Untucht, Robert
Hellmuth Robert Untucht ( 22. Juni 1897 in Magdeburg;
26. November 1938 in Bathurst, Britisch-Gambia) war ein deutscher Luftfahrtexperte, Dornierangestellter (u. a. für die Versuchsflüge und der Tauglichkeit der Do 17 zuständig), Erprobungsflieger sowie Flugkapitän der Lufthansa (Bezirksleitung Mitte) und als solcher Verbindungsmann zum Reichsluftfahrtministerium. Die am 3. März 1939 zugelassene Ju 52/3m „D-APXD“ (6149) der Lufthansa erhielt den Ehrennamen „Robert Untucht“, ging am 23. Dezember 1942 an die Luftwaffe zur Verfügung der 2. Staffel/Kampfgeschwader z. b. V. 1 und wurde über bzw. auf dem Feldflughafen „Bassargino“ im Kessel von Stalingrad am 8. Januar 1943 durch Feindbeschuß zerstört.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang



Mit der He 70 hatte Untucht am 22. März 1933 erneut einen Weltrekord aufgestellt (zwischen dem 13. März und 28. April 1933 waren es insgesamt acht[2]), als er bei einer 1000-km-Flugstrecke mit 500-kg-Ladung eine durchschnittliche Fluggeschwindigkeit von 347,48 km/h erreichte.[3] Im Juni 1934 landete auf dem Flughafen Köln-Butzweilerhof von Hamburg kommend eine Heinkel He 70 B „Blitz“ mit dem Merknamen „Schwalbe“ (660 PS-BMW-Motor, 320 km/h Reisegeschwindigkeit) mit Lufthansa-Flugkapitän Untucht am Steuer. Untucht stellte den Berichterstattern auf den neu im DLH-Fahrplan aufgenommenen „Blitzstrecken“ Berlin–Hamburg–Köln–Frankfurt eine der neu eingeführten Heinkel-Schnellverkehrsmaschinen vor, die die Entfernungen in sehr kurzen Flugzeiten bewältigten: Abflug Berlin 8.00 Uhr, Ankunft Hamburg 8.50 Uhr, Abflug 9.00 Uhr, Ankunft in Köln 10.10 Uhr, nach Abflug in 35 Minuten Ankunft in Frankfurt am Main und von dort nach Berlin in 80 Minuten. Die zweite Strecke führte von Berlin entgegengesetzt nach Frankfurt–Köln–Hamburg–Berlin. Das Blitzstreckennetz schlug Brücken zwischen den wichtigsten Industrie- und Wirtschaftsgebieten des Deutschen Reiches und sollte auch nach Ostpreußen und Oberschlesien ausgebaut werden. Untucht war nicht nur beruflich Flieger, sondern auch sportlich, so nahm er z. B. am Internationalen Europarundflug 1934 teil und unterrichtete den Segelflieger-Nachwuchs.
He 116 V 1
Für den Erstflug der He 116 V 1 am 9. Dezember 1936 engagierte Ernst Heinkel Lufthansa-Flugkapitän Robert Untucht, der 1933 eine Reihe von Geschwindigkeitsrekorden mit der He 70 erflogen hatte. Da bei diesem Flug alle vier Hirth HM 508 B-Triebwerke durch einen Fehler in der Treibstoffversorgung aussetzten, mußte Untucht die Maschine auf dem Breitling bei Warnemünde notwassern. Dabei bewährte sich der schwimmfähige, dichtgenietete Rumpf. Das Flugzeug wurde von einem Motorboot zum Werk nach Marien-ehe geschleppt und vor der Seeflughalle abgesetzt. Am nächsten Tag begann die Schadensuntersuchung. Nach Aussage des damals mitgeflogenen Bordwarts Beese wurden anschließend die stark beschädigten hölzernen Tragflächen durch die des noch nicht ganz fertigen zweiten Versuchsmusters ersetzt. So konnte die reparierte Werknummer 545 Anfang März 1937 erneut in die Flugerprobung gehen und absolvierte am 26. Mai 1937 wieder mit Flugkapitän Untucht ihren Abnahmeflug. Die im Dezember 1936 noch ohne Zulassung geflogene Maschine erhielt nun eine Lufthansa-Bemalung, das Kennzeichen D-AJIE und den Namen einer deutschen Provinz „Schlesien“, entsprechend den anderen viermotorigen DLH-Mustern Ju 90 und Fw 200. So wurde sie viel fotografiert, gehörte allerdings nicht der DLH, sondern war ihr zur Langstreckenerprobung durch das Reichsluftfahrtministerium (RLM) zugewiesen worden.
