15. Januar 1885). Am 5. November 1912 heiratete Wachtmeister Remlinger seine Verlobte Emilie Bächtle, aus der Ehe sind zwei Söhne entsprossen: Heinrich (zuletzt Oberst und Kampfkommandant der Festung Schneidemühl) und Alfred ( 9. Oktober 1919 in Ulm). Unteroffizier Alfred Remlinger ist am 27. März 1944 bei Santa Maria Infante während der Schlacht um Monte Cassino gefallen. Ehefrau und Mutter Emilie Remlinger hatte als Folge des Krieges somit ihre ganze Familie verloren.
Auszeichnungen (Auszug)
Beförderungen (unvollständig)
- 2.10.1902 Zwölfjährig-Freiwilliger
- 3.9.1904 Gefreiter
- 1.1.1905 Unteroffizier
- 1.3.1908 Sergeant
- 15.11.1911 Wachtmeister
- 4.2.1916 Offizierstellvertreter
- 1.8.1919 Leutnant
- 1.1.1921 Oberleutnant mit Patent vom 6.6.1916
- 1.7.1922 neues Rangdienstalter (RDA) vom 7.6.1916 erhalten
- 1.4.1923 Rittmeister
- 1.7.1933 Major
- 16.3.1936 Oberstleutnant mit RDA vom 1.3.1936
- 1.8.1938 Oberst
- 1.12.1942 Generalmajor
- Eisernes Kreuz (1914), II. und I. Klasse
- II. Klasse im August 1914
- I. Klasse im Dezember 1918
- Orden der Württembergischen Krone, Ritterkreuz mit Schwertern (WK3⚔)
- Verwundetenabzeichen (1918) in Schwarz
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
- Wehrmacht-Dienstauszeichnungen
- Kriegsverdienstkreuz (1939), II. und I. Klasse
- II. Klasse am 1. Juni 1941
- I. Klasse mit Schwertern am 11. Dezember 1942
- Wiederholungsspange (1939) zum Eisernen Kreuz II. und I. Klasse (1914)
- Spange zum EK II am 25. September 1943
- Spange zum EK I im Februar 1945 (strittig)