Stentzler, Edgar
Edgar Leopold Eduard Stentzler[1] ( 27. März 1905 in Dortmund; gefallen 19. Oktober 1941 in Königsberg, Ostpreußen) war ein deutscher Offizier der Reichswehr und der Wehrmacht, zuletzt Major der Luftwaffe, Fallschirmjäger und Ritterkreuzträger im Zweiten Weltkrieg. Er hatte sich als Kommandeur des II. Bataillons des Luftlande-Sturm-Regimentes 1 beim Unternehmen „Merkur“ besonders ausgezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werdegang
Edgar Stentzler wurde am 27. März 1905 in Dortmund als Sohn des späteren Majors des Deutschen Heeres und Zollinspekteurs Oskar Stenzler ( 16. September 1868 in Döhringen) und dessen Gemahlin geboren.
Reichswehr, Wehrmacht und Reiterei
Nach dem Abitur trat er am 1. April 1923 als Fahnenjunker einer Schwadron des 1. (Preußisches) Reiter-Regimentes der Reichswehr bei. Von dort wechselte er, am 1. Mai 1929 zum Leutnant befördert, zum 15. (Preußisches) Reiter-Regiment (Reichswehr), wo er ab dem 1. Oktober 1931 zur 2. (schweren Panzer-Abwehr-)Schwadron gehörte.
Stentzlers Passion waren seine Trakehner-Pferde. In den Jahren 1932 bis 1934 errang der begabte Reiter je 13 Siege in der Dressur, dem Springen, dem Geländeritt und beim Bahnrennen sowie fünf Siege bei Eignungsprüfungen. Stentzler wurde 1933 Geländritt-Champion auf „Erntedank“. Bis 1936 erstritt er neun weitere Siege bei Prüfspringen.
Nach seinem Wechsel zur 2. (E) Schwadron des Regiments (am 1. Mai 1932) erhielt er am 1. April 1933 die Beförderung zum Oberleutnant.
Übertritt zur Luftwaffe
Am 10. Oktober 1933 erfolgte die Versetzung zur Beobachterschule nach Braunschweig sowie am 31. Oktober 1933 der Beitritt zur noch nicht enttarnten Luftwaffe im Rang eines Oberleutnants. Zunächst erhielt er ab dem 1. Juli 1934 eine Flugzeugführerausbildung in Celle und wechselte unter gleichzeitiger Beförderung zum Rittmeister am 1. August 1935 zur Fliegerstaffel Großenhain. Er war ebenfalls Mitglied des „Aero-Clubs von Deutschland“ und erhielt die dauerhafte Eintrittskarte für das „Haus der Flieger“ (Nr. 5478).
Am 15. November 1936 wurde er als Staffelkapitän zur 4./Aufklärungsgruppe 11 nach Neuhausen versetzt und kam am 16. Februar 1938 zur Luftkriegsakademie der Luftwaffe auf dem Flugplatz Berlin-Gatow als Offizier z. b. V. des Reichsministers für Luftfahrt im Reichsluftfahrtministerium.
Zweiter Weltkrieg
Bereits am 1. Juli 1938 wechselte er als Ia (Erster Generalstabsoffizier, Führung und Ausbildung; de facto Chef des Stabes) als Hauptmann i. G. in den Stab des Luftgau-Kommandos XI (wo er für den Polenfeldzug erneut einen Flugausweis am 17. September 1939 ausgestellt bekam) und erhielt ab dem 20. Juni 1940 im Fallschirm-Jäger-Ergänzungs-Bataillon in Wittstock an der Dosse eine Fallschirmschützen-Ausbildung. Bis dahin hatte er an den Feldzügen in Polen und Norwegen teilgenommen.
Mit Wirkung vom 1. August 1940 wurde er am 13. Juli 1940 zum Kommandeur des II. Bataillons des Luftlande-Sturm-Regimentes 1 in Quedlinburg ernannt sowie am 19. Juli 1940 (mit Wirkung vom 1. August 1940) zum Major befördert. Stentzler und sein II. Sturm-Bataillon bildeten eine verschworene Gemeinschaft, in der sich jeder auf jeden verlassen konnte. Es war das einzige Bataillon, welches über einen eigenen Musikzug verfügte. Seinen Soldaten war er ein menschlich gütiger Vorgesetzter, der sich für jeden ihm anvertrauten Soldaten verantwortlich fühlte und einsetzte.
