Prag

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Prag vom Pulverturm aus abgelichtet

Prag ist eine deutsche Reichsstadt in Böhmen und dessen Hauptstadt. Derzeit wird die Stadt tschechisch verwaltet und ist Hauptstadt der Tschechei, nachdem sie bereits 1918 dem neugeschaffenen Kunststaat Tschechoslowakei, der vor allem auf die Initiative Englands zurückging, zugeschlagen wurde. Prag war eine Zeitlang die faktische Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und lange ein Zentrum der deutschen Wissenschaft.

Altstaedter Brückenturm in Prag; Am rechten Ufer der 1357 von Peter Parler aus Schwäbisch Gmünd begonnenen Karlsbrücke, über dem Torbogen: in der Mitte der Hl. Siegismund, daneben Kaiser Karl IV. und Kaiser Wenzel IV., im 19. Jahrhundert wiederhergestellt[1]

Geschichte

St. Georgsbrunnen in Prag mit Reiterstandbild; Auf dem Hradschin, 1373 von den deutschen Meistern Georg und Martin von Klausenburg gegossen, das Pferd 1562 teilweise erneuert[1]
Pogrome von Tschechen gegen Deutsche bereits 1918
Parade der Wehrmacht auf dem Wen­zels­platz mit deutscher und tschechischer Nationalflagge
Deutsche aus Prag wurden nach Kriegsende von tschechischen Partisanen und Gardisten wahllos zusammengetrieben, abgeführt, erschlagen oder erschossen und am Straßenrand verscharrt.
Tod der Nichte“ ist ein Gemälde Herbert Smagons über die Massaker an den Deutschen 1945 in Prag im Rahmen der „Befreiung vom Nationalsozialismus“.

Gründung

Die Gründung Prags wird in der Sage der Libussa zugeschrieben. Tatsächlich jedoch bilden den Anfang die beiden uralten Burgen Wyschehrad und Prag an den beiden Ufern der Moldau. Erstere war ein Fürstensitz, zu dem später in der Premyslidenzeit die „Prah“ hinzukam. Zwischen den Burgen Hradschin und dem Wyschehrad entwickelte sich die deutsche Altstadt (Stadtrecht von 1255).

Die älteste schriftliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 928. Die Burgen erweiterten sich vor und um 1100 durch die deutschen Siedler. Diesen wurde von Sobieslaw II. der erste Freiheitsbrief erteilt. 1235 erhielt die Altstadt, 1257 die Kleinseite unterhalb des Hradschin deutsches Stadtrecht und Mauern.

Römisches-deutsches Prag

König Ottokar II. verschönerte die Stadt und baute die Königsburg auf dem Hradschin um, deren Größe und Blüte jedoch von Kaiser Karl IV. (1346–1378) begründet wurde. Dieser legte die Neustadt, anfangs Karlstadt genannt, an, zog eine Steinmauer um den Lorenzberg, Strahow und den Hradschin. 1344 legte er den Grundstein für den Veitsdom und begann den Bau der steinernen Moldaubrücke.

Karl VI. machte Prag zum Sammelplatz von Handel und Verkehr, ordnete Messen an und zog durch seine ständige Hofhaltung viele Deutsche und Welsche an. 1348 wurde von ihm die erste deutsche Universität, die Karls-Universität, gestiftet (zugleich die erste Universität nördlich der Alpen), die 1882 in eine deutsche und eine tschechische Universität geteilt wurde.

Unter Karl IV. begannen die ersten Anzeichen nationaler und religiöser Gegensätze, welche dann unter seinem Sohn, Wenzel IV., zu den hussitischen Unruhen führten. Am 30. Juli 1419 begannen diese in Prag. Im Juli 1420 scheiterte das erste deutsche Kreuzheer, und die vier Prager Artikel, das Glaubensbekenntnis der Hussiten, wurden verfaßt. Prag litt sehr unter den Parteikämpfen, und das deutsche Bürgertum der Altstadt wich, nachdem viele deutsche Professoren und Studenten schon 1409 die Stadt verlassen hatten, immer mehr der tschechisch-hussitischen Bevölkerung.

1436 unterwarf sich Prag dem Kaiser Sigmund, der am 23. August dort gekrönt wurde. Seit Georg Podiebrad und den Jagellonen Wladislaw und Ludwig (1471–1526) kam die Kleinseite, die 1420 so verwüstet worden war, daß sie einige Jahre ganz unbewohnt blieb, wieder empor und wurde der Hauptsitz der deutschen Bevölkerung.

