Schill, Ferdinand von
Ferdinand Baptista von Schill ( 6. Januar 1776 in Wilmsdorf bei Dresden; gefallen 31. Mai 1809 in Stralsund) war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee, der durch das von ihm gegründete und geführte Freikorps „Schill’sche Jäger“ während des Deutschen Freiheitskampfes in den Koalitionskriegen von 1806/07 und 1809 bekannt wurde.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Schill trat im Alter von 14 Jahren in die preußische Armee ein, wurde jedoch aufgrund disziplinarischer Probleme nur sehr langsam befördert.
Preußen stand unter der Herrschaft Napoleons. Magdeburg war eine französische Grenzfestung, Lübeck ein französischer Hafen. Französische Besatzungstruppen lagen in den Städten an der Oder. Viele deutsche Männer konnten die Knechtschaft ihres Vaterlandes nicht ertragen. Manch einer hoffte, durch eine kühne Tat das Volk mitzureißen zur Erhebung gegen den Unterdrücker. So wollten sie den allgemeinen Freiheitskampf entfachen und das verhaßte Joch abschütteln.
Einer dieser Männer war der Major von Schill. Als Leutnant hatte er in der Schlacht bei Jena und Auerstedt mitgekämpft. Mit einer schweren Kopfwunde schlug er sich durch bis Kolberg und beunruhigte dort die Franzosen lange Zeit durch kühne Ausfälle.
Es war noch nicht zwei Jahre nach dem Schmachfrieden von Tilsit. Da ritt eines Morgens im April 1809 der Major von Schill mit den 600 Reitern seines 1. Schlesisches Husaren-Regiments (bzw. des 2. Brandenburgischen Husaren–Regiments „von Schill“; seit September 1807 Inhaber dieser Reiterei) aus dem Potsdamer Tor von Berlin hinaus. Daß alle Soldaten scharfe Munition empfangen hatten, wunderte niemanden, war man doch oft schon hinausgezogen zum Scharfschießen im Gelände. Aber weit dehnte sich heute der Ritt aus. Erst in der Nähe von Potsdam ließ Schill halten. Er ließ seine Husaren einen Halbkreis bilden und verkündete ihnen seinen Plan.
Nicht zu einer Felddienstübung hatte er sie heute so weit hinausgeführt, es ginge vielmehr gegen die Franzosen. „Freiheit und Ehre!“ jauchzten ihm Offiziere und Mannschaften zu. Keiner kehrte um. Schill hatte es auch nicht anders erwartet. Er konnte sich auf seine Leute verlassen. Am andern Tage erfuhr der Kommandant von Berlin, was geschehen war. Aus Angst, die gesamte Garnison würde Schill nachziehen, ließ er sofort die Tore der Stadt verschließen. Trotzdem fand noch eine Reihe deutscher Offiziere und Soldaten den Weg hinaus zum Kampf für deutsche Ehre und Freiheit. Sogar einige Geschütze brachten sie mit zu Schill. Der Zug begann. In Dessau an der Elbe ließ Schill einen Aufruf an das deutsche Volk drucken:
- „Ermannt euch! Folgt meinem Wink! Mit kräftiger Hand geführt, wird auch die friedliche Sense zu tödlicher Waffe!"
Als der Aufruf an den Häusern angeschlagen wurde, da läuteten überall die Sturmglocken. Die allgemeine Erhebung des deutschen Volkes schien eingeleitet. Doch es schien nur so. Der König von Preußen ließ sich nicht mitreißen, und in Westfalen, wo Schill (motiviert durch den Aufstand des Wilhelm von Dörnbergs) den „König“ Jèròme Bonaparte, den Bruder Napoleons, vertreiben wollte, blieb alles ruhig. Jèròme setzte 10.000 Franc auf den Kopf Schills aus. Der antwortete damit, daß er auf Jèròmes Kopf – fünf Taler aussetzte.
