Müller, Georg Alexander von
Georg Alexander Müller, seit 1900 von Müller ( 24. März 1854 in Chemnitz, Königreich Sachsen; 18. April 1940 in Hangelsberg), war ein deutscher Offizier der Kaiserlichen Marine und der Vorläufigen Reichsmarine (z. D.), zuletzt Admiral und von 1906 bis 1918 Chef des Marinekabinetts im Großen Generalstab und im Kaiserlichen Großen Hauptquartier. Der Adelstitel wurde ihm am 14. März 1900 an Bord des Großen Kreuzers SMS „Deutschland“ verliehen. Er galt als Verfechter einer stolzen, freien deutschen Seemacht, aber nicht mit allen Mitteln der Kriegsführung, insbesondere was den uneingeschränkten U-Boot-Krieg betraf.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Nach der Rücksiedlung seiner deutschen Eltern 1869 von Schweden nach Berlin, wo Georgs Vaters Professor war, trat der junge Abiturient Müller am 31. Mai 1871 als Kadett in die Kaiserliche Marine ein und diente dort fortan in verschiedenen Stellungen. So war er z.B. 1885/86 an die Deutsche Botschaft in Stockholm kommandiert. 1896 wurde er à la suite des Seeoffizierkorps persönlicher Adjutant von Heinrich Prinz von Preußen. Müller war Kommandant eines Kanonenbootes in Ostasien (Ostasiengeschwader), dann Offizier im Stabe des Prinzen und seit 1904 Flügeladjutant Kaiser Wilhelms II., sowie seit 1906 Chef des Kaiserlichen Marinekabinetts. Von Müller, am 29. August 1910 zum Admiral befördert, führte die Behörde bis zur Aufhebung der Immediatstellung. Am 29. Oktober 1918, einen Tag nach der Unterstellung des Amtes unter das Reichsmarineamt, wurde Müller beurlaubt und einen Monat später zur Disposition gestellt und schließlich von der Vorläufigen Reichsmarine in den Ruhestand verabschiedet.
Neue Deutsche Biographie
- M. trat 1871 als Kadett in die Kaiserl. Marine ein. Im Anschluß an seine Ausbildung zum Seeoffizier diente er in verschiedenen Stellungen an Bord und an Land. Zu den bedeutendsten zählten seine Kommandierungen zur Torpedowaffe (zwischen 1879 und 1884) und zum Oberkommando der Marine (1892–95) – hier gewann und festigte M. seine Verbindung zu dem späteren Staatssekretär des Reichsmarineamtes Alfred v. Tirpitz – wie auch seine Verwendungen unter Prinz Heinrich von Preußen, dem Bruder des Kaisers. Als persönlicher Adjutant begleitete M. den Prinzen 1897/98 nach Ostasien, übernahm dort das Kommando über den Großen Kreuzer „Deutschland“ (1898-1900) und wirkte, nachdem der Prinz Chef des Kreuzergeschwaders geworden war, zugleich als dessen Chef des Stabes (1899/1900). Dem Marinekabinett gehörte M. erstmals 1889-91 an, dann wieder als Abteilungsvorstand 1900–02. Nach seiner Verwendung als Kommandant des Linienschiffes „Wettin“ und dem sich anschließenden Dienst im „Militärischen Gefolge“ des Kaisers (als diensttuender Flügeladjutant, seit 1905 als diensttuender Admiral à la suite) wurde M. abermals zum Marinekabinett kommandiert, dessen Leitung er – nicht ohne anfängliches Widerstreben – am 8.7.1906 übernahm. Fortan führte er die Behörde bis zur Aufhebung der Immediatstellung. Am 29.10.1918, einen Tag nach der Unterstellung des Marinekabinetts unter das Reichsmarineamt, wurde M. beurlaubt, einen Monat später verabschiedet. Der nur dem Kaiser verantwortliche Kabinettschef war zum einen für die Personalangelegenheiten der Marine zuständig, zum anderen hatte er Wilhelm II. in allen Marinefragen zu beraten, was seine Anwesenheit bei wichtigen Vorträgen Dritter erforderte. Angesichts der Aufteilung der Marineführung in mehrere Immediatstellen und des Vertrauens, das der 1910 zum Generaladjutant ernannte M. beim Kaiser genoß, standen ihm in dem Maße durchaus erhebliche Einflußmöglichkeiten offen, wie der Kaiser selbst willens war, von dem ihm gegebenen Spielraum Gebrauch zu machen. Der gebildete, gewissenhafte, feinfühlige Kabinettschef nutzte seine Position in eher ausgleichender, mäßigender