Küchler, Georg von
Georg Carl Wilhelm Friedrich von Küchler (auch: Georg Karl Friedrich Wilhelm; 30. Mai 1881 in Schloß Philippsruh bei Hanau; 25. Mai 1968 in Garmisch-Partenkirchen) war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee, des Kaiserlichen Heeres, der Freikorps, der Reichswehr und der Wehrmacht, zuletzt Generalfeldmarschall und Eichenlaubträger im Zweiten Weltkrieg.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Militär
Der Sohn des großherzoglichen hessischen Oberst, Flügeladjutanten und Hofmarschalls Carl Friedrich Ludwig Otto Gustav von Küchler (1831–1922) und dessen Gemahlin Marie von Scholten (Tochter des Generalleutnants der Preußischen Armee Wilhelm von Scholten) trat nach dem Abitur am Ludwig-Georg-Gymnasium in Darmstadt am 12. März 1900 als Fahnenjunker in das 1. Großherzoglich Hessische Feld-Artillerie-Regiment Nr. 25 ein, schon am 28. März 1900 wurde er vereidigt. Am 4. November 1900 wurde er zur Kriegsschule nach Metz kommandiert, im August 1901 wurde er zum Leutnant befördert und u. a. nach zweijährigen Dienst an der Militär-Reitschule in Hannover (1. Oktober 1907 bis 31. August 1909) wurde Küchler im August 1910 zum Oberleutnant ernannt und anschließend zur Kriegsakademie kommandiert. 1913 erhielt er auch eine Ausbildung beim Luftschiffer-Bataillon Nr. 1
Am 22. März 1914 wurde Küchler mit Wirkung vom 1. April in den Großen Generalstab nach Berlin versetzt.
Erster Weltkrieg
Im Ersten Weltkrieg wurde Küchler als Batteriechef eingesetzt, u. a. mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse ausgezeichnet und zum Hauptmann befördert. Später wurde er in den Generalstab versetzt und zum Kriegsende hin als Erster Generalstabsoffizier (Ia) der 206. Infanterie-Division sowie der 9. Reserve-Infanterie-Division eingesetzt.
Freikorps
Er kämpfte nach von April bis Juni 1919 als Generalstabsoffizier (Ia) und Baltikumer in der Brigade „Kurland“ (Zusammenschluß aus Eisernen Division und der Baltischen Landeswehr) im Baltikum und hatte Anteil an der Befreiung Rigas von den Bolschewisten.
Zwischenkriegszeit
In der Vorläufigen Reichswehr diente von Küchler ab Juli 1919 als Ia der 2. Reichswehr-Brigade (unter Generalleutnant Robert von Bernuth) in Stettin, ab Oktober 1919 im Stab des Wehrkreiskommandos I in Königsberg und ab 30. November 1919 (mit Wirkung vom 1. Oktober 1919) als Lehrer an der Infanterie-Schule in München. Nach einer anschließenden kurzen Tätigkeit in der Heeres-Ausbildungs-Abteilung (T 4) des Reichswehrministeriums ab Oktober 1921 wurde er ab Juli 1922 zur 7. Division nach München kommandiert und wurde ab April 1923 Chef der 5. Batterie des 5. Artillerie-Regiments in Ulm.
Am 1. Oktober 1932 wurde Küchler zum Artillerieführer I in Ostpreußen ernannt.
Nach der Beförderung zum Generalmajor am 1. April 1934 wurde er im Jahr darauf zum Inspekteur der Kriegsschulen ernannt. Am 1. Dezember 1935 (inzwischen war aus der Reichswehr die Wehrmacht geworden) wurde er zum Generalleutnant befördert. Im Rahmen der Aufrüstung der Wehrmacht bzw. der Kriegsvorbereitungen gab es bis zum Krieghsbeginn zahlreiche Beförderungen. Bevor er am 1. April 1937 als General der Artillerie zum Kommandierenden General des I. Armeekorps ernannt wurde, war Küchler ein halbes Jahr lang stellvertretender Präsident des Reichskriegsgerichts. Das I. Armeekorps hatte seinen Sitz in Königsberg (Ostpreußen).
