Hausser, Paul
Georg Carl Paul Hausser, auch Papa Hausser ( 7. Oktober 1880 in Brandenburg an der Havel; 21. Dezember 1972 in Ludwigsburg), war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee, des Deutschen Heeres, der Freikorps, der Reichswehr und der Schutzstaffel, zuletzt SS-Oberst-Gruppenführer und Generaloberst der Waffen-SS sowie Schwerterträger im Zweiten Weltkrieg. Hausser galt als Schöpfer und Initiator der Waffen-SS und war einer jener Berufsmilitärs, welche diese Truppe gemeinsam mit Felix Steiner, Friedemann Götze, Wilhelm Bittrich, Georg Keppler und Cassius Freiherr von Montigny von Beginn an prägten.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Paul „Papa“ Hausser entstammte einer alten preußischen Offiziersfamilie. Sein Vater war der Major Friedrich Wilhelm Curt(h) Hausser ( 15. Oktober 1846 in Cunnerwitz, Kreis Görlitz), seine Mutter Anna Marie, geb. Otto ( 26. Dezember 1851 in Berlin). Seine Großeltern väterlicherseits waren der Pastor Johann August Eduard Hausser und dessen Gemahlin Juliane Amalie Caroline, geb. Anders, sowie mütterlicherseits Carl Ferdinand Otto und Pauline, geb. von Bareire.[1]
Militärische Laufbahn
Hausser trat im Alter von 19 Jahren in die Preußische Armee ein, nachdem er als Kadett seit 1892 die Kadettenanstalten Köslin und Lichterfelde besucht hatte. Am 20. März 1899 wurde er zum Leutnant befördert. Er diente im 7. Westpreußischen Infanterie-Regiment Nr. 155. Nach Verwendungen als Bataillons- und Regimentsadjutant und dem Besuch der Kriegsakademie wurde er im August 1909 zum Oberleutnant befördert. Nach einer Kommandierung zur Kaiserlichen Marine wurde er 1912 in den Großen Generalstab versetzt.[2] Seine Beförderung zum Hauptmann erfolgte am 22. März 1913.
Erster Weltkrieg
Während des Ersten Weltkrieges sammelte Hausser umfassende Front- und Stabsdiensterfahrungen. Bei den Kämpfen im Westen, in Kurland und in Rumänien und bei zeitweiligem Einsatz als Beobachtungsoffizier aus Flugzeugen zeichnete sich Major Paul Hausser mehrfach aus.
Zwischenkriegszeit
Nach dem Waffenstillstand beteiligte er sich an dem gegen den Terror der polnischen Gebietsbestrebungen eingesetzten „Grenzschutz Ost“. Mit Unterzeichnung des Versailler Vertrages mußten dessen Verbände aufgelöst werden. Hausser wurde daraufhin 1920 in die Reichswehr als Berufsoffizier übernommen, wo er anfänglich als Erster Generalstabsoffizier (Ia) bei der Reichswehr-Brigade 5, seit 1922 im Stab des Wehrkreiskommandos II eingesetzt wurde.
Am 15. November 1922 wurde er als Oberstleutnant zum Stab des 10. Infanterie-Regimentes versetzt und wurde Chef des Stabes der 2. Division. Durch herausragende Leistungen wurde er 1931 Generalmajor und 1932 Generalleutnant. Nach 33jähriger Dienstzeit schied er aus der Reichswehr aus.
Seine Kraft und sein Können standen nun der NSDAP als Führer der brandenburgischen SA-Reserve zur Verfügung. 1934 erhielt er vom Reichsführer SS unter seiner gleichzeitigen Übernahme in die SS den Auftrag, als Kommandeur die SS-Junkerschule Braunschweig aufzubauen. In seiner Schule formte er das Führerkorps der Waffen-SS bis zum Sommer 1936. Anschließend übernahm er als Inspekteur im SS-Hauptamt die Organisation und Ausbildung der Waffen-SS. Am 1. Juli 1939 wurde er zum SS-Gruppenführer befördert.
