Kilmister, Lemmy
Ian Fraser „Lemmy“ Kilmister ( 24. Dezember 1945 in Stoke-on-Trent, Staffordshire, England; 28. Dezember 2015 in Los Angeles, Kalifornien) war ein englischer Rockmusiker, Gründer der Rock-’n’-Roll-Gruppe[1] Motörhead sowie deren Sänger und Baßgitarrist. Zu seinen vorstechendsten Erkennungszeichen gehörten die markante, rauhe Stimme, die Tatsache, daß er seine elektrisch verstärkte Baßgitarre wie eine Rhythmusgitarre (Akkorde anstatt einzelner Töne) spielte und vor allem seine fundierte Sammelliebe von deutschen Orden und Ehrenzeichen (er war ein Bewunderer des Schwarzen Adlerordens und des Pour le Mérite), insbesondere der Wehrmacht, der Waffen-SS und des Nationalsozialismus (seine große Vorliebe gehörte dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes in allen Verleihungsstufen).
Inhaltsverzeichnis
Leben
Ian Kilmisters Vater war Bibliothekar sowie Pfarrer und stand als Feldgeistlicher in Diensten der englischen Armee, die das Deutsche Reich bekämpfte (Lemmy selbst gibt in Veröffentlichung an, sein Vater sei Flugzeugführer der Royal Air Force gewesen). Ian Kilmister selbst hatte keinen Militäralltag kennengelernt, jedoch interessierte er sich für Militärtechnik. Er nutzte die Freiheiten, die der britische Staat seinen Bürgern bis zum Beginn der neunziger Jahre bot und sammelte deutsche Militärandenken. Früh sprach er exzessiv dem Alkoholkonsum und dem Tabakgenuß zu. Dadurch behielt er entsprechende Krankheiten und Gesundheitsschäden zurück (Diabetes und Herzprobleme).[2][3]
Musikalisches und mediales Wirken
Lemmy Kilmister war seit Anfang der 1960er Jahre professioneller Musiker. Er lehnte Religion beziehungsweise den Glauben an einen Gott strikt ab und brachte dies auch in einigen seiner Texte zum Ausdruck.
Ihm wird nachgesagt, dem als unmusikalisch geltenden Sex-Pistols-Mitglied Sid Vicious das Baßspielen beigebracht zu haben. Eigenen Angaben zufolge hat Kilmister begonnen, ihm Baßgitarrenunterricht zu geben, den er nach drei Tagen aufgab: „Sid war ein hoffnungsloser Fall.“.
Kilmister hatte einige kleine Filmrollen, z. B. in „Airheads“, „M.A.R.K. 13 – Hardware“ als Taxifahrer oder „Eat The Rich“. Im Videoclip „Runnin’ Wild“ der Band Airbourne spielt er außerdem einen LKW-Fahrer. Im Videoclip zu „White Limo“ von den Foo Fighters spielte er einen Limousinenchauffeur. In dem Videospiel Brütal Legend sprach er die Gastrolle des „Killmasters“. Weiterhin ist er ein spielbarer Charakter im Musikspiel Guitar Hero: Metallica.
2006 gab der schwedische Paläontologe Mats E. Eriksson einem ausgestorbenen Wurm den Namen Kalloprion kilmisteri in Anlehnung an Lemmy Kilmister.
Mötorhead
Lemmy Kilmister gründete die Rockgruppe Mötorhead 1975, diese war über 40 Jahre lang aktiv. Neben Motörhead spielte er auch in der 2000 gegründeten Rockabilly-Band „The Head Cat“ und war als Autor und Produzent für andere Musiker tätig.
Die Verwendung des in der englischen Sprache nicht gebräuchlichen Buchstabens „ö“ im Gruppennamen Motörhead wird Lemmys großer Affinität zu Deutschland zugerechnet, andere Musikgruppen wie „Blue Öyster Cult“, „Mötley Crüe“ usw. haben sich ebenfalls dieses herausstechende Merkmal angeeignet.
Ian Kilmister und Ian Stuart
In den 1970er Jahren wurden Lemmy Kilmister und Ian Stuart Freunde, als sie sich bei Plattenaufnahmen in den Tonstudios der britischen „Chiswick Records“ kennenlernten.[4]
Skrewdriver (mit Ian Stuart) war Vorgruppe für Motörhead in „King George’s Hall“, einer Veranstaltungshalle in Blackburn, und Vorgruppe für bekannte Musikgruppen wie „The Police“, „The Boomtown Rats“, „Siouxsie and the Banshees“, „The Damned“, „999“ und weitere. Graham McPherson (Suggs oder Suggsy) von der Gruppe „Madness“ hatte Ian Stuart oft die Instrumente für Auftritte in London geliehen, später hatte sich McPherson von der Skinhead-Bewegung „entsagt“, brach den Kontakt zu Skrewdriver ab und wurde zum erfolgreichen Unterhaltungskünstler in England.
In einem Interview von 2008 wurde Lemmy gefragt, was er denn vom verstorbenen Ian Stuart hielt. Er lobte Ians musikalisches Talent:
- „Ich denke, wenn er seine Haare ein wenig länger hätte wachsen lassen, hätte es einen sechsten Rolling Stone gegeben.“
Lemmy Kilmister, der leidenschaftliche Sammler von Devotionalien (Memorabilia)[5] und Uniformen der deutschen Streitkräfte des Zweiten Weltkrieges und ein „anarchistischer Anti-Kommunist“,[6] war einer der wenigen früheren Weggefährten, die 1993 Blumen zur Beerdigung von Ian Stuart sandten.
