Wolf, Karl Hermann

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Karl-Hermann Wolf um 1897

Karl Hermann Wolf, auch Carl Hermann Wolf, (Lebensrune.png 27. Januar 1862 in Eger, Böhmen; Todesrune.png 11. Juni 1941 in Wien) war ein deutscher Burschenschafter, Schriftsteller, Herausgeber und Pressemann in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, insbesondere in Böhmen, Abgeordneter des Böhmischen Landtags, Reichsratsabgeordneter (1897), Gründer und Führer der Deutschradikalen Partei und Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung der Ersten Republik. Wolf war neben Georg Ritter von Schönerer und Franz Stein ein wesentlicher Vorkämpfer und Verteidiger des deutschen Volkstums in der k. u. k. Monarchie.

Leben

Wolf hatte einen schweren Lebensbeginn: Bereits im ersten Lebensjahr erkrankte er an Masern, wodurch er an einer lebenslangen Gehbehinderung litt. Dieses Manko verstand er jedoch später durch geistige Beweglichkeit und Mut glänzend auszugleichen.

Als Sohn eines Gymnasialdirektors im westböhmischen Eger geboren, absolvierte er das Gymnasium zu Reichenberg in Nordböhmen als Jahrgangsbester mit der Note „Durchaus vorzüglich“. Bereits dort gründete er die Pennalie Hercynia. Begabung hatte er im Fach der Klassischen Philologie, insbesondere die Gräzistik (Altgriechische Philologie) hatte es ihm angetan, und er erwarb sich außerordentliche Kenntnisse.

Prag

Seinen Neigungen entsprechend inskribierte er sich im Jahre 1880 an der Deutschen Hochschule zu Prag, der Karl-Ferdinands-Universität, für Philologie. Am 30. Oktober 1880 gründete er zusammen mit Adolf Strachnov, welcher erster Sprecher wurde, und Maturanten aus Reichenberg eine deutsche Studentenverbindung, die Akademisch Technische Burschenschaft Ghibellinia zu Prag. Mit ihren Farben Schwarz-Rot-Gold bekannte sie sich bewußt zum Deutschtum bzw. zum Deutschen Kaiserreich. Später sollte sie wegen ihrer jüdischen Mitglieder den boshaften Spitznamen „Jiddelinia“ erhalten.

Die Feindseligkeit der Tschechen gegen die Deutsche Studentenschaft zu Prag bzw. gegen das Deutschtum an sich erreichte in diesen Jahren ihren Höhepunkt und mündete in die Teilung der Karls-Universität in einen deutschen und einen tschechischen Teil.

Wenig später trat die B! Ghibellinia geschlossen der Lese- und Redehalle bei, einer Vereinigung der deutschen Studenten in Prag. Dieser 1848 gegründete deutschbewußte Zusammenschluß verfügte ob ihres intellektuellen Potentials über großes Ansehen. So zählte sie unter anderem Felix Dahn, Franz Grillparzer, Hermann von Helmholtz, Paul Heyse, Peter Rosegger, Johannes Brahms und Rudolf Virchow zu ihren Mitgliedern und Ehrenmitgliedern.

Im Jahre 1882 wurde Wolf für drei Semester Obmann der Lese- und Redehalle. Seine Rede auf dem Semestereröffnungskommers enthielt den Satz, dessen politischer Inhalt über lange Jahre Motto seines Lebens wurde:

„Das Volk steht über der Dynastie!“ (Anm.: Gemeint waren die Habsburger.)

Als daraufhin Unruhe unter den Anwesenden ausbrach, die schnell in einen Tumult ausartete, löste der anwesende Regierungsvertreter mit Polizeigewalt den Kommers auf.

Als Pressemann im völkischen Auftrag

Ein drohender Prozeß wegen Majestätsbeleidigung zwang Wolf zum Abbruch seines Studiums und zur Flucht nach Leipzig. Dort arbeitete er unter anderem am Illustrirten Konversations-Lexikon, Vergleichendes Nachschlagebuch für den täglichen Gebrauch – Hausschatz für das deutsche Volk und „Orbis pictus“ für die studirende Jugend von 1870–1882 des Leipziger Verlegers Otto Spamer mit. Während seiner Leipziger Zeit erkrankte Wolf lebensgefährlich an einer Hirnhautentzündung. Nach Ausheilung der Erkrankung fand er Beschäftigung als Hauslehrer, um sich weiterhin als Pressemann zu betätigen.