Zweiter Weltkrieg
Bei Kriegsausbruch befehligte SS-Gruppenführer Paul Hausser eine SS-Brigade innerhalb der Heeres-Panzerdivision „Kempf“. Während des Westfeldzuges kommandierte er die SS-Verfügungsdivsion, die danach in SS-Division „Reich“ (mot.) und später in 2. SS-Panzer-Division „Das Reich“ umbenannt wurde. Nach weiteren erfolgreichen Kämpfen im Rahmen des Balkanfeldzuges wurde die Division mit schwerem Gerät ausgerüstet und zahlenmäßig aufgestockt.
Die Division „Das Reich“ führte er im Juni 1941 im Rußlandfeldzug. Am 8. August 1941 wurde er für die Leistungen seiner Division bei den Kämpfen um Smolensk mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet. Nach weiteren Einsätzen bei Roslawl, Istra, Gschtask und Gomel trat die Division zum Sturm gegen die Hauptstadt Moskau an. Während dieser erbitterten und verlustreichen Kämpfe verlor der am 1. Oktober 1941 zum General der Waffen-SS beförderte Paul Hausser durch eine Splitterverwundung sein rechtes Auge.
Nach mehrmonatigem Aufenthalt im Lazarett übernahm Hausser als einer der ranghöchsten Waffen-SS-Offiziere am 1. Juni 1942 das II. SS-Panzerkorps. Nach Teilnahme an der Besetzung Südfrankreichs im November 1942 (Unternehmen „Lila“, Selbstversenkung der französischen Flotte in Toulon) wurde das Korps im Januar 1943 nach kurzem Einsatz bei Oskol zur Verteidigung von Charkow herangezogen. Als mehrere sowjetische Armeen, in absoluter taktischer, personeller und materieller Überlegenheit, zur alles niederwalzenden Offensive antraten, zog er sich eigenmächtig aus Charkow zurück und rettete somit mehrere deutsche Divisionen vor der Einkesselung. Am 14. März 1943 war die Stadt nach einem Gegenangriff wieder in deutscher Hand.
Im Sommer 1943 nahm das II. SS-Panzerkorps mit den kampfkräftigen Elite-Divisionen „Totenkopf“ (Prieß), „Leibstandarte“ (Dietrich) und „Das Reich“ (Krüger) an dem Unternehmen „Zitadelle“ teil. In schwersten Gefechten im Frontbogen von Kursk fügten die wie Löwen kämpfenden SS-Männer den Bolschewisten größte Verluste zu. Am 12. Juli führte Hausser seine drei Divisionen in die Panzerschlacht von Prochorowka, mit insgesamt 1.000 beteiligten Fahrzeugen das größte diesbezügliche Zusammentreffen des Krieges. Es folgten zähe Rückzugs- und Abwehrkämpfe, ehe das II. SS-Panzerkorps aufgrund der allierten Invasion in Italien nach Oberitalien verlegt werden musste. Am 28. Juli 1943 wurde er für seine Führungsleistung bei den Kämpfen in den Schlachten bei Charkow und Kursk mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz ausgezeichnet.
Ab April 1944 kamen Haussers Truppen bei Tarnopol und der Entsatzoffensive für den „Hube-Kessel“ bei Kamenez-Podolsk zum Einsatz. Als im Juni die alliierten Truppen in der Normandie landeten, wurde das II. SS-Panzerkorps per Zug nach Frankreich verlegt. Bereits wenige Tage später konnten die wertvollen Elite-Verbände durch starke Gegenwehr eine Offensive des VIII. britischen Armeekorps gegen die linke Caen-Flanke vereiteln. Später scheiterte auch ein kanadischer Versuch an der rechten Flanke.