Die vereinigte Alt- und Neustadt, Kleinseite und Hradschin bildeten dann die „drei Städte Prags“, die im Schmalkaldischen Krieg infolge ihrer Parteinahme für die aufständischen böhmischen Herren 1547 ihrer Privilegien zum großen Teil verlustig gingen. Unter den Kaisern Rudolf II. und Matthias (1567–1619) hatte die Stadt eine erneute Blütezeit. Beide residierten auf dem Hradschin, und während ihrer Regierungszeit bauten zahlreiche Vornehme ihre Paläste in der Stadt, weshalb Prag auch die „Stadt der Paläste“ genannt wurde. Während dieser Periode trat auch das deutsche und neben ihm das italienische Element in der Bevölkerung wieder stärker hervor.

Während des Dreißigjährigen Krieges wurde im Jahre 1621 am Altstädter Ring das Strafgericht an Adeligen und Bürgern wegen der Teilnahme am Aufstand vollzogen. Es begann die gewaltsame Rekatholisierung. Das Stadtvolk verarmte infolge der Bußen, Kriegslasten und der Vertreibung oder Auswanderung der reichen Bürgerschaft. Seine verlorenen Privilegien erhielt es jedoch 1627 fast vollständig zurück.

Am 15. November 1631 wurde Prag von den Sachsen besetzt. Bereits im Mai 1632 wurde die Stadt wieder von Wallenstein eingenommen. Am 30. Mai 1635 kam dann der Friede zwischen dem römisch-deutschen Kaiser und den Kursachsen zustande.

Während des Österreichischen Erbfolgekrieges war Prag von 1741 bis 1744 von Baiern, Franzosen und Sachsen besetzt. Bekannt wurde die Schlacht bei Prag vom 6. Mai 1757. 1784 wurden die vier Prager Städte (Altstadt, Neustadt, Kleinseite und Hradschin) vereinigt, die Verwaltung wurde 1808 von Kaiser Franz I. neu organisiert.

1845 erhielt Prag die erste Eisenbahnverbindung nach Wien. 1861 ging die Gemeindevertretung in die Hände der tschechischen Majorität über. Die Deutschen wurden aus der Verwaltung und aus Ämtern immer mehr zurückgedrängt.

Preußisch-deutsches Prag

Am 8. Juli 1866 wurde das deutschösterreichische Prag von Truppen der Preußischen Armee nach deren Sieg im Deutschen Bruderkrieg besetzt und am 23. August hier der Prager Friede unterzeichnet, der dem preußisch-österreichischen Krieg ein Ende machte.

Nach dem Ersten Weltkrieg

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Stadt durch das Versailler Diktat und den sogenannten Vertrag von Saint Germain aus dem deutschen Verbund herausgerissen und zur Hauptstadt des neugegründeten Kunststaates Tschechoslowakei erklärt.

Mit tiefer Wehmut blickte Heinrich Gutberlet auf die vom Slawentum „in vandalischer Weise“ mißhandelte deutsche Stadt. Vergeblich hatte er die Lauen und Schwachen gemahnt, angesichts tschechischer und polnischer Anmaßung nicht tatenlos beiseite zu stehen. Dazu schrieb er unter anderem in seinem Gedicht „Prag“:

Die grauen Türme schau’n hernieder
Von deutschen Händen einst erschafft;
Sie singen stumme, alte Lieder
Von deutscher Kunst und Willenskraft.

Heim in Reich

Im Jahr 1939 wurde die einstige römisch-deutsche Reichsstadt Prag als Bestandteil des Protektorats Böhmen und Mähren für kurze Zeit wieder Teil des politischen Deutschlands. Reichsprotektor Heydrich hatte seinen Dienstsitz auf der Prager Burg. Neben weiteren Zwangs-Modernisierungen wurde auf den Straßen, mit nur kurzfristigen Problemen bei Omnibussen und Straßenbahnen, der Rechtsverkehr eingeführt. Auf ihn wurde jedoch, mit englischer Hilfe, ein letztendlich tödliches Attentat ausgeführt.

Zweiter Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg blieb die Stadt von Zerstörungen abgesehen von Terrorangriffen der Alliierten weitgehend verschont. Beim Prager Maiputsch 1945 begann die von Kommunisten initiierte Barbarei gegen die Deutschen und alles Deutsche.