Für diese mehrere Jahre andauernde Tätigkeit wählte er erneut Gebiete, in welchen sich das Deutsche Volkstum panslawistischer Bedrohung und Überfremdung ausgesetzt sah. Vorerst arbeitete er in der überwiegend von Deutschen besiedelten Stadt Cilli in der Untersteiermark, in welcher er 1886 Redakteur der Deutschen Wacht wurde. So schrieb er damals:

„Im Norden, wo deutsche Kraft gegen tschechische Anmaßung ihre Rechte wahrt, in der Reichshauptstadt (Wien), wo der nationale Gedanke vielfach noch vergeblich an die Türen der national gleichgültigen und politisch farblosen Phäaken pocht, in den Alpentälern, wo pfäffische Herrschsucht das Volk in den Banden der Dummheit zu halten versucht, und auch bei uns, die wir im Süden der Steiermark die deutsche Wacht bilden gegen Slowenen und fanatische Finsterlinge.“
„Correspondenzkarte“ mit Karl Hermann Wolf

Danach folgten journalistische Tätigkeiten im böhmischen Reichenberg bei der Deutschen Volks-Zeitung.

Wien

1889 führte ihn sein Beruf nach Wien, wo er den Führer der Alldeutschen Bewegung Georg Ritter von Schönerer kennenlernte. Dieser mußte sich zu diesem Zeitpunkt wegen der Vorfälle in der Redaktion des Wiener Tagblatts im März 1888 politisch zurückhalten, da er zu einer viermonatigen Kerkerstrafe sowie des Verlustes des Adelstitels und des Abgeordnetenmandats für fünf Jahre verurteilt worden war.

So gründete Wolf 1890 mit der Unterstützung Schönerers die Deutschnationale Zeitung und die Ostdeutsche Rundschau. Besonders letztere erfreute sich bei den volksbewußten Deutschösterreichern größter Beliebtheit.

In dieser Zeit wurde Wolf auch in Wien als Agitator und engagierter Redner bekannt. So urteilte ein kritischer Zeitgenosse:

„Nur einer, Karl Hermann Wolf, hob sich von den übrigen auffallend und in mancher Beziehung wirklich zu seinem Vorteil ab. Ausgesprochen begabt und ein vorzüglicher Redner mit einer tiefen, wohllautenden Stimme, fand er mitunter Worte, die den Eindruck ehrlicher Überzeugung, ja echter Gefühlswärme hervorriefen und zu Herzen gingen. […] Dabei war dieser kleine, unansehnliche Mann mit dem lahmen Bein ein Raufbold von seltener Verwegenheit.“

Kampf und Sieg gegen Ministerpräsident Badeni

Eine „Correspondenzkarte“ mit den Führern der geeinigten deutschen Oppositionen (rechts außen Karl Hermann Wolf)

Nach dem Deutschen Bruderkrieg von 1866 und der Niederlage für Franz Joseph II. sah sich dieser gezwungen, den Magyaren, welche innenpolitsch mehr Autonomie forderten, durch den Ausgleich von 1867 weitere Zugeständnisse zu machen. Nun forderten auch die anderen Volksgruppen – allen voran die Tschechen und deren panslawistische Sokolbewegung – ähnliche Zugeständnisse, obgleich sich diese in Sachen Produktivität und Staatsführung in keiner Weise mit den Ungarn messen konnten.

Der Gipfel der Provokation wurde erreicht, als die Tschechen eine völlige Gleichstellung mit den Deutschen und den Magyaren forderten. Sie beriefen sich auf das böhmische Landrecht und den Grundsatz der Unteilbarkeit der böhmischen Länder und weigerten sich, den deutschen Gebieten eine Abweichung einzuräumen. Die Deutschböhmen dagegen wollten eine Aufteilung in deutsche, tschechische und gemischtvölkische Gebiete, um zu individuellen territorialen Lösungen zu gelangen.

