Wangel, Hedwig
Hedwig Wangel, eigentlich Amalie Pauline Hedwig Simon ( 23. September 1875 in Berlin; 12. März 1961 in Rendsburg), war eine deutsche Staatsschauspielerin.
Leben
Hedwig Wangel wurde am 23. September 1875 als Amalie Pauline Hedwig Simon in Berlin geboren; ihr Vater war Besitzer des großen Musikverlages Carl Simon. Schon als Kind stand für sie der Berufswunsch „Schauspielerin“ fest, später machte sie eine entsprechende Ausbildung unter anderem bei Ernst Cochoy sowie dem legendären Josef Kainz (1858–1910). Hedwig Wangel begann von der „Pike“ auf, arbeitete in Berlin anfangs als Statistin am Königlichen Schauspielhaus bei dem Theaterleiter und Schriftsteller Max Grube (1854–1934), doch zunächst wollte sich der Erfolg nicht so recht einstellen. Es begannen nicht grade einfache Lehr- und Wanderjahre durch die Provinz, die sich fast zehn Jahre hinzogen. Über verschiedenste Engagements, unter anderem in Detmold (1894/95), Riga (1896–1998), Kassel (1899/1900) und Hamburg (1901/02, Thalia Theater) kam sie schließlich 1903 nach Berlin, trat am Lessingtheater sowie dem Neuen Theater und dem Kleinen Theater auf. 1906 war Hedwig Wangel dann endlich am Ziel ihrer Wünsche und wurde an das Deutsche Theater verpflichtet. Drei Jahre lang stand sie unter Max Reinhardt dort auf der Bühne, avancierte rasch zu einer der bedeutendsten Charakterdarstellerinnen Deutschlands und machte sich mit Gastspielreisen auch international einen Namen; sie trat unter anderem in Großbritannien, Frankreich, Belgien, Holland, Finnland und Polen auf.
Bei einer ihrer Tourneen besuchte sie 1909 einen Kongreß der Heilsarmee und war von der Arbeit dieser Organisation so beeindruckt, daß sie sich auf der Höhe ihrer Erfolge zeitweilig von der Bühne verabschiedete, um sich in den folgenden Jahren fast ausschließlich karitativen Tätigkeiten zu widmen. Anfang der 20er Jahre gründete sie mit eigenen Mitteln sowie mit Erlösen aus Sammlungen auf der Hubertushöhe in Storkow (Mark) das „Tor der Hoffnung“, ein Heim für entlassene weibliche Strafgefangene. Wegen mangelnder Unterstützung durch die Behörden sowie der Schwierigkeiten der Inflationsjahre mußte sie dieses im Jahre 1929 wieder schließen. Um sich die notwendige finanzielle Basis zu schaffen, war sie 1925 abermals Mitglied des Deutschen Theaters geworden, anschließend spielte sie von 1927 bis 1930 am Berliner Renaissancetheater, von 1931 bis 1932 am Theater in der Behrenstraße, 1933 schlossen sich Verpflichtungen am Deutschen Künstlertheater sowie der Komischen Oper an.
Nach einer erneuten Unterbrechung ihrer Schauspieltätigkeit in den Jahren 1933 bis 1935 ging Hedwig Wangel zunächst einige Monate lang auf Gastspielreisen und gehörte dann bis 1944 dem Ensemble der Münchener Kammerspiele an. Hier brillierte sie vor allem als pfiffige Mutter Wolffen in Hauptmanns „Der Biberpelz“, als Marthe in Goethes „Faust“ oder mit der Titelrolle in George Bernard Shaws Drama „Frau Warrens Gewerbe“. Besondere Triumphe feierte sie in Shakespeares „Was ihr wollt“ oder in dessen „Die Lustigen Weiber von Windsor“. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges trat sie als Gast am Berliner Hebbeltheater und dem Residenztheater in München auf.
Zum Film war Hedwig Wangel Mitte der 1920er Jahre gekommen und hatte ihr Leinwanddebüt in dem Stummfilm „Die Letzte Droschke von Berlin“ (1926) gegeben. Es folgten weitere, meist prägnante Nebenrollen.
In dem Historienfilm „Ohm Krüger“ (1941) mimte sie die Königin Victoria, agierte unter anderem in „Der Weg ins Freie“ (1941), „Die Feuerzangenbowle“ (1944) – hier war sie die Haushälterin des Professors Grey alias Erich Ponto – „Der Puppenspieler“ (1945) oder „Fahrt ins Glück“ (1948). Auch in den 50er Jahren stand Hedwig Wangel regelmäßig vor der Kamera.