Am 27. Juni 1944 übernahm Hausser als erster SS-Offizier des Krieges den Oberbefehl über eine Armee. Der am 1. August zum Oberstgruppenführer und Generaloberst der Waffen-SS beförderte Hausser – diesen Rang erreichten insgesamt nur drei SS-Offiziere – übernahm die 7. Armee. Diese lag seit Wochen in schwersten Abwehrschlachten an der Invasionsfront.
In den schweren Gefechten brachten Haussers Truppen die Alliierten des öfteren in verzwickte Situationen, wurden aber stetig zurückgedrängt. Ende Juli 1944 wurde er mit seiner Armee im Kessel von Falaise eingeschlossen und bei den Kämpfen schwer verwundet. Am 20. August 1944 konnte er mit den Resten seiner Armee aus dem Kessel ausbrechen, wobei der Großteil des Materials zurückgelassen werden mußte. Am 26. August 1944 wurde er dafür mit den Schwertern ausgezeichnet.
Nach seiner Genesung kehrte er im Januar 1945 an die Front zurück und übernahm als einziger SS-Offizier des Krieges den Oberbefehl über eine Heeresgruppe, über die HGR G am Oberrhein. Hier standen ihm die amerikanischen Truppenführer George Smith Patton und Alexander M. Patch gegenüber. Haussers Hauptaufgabe lag in der Verteidigung von Mannheim, Heidelberg und Karlsruhe. Am 8. Mai 1945 ergab sich der Offizier den vorrückenden amerikanischen Truppen. Bis 1949 blieb Paul Hausser in Kriegsgefangenschaft.
Nachkriegszeit
Paul Hausser gründete 1951 u. a. mit Felix Steiner, Sepp Dietrich und Kurt Meyer den Bundesverband der ehemaligen Waffen-SS-Soldaten (HIAG) und bemühte sich weitgehend vergebens um die Anerkennung der Waffen-SS als viertem Wehrmachtsteil.
Ehrenerklärung
Zu der Ehrenerklärung für die Wehrmacht vom 3. Dezember 1952 gehört auch ein Brief Konrad Adenauers, den er am 17. Dezember 1952 an Hausser richtete. Dieser lautet:
- „Sehr geehrter Herr Generaloberst!
- Einer Anregung nachkommend, teile ich mit, daß die von mir in meiner Rede vom 3. Dezember 1952 vor dem Deutschen Bundestag abgegebene Erklärung für die Soldaten der früheren deutschen Wehrmacht auch die Angehörigen der Waffen-SS umfaßt, soweit sie ausschließlich als Soldaten ehrenvoll für Deutschland gekämpft haben.
- Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung bin ich
- Ihr
- gez. Adenauer“[3][4]
Tod
Paul Hausser verstarb im Alter von 92 Jahren am 21. Dezember 1972 in Ludwigsburg. Zu Haussers Bestattung auf dem Waldfriedhof in München kamen Tausende ehemalige Angehörige der SS zusammen, die Trauerrede hielt Otto Kumm.
Familie
Am 9. November 1912 heiratete Oberleutnant Hausser seine Verlobte Elisabeth Henriette Gérard ( 18. Juli 1891 in Berlin; 16. Oktober 1979 in München). Aus der Ehe ist Tochter Ingeborg Elisabeth ( 28. Dezember 1913) entsprossen, die später Ernst Kurt Hans-Joachim Osterroht (1909–1994) heiratete, Sohn von Generalleutnant Karl Ernst Curt Osterroht, Infanterist der Reichswehr, dann Kampfflieger, schließlich (nach Ausbildung an der Luftkriegsakademie) Generalstabsoffizier der Luftwaffe, Deutsches Kreuz in Gold als Major i. G. und Ia der 1. Flieger-Division, zuletzt (seit 1. Juli 1944) Oberstleutnant i. G. im Zweiten Weltkrieg sowie zuletzt Oberst der Luftwaffe der Bundeswehr in der Nachkriegszeit (am 12. Oktober 1968 in München verabschiedet). Der Schwiegersohn ruht mit seiner Gemahlin im Familiengrab der Haussers.