Der aus Galizien stammende amtierende Ministerpräsident Badeni kam den verstärkten Forderungen der Volksgruppen mittels eines Sprachenerlasses nach und bezog sich auf die

„[…] innere Dienstsprache, die auch im inneramtlichen Verkehr die Behandlung mündlicher oder schriftlicher Parteianfragen und Eingaben anstatt in der bisherigen ausschließlich deutschen Behandlung in der Sprache des Vorbringers verlangte.“

Diese Bestimmung besagte, daß in Zukunft alle Beamten beide Landessprachen zu können hatten und vom 1. Juli 1901 an nur Bewerber in den Amtsdienst aufgenommen werden sollten, die beide Sprachen beherrschten. Alle bereits im Dienst stehenden Beamten mußten innerhalb von vier Jahren ihre Zweisprachigkeit nachweisen – dies jedoch auch in rein deutschen Gebieten.

Von dieser Regelung waren Böhmen und Mähren am stärksten betroffen, da dort Deutsche und Tschechen Siedlungsgebiete mit erheblicher Dichte hatten. In 77 von 216 deutschen Gerichtsbezirken kam es zu Protesten, weil die deutschen Beamten bis dato kein Tschechisch können mußten (und auch keine Notwendigkeit zum Erlernen des Tschechischen bestand) und deshalb ein Zustrom der zweisprachigen tschechischen Beamten und damit eine Unterwanderung des deutschen Beamtenapparates zu befürchten war. Auch vor und nach den sommerlichen Parlamentsfeiertagen demonstrierten wütenden Deutsche im Reichsrat in Wien, aber auch in Städten wie Graz und Prag. Die gefährlichste Staatskrise seit der Revolution von 1848 hatte begonnen.

Die Regierung fand keine Möglichkeit, um die Unruhen einzudämmen, die in Nordböhmen begannen und sich auf ganz Zisleithanien ausbreiteten. Eine wahre deutschnationale Aufstandsbewegung war ausgebrochen, die ihrem Volkszorn gegen die andauernde Unterdrückung durch die Regierung und das Herrscherhaus Ausdruck verlieh. Der Unmut wuchs dermaßen an, daß in Böhmen der Ausnahmezustand verhängt wurde.

Die Alldeutschen kanalisierten die Proteste und machten mit der Parole „Für deutsches Gebiet nur deutsche Beamte“ Druck auf die volksfeindliche Regierung in Wien. Vor allem Wolf hielt Reden vor den angefeindeten Deutschen und rief sie zur Volkstreue und Unbeugsamkeit auf. Er sprach von einem Befreiungskampf der Deutschen und rief zur Germania irredenta (Anm.: Irredenta: Eine politische Bewegung, deren Ziel es ist, abgetrennte Gebiete mit einer ethnischen Minderheit mit dem Mutterland zu vereinen) auf, was mehrfach zu Anzeigen wegen Hochverrats und Majestätsbeleidigung nach sich zog.

Weiterhin begannen die Deutschen, den Reichsrat mit Obstruktion zu blockieren. Das erklärte Ziel war es, den deutschfeindlichen Ministerpräsidenten Badeni zum Rücktritt zu zwingen.

„Correspondenzkarte“ zum Duell Karl-Hermann Wolf gegen Graf Kasimir Felix von Badeni

Wolf startete einige aufsehenerregende Aktionen im Parlament und steigerte seine – ohnehin schon scharfe – Rhetorik:

„Jetzt will man durch die polnische Geißel [Anm. gemeint war Badeni] das deutsche Volk in Österreich aus seiner Haut heraus- und in die slawische hineinpeitschen. Es sind aber noch Kerle da, die das Herz auf dem rechten Fleck haben. Wir lassen uns nicht um das Heiligste bringen, um unser Volkstum. Alle Gewalt, die man gegen uns anwendet, wird den Volkszorn nur noch heller entflammen machen. Es gibt eine geschlossene Phalanx, welche bereit ist, Alles hintanzusetzen für die Ehre des deutschen Volkes.“

Vor allem die Polen schlossen sich den Tschechen an, und so kam es in dieser aufgeheizten Stimmung tagtäglich zu Verbalinjurien und Raufereien im Sitzungssaal des Parlaments. Gegen die Sprachenverordnung vom 5. April 1897 legten Wolf, Schönerer und Anton Pergelt Einspruch ein, und Wolf griff Graf Badeni im Reichsrat scharf an.