Meuchelmorde an deutschen und estnischen Soldaten

„Die vier Fotos aus dem Stadtarchiv von Nymburk (Tschechische Republik) zeigen einen Konvoi mit Wehrmachtssoldaten, der am 9. Mai 1945 in Nymburk (40 km nordöstlich von Prag) auf der Fahrt zur bayrischen Grenze von bewaffneten Tschechen (Arbeiter aus einem Stahlwerk) und Polizisten gestoppt wurde. Unter dem Gejohle des tschechischen Straßenmobs wurden den Soldaten die Auszeichnungen und Orden von der Uniform gerissen. Einige Soldaten, die sich geweigert hatten, den Tschechen ihre Uhren oder Ehering auszuhändigen, wurden auf einen Hinterhof geführt und dort erschossen. Die anderen wurden wie Schlachtvieh auf LKWs getrieben und mit unbekanntem Ziel abtransportiert. Höchstwahrscheinlich war es eine Fahrt in den Tod, denn an diesem und den folgenden Tagen ist es in der Nähe von Nymburk zu mehrerer Massakern an Wehrmachtsangehörigen gekommen. Einem dieser Massaker ist auch der estnische Ritterkreuzträger Paul Maitla von der Estnischen Legion – 20. Waffen-Grenadier-Division der SS (estnische Nr. 1) – und sein Adjutant Kalju Tamm zum Opfer gefallen. Das Schicksal von Paul Maitla war lange ungewiss, bis 2005 einige Informationen und Fotos im Stadtarchiv von Nymburk entdeckt wurden. Die Dokumente und Fotos zeigen, dass Maitla am 9. Mai 1945 mit fünf weiteren estnischen Offizieren, unter ihnen sein Adjutant Obersturmführer Kalju Tamm, von tschechischen Kommunisten gefangen genommen und am 10. Mai in der Nähe der Ortschaft Mlada Boleslav erschossen wurde. Das deckt sich mit der Aussage des estnischen Schriftsteller und ehemaligen Untersturmführer Voldemar Madisso, der Paul Maitla und seine Männer zuletzt am Mittag des 9. Mai 1945 an einer Kreuzung vor Mlada Boleslav getroffen und noch mit ihnen gesprochen hatte. Kurze Zeit später wurden Maitla und seine fünf Gefährten auf der Straße nach Nymburk von einer Gruppe tschechischer Kommunisten gefangen genommen. Nachdem man die Männer über Stunden übel gefoltert hatte, wurden sie zusammen mit gefangenen Wehrmachtssoldaten auf einen LKW geladen und in den frühen Morgenstunden des 10. Mai 1945 in der Nähe von Nymburk erschossen. Ihre Körper wurden von den Tätern an einem unbekannten Ort verscharrt. Einziger Zeuge dieses feigen Verbrechens war der 1946 von Unbekannten in seinem Haus erschossene Ortsfotograf aus Nymburk.“Peter Hild, Facebook am 20. Juni 2019

Nachkriegszeit

Nach dem Krieg war Prag von sowjetischen Truppen besetzt und wurde wieder Hauptstadt des Kunststaates Tschechoslowakei. Die noch verbliebenen deutschen Bewohner wurden, wie dies auch in den anderen tschechischen Städten geschah (so z. B. beim zweiten Massaker von Aussig), größtenteils ermordet.

20. und 21. Jahrhundert

1992 wurde das historische Zentrum von Prag zum UNESCO-Welterbe erklärt. Seit dem Jahr 2009 wird die Karlsbrücke, die der deutsche Kaiser Karl IV. im Jahre 1357 errichten ließ, angeblich von Tschechen „restauriert“. Die Medien berichteten diesbezüglich, daß auffälligerweise mehr Steine als notwendig ersetzt wurden.

Am 1. Januar 1993 erfolgte die Selbstauflösung des Kunststaates Tschecho-Slowakei, und es entstanden wieder die beiden Staaten Tschechei und Slowakei. Prag (tsch.: Praha) ist derzeit Hauptstadt der Tschechei, die sich selbst nun gerne modernisiert „Tschechien“ nennt.

Im Veitsdom befindet sich immer noch das mittelalterliche, von Peter Parler entworfene Habsburg-Mausoleum mit unterliegender Krypta.

Einwohner

Prag hatte im Jahre 1900 fast 223.000 Einwohner, eingeschlossen die Garnison mit 7.120 Mann. Mit Einschluß der Vorstädte Karolinenthal, Zizkow, Königliche Weinberge und Smichow zählte Prag 474.897 Einwohner.

Im Jahre 1880 lebten etwa 20 % Deutsche in Prag, 1910 noch 10 % Deutsche.[2] In den 1930er Jahren hatte Prag ca. 850.000 Einwohner, davon waren 52.000 deutsch.

Prag hatte 1985 mit Umgebung 1.180.000 Einwohner.