Absicht. Vor dem Kriege wollte zwar auch er das Deutsche Reich zu einer Weltmacht aufsteigen sehen. Nachhaltig unterstützte er den Tirpitzschen Flottenbau. Bei aller Einsicht in die antibrit. Stoßrichtung solcher Politik aber war er noch keineswegs zu einem eingeschworenen Gegner Großbritanniens geworden. Im Kriege förderte er dann bis Ende 1916 – zuweilen auch gegen den Druck einer nahezu geschlossenen militärischen Führung – die Bemühungen des Reichskanzlers Bethmann Hollweg, den U-Bootkrieg zu begrenzen. Auch sperrte er sich gegen Bestrebungen, Großadmiral Tirpitz mit dem Oberbefehl über die Marine zu betrauen. Ganz im Gegenteil trug er im Frühjahr 1916 zu dessen Entlassung bei. Daß M. Partei für die zivile Reichsleitung ergriff, daß er die Kommandogewalt Wilhelms II. verteidigte, daß er zudem auf einen zurückhaltenden Einsatz der Hochseeflotte gegen den überlegenen Gegner drängte, alles dies weckte im Seeoffizierkorps Mißtrauen und Abneigung gegen ihn. Bereits vor dem Kriege war M. wegen seiner Kampagne gegen den Alkoholgenuß und wegen seiner Vorstöße, als Regelvoraussetzung für die Seeoffizierslaufbahn das Abitur vorzusehen, innerhalb der Marine in eine Außenseiterposition geraten. Nunmehr aber war er für eine einflußreiche Gruppe um den Flottenchef Admiral Reinhard Scheer untragbar geworden. Auch im Großen Hauptquartier zunehmend isoliert, gab M. 1918 schließlich seinen Widerstand gegen die Einrichtung einer Seekriegsleitung, mit der die Kommandogewalt über die Marine de facto an Scheer übergehen sollte, auf. Er selbst erklärte sich bereit, bei nächster Gelegenheit zurückzutreten. Obwohl er sich aus dem öffentlichen Leben hatte zurückziehen wollen, mußte sich M. in der Folgezeit noch mehrmals gegen die in erster Linie von Tirpitz ausgehenden Anfeindungen publizistisch zur Wehr setzen.[1]
Familie
Georg war der Sohn des sächsischen Gutspächtersohn Prof. Dr. phil. Alexander Müller (1828–1906) und dessen Ehefrau, die Pfarrerstochter Clara Therese, geb. Kurzwelly (1830–1898). Sein Vater war zuerst Lehrer der Chemie an der Gewerbeschule in Chemnitz, später dann Prof. der Agrikulturchemie an der Landbauakademie in Stockholm sowie Besitzer des Gutes Stensjöholm bei Ryssby (Schweden). Sein Bruder war der bekannte Landschaftsmaler Prof. Dr. phil. Konrad Müller-Kurzwelly (1855–1914). Sein Großvater mütterlicherseits war Oberstleutnant Erich von Monbart (1836–1907) aus Benrath.
Ehe
Kapitänleutnant Müller heiratete am 26. November 1889 in Küstrin seine Verlobte Elisabeth Julie Nanny Luise von Monbart ( 24. Juni 1868 in Heiligenstadt),[2] Schwester von Helene Kessler (Pseudonym: Hans von Kahlenberg). Aus der Ehe sind drei Kinder entsprossen:
- Johanna Luise ( 27. November 1890 in Friedenau bei Berlin; 11. August 1911 im Kindbett) ∞ 4. Oktober 1910 in Berlin Hauptmann Friedrich „Fritz“ von Buch (1876–1959), zuletzt Generalmajor der Wehrmacht
- Sven Erich (1893–1964), Offizier, Jurist, Staatswissenschaftler und Schriftsteller
- Karin Elisabeth (1895–1979) ∞ 1915 Ehefrau von Emil Georg von Stauß, vier Kinder
Beförderungen
- 31.5.1871 Kadett (Crew 71)
- 19.9.1972 Seekadett
- 19.12.1874 Unterleutnant zur See
- 13.8.1878 Leutnant zur See
- 22.3.1886 Kapitänleutnant
- 1.4.1889 bis 30.9.1891 zum Marinekabinett kommandiert
- April 1900 bis 1902 Abteilungsvorstand im Marinekabinett
- 19.6.1893 Korvettenkapitän mit Patent vom 19.5.1893
- 12.4.1897 Fregattenkapitän
- seit der Rangliste 1898 mit dem Rang als Oberstleutnant
- 22.3.1899 Kapitän zur See
- 27.1.1902 Flügeladjutant
- 17.9.1904 bis 27.5.1906 diensttuender Flügeladjutant
- 27.1.1905 Konter-Admiral
- Diensttuender Admiral à la suite Seiner Majestät des Kaisers und Königs
- 28.5./8.7.1906 bis 29.10.1918 Chef des Marinekabinetts
- 17.9.1907 Vize-Admiral
- 29.8.1910 Admiral
- 29.8.1910 Vortragender Generaladjutant Kaiser Wilhelms II.