Ein Zeuge berichtete:

„Vor der Ministerbank auf und ab hinkend, fixierte er ihn in der beleidigensten Weise, zischte ihm provokante Worte zu und lachte ihm höhnisch ins Gesicht.“

Wolf warf Badeni „polnische Schufterei“ vor, woraufhin dieser ihn ob dieser Provokationen zum Duell auf Pistolen mit dreifachem Kugelwechsel forderte. Dieser nahm an und drückte den Minister in die Zwickmühle: Das Duell gehörte zum Ehrenkodex und blieb so gut wie straffrei. Jedoch war es dem Gesetz nach ein Verbrechen. Ein wegen eines Verbrechens verurteilter Ministerpräsident war politisch nicht tragbar, und so bot Badeni dem Kaiser seinen Rücktritt an, was jedoch von letzterem nicht akzeptiert wurde. So kam es am 25. September 1897 zum entscheidenden Zweikampf, welchen der duellerfahrene Wolf – sekundiert vom „Parlamentsfechtwart“ Dr. Julius Sylvester[1] – bereits im ersten Durchgang durch einen Schuß in Badenis rechten Arm für sich entscheiden konnte.

Der Schaden für das Ansehen von Badeni, den von ihm initiierten Sprachenerlaß und die Monarchie im gesamten war enorm und erregte internationales Aufsehen. Die Deutschen jedoch hatten einen Vorkämpfer mehr; Wolf war eine Berühmtheit geworden. Die tätlichen Auseinandersetzungen auf der Straße und im Parlament gingen jedoch weiter. Der aus Polen stammende Parlamentspräsident David von Abrahamowicz mußte im November 1897 die Polizei in das Hohe Haus rufen. Schönerer und Wolf wurden durch die Ordnungskräfte aus dem Parlament auf die Straße gezerrt und dort von einer Masse begeisterter Deutscher mit Ovationen empfangen. Wolf, der Verwegenste von allen, wurde wegen öffentlicher Gewalttätigkeiten in das Landesgericht eingeliefert. Dies zog weitere deutsche Solidaritätskundgebungen nach sich sowie das Singen des Liedes „Die Wacht am Rhein“. Deutsche Arbeiter und Studenten verbrüderten sich im Volkstumskampf und zeigten eine selten erreichte Einigkeit. Wegen des öffentlichen Protests, welcher nicht selten zum Aufruhr ausartete, erklärte der große deutsche Wiener Bürgermeister Karl Lueger, für die Sicherheit seiner Stadt nicht mehr garantieren zu können.

Eine offizielle Wiener Polizeichronik bewertete die Ereignisse im November 1897 so:

„Im alten nationalen Kampfe zwischen Deutschen und Slawen lösten […] die Versuche Badenis, den Slawen Vorrechte einzuräumen, gewaltige, den Staat bis ans Mark erschütternde Vulkanausbrüche aus. Wache [Anm.: gemeint war die Sicherheitswache] mußte in aufreibendem und opfervollem Kampfe die Ruhe herstellen.“

Das war selbst für die vom Kaiser gestützte Regierung Badeni zu viel, und der Ministerpräsident trat zurück. Karl Hermann Wolf wurde aus der Haft entlassen und war der Deutschen Held. Ihm zu Ehren wurde ein Karl-Hermann-Wolf-Marsch komponiert, und Karl Hermann wurde ein beliebter Vorname. (Anm.: Auch dem späteren deutschen Staatsminister für Böhmen und Mähren und SS-Obergruppenführer Karl Hermann Frank, welcher 1898 in Karlsbad geboren wurde, trägt diesen Namen nicht zufällig.) Bei den nächsten Wahlen 1901 sollten die Alldeutschen ihre Mandate von 8 auf 21 steigern. Dies war nicht zuletzt Karl Hermann Wolfs Verdienst. So wurde die Sprachenverordnung durch den gemeinsamen Protest der Deutschen zurückgezogen. Aber die Lage sollte sich nicht beruhigen, da nun die Tschechen auf Obstruktion setzten und den böhmischen Landtag und den Reichsrat blockierten. Der Völkerkerker der Donaumonarchie befand sich am Rande der Regierbarkeit.