Im März 1939 betraten deutsche Soldaten unter Küchlers Befehl erstmals nach Ende des Ersten Weltkriegs das Memelland, nachdem dieses im Rahmen eines Deutsch-Litauischen Staatsvertrags an das Deutsche Reich gefallen war.
Zweiter Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg vollbrachte er an allen Fronten als Heerführer außerordentliche Leistungen – er gehörte u. a. zu den ersten Generälen, die nach dem siegreichen deutschen Westfeldzug am Morgen des 14. Juni 1940 in Paris einmarschierten –, wofür er 1942 zum Generalfeldmarschall befördert wurde. Er übernahm als Nachfolger von Ritter von Leeb die Führung der Heeresgruppe Nord (die 18. Armee übernahm dafür Georg Lindemann), verlor aber nach dem Durchbruch der Roten Armee bei Leningrad 1944 seinen Posten.
Chronologie 1932–1945
- 1.10.1932 Artillerie-Führer I
- 1.4.1934 Generalmajor
- 1.4.1935 Inspekteur der Waffenschulen
- 1.12.1935 Generalleutnant
- 2.10.1936 bis 31.3.1937 Stellvertreter des Präsidenten des Reichskriegsgerichts
- 12.3.1937 Kommandierender General I. Armee-Korps und Oberbefehlshaber im Wehrkreis I (mit Wirkung vom 1.4.)
- 20.4.1937 General der Artillerie (mit Wirkung vom 1.4.)
- 1.9.1939 Oberbefehlshaber Grenzabschnitt Nord und Befehlshaber im Wehrkreis I
- 22.8.1939 Oberbefehlshaber 3. Armee
- 1.11.1939 Oberbefehlshaber 18. Armee (mit Wirkung vom 5.11.)
- 19.7.1940 Generaloberst
- 16.1.1942 Oberbefehlshaber Heeresgruppe Nord
- 8.7.1942 Generalfeldmarschall
- 31.1.1944 beurlaubt
- 6.5.1944 Führerreserve
- 8.5.1945 Kriegsgefangenschaft
Nachkriegszeit
Bis Kriegsende war Küchler ohne Verwendung, was die „Befreier“ nicht davon abhielt, ihn in einem Tribunal (1947/48 im „Fall XII“ OKW-Prozeß) aufgrund fragwürdigen Beweismaterials für „Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, feindliche Kriegführende, Kriegsgefangene und Zivilpersonen“ (während der Bandenbekämpfung an der Ostfront) am 28. Oktober 1948 zu 20 Jahren Haft zu verurteilen. Er war am 8. Mai 1945 in Gefangenschaft geraten, im Lager Garmisch wirkte er zeitweise leitend an den Arbeiten der „Operational History (German Section)“ (Historical Division der US Army) mit.
Nachdem er bereits schon vorher mehrere Jahre in alliierten Lagern verbracht hatte, wurde seine Strafe am 1. Februar 1951 auf 12 Jahre Haft ermäßigt, er wurde schließlich am 18. Februar 1953 aus dem Gefängnis Landsberg entlassen.[1]
Seinen Lebensabend verbrachte er zurückgezogen. Von Küchler lehnte es ab, Erinnerungen zu schreiben, weil er den Standpunkt vertrat, die Generäle seiner Generation sollten schweigen, da sie die Katastrophe Deutschlands nicht abzuwenden vermochten.
Tod
Generalfeldmarschall Georg Carl Wilhelm Friedrich von Küchler verstarb 1968, er ruht auf dem Alten Friedhof in Darmstadt (Grabstelle: I H 29) in einem Gemeinschaftsgrab mit Gemahlin und Sohn.
Familie
Georg von Küchler heiratete 1921 seine Verlobte Elisabeth „Lisa“ von Enckevort (1888–1966) aus Ihlenfeld, Tochter des Generalmajors Eduard von Enckevort (1845–1924). Aus der Ehe sind Sohn Dieter (1926-1951) und Tochter Sybille ( 1929; ∞ Rudolf Hahn) entsprossen. Sein Bruder war Ernst von Küchler (1884–1956), Hofjunker, seit 14.7.1912 Kammerjunker (Kaiserlicher Vizekonsul in Warschau), seit 14.4.1917 Kammerherr, Großherzoglich Hessischer Generalkonsul und Rechtsritter des Johanniter-Ordens.