Zensur in der BRD
2010 erschien der Dokumentarfilm „Lemmy“ über das Leben Ian Kilmisters. Für die deutsche Version wurden etwa 16 Minuten Filmmaterial entfernt, in denen Lemmy in seiner Wohnung in Los Angeles zu sehen ist, deren Wände mit allerlei NS-Devotionalien dekoriert sind.
„Nazi“-Vorwurf
Am 28. November 2003 veröffentlichte die Süddeutsche Zeitung ein um politische Korrektheit bemühtes Gespräch mit Lemmy, in dem er versuchte, der dargebotenen Nazikeule auszuweichen:
- „Meine Freundin in Los Angeles ist schwarz. [...] Ich lüge nicht. Sie heißt Cheryl und hat am 20. April, Führers Geburtstag, Geburtstag – ist das verrückt? Aber es ist die Wahrheit. Rassismus ist das Übel unserer Welt. Nazi sein bedeutet, daß du verloren hast, bevor du anfängst. Du kannst nicht gewinnen. Du bist nur dumm.“[7]
Tod
Ian Fraser „Lemmy“ Kilmister starb mit 70 Jahren am 28. Dezember 2015 in seiner Wahlheimat in den VSA. Nach öffentlicher Aussage seiner musikalischen Kollegen von Mötorhead soll er erst am 26. Dezember 2015 erfahren haben, daß er an einer „aggressiven Form von Krebs“ leide. Er soll in seinem Zuhause in Los Angeles in Anwesenheit seiner Familie gestorben sein.
Manche Fachkreise zweifeln jedoch die besinnliche Darstellung an. Inwieweit Alkohol, Rauschgift oder die großangekündigte Geburtstagsfeier zum 70. Geburtstag vier Tage zuvor eine Rolle spielten, bleibt im Dunkeln.
In Los Angeles nahmen Freunde, Familie und Fans Abschied von Motörhead-Sänger Lemmy Kilmister, die Beisetzung am 9. Januar 2016 wurde weltweit per „Live-Stream“ übertragen.
Zitate
- Zu Hitler: „Er spielte Klavier – ein jämmerlicher Klavierspieler. Goebbels war der Begabtere. [...] Sein Talent war seine Redekraft, das muß man anerkennen. Niemand kann das analysieren. Er war der zwingende Redner des zwanzigsten Jahrhunderts. Nach Hitlers Charisma kam nur noch Ozzy Osbourne, aber – Ozzy kann singen! Ganz Europa war voll von Faschisten, aber ihn, Hitler, packte niemand. Eine Zeit lang packte ihn niemand. Er war der Unaufhaltsame.“
- Zum Lieblingsmoment im Zweiten Weltkrieg: „Als sie Frankreich überrannten. In nur drei Wochen. Ha! Und die Franzosen waren so stolz, so selbstbewußt. Ihr Heerführer saß in einem Schloß ohne Telefon. Als die Deutschen kamen, schickten sie einen Fahrradrekruten zur nächsten Poststation.“
- Zum wertvollsten Stück seiner Andenkensammlung: „Ein Hakenkreuz-Silberbesteck, Hakenkreuz-Leinenservietten, die Originalfahnen von Hitlers Leibstandarte, Helme, Totenköpfe, Dolche aus Damaszener Stahl. Preise richten sich danach, ob Hitler das Zeug persönlich in der Hand hatte – was für ein Quatsch. Ich komme kaum noch in meine Wohnung rein, ohne über Nazikrempel zu stolpern.“
- Zu den Leiden der Kindheit: „Die Scheidung meiner Eltern. Mein Vater, Pilot der Royal Air Force, wollte ein Kind zeugen, bevor er in den Krieg zog. Ich bin, so gesehen, eine direkte Konsequenz des Kriegs.“
- Zu John Lennon im Club „The Cavern“: „Er feuerte sein Publikum mit ‚Heil Hitler‘-Rufen an – verrückter Vogel. Den Drive hatte er von den Exzessen auf der Reeperbahn mitgebracht.“
- Zu Intellektuellen: „Woran erkenne ich einen Intellektuellen? Sie kommen nicht wegen der Musik, sie leihen sich einen Teil meiner Haltung. Runter in den Krach, den Schmutz, den Krieg, weil ihre Gedanken so hochtrabend sind.“
- Zum Kater (Alkohol): „Ich kriege keinen Kater. Du mußt mit dem Trinken aufhören, um einen Kater zu bekommen. Warum aufhören? Ich mag den Geschmack. Ich werde nicht mehr betrunken.“
- Zitat über Lemmy
- „Wenn der nukleare Holocaust kommt, werden Kakerlaken und Lemmy die einzigen Überlebenden sein.“ — Volksmund
Fotogalerie
Früh übt sich ...[8]
Lemmy (re. mit Hakenkreuz-Aufnäher) mit Hawkwind, deren größten Erfolg „Silvermachine“ er schrieb und sang
So sah sich Lemmy selbst: provokativ, rebellisch, wider den Zeitgeist und wenig „politisch korrekt“.
Verweise
- Offizielle Netzpräsenz
- „Ohrstöpsel sind was für Heulsusen“, Die Welt, 4. Dezember 2012
- Lemmy Kilmister: Fakten und Trivia zur Rock-Legende, Metal Hammer, 29. Dezember 2014
- Lemmy Kilmister – Ikone der fröhlichen Selbstzerstörung, Die Zeit, 29. Dezember 2014