Abspaltung von Schönerers Alldeutscher Vereinigung und Gründung der Deutschradikalen Partei

Das Verhältnis zwischen Wolf und Schönerer verschlechterte sich bedauerlicherweise zusehens. 1902 traten Wolf und einige seiner Gefolgsleute aus der Alldeutschen Vereinigung aus und gründeten die Freie Vereinigung Alldeutscher Abgeordneter, die 1903 ihren Namen in Deutschradikale Partei änderte. Die Anhänger dieser Gruppierung nannten sich „Freialldeutsche“ und sahen sich als deutschnationale, jedoch loyal zum Haus Habsburg stehende Massenbewegung, die mit der Regierung kooperierte. Mit großem Einsatz engagierte sich Wolf im Rahmen der Slawenabwehr für die deutschen Minderheiten der k. u. k. Monarchie. Dafür war er auch bereit, im Volkstumskampf gegen die Tschechen die Juden als Verbündete anzusehen. So schrieb Wolf 1912 im Deutschen Nordmährerblatt beispielsweise:

„Wenn jüdischer Einfluß mithilft, ein Dorf, eine Stadt, eine Handelskammer deutsch zu erhalten, so wäre es doch ein Torheit, diesen ‚Einfluß‘ zu bekämpfen […] Auch ist es für die deutsche Allgemeinheit jedenfalls erfreulich zu sehen, wie irgendwo in Mähren durch gemeinsame Arbeit aller Parteien ein Bollwerk gehalten wird.“

Weiterhin unterstützte er den erfolgreichen Deutschen Schulverein von 1880 (Anm.: heute Österreichische Landsmannschaft), welcher sich beharrlich weigerte, deutschbewußte Juden aus seinen Reihen auszuschließen.

Im Deutschen Volksblatt für Galizien schrieb Wolf:

„Auch die Hilfe der Juden sollten wir hier nicht verschmähen. So wenig wir eine Vermischung der Deutschen und Juden wünschen können, so haben wir doch andererseits allen Grund, durch Anknüpfung von Beziehungen zu den deutschfreundlichen Juden eine Stärkung unserer Stellung zu erstreben.“

Auch unterschied die „Wolferianer“ von den „Schönerianern“, daß erstere für das allgemeine gleiche Wahlrecht eintraten, welches den Deutschen bei den Wahlen die Vorherrschaft kosten würde und die Einführung des Namens „Österreich“ für Zisleithanien. Der Graben zwischen beiden Gruppierungen vertiefte sich sehr zum Schaden der Deutschen und ihrer nationalen Anliegen. 1908 stimmten die Deutschradikalen unter Wolfs Führung im Sinne der Regierung für die Habsburgische Machtausweitung auf dem Balkan, was sogar die damals deutschnationalen Sozialdemokraten erzürnte.

Der deutschnationale Sozialdemokrat Engelbert Pernerstorfer klagte über Wolf:

„Hätte er Selbstzucht und Ernst gehabt, er hätte Führer werden können.“

Vollkommen verirrte sich die Deutschradikale Partei weltanschaulich, als sie ein „Groß-Österreich“ anstrebte:

„Unter diesem Begriff verstehen wir ein einheitliches, zentralistisch regiertes und verwaltetes Staatswesen, welches die gesamte Habsburger Monarchie umfasst, in welchem für ein selbständiges Königreich (Anm. Ungarn) kein Platz ist, ein Kaisertum Österreich, in welchem folgerichtig nicht nur einheitlich und zentralistisch, sondern auch deutsch regiert und verwaltet werden müßte; in welchem daher nicht Dualismus, Trialismus und Föderalismus ausgeschlossen sind, in dem aber auch für alle nichtdeutschen Strömungen kein Raum ist. Ein solches Groß-Österreich könnte gar nicht anders bestehen, als unter deutscher Vorherrschaft.“

Mit seiner verfehlten Linie hatte Wolf bei den Wahlen 1907 Erfolg; sie errangen 12 Mandate, die Schönerianer nur 3. 1911 22 Mandate gegen vier. Wolf und Schönerer befehdeten sich mit einer Schmutzkübelkampagne in welcher Bestechung, Wechselfälschung, Korruption, Sittlichkeitsdelikte und ein Ehebruch Wolfs eine angebliche Rolle spielten. Wolfs Privatleben wurde für den Pöbel zum Gesprächsthema, was ihn nahe an den Selbstmord trieb. 1903 wurde die Ehe zu seinem Nachteil geschieden – angeblich hatte Schönerer Wolfs Frau, welche nach England verzog – einen Scheidungsanwalt finanziert; Wolf sah seine Kinder nie wieder. Diese unschönen Dinge sind ein weiteres bitteres Beispiel für den „eklen Wurm der deutschen Zwietracht“.