Von Magdeburg brachen französische Regimenter gegen Schill auf. Todesmutig warfen sich die Husaren den überlegenen Kräften entgegen. Vergebens! Sie erlitten schwere Verluste, wurden nach Norden abgedrängt und schlugen sich bis an die Ostsee nach Stralsund durch. Als sie in die Hafenstadt einzogen, läuteten gerade auf französischen Befehl die Glocken, weil Napoleon die Österreicher entscheidend geschlagen hatte und in Wien einmarschiert war. Jetzt läuteten sie weiter – für Schill. Schleunigst ließ dieser die verfallenen Festungswerke wieder herstellen; denn schon rückte ein zehnfach überlegenes feindliches Heer heran. Gegen diese Übermacht konnten die Wälle jedoch nicht gehalten werden. Die Stadt wurde erstürmt. Aber wild tobte der Kampf in den engen Straßen weiter. Hier fand Schill am 31. Mai 1809 – fünf Wochen nach seinem hoffnungsvollen Ausmarsch aus Berlin – den Reitertod.
Sein Leichnam wurde der Uniform beraubt und anschließend geköpft. Auf französischen Befehl wurde Schill ohne Sarg und Segen auf dem Militärfriedhof Stralsund verscharrt, seinen Kopf überreichte man in Weingeist gelegt König Jerome, dem Bruder Napoleons. Schills getreuer Mitkämpfer, Leutnant Gustav von Petersson, wurde wenige Tage später in Stralsund hingerichtet.
- „So starb ein Mann, den viele tadelten, aber wenige erreichen werden. Seinem vortrefflichen Corps ist kein anderer Vorwurf zu machen, als Kühnheit und der rege Wunsch, Deutschlands Freiheit zu erkämpfen, gebe ich zur Antwort, das sie selbst wahrlich diesem Vorwurf nicht verdienen, noch verdienen werden.“ — Adolf von Lützow zu seinem Freund und Anführer, dem Freiheitskämpfer von Schill
Militärgericht
Der König von Preußen Friedrich Wilhelm III. versuchte noch im Mai, des Majors von Schill habhaft zu werden. Viele Offiziere, die damit beauftragt waren, zählten selbst zu den „teutschen Patrioten“ der Armee und gaben sich kaum Mühe, den Freiheitskämpfer einzufangen. Generalleutnant Bogislav Friedrich Emanuel von Tauentzien und Generalleutnant Anton Wilhelm von L’Estocq wurden deshalb durch den König vom Dienst suspendiert, allerdings nur bis zum 22. Juli 1809.
Militärhistoriker gehen inzwischen davon aus, daß der König zwar Napoleon zwangsverpflichtet war und somit handeln mußte, aber durch ein „strenges Militärgerichtsverfahren“ den Offizier ggf. vor den französischen Häschern beschützen wollte, was jedoch nicht gelang. Zum Schluß beauftragte er Generalmajor Ludwig August von Stutterheim (1751–1826) mit der Aufgabe, u. a. unterstützt von Oberstleutnant Georg Dubislav Ludwig von Pirch, aber auch von Stutterheim blieb erfolglos, denn im Volk war der Major inzwischen zum Helden geworden.
Gedicht
Ernst Moritz Arndt gedachte Schills Kampf 1859 mit einem Gedicht:[1]
Wir kommen heut getreten,
Du tapfre Sundia,
Zu wünschen und zu beten;
Zu beten ist immer da:
Schon wieder listen die Welschen
In weiter Welt herum,
Zu verkehren und zu fälschen
Deutsch Evangelium:
Evangelium der Treue,
Die beste deutsche Macht,
Die täglich wieder neue
Und frische Herzen macht:
Die Macht, worauf wir stehen
Und stehen ganz allein,
Die Macht, der in den Höhen
Der Herr will Helfer sein.
Bei dir ist viel zu melden
Von alter Sachsenkraft,
Deine Bürger waren Helden
Mit Schwert und Lanzenschaft,
Es mußt’ an deinen Wällen,
Wie stolz er lief daran,
Der Wallenstein zerschellen,
Der allgewaltige Mann.
Die ritterlichen Namen,
Die dich als Braut gewollt
Und um dich werben kamen,
Die Fahnen aufgerollt,
Wer mag sie heute nennen,
Die stolze Heldenzahl,
Die herrlich leuchtend brennen
In deinem Wappenstrahl?[2]
Viel reiche Ruhmesgarben
Fuhrst weiland du dir ein;
Die buhlend um dich warben,
Schwer ließest du sie ein;
Zuletzt ist einer der Frommen
In böser welscher Zeit
In deine Mauern gekommen.