Kreta
Major Stentzler wurde mit seinen Soldaten im Kampf um die Insel Kreta eingesetzt und errang dabei große Erfolge. So landete das II. Bataillon ostwärts des Flugplatzes Malemes, westlich Spilia und sammelte auf den Höhen ostwärts der Stadt. Der Zug unter Leutnant Mürbe wurde zu nah am Dorf Kastelli abgesetzt und wurde aufgerieben. Dabei vergingen sich Partisanen und Zivilisten bestialisch an den Leichnamen gefallener deutscher Soldaten, was erst durch zwei englische Offiziere unterbunden werden konnte.
Dazu eine Meldung des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) am 30. Mai 1941:
- „Bei den Kämpfen auf Kreta sind deutsche Soldaten nach ihrer Verwundung in so tierischer Weise verstümmelt worden, wie es im Verlaufe dieses Krieges bisher nur im Feldzug gegen Polen vorgekommen ist. Die deutsche Wehrmacht wird mit allen Mitteln dafür Sorge tragen, daß die Anständigkeit und Ritterlichkeit des Kampfes gewahrt bleibt. Mit dem härtesten Strafgericht wird sie daher die für diese barbarischen Verstümmelungen verantwortliche Truppe oder die schuldigen Einwohner treffen.“
Die 6. Kompanie des Oberleutnants Pissin übernahm die Sicherung nach Westen und Süden am Paß in der Gegend Spilia. Major Stentzler erhielt dann den Befehl zum Angriff auf die Höhe 107, deren Südteil in den Nachmittagsstunden durch die 7. (Oberleutnant Josef Barmetler) und 5. (Oberleutnant Herterich) Kompanie des Bataillons genommen werden konnte. Dabei wurden vier britische Offiziere und 100 Mann gefangengenommen. In den Abendstunden des 20. Mai 1941 übernahm Stentzler, auf Kommando des schwer verwundeten Regimentskommandeurs Eugen Meindl, die Führung des Regiments in vorderster Linie, bis er am nächsten Tag durch Oberst Ramcke abgelöst wurde.
Am Morgen des 22. Mai schob sich das Bataillon Stentzler bis an die Höhen südlich Pyrgos und an den Westrand von Pyrgos heran und verfolgte am 23. Mai den weichenden Gegner. So gewann man am 24. Mai die Höhe westlich Platanias. In harten Nahkämpfen erreichte man schließlich am Nachmittag die Höhen hart ostwärts der Straße Agya-Marina. Am 25. Mai begann der Endkampf um Galatas, wobei Major Stentzler unter persönlicher Führung Graben um Graben aufrollte. Nachdem er Schwierigkeiten bei den rechts vom Bataillon stehenden Gebirgsjägern ausgemacht hatte, unterstützte er die bereits durch Oberleutnant Barmetler begonnene Eindrehung nach Süden, in den Rücken des Gegners, wodurch der Gegner wich. Das II. Bataillon trug die Hauptlast des Kampfes. Der umsichtigen und geschickten Führung Stentzlers war es zu verdanken, daß die stark befestigten Höhen um Galatas in deutsche Hände gerieten. Major Stentzler erhielt dafür als Anerkennung für die entscheidende Waffentat zur Eroberung Kretas am 9. Juli 1941 das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes als Major und Kommandeur des II. Bataillons des Luftlande-Sturm-Regiments 1 der 7. Flieger-Division,.
Nach der Schlacht um Kreta schrieb der Oberbefehlshaber der Fallschirmtruppe General Kurt Student in seinem Bericht:
- „Wenn es dazugekommen ist, daß Kreta dem Feind entrissen werden konnte, so ist das dem unerschrockenen und selbstlosen Einsatz des Majors Stentzler zu verdanken.“
Als Kommandant des Westabschnittes von Kreta ließ Major Stentzler für die Gefallenen des II. Bataillons Sturmregiment ein Fallschirmjäger-Denkmal in der Nähe von Chania errichten, welches heute für alle deutschen Fallschirmjäger steht und weit über Europas Grenzen hinaus bekannt ist. Er schloß ebenfalls ein „Abkommen“ per Handschlag mit dem obersten Räuberhauptmann/Ordnungshüter des Ida-Gebirges ab. Nach dem Abkommen traten in der Gegend keine Partisanen mehr auf, Deutsche und Kreter lebten in Einklang nebeneinander.