Beförderungen
- Eintritt in die Armee als Fahnenjunker am 12. März 1900
- Fahnenjunker-Unteroffizier (14. August 1900)
- Fähnrich (18. Oktober 1900 mit Patent)
- Leutnant (18. August 1901 mit Patent)
- Oberleutnant (18. August 1910 mit Patent)
- Hauptmann (8. Oktober 1914 mit Patent)
- Major (17. März 1924 mit Wirkung vom 1. Februar 1924)
- Rangdienstalter mit Wirkung vom 1. April 1923 erhalten
- Oberstleutnant (1. Januar 1929)
- Oberst (1. Mai 1931)
- Generalmajor (1. April 1934)
- Generalleutnant (1. Dezember 1935)
- General der Artillerie (1. April 1937)
- Generaloberst (19. Juli 1940)
- Generalfeldmarschall (30. Juni 1942 mit RDA vom 8. Juli 1942)
- 14. September 1942 neues RDA mit Wirkung vom 30. Juni 1942 erhalten
Auszeichnungen (Auszug)
- Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse[2]
- II. Klasse am 20.11.1914
- I. Klasse am 8.1.1915
- Friedrich-Kreuz[2] im Mai 1916
- Ritterkreuz I. Klasse des Friedrichs-Ordens mit Schwertern[2] im August 1916
- Ehrenritter des Königlich Preußischen Johanniter-Ordens am 10. März 1917
- Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern[2] am 11.7.1917
- Hanseatenkreuz Hamburg[2] am 6. August 1917
- Hessische Tapferkeitsmedaille[2]
- Baltenkreuz im Juli 1919
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer am 15. Januar 1935
- Wehrmacht-Dienstauszeichnung IV. bis I. Klasse
- Medaille zur Erinnerung an die Heimkehrer des Memellandes
- Wiederholungsspange (1939) zum Eisernen Kreuz II. und I. Klasse (1914)
- Wiederholungsspange zum Eisernen Kreuz II. Klasse am 11. September 1939
- Wiederholungsspange zum Eisernen Kreuz I. Klasse am 22. September 1939
- Orden der Krone von Italien, Großkreuz am 27. August 1940
- Medaille „Winterschlacht im Osten 1941/42“
- Finnischer Orden des Freiheitskreuzes, I. Klasse, Komtur mit Stern und Schwertern am 29. März 1943
- Kriegskreuz (Spanien), Juli 1943
- Zweifache namentliche Nennung im Wehrmachtbericht am 21. Oktober 1941 und am 12. August 1943
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub[3]
- Ritterkreuz am 30. September 1939 als General der Artillerie und Oberbefehlshaber der 3. Armee
- Eichenlaub am 21. August 1943 (273. Verleihung) als Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord
Verweise
Fußnoten
- Geboren 1881
- Gestorben 1968
- Deutscher Generalfeldmarschall
- Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe (Heer der Wehrmacht)
- Kommandierender General des I. Armeekorps (Heer der Wehrmacht)
- Befehlshaber des Wehrkreises I (Heer der Wehrmacht)
- Oberbefehlshaber einer Armee (Heer der Wehrmacht)
- Person im Zweiten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Generalmajor (Reichswehr)
- Hauptmann (Preußen)
- Generalfeldmarschall (Heer der Wehrmacht)
- Erwähnung im Wehrmachtbericht
- Träger des Hausordens von Hohenzollern
- Träger des Hanseatenkreuzes (Hamburg)
- Träger des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub
- Träger des Friedrichs-Ordens (Ritter)
- Ehrenritter (Johanniterorden)
- Träger des Ordens der Krone von Italien (Großkreuz)
- Träger des Finnischen Ordens des Freiheitskreuzes
- Kriegsgefangener