Junkers Ju 90
- „Das dritte Flugzeug Ju 89, die V3, Wnr.4913, sollte nach der Forderung der militärischen Seite ursprünglich mit demselben schmalen Rumpf wie die beiden als Kampfflugzeuge gebauten V1 und V2 fliegen, nur mit entsprechender Innenausstattung für den Passagiertransport. Nachdem die Luftwaffe ihr Interesse an dem Muster aufgegeben hatte, gelang es dem Technischen Vorstand der DLH, Freiherr von Gablenz, beim RLM für die V3 die Konstruktion und den Bau eines völlig neuen, viel breiteren Rumpfes durchzusetzen, der nur von der Bequemlichkeit der Fluggäste her bestimmt war. Damit flog das erste, nun in Ju 90 umbenannte Flugzeug D-AALU, das den Namen ‚Der große Dessauer‘ bekam, bereits am 28. August 1937 mit Flugkapitän Kindermann und Dipl.-Ing. Erich Gast zum ersten Mal. Das Flugzeug hatte ebenfalls noch DB 600 Motoren, die aber ab dem zweiten Flugzeugdurch Sternmotoren BMW 132 ersetzt wurden. Mit ihrer Spannweite von 35,2 m und Platz für 40 Passagiere gehörte die Ju 90 zu den größten Flugzeugen der Vorkriegszeit, dazu mit der Möglichkeit, auch längere Strecken zu fliegen. Ihr guter Ruf litt allerdings Schaden, als bei Flatterversuchen im Flug am 7. Februar 1938 die Ju 90 V1 abstürzte, wobei Kindermann und Gast abspringen konnten, der Versuchsingenieur Hahnemann aber den Tod fand. Beider Erprobung unter tropischen Verhältnissen stürzte wegen Schwierigkeiten im Kraftstoffsystem auch noch die V2 am 26. November 1938 in Bathurst/Westafrika ab, wobei nur vier der 15 Insassen verletzt geborgen werden konnten.
- Unter den 11 Toten waren auch die DLH-Flugkapitäne Untucht und Blankenburg. Dennoch war die DLH sehr an dem Flugzeug interessiert, so dass das RLM weitere Versuchsflugzeuge und eine Kleinserie von insgesamt 10 Stück bestellte. Zwei davon wurden aber zur Erfüllung eines Auftrags der südafrikanischen SAA abgezweigt, welche wesentlich stärkere amerikanische Motoren P&W Twin Wasp eingebaut haben wollte. Wegen des Kriegsausbruchs konnten die beiden Maschinen aber nicht mehr ausgeliefert werden, so dass sie als Transportflugzeuge zur Luftwaffe kamen. Eine davon stürzte während der Besetzung Norwegens in Hamburg nach dem Start ab, vermutlich wegen Vereisung. Die zweite aber leistete wegen ihrer starken Motoren lange Zeit beim Schleppen der großen Lastensegler gute Dienste. Die DLH erhielt im Laufe der Zeitneben der V3 D-AURE und der V4 D-ADLH auch noch die Flugzeuge Wnr. 0001, 0003 und 0005 bis 0010, jeweils zu einem Stückpreis von RM 600000.- Die letzte, die 0010 ‚Brandenburg‘ stürzte wegen Vereisung des Leitwerks am 8. November 1940 bei Brauna in Sachsen ab, wobei Flugkapitän Stache und seine fünf Besatzungsmitglieder sowie alle 23 Fluggäste ums Leben kamen. Es war der bis dahinschwerste Unfall der DLH. Die anderen Flugzeuge kamen im Laufe der Zeit alle als Transporter zur Luftwaffe und gingen dort verloren. Nur die V3 D-AURE ‚Bayern‘ blieb bei der DLH, wo sie zuletzt auf der Spanienstrecke eingesetzt war, bis sie am 9. August 1944 nach der Zwischenlandung in Stuttgart von amerikanischen Tieffliegern in Brand geschossen wurde.“[4]
Tod
In Bathurst, Flugstützpunkt der Lufthansa und Lufthafen für den Lufthansa-Postdienst nach Südamerika, wurde am 26. November 1938 die Junkers Ju 90 „Preußen“ durch einen Aufschlagbrand, der durch
die Berührung mit einer Palmkrone entstand, völlig zerstört. Das Unglück forderte Tote und Verletzte, darunter die beiden Flugkapitäne Joachim Blankenburg[5] ( 10. April 1894 in Berlin-Schöneberg; DLH-Atlantik-Flugbetrieb) und Robert Untucht. Untuchts Freund Dipl.-Ing. Fritz Wilhelm Achterberg (1901–1939), der ebenso wie er an die Erprobungsfernflüge glaubte, ist am 12. Juni 1939 vormittags bei einer Notlandung mit einem Privatflugzeug bei Angermünde tödlich verunglückt.[6]
Beisetzung
Die Beisetzung der Besatzung des Großflugzeuges D-AIVA erfolgte am 5. Januar 1939 auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg. Als Vertreter des Reichsluftfahrtministers und Oberbefehlshabers der Luftwaffe, Generalfeldmarschall Göring, rief Generalleutnant Udet den 12 toten Kameraden von Bathurst, im Beisein von zahlreichen führenden Männern der Wehrmacht, der Partei und des Staates, den letzten Abschiedsgruß zu.