Ihre letzten Lebensjahre verbrachte die Schauspielerin an ihrem Alterssitz, einem von ihr wieder geschaffenem Heim für gefährdete Frauen und Mädchen im Holsteinischen Lohe (Kreis Rendsburg). Dort starb die tiefreligiöse Hedwig Wangel am 12. März 1961 im Alter von 85 Jahren; in einem nach ihrem Tod veröffentlichten letzten Gruß forderte sie die Menschheit zum Gottesbekenntnis auf. Die Mimin, der man 1939 den Titel „Staatsschauspielerin“ verliehen hatte, gehörte zu den brillanten Charakterdarstellerinnen ihrer Zeit, war eine „der Großen des Jahrhunderts“, wie „Die Welt“ in einem Nachruf anläßlich ihres Todes schrieb.
Hedwig Wangel war bis zur Scheidung (das Jahr ist unbekannt) mit dem 1940 verstorbenen Pianisten und Organisten Carl Stabernack verheiratet. Laut Informationen der Familie von Wrangel hatte die Schauspielerin am 26. April 1913 Ernst von Wrangel geehelicht; die Scheidung erfolgte am 3. Oktober 1904; davor soll ein Herr Lange ihr Ehemann gewesen sein. Warum sie den Namen „Wrangel“ in „Wangel“ änderte, bleibt im dunkeln.
Eine weitere Information bietet die „New York Times“ in einem Artikel vom 31. Oktober 1909: „German actress elopes“ („Deutsche Schauspielerin brennt durch“) titelte die Zeitung und berichtete, daß Hedwig Wangel ihren Ehemann Carl Stabernack verlassen habe, um mit einem Offizier der Heilsarmee und ehemaligen Fotografen namens Carl Hess durchzubrennen. Hedwigs Vater Carl Simon schaltete daraufhin die Polizei ein, um seine Tochter dem Einfluß des 25jährigen Mannes zu entziehen.
Auszeichnungen
- 1939: Ernennung zum Staatsschauspieler
Filmographie
- 1926: Dagfin
- 1926: Kreuzzug des Weibes
- 1926: Überflüssige Menschen
- 1926: Die letzte Droschke von Berlin
- 1926: Staatsanwalt Jordan
- 1926: Die Sporck’schen Jäger
- 1926: Schenk mir das Leben
- 1926: Der Pfarrer von Kirchfeld
- 1927: Die Geliebte des Gouverneurs
- 1927: Die Geliebte auf dem Königsthron / Draga Maschin
- 1927: Die Vorbestraften
- 1927: Petronella
- 1927: Eine Dubarry von heute
- 1927: Königin Luise
- 1928: Dornenweg einer Fürstin
- 1928: Eine Frau von Format
- 1928: Schneeschuhbanditen
- 1930: Menschen zweiter Güte
- 1930: Flachsmann als Erzieher
- 1930: 1000 Worte deutsch
- 1930: Pension Schöller
- 1930: Der Kampf mit dem Drachen
- 1931: Gloria
- 1931: Der Herr Bürovorsteher
- 1931: Wäsche-Waschen-Wohlergehen
- 1931: Wer nimmt die Liebe ernst?
- 1931: Arme, kleine Eva
- 1932: Friederike
- 1932: Unter falscher Flagge
- 1932: Das Testament des Cornelius Gulden
- 1932: Ballhaus Goldener Engel
- 1932: Drei von der Stempelstelle
- 1932: Theodor Körner
- 1932: Im Bann des Eulenspiegels
- 1932: Flucht nach Nizza
- 1938: Fahrendes Volk
- 1938: Verwehte Spuren
- 1939: Befreite Hände
- 1940: Was will Brigitte?
- 1940: Das Orchestrion
- 1940: Feinde
- 1941: Kameraden
- 1941: Ohm Krüger
- 1941: Ritt zwischen den Fronten
- 1941: Violanta
- 1941: Der Weg ins Freie
- 1942: Geliebte Welt
- 1943: Der unendliche Weg
- 1943: Ein glücklicher Mensch
- 1944: Der Majoratsherr
- 1944: Die Feuerzangenbowle
- 1945: Der Puppenspieler
- 1945: Das alte Lied
- 1948: Menschen in Gottes Hand
- 1948: Fahrt ins Glück
- 1949: Amico
- 1949: Liebe 47
- 1950: Ich glaube an dich
- 1950: Königskinder
- 1950: Frauenarzt Dr. Prätorius
- 1950: Mathilde Möhring
- 1950: Kein Engel ist so rein
- 1951: Hanna Amon
- 1951: Unsterbliche Geliebte
- 1951: Geheimnis einer Ehe
- 1951: Sensation in San Remo
- 1952: Ich heisse Niki
- 1952: Rosen blühen auf dem Heidegrab
- 1953: Alles für Papa
- 1953: Das Dorf unterm Himmel
- 1953: Ave Maria
- 1953: Ein Herz spielt falsch
- 1955: Rosen im Herbst
- 1957: Ohne dich wird es Nacht
- 1958: Die Käserei in der Vehfreude