Sein Name klinge heut!
Ja, als die Wucht von Schanden
Den Nacken Deutschlands bog,
Ist einer aufgestanden,
Der stolz den Degen zog;
Als viele wie Memmen erblichen
Und kuschten feig und still,
Ist dieser nicht ausgewichen.
Sein Name klinget Schill.
Er ruht an deinem Strande,
Du edle Strahlenstadt,
Umgerollt im Vaterlande
Ist glücklich der Zeiten Rad:
Über dem die Welschen riefen:
Verscharrt ihn wie einen Hund!
Den grüßen heut aus Herzenstiefen
Die Männer am Stralensund.
Drum wollen wir fröhlich treten
Heut an des Helden Gruft
Und fromm für jeden beten,
Der Nieder Welschland! ruft;
Wer nichts als deutsche Sache
Und deutsche Freiheit will,
Ruft Nieder, welscher Drache!
Ruft Hoch der deutsche Schill!
Die elf Schill’schen Offiziere
Den Überlebenden des Schill’schen Freikorps gewährte der feindliche General freien Abzug. Als sie sich im Vertrauen auf dieses Wort ergaben, wurden sie jedoch gefangengenommen. Wie Sträflinge ließ Napoleon sie in die dunklen Kasematten der Festung Wesel am Rhein werfen. Hier auf deutschem Boden tagte ein französisches Kriegsgericht. 500 Soldaten Schills wurden als Galeerensklaven auf französische Schiffen verbannt, 14 Soldaten wurden willkürlich ausgewählt und vom 18. bis 22. Juli 1809 in Braunschweig hingerichtet. In deren Grab wurde Schills Kopf am 24. September 1837 beigesetzt.
Die elf Offiziere wurden zum Tode verurteilt.
Draußen auf dem Richtplatz vor den Toren der Stadt standen die elf jungen Leutnants, zu zweien und zu dreien aneinander gefesselt. Für jeden von ihnen waren sechs französische Grenadiere bestimmt. Bevor diese anlegten, brachte einer der Offiziere ein Hurra auf Preußen und den König aus, und alle stimmten ein. Dann rollten 66 Schüsse über den Platz. Wie ein Leichentuch lagerte der Pulverdampf über den Gefallenen. Einem der Offiziere, Albert von Wedell, jedoch war nur der Arm zerschmettert. Da riß er Rock und Hemd auf, entblößte seine Brust und rief: „Hierher, Grenadiere!" Dann fiel auch er für Freiheit und Ehre des Vaterlandes.
Es wurden aber nicht nur die von der vaterländischen Geschichtsschreibung in den Vordergrund gestellten elf Offiziere in Wesel erschossen, sondern in Braunschweig auch vierzehn Unteroffiziere und Mannschaften; etwa fünfhundert Mann kamen auf französische Galeeren, von denen die wenigen Überlebenden dann erst nach 1814 befreit wurden.
Gedenken
Das Husaren-Regiment „von Schill“ (1. Schlesisches) Nr. 4 trug ihm zu Ehren fortan seinen Namen. Zum Gedenken an die elf treuen Schill’schen Offiziere wurde am 31. März 1835 an der Stelle ihrer Hinrichtung und Begräbnisstelle auf den Lippewiesen bei Wesel ein Denkmal errichtet. Das Denkmal zeigt auf der Stadtseite die trauernde Borussia und die heranschreitende Siegesgöttin am Altar des Vaterlandes. Auf dem mit dem preußischen Adler gezierten Altar liegt ein Richtbeil, über das die Viktoria einen Kranz hält und damit den Märtyrertod in einen Sieg verwandelt.
Auf der stadtabgewandten Seite thront der preußische Adler mit dem Sinnspruch:
- „Sie starben als Preußen und Helden am 16ten Sept. 1809“.