Auszeichnungen (Auszug)
- Friedrichs-Orden, Ritter I. Klasse (WF3a)
- Rettungsmedaille am Band
- Wasa-Orden, Ritterkreuz (SW3)
- 1893/94 in Ritterkreuz I. Klasse (SW3a) umbenannt
- Orden der Eisernen Krone (Österreich), Ritter III. Klasse (ÖEK3)
- Roter Adlerorden, IV. Klasse
- Preußisches Dienstauszeichnungskreuz
- Krone zum Roten Adlerorden IV. Klasse
- Preußischer Kronenorden, III. Klasse
- Albrechts-Orden, Offizierkreuz (SA3)
- Verdienstorden Philipps des Großmütigen, Ritterkreuz I. Klasse mit der Krone (GHVP3amKr/HP3amKr)
- Orden Heinrichs des Löwen, Komtur II. Klasse (BrHL2b/BrH2b)
- Sankt-Stanislaus-Orden, II. Klasse (RSt2)
- Zentenarmedaille, 1897
- Königlicher Hausorden von Hohenzollern, Ritterkreuz
- Orden der Württembergischen Krone, Ehrenritterkreuz (WK2c)
- Orden vom Doppelten Drachen, II. Klasse, 2. Stufe (CD2b/CDII.2)
- St.-Annen-Orden, II. Klasse (RA2)
- Roter Adlerorden, III. Klasse mit der Schleife und der Krone
- Orden der Aufgehenden Sonne, III. Klasse (JVAS3/JV3)
- Orden des Heiligen Schatzes, Kommandeurkreuz (JZ3)
- Stern zum Sankt-Stanislaus-Orden II. Klasse (RSt2mSt)
- Weißer Elefantenorden (Siam), Großoffizierkreuz (SEO2/SE2)
- Brillanten zum St.-Annen-Orden II. Klasse (RA2mBr)
- Preußischer Kronenorden, II. Klasse
- Albrechts-Orden, Komturkreuz II. Klasse (SA2b)
- Orden der Krone von Italien, Großoffizier (JK2)
- Roter Adlerorden, II. Klasse mit Eichenlaub und der Krone
- Orden vom Zähringer Löwen, Komturkreuz I. Klasse (BZ2a)
- Lippischer Hausorden, Ehrenkreuz I. Klasse (LDH1)
- Greifen-Orden, Großkomturkreuz (MG2a)
- Oldenburgischer Haus- und Verdienstorden des Herzogs Peter Friedrich Ludwig, Ehren-Großkomturkreuz (OV2a)
- Orden der Württembergischen Krone, Kommenturkreuz (WK2b)
- Erlöser-Orden, Großkommandeurkreuz (GE2a)
- Königlicher Viktoria-Orden, Kommandeur (GV3)
- Orden der Krone von Italien, Großkreuz (JK1/ItKr1)
- Orden unserer Lieben Frau zur Empfängnis von Villa Vicosa, Großkreuz (PVV1/PV1)
- Schwertorden, Kommandeur I. Klasse (SS2a) am 19. Juli 1905
- Orden für Verdienste zur See (Spanien), IV. Klasse bzw. Großkreuz (SMK4)
- Erinnerungszeichen zur Silbernen Hochzeit 1906
- Königlicher Hausorden von Hohenzollern, Komturkreuz
- Orden des heiligen Olav, Großkreuz (NO1)
- Stern zum Preußischen Kronenorden II. Klasse
- Orden vom Zähringer Löwen, Großkreuz (BZ1)
- Verdienstorden Philipps des Großmütigen, Großkreuz (HP1)
- Danebrogorden, Großkreuz (DD1) am 3. Juli 1907
- Königlicher Viktoria-Orden, Großkreuz (GV1)
- Orden von Oranien-Nassau, Großkreuz (NN1)
- Sankt-Stanislaus-Orden, I. Klasse (RSt1)
- Stern zum Roten Adlerorden II. Klasse mit Eichenlaub und der Krone
- Militärverdienstorden (Bayern), II. Klasse mit Stern (BMV2mSt)
- Oldenburgischer Haus- und Verdienstorden des Herzogs Peter Friedrich Ludwig, Ehren-Großkreuz (OV1)