Mit den Burschenschaften für das Deutschtum

Wolf engagierte sich selbstverständlich für die Deutsche Studentenschaft bzw. die Burschenschafter und forderte deren „Dienst am deutschen Volk“ ein. Es wurden Lese- und Bildungsvereine gegründet, in welchen nationale Lieder gesungen, Diskussionen geführt und Vorträge gehalten wurden, allgemein gesagt: der intellektuelle Austausch stattfand und die Volksgemeinschaft gefördert wurde.

An den Universitäten forderte Wolf die Burschenschafter auf, diese als Wissenshort des deutschen Volkes zu verteidigen. Wolf, selbst ein harter Straßenkämpfer und immer im ärgsten Getümmel, war den Tschechen ob seines Trutzes auf den Tod verhaßt. Tagtäglich wurde auf der Prager Universität der Kampf gegen nichtdeutsche Studenten ausgetragen. Sogar die ihm feindlich gesinnte Journaille berichtete 1908 über Wolf, daß er – umringt von Hunderten randalierender und johlender Tschechen – in aller Ruhe vom Deutschen Casino zur Mensa academica ging, während die Prager Polizei vergeblich versuchte, ihn zu schützen. Rufe wie „Hängt ihn auf“ und „Schlagt ihn tot“ begleiteten ihn auf seinem Weg, ein auf ihn geworfener Stein traf einen begleitenden Studenten am Kopf.

Im Reichsrat brachte Wolf diesbezüglich Dringlichkeitsanträge gegen die Tschechen ein, etwa am 22. Januar 1909:

„[…] gegen die fortdauernden Bedrohungen der deutschen Studenten, sowie der deutschen Minderheit überhaupt durch den Straßenpöbel in Prag, wie er verkommener und verworfener in keiner Großstadt zu finden ist. […] Unsere Studenten haben ein unzweifelhaftes, ein durch Jahrhunderte erworbenes Recht, auf dem Boden der ältesten deutschen Universität ihre Farben zu tragen, ihr Deutschtum zu betätigen. […] Wir werden in Prag keinen Fuß breit und keine Hauch und keinen Jota dessen preisgeben, was uns gehört! […] Wir sind es einfach unserer geschichtlichen Stellung schuldig, das Erstgeburtsrecht deutscher Sprache und deutscher Gesittung auf diesem Boden, den deutscher Fleiß gehoben und deutschen Armes Kraft verteidigt hat, unter allen Umständen zu wahren.“

Als es im November 1908 200 italienische Studenten wagten, für Wien (sic!) eine italienische Rechtsfakultät einzufordern und dieser Forderung per Demonstration Nachdruck verliehen, sammelten sich in der Aula 1.000 deutsche Burschenschafter. National-italienische Lieder wurden von der „Wacht am Rhein“ übertönt, schließlich kämpfte man mit Stöcken gegeneinander, woraufhin von den italienischen Provokateuren 18 Schüsse abgegeben wurden. Panik folgte, mehrere Schwerverletzte blieben zurück; die Polizei stellte zwei Revolver, einen Dolch, Messer, Totschläger, Schlagringe, mit Gummi überzogene Bleistöcke und eine Unmenge zerbrochener Stöcke sicher. Die Universität mußte für einige Tage geschlossen werden.

Auch mit jüdischen Studenten, welche sich in eigenen Verbindungen zusammenschlossen, gab es regelmäßig Scharmützel. Am 10. November 1908 gerieten Burschenschafter der Alemannia mit jüdischen Studenten der Kadimah in Streit. Darauf forderte ein jüdischer Student den Burschenschafter zum Duell, was dieser mit der Satisfaktionsunfähigkeit des Juden zurückwies. Daraufhin brach eine Massenschlägerei aus, in deren Verlauf die Steinrampe zum Eingang der Wiener Universität zusammenbrach und 60 Verletzte forderte. Die Wehrhaftigkeit der deutschen Studenten war legendär. So beklagte der tschechische Abgeordnete Franitšek Udržal im Parlament:

„Die deutschen Studenten raufen sowohl in Wien wie in Prag, sie raufen in Brünn, sie raufen in Graz, sie raufen in Innsbruck, sie raufen in Triest. Es ist eine charakteristische Rauflust der deutschen Studenten, mit welcher wir es überall, wohin wir auch kommen zu tun haben.“

Der Jude Stefan Zweig bemerkte mit offenbarem Schauer aus dieser Zeit:

„Was für den Nationalsozialismus die SA-Männer leisteten, das besorgten für die Deutschnationalen die Chorpsstudenten, die unter dem Schutze der akademischen Immunität einen Prügelterror ohnegleichen etablierten und bei jeder politischen Aktion auf Ruf und Pfiff militärisch organisiert aufmarschierten. Zu sogenannten Burschenschaften gruppiert, zerschmissenen Gesichts, versoffen und brutal, beherrschten sie die Aula […] mit harten, schweren Stöcken bewaffnet […] unablässig provozierend, hieben sie bald auf die slawischen, bald auf die jüdischen, bald auf die katholischen, die italienischen Studenten ein und trieben die Wehrlosen aus der Universität. Bei jedem Bummel floß Blut. Die Polizei […] durfte sich darauf beschränken, die Verletzten, die blutend von den nationale Rowdys die Treppe hinab auf die Straße geschleudert wurden, fortzutragen.“

Lebensabend

Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg und dem Zerfall der Monarchie befand sich Wolf im 57. Lebensjahr und wurde Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung der Ersten Republik. Durch den permanenten Einsatz für sein geliebtes deutsches Volk war er gesundheitlich angeschlagen. Der Scheidungsprozeß hatte seine finanziellen Mittel zum Großteil aufgebraucht, und er verarmte zusehend. Nachdem er alle offiziellen Parteifunktionen zurückgelegt hatte, mußte sich Wolf von 1926 bis zum Januar 1932 seinen Lebensunterhalt als Versicherungsvertreter verdienen.

Adolf Hitler kannte Wolf aus seiner Wiener Zeit und hatte diesen nie vergessen. So wurde dieser am „Reichsparteitag der Arbeit“ 1937 Ehrengast Adolf Hitlers und jenem vom deutschböhmischen Gauleiter Hans Krebs vorgestellt. Wolf, bereits 75jährig und auf Krücken gestützt, war in gesundheitlich schlechtem Zustand und fast taub. Deswegen wurde ihm vor dem Reichsparteitag ein Kuraufenthalt in Bayern auf Kosten der NSDAP finanziert. Im persönlichen Gespräch erzählte Hitler aus seiner Jugend in Wien und versprach ihm seine besondere Fürsorge. Weiterhin stand Wolf neben Franz Stein auf der Führerliste für die Volksabstimmung und die Wahl zum Großdeutschen Reichstag am 10. April 1938. Ab Juni 1938 erhielt Wolf einen monatlichen Ehrensold des Führers.

Ehrengrab Karl Hermann Wolfs

Tod

Als Wolf am 11. Juni 1941 in Wien starb, wurde sein Einsatz für das deutsche Volk ein letztes Mal in gebührlicher Form gewürdigt. Er erhielt ein Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof in Wien und ein feierliches Begräbnis. Der Gauleiter Groß-Wiens Baldur von Schirach sprach in seiner Trauerrede von Wolf als „Bannerträger des Deutschtums“ und schilderte in lebhaften Worten den Abwehrkampf gegen die Tschechen. Hitler schickte einen Kranz aus Eichenlaub mit Lilien und der Aufschrift „Dem Vorkämpfer der großdeutschen Idee“, und der Burschenschafter der Ghibellinia zu Prag und Gauleiter Niederdonaus Dr. Hugo Jury, warf Wolfs Ghibellinen-Mütze in dessen Grab. Ein Ehrensturm der SA, eine Ehrengefolgschaft der Hitlerjugend und ein Marschblock der Politischen Leiter standen Spalier. Der Staatsopernchor trug Franz Schuberts „Litanei“ vor, und ein Trompetenchor blies, als der Sarg hinabgelassen wurde.

Rezeption

Bis heute wird Wolf – nicht nur, aber vor allem – von dessen Burschenschaft Ghibellinia zu Prag in Ehren gehalten. Heute in Saarbrücken beheimatet, hat diese alle Stürme der Zeit überstanden und besteht dort bis zum heutigen Tage fort und ehrt ihren Gründer mit ihrem Andenken.

Fußnoten

  1. Dr. Julius Sylvester, wie K. H. Wolf Reichratsabgeordneter weiterhin Alter Herr der Burschenschaft (B!) Teutonia sowie der B! Libertas trug diesen Spitznamen, weil er bei sehr vielen Ehrenstreitigkeiten sekundierte.