Zitate

  • „ ... es war ein Stück sudetendeutscher Tragik, daß die Volksgruppe keinen geopolitisch überzeugenden Mittelpunkt hatte. Die Hauptstadt war eben doch Prag, das vor Jahrhunderten deutsche, noch bis 1866 im Kern des Stadtgebietes mehrheitlich deutsche Prag ...“ – Emil Franzl[3]
  • „Im 19. Jahrhundert zog es zahlreiche jüdische Familien aus den Provinzen in die Stadt.“ – Johanna von Herzogenberg[4]

Bekannte, in Prag geborene Personen

In Prag geborene Nichtdeutsche

  • Madeleine Albright (geb. 1937), jüdische Politikerin und ehemalige VS-Außenministerin
  • Karl Anton (1898–1979), tschechischer Filmregisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent
  • Thomas John Bata (1914–2008), jüdischer Unternehmer
  • Leopold Baum (1909–1946), jüdischer Publizist
  • Lippold ben Chluchim (?–1573), jüdischer Hoffaktor und Münzmeister
  • Martin Frič (1902–1968), tschechischer Filmregisseur, Drehbuchautor und Schauspieler
  • Václav Havel (1936–2011), tschechischer Schriftsteller und Politiker
  • Franz Kafka (1883–1924), jüdischer Erzähler und Romancier
  • Peter Kahane (geb. 1949), jüdischer Filmregisseur
  • Karl Kautsky (1854–1938), jüdischer Marxist, Politiker und Schriftsteller
  • Karl Lamac (1897–1952), tschechischer Filmregisseur, Drehbuchautor und Schauspieler
  • Jarmila Novotná (1907–1994), tschechische Opernsängerin und Schauspielerin
  • Johannes Urzidil (1896–1970), jüdischer Schriftsteller, Kulturhistoriker und Journalist
  • Robert Weltsch (1891–1982), bedeutender Zionist

Filmbeiträge

„Prager Barock“ (1943, Kulturfilm)

Siehe auch

Literatur

  • Ludwig Lange: Prag und seine nächsten Umgebungen in malerischen Original-Ansichten nach der Natur aufgenommen, 1841 (PDF-Datei)
  • August Ambros: Der Dom zu Prag, 1858 (PDF-Datei)
  • Alfred Woltmann: Deutsche Kunst in Prag – Ein Vortrag gehalten zu Prag am 25. November 1876 (PDF-Datei)
  • Wolfgang Wolfram von Wolmar: Prag und das Reich – 600 Jahre Kampf deutscher Studenten, 1943
  • Olga Barényi: Prager Totentanz, Schild Verlag, 1958
  • Herbert Cysarz: Prag im deutschen Geistesleben. Zehn Jahre Prag. Karolinger Verlag, 1989, ISBN‎ 978-3854180418 [112 S.]
  • Emil Franzl, Die Vertreibung Sudetenland 1945-1946, Aufstieg-Verlag, Landshut 1979, ISBN 3-7612-0149-4, Kapitel Der Todesreigen von Prag (S. 390-416)
  • Ingomar Pust: Schreie aus der Hölle ungehört. Das totgeschwiegene Drama der Sudetendeutschen, Hartmann-Verlag, Sersheim 1998 (Klappentext)
  • Franz W. Seidler: Deutsche Opfer: Kriegs- und Nachkriegsverbrechen alliierter Täter, Pour le Mérite Verlag, 2013, ISBN 978-3932381669, Kapitel Tschechische Nachkriegsverbrechen (S. 216–252)
  • Hans-Peter Storch: Der tschechische Völkermord an den Sudetendeutschen. Druffel & Vowinckel Verlag, 2017, ISBN 978-3806112566 [584 S.]
  • Jiri Padevet: Blutiger Sommer 1945 – Nachkriegsgewalt in den böhmischen Ländern, 4. Auflage 2022

Verweise

Achtung 2.png Bitte beachten Sie zu den aufgeführten Verweisen auch diesen Warnhinweis!


Mordaktionen an den Deutschen aus Prag 1945

„Sanierung“ der Karlsbrücke 2009

Quellen

  • Wenzel Wladiwoj Tomek: Geschichte der Stadt Prag, 12 Bde., 1856
  • Anton Frind: Gedenkbuch des neunhundertjährigen Jubiläums der Errichtung des Prager Bistums gefeiert im Jahre 1873, 1874
  • Joseph Erben: Statistisches Handbuch und Verwaltungsbericht von Prag und den Vororten

Fußnoten

  1. 1,0 1,1 Tore/Türme und Brunnen. Aus vier Jahrhunderten deutscher Vergangenheit, Verlag Langewiesche, Königstein im Taunus & Leipzig 1924, S. 40 (Die Blauen Bücher)
  2. Die Expansion der Tschechoslowakei 1918 gegen Deutschösterreich gegen jedes Völkerrecht
  3. Emil Franzl, Die Vertreibung Sudetenland 1945-1946, Seite 182
  4. Johanna von Herzogenberg, Die Tschechslowakei, Große Reise-Enzyklopädie Europas, Süddeutscher Verlag GmbH, München 1988, Seite 89