- Albrechts-Orden, Großkreuz (SA1)
- Erlöser-Orden, Großkreuz (GE1)
- Orden des Heiligen Schatzes, I. Klasse (JZ1)
- Ritterorden der hl. Mauritius und Lazarus, Großkreuz (JM1)
- Orden der Eisernen Krone (Österreich), Ritter I. Klasse (ÖEK1)
- Schwertorden, Großkreuz (SS1) am 6. Juni 1908
- Osmanie-Orden, I. Klasse (TO1)
- Preußischer Kronenorden, I. Klasse
- Sankt-Annen-Orden, I. Klasse (RA1)
- Preußischer Kronenorden, I. Klasse
- Friedrichs-Orden, Großkreuz mit der Krone (WF1mKr)
- Kronenorden (Belgien), Großkreuz (BKO1)
- Kaiserlich-Königlicher Orden vom Weißen Adler (RWA)
- Roter Adlerorden, I. Klasse mit Eichenlaub und der Krone
- Königlicher Hausorden von Hohenzollern, Stern der Komture
- Militärverdienstorden (Bayern), I. Klasse (BMV1)
- Großkreuz des Roten Adlerordens mit Eichenlaub und der Krone[3]
- Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse[3]
- Großkomtur des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwerten[3]
- Fürstlich Hohenzollern'sches Ehrenzeichen, Ehrenkreuz I. Klasse mit Schwertern (HEK1⚔)
- Orden Berthold des Ersten, Großkreuz mit Schwertern (BBI1⚔)
- Militärverdienstorden (Bayern), Großkreuz mit Schwertern (BMV.G.Kr⚔)
- Hanseatenkreuz Hamburg[3]
- Lippisches Kriegsverdienstkreuz (LKr)[3]
- Friedrich-August-Kreuz, I. Klasse (OFA1)[3]
- Großkreuz des Albrechts-Ordens mit goldenem Stern und Schwertern (SA1mgSt⚔)[3]
- Kreuz für treue Dienste (SLK)[3]
- Großkreuz des Ordens der Württembergischen Krone mit Schwertern (WK1⚔)[3]
- Großkreuz des Friedrichs-Ordens mit Krone (WF1mKr)[3]
- Schwarzer Adlerorden[3] am 1. August 1916
- Pour le Mérite am 24. März 1918
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
Fußnoten
- Geboren 1854
- Gestorben 1940
- Deutscher Admiral
- Admiral (Kaiserliche Marine)
- Linienschiff-Kommandant (Kaiserliche Marine)
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Träger des Pour le Mérite (Militärorden)
- Ritter des Schwarzen Adlerordens
- Träger des Großkreuzes des Roten Adlerordens
- Träger des Preußischen Königlichen Kronenordens 1. Klasse
- Träger des Hausordens von Hohenzollern
- Träger des Bayerischen Militärverdienstordens (Großkreuz)
- Träger des Großherzoglich Hessischen Verdienstordens (Großkreuz)
- Träger des Ordens der Württembergischen Krone (Großkreuz)
- Träger des Ordens vom Zähringer Löwen (Großkreuz)
- Träger des Greifenordens
- Träger des Lippischen Hausordens
- Träger des Oldenburgischen Haus- und Verdienstordens des Herzogs Peter Friedrich Ludwig
- Träger des Dannebrogordens
- Träger des Sankt-Olav-Ordens
- Träger des Friedrichs-Ordens (Großkreuz)
- Träger des Albrechts-Ordens (Großkreuz)
- Träger des Ordens Heinrichs des Löwen
- Träger des Hanseatenkreuzes (Hamburg)
- Träger des Eisernen Kreuzes I. Klasse (1914)