Der letzte Einsatz
Ende September 1941 war es bei Petruschino an der Ostfront inzwischen unruhiger geworden. Rotarmisten, als Zivilisten getarnt, waren mit Unterstützung der Bevölkerung in die Wälder eingesickert. Zwischen dem 27. und 29. September gelang es dem Feind, die schwache deutsche Besatzung zu verdrängen. Stentzlers II. Bataillon (7. Flieger-Division) war als Feuerwehr für die 96. Infanterie-Division abkommandiert und unternahm am 2. Oktober 1941 einen schwungvollen Angriff auf Petruschino, der jedoch nicht zum Erfolg führte, dafür zu erheblichen Ausfällen. Für die Fallschirmjäger war der Russe ein bisher unbekannter Gegner. Dennoch gaben die Luftlandekrieger nicht auf, und am 3. Oktober erfolgte erneut ein Angriff, diesmal mit erheblicher Panzerunterstützung.
Nach stärkster Artillerievorbereitung führte der Angriff der Fallschirmjäger von Nordosten und des III./Infanterie-Regiment 434 von Südosten zum Zerschlagen des russischen Brückenkopfes Petruschino. Sie schafften das Unmögliche: Sie drückten den sehr starken russischen Brückenkopf über die Newa bei Petruschino ein und unterbrachen damit die taktisch-strategisch wichtige Verbindung der russischen Truppen in Leningrad und der Wolchow Front. Der Feind hatte hohe Ausfälle. Bolschewistische Kriegsgefangene meldeten einen Verlust von 3.500 Toten und Vermißten bei der roten 10. Schützen-Division. Aber auch die angreifenden Bataillone hatten schwere Opfer zu bringen, das Fallschirmjäger-Bataillon hatte fast 50 % seines Bestandes verloren, darunter 21 seiner 24 Offiziere.
Tod
Kommandeur Major Stentzler, Träger des Ritterkreuzes, wurde an diesem Tag tödlich verwundet. Er sollte nie wieder das Bewußtsein erlangen und verstarb nach über 18 Jahren als Soldat am 19. Oktober im Reservelazarett II in Königsberg. Seine Beisetzung fand nach Überführung des Leichnams in Tilsit statt, wo die Eltern (Landwehrstraße 41) und Ehefrau inzwischen wohnten. Sein Grabstein befindet sich heute auf dem 2006 neu eingeweihten „Deutschen Soldatenfriedhof-Waldfriedhof“ in Tilsit.
Schlachtenteilnahme (Auszug)
Auszeichnungen (Auszug)
- Deutsches Reiterabzeichen in Gold
- Fliegerschaftsabzeichen, später (ab 1935) durch Flugzeugführer- und Beobachterabzeichen ersetzt
- Beobachterabzeichen (Wehrmacht) (nachdem er zu den Fallschirmjägern gewechselt war, durfte er das Beobachterabzeichen tragen)
- Wehrmachts-Dienstauszeichnung, IV. und III. Klasse
- Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938
- Eisernes Kreuz (1939) 2. und 1. Klasse
- 2. Klasse am 5. Mai 1940
- 1. Klasse am 24. Mai 1940
- Fallschirmschützenabzeichen der Luftwaffe am 13. Juli 1940 als Hauptmann beim Luftgau-Kommando XI (Fallschirm-Schule 1 Wittstock)
- Bild des Reichsmarschalls im Silberrahmen
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes am 9. Juli 1941 als Major und Kommandeur des II. Bataillons/Luftlande-Sturm-Regiment 1 (LL-St-Rgt) während des Unternehmens „Merkur“.
Bildergalerie
Verweise
- Major Stentzler, Edgar, Das-Ritterkreuz.de
- Stentzler, Edgar, ww2awards.com (englischsprachig)