Zur Stadtseite hin liest man die Namen der elf Schill’schen Offiziere:
Name | Alter | Originalinschrift |
---|---|---|
Friedrich Wilhelm Felgentreu | 23 | Leut. FELGENTREU Friedrich Wilhelm – Artillerie – 8.5.1786 Berlin |
Johann Friedrich Ludwig von Flemming | 19 | Leut. FLEMMING Hans von – Infanterie – 23.10.1790 Glogau |
Konstantin Johann Wilhelm Gabain | 23 | Leut. GABAIN Constantin Wilhelm – Infanterie – 21.7.1786 Geldern |
Johann Friedrich Wilhelm Galle | 29 | Leut. GALLE Friedrich Ferdinand – Husaren – 16.10.1771 Berlin |
Johann Leopold Jahn | 31 | Leut. JAHN Leopold – Husaren – 18.6.1778 Massau |
Karl Gustav von Keffenbrink | 17 | Leut. KEFFENBRINCK Carl von Krien – 17.11.1791 |
Adolf Theodor Leopold von Keller | 24 | Leut. KELLER Adolph von – Infanterie – 13.9.1785 Strasburg |
Johann Christian Daniel Schmidt | 29 | Leut. SCHMIDT Ferdinand – Jäger – 16.1.1780 Berlin |
Karl Friedrich Wilhelm von Trachenberg | 25 | Leut. TRACHENBERG Carl Friedrich von – Infanterie – 12.9.1784 Rathenau |
Albert Hans Gustav von Wedell | 18 | Leut. WEDELL Heinrich Gustus Albrecht von – Infanterie – 16.1.1791 Kriegsdorf |
Karl Lupold Magnus Wilhelm von Wedell | 23 | Leut. WEDELL Carl Magnus von – Husaren – 30.6.1786 Brausforth |
Auszeichnungen (Auszug)
- Pour le Mérite am 12. Januar 1807 für die erfolgreiche Befreiung von Gülzow als Leutnant (mit gleichzeitiger Beförderung zum Premierleutnant) und Führer der Freischar „von Schill“, verliehen von Friedrich Wilhelm III.
Filme
- Der Heldentod der elf Schill’schen Offiziere zu Wesel (1909)
- Die Erschießung der elf Schill’schen Offiziere (1912)
- Ferdinand von Schill (1913)
- Die elf Schill’schen Offiziere (1926)
- Die elf Schill’schen Offiziere (1932)
- Der Feuerteufel (1940)
- Kameraden (1941) [nur Handlung um seine Offiziere]
- Kolberg, Spielfilm um die Verteidigung Kolbergs, 1945
Literatur
- Georg Baersch: Ferdinand von Schill’s Zug und Tod im Jahre 1809. Zur Erinnerung an den Helden und die Kampfgenossen, 1860 (PDF-Datei)
- Schill’s Zug nach Stralsund und sein Ende: Tagebuch eines seiner Vertrauten (1831); PDF-Datei
- Ernst Moritz Arndt: Das Lied vom Schill, 1812
- Rudolf Gottschall: Ferdinand Schill, Drama, 1850
- Adda von Liliencron: Sonnenschein und Sturm – Erzählung aus der Zeit von Schills Erhebung, 1886
- Alexander von Pardutz: Die Elf, Soldatendrama aus großer Zeit, Miskolcz 1915 (Aufführung in Graz, Österreich)
- Herbert Ziergiebel: Rebellen, Roman um Ferdinand von Schill, Berlin 1953
- Heinz-Jürgen Zierke: Ich war Ferdinand von Schill, Historischer Roman, Rostock 1983
- Wilhelm Frey: Die elf Schill’schen Offiziere (PDF-Datei 26MB)
- Friedrich Karl von Vechelde: Ferdinand von Schill und seine Schaar. Zur Erinnerung an die Beerdigungsfeier der irdischen Überreste von vierzehn im Jahr 1809 bei St. Leonhard ohnfern Braunschweig erschossenen Schill’schen Krieger und an die Einweihung des denselb. ... erricht. Denkmals am 19. März 1837. Mit d. Bildnisse Schill’s, einer Ansicht u. e. lithogr. Gedicht, 1838 (PDF-Datei)
- Veit Veltzke (Hg.): Für die Freiheit - gegen Napoleon. Ferdinand von Schill, Preußen und die deutsche Nation (Bestellmöglichkeit)
Verweise
- Sie alle bauten Deutschland: Schill, vorwärts gegen den Unterdrücker
- Altermedia: Gedenkminute in Landsberg am Lech – Vor 200 Jahren starb Ferdinand von Schill den Soldatentod (1. Juni 2009)
- n-tv: Schill-Totenmaske aufgetaucht (Juni 2009)