Sie flogen für Deutschland und starben in Westafrika
- „Bathurst, bis 1973 der Name für die Hauptstadt Gambias Banjul in Westafrika, war 1938 Ziel eines 40sitzigen Passagierflugzeuges der Lufthansa vom Typ Junkers Ju 90 D-AJVJ, getauft auf den Namen PREUSSEN. Es sollte mit 15 Besatzungsmitgliedern und Ingenieuren den Transatlantikflug nach Südamerika unter tropischen Verhältnissen erproben. Der Flug nach Buenos Aires führte über Marseille, Las Palmas zunächst nach Dakar mit einem Abstecher am 26. November nach Bathurst. Beim Start zum Rückflug am gleichen Tag stürzte das Flugzeug nach Berührung einer Palme am Rande des Flugplatzes ab, zerschellte am Boden und verbrannte. Nur vier der Insassen konnten lebend, aber verletzt geborgen werden. Die elf anderen wurden in Bathurst (vorläufig) beigesetzt. Als wahrscheinliche Ursache ermittelte später die Inspektion für Flugsicherheit des Reichsluftfahrtministeriums einen Ausfall des linken Außenmotors wegen unterbrochener Kraftstoffzufuhr. An der Entwicklung dieses Flugzeuges, für die damalige Zeit ein Jumbo-Jet, und anderer Typen waren die Deutsche Lufthansa, die Bayerischen Motorenwerke und die Junkers Flug- und Motorenwerke beteiligt. Die Finanzierung erfolgte durch das Deutsche Reich. Das mag auch erklären, dass zum Zwecke der Beisetzung in heimatlicher Erde auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg vom Reichsluftfahrtministerium ‚auf Friedhofsdauer‘ zwölf Gruftzellen zur Nutzung erworben wurden (ein Verletzter war inzwischen verstorben).
- Die feierliche Beisetzung von elf Toten fand am 5. Januar 1939 mit militärischen Ehren statt. Sichtet man die Fülle von Zeitungsmeldungen, öffentlichen Beileidsbekundungen und Fachbeiträgen zum Unglück, so sind sie vom nationalen Pathos der NS-Zeit geprägt. Kaum bekannt ist, dass vier der in Hamburg Beigesetzten alsbald auf Friedhöfe in Berlin, Bremen und Dessau überführt wurden. Dennoch nennen zwölf Grabplatten die Namen aller Verunglückten. Im Dezember des gleichen Jahres lagen für ein Erinnerungsmal Entwürfe des Hamburger Künstlers Ludwig Kunstmann vor. Man entschied sich für einen sieben Meter hohen Obelisken aus Muschelkalk mit der erhabenen Inschrift: Sie / flogen / für / Deutsch- / land / Bathurst / 26. / November / 1938. Er wurde Ende 1941 inmitten der ringförmig angeordneten und mit Sandsteinplatten abgedeckten Gruftzellen aufgestellt. Im oberen Bereich sind an den vier Seiten das Luftwaffenhoheitsabzeichen und die Firmenzeichen der DLH, BMW und JFM herausgearbeitet. Der Obelisk, damals ein Monument von nationaler Bedeutung, steht in H 6 an der Bergstraße und in Sichtkontakt mit dem Grabmal für den 1927 verunglückten Kunstflieger Paul Wilhelm Bäumer.“[7]
Familie
Untucht heiratete in Hannover seine Verlobte Hedwig Luise Emma Anna Matz ( 1969). Ihr gemeinsamer Sohn Helmut (
31. Mai 1928 in Hannover) wanderte 1951 nach Kanada aus, heiratete 1952 Herbina Jackson und bekam mit ihr drei Kinder (Robert, Grace und Stephanie). Helmut war ebenfalls begeisterter Flieger und verstarb am 15. Mai 2014 in Tavistock (Ontario, Kanada).