Beförderungen
Haussers militärische Ränge | |
---|---|
Datum | Dienstgrad |
1892 | Kadett |
20. März 1899 | Leutnant |
19 August 1909 | Oberleutnant |
1. März 1914 | Hauptmann i.G. (Offizierspatent vom 1. Oktober 1913) |
22. März 1918 | Major |
1. April 1923 | Oberstleutnant (Offizierspatent vom 15. November 1922) |
1. November 1927 | Oberst |
1. Februar 1931 | Generalmajor |
31. Januar 1932 | Generalleutnant |
1. März 1934 | SA-Standartenführer |
15. November 1934 | SS-Standartenführer |
1. Juli 1935 | SS-Oberführer |
22. Mai 1936 | SS-Brigadeführer |
1. Juni 1939 | SS-Gruppenführer |
19. November 1939 | Generalleutnant der Waffen-SS |
1. Oktober 1941 | SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS |
1. August 1944 | SS-Oberst-Gruppenführer und Generaloberst der Waffen-SS |
Auszeichnungen (Auszug)
- Königlich-preußisches Ritterkreuz des Hausorden von Hohenzollern mit Schwertern
- Eisernes Kreuz (1914), II. und I. Klasse
- Königlich Preußisches Beobachterabzeichen
- Königlich Bayerischer Militär-Verdienstorden IV. Klasse mit Schwertern
- Ritterkreuz des Sächsischen Albrechtsordens I. Klasse mit Schwertern
- Ritterkreuz I. Klasse des Württembergischen Friedrichs-Ordens mit Schwertern
- Herzoglich Anhaltinisches Friedrich-August Kreuz
- Österreichischer Orden der Eisernen Krone, III. Klasse mit der Kriegsdekoration am 11. Juli 1918
- k. u. k. Osterreich-Ungarisches Militärverdienstkreuz, III. Klasse mit Kriegsdekoration
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer mit Schwertern
- Wiederholungsspange (1939) zum Eisernen Kreuz II. und I. Klasse (1914)
- II. Klasse am 27. September 1939 als SS-Gruppenführer der SS-Verfügungstruppe Division
- I. Klasse am 17. Juni 1940 als SS-Gruppenführer der SS-Verfügungstruppe Division
- SS-Ehrenring
- Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP am 30. Januar 1943
- Ostmedaille
- Verwundetenabzeichen (1939) in Silber am 9. Mai 1942 als SS-Obergruppenführer/General der Waffen-SS im II. SS-Panzerkorps
- SS-Dienstauszeichnung
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub und Schwertern
- Ritterkreuz am 8. August 1941 als SS-Gruppenführer und Kommandeur SS-Division „Reich“
- Eichenlaub 28. Juli 1943 (261. Verleihung) als SS-Obergruppenführer und Kommandierender General des II. SS-Panzer-Korps
- Schwerter am 26. August 1944 (90. Verleihung) als SS-Oberstgruppenführer und Oberbefehlshaber der 7. Armee
Bildergalerie
Heinrich Himmler, Adolf Hitler und Paul Hausser, 1940
Werke
- Waffen-SS im Einsatz, Plesse-Verlag K. W. Schütz, Göttingen 1953
- Soldaten wie andere auch, Munin-Verlag, 1966
- Wenn alle Brüder schweigen, Munin-Verlag, 1985
Literatur
- Karl-Heinz Mathias: Generaloberst Paul Hausser (Klappentext)
Fußnoten
- Geboren 1880
- Gestorben 1972
- Deutscher General
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Angehöriger der Reichswehr
- Stahlhelm-Mitglied
- Freikorps-Mitglied
- NSDAP-Mitglied
- SA-Mitglied
- SS-Mitglied
- Angehöriger der Waffen-SS
- Träger des Hausordens von Hohenzollern
- Träger des Bayerischen Militärverdienstordens (IV. Klasse)
- Träger des Eisernen Kreuzes I. Klasse (1914)
- Träger des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP
- Träger des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub und Schwertern
- Kriegsgefangener