Storp, Sigmund Hans
Sigmund Hans Storp (auch Sigmund-Hans oder Siegmund, selten Hans-Sigmund; 21. August 1914 in Lautenthal, Harz; ? ggf. in Goslar, wo er zuletzt wohnte) war ein deutscher Offizier der Wehrmacht, zuletzt Hauptmann der Luftwaffe und Kampfflieger im Zweiten Weltkrieg sowie Oberstleutnant der Bundeswehr und bekannter Komponist in Goslar und außerhalb.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Storp war der Sohn des Königlichen Forstmeisters und späteren Amtsvorstehers des Amtsbezirkes Schnecken Dr. Storp und jüngerer Bruder des späteren Generalmajors Walter Storp. Wie sein Bruder wollte auch Sigmund Marineflieger werden und wurde in Warnemünde auf der Seefliegerschule ausgebildet, u. a. von seinem Bruder, als dieser dort Lehrer war.
Als Freiwilliger in der „Legion Condor“ im Kampf gegen den Bolschewismus saß Leutnant Storp ab ca. August 1936 bis ca. 17. Mai 1937 am Steuerknüppel einer Heinkel He 60 im Spanischen Bürgerkrieg, zuerst als Führer eines Bordflugzeuges eines deutschen Kriegsschiffes, dann ab Oktober 1936 von Cádiz aus als Beobachter (allerdings mit Kampfauftrag), dann von Málaga aus (nachdem die Stadt von den kommunistischen Besatzern befreit wurde) als Kampfflieger in der Seefliegerstaffel 88, wo er u. a. als Adjutant von Staffelkapitän Oberleutnant Karl-Heinz Wolff, Träger des Spanienkreuzes in Gold mit Brillanten, fungierte. Zur Überwachung des Schiffsverkehrs und der Ausladehäfen wurde die Stationierung von Seeflugzeugen im südspanischen Raum für notwendig erachtet. Die beiden Besatzungen Wolff und Storp überwachten von Cadiz aus die Straße von Gibraltar bis nach Almeria im Osten.
Im Oktober 1936, gleich zu Anfang des Einsatzes von Cádiz aus, flog Storp einen Tiefflugangriff mit seiner He 60 auf den Flugplatz Malaga, das vom Feind gehalten wurde. Die Schwimmer seiner Maschine, in denen sich der Treibstoff (Fliegerjargon: Schnaps) befand, wurden dabei durchlöchert, danach mußte die Besatzung (Storpe und Eugen Gries) auf offener See, trotz der gefährlichen Wellen, Notwassern. Bei der Landung ist ein Schwimmer weggeknickt, die Maschine kippte zur Seite, war aber noch schwimmfähig. Wenig später wurden die beiden Flieger von einem deutschen Schiff aufgenommen. Die He 60 wurde mit Bordgeschützen mehrfach beschossen und versenkt. Hajo Herrmann erwähnt in seinem Buch „Bewegtes Leben“ beide Brüder Storp, insbesondere Sigmund, der kurze zeit, bis eine neue Maschine zur Verfügung stand, Hermann als Beobachter zugeteilt war und mit welchem er noch im selben Monat einen Bombenangriff mit seiner Ju 52 auf einen Flottenverband flog.
Ab April 1939, inzwischen Oberleutnant, diente Storp beim Erprobungskommando 88 in Rechlin, wo die Junkers Ju 88 A auf Herz und Nieren geprüft wurde. Im Sommer wurde er Führer der Erprobungsstaffel.
Im August 1939 wurde das Erprobungskommando 88 zur I. Gruppe/Kampfgeschwader 25 umgewandelt. Das Kampfgeschwader 25 bestand so nur aus einer Gruppe mit zwei Staffeln, aber ohne Geschwaderstab. Am 1. September 1939 verlegte die I./Kampfgeschwader 25 nach Jever, wo sie der 3. Flieger-Division unterstellt wurde. Storp war Kapitän der 1. Staffel/I. Gruppe. Gruppenkommandeur war schon seit April 1939 Hauptmann Helmut Pohle.
Zweiter Weltkrieg
HMS „Hood“
Am 22. September 1939 wurde die I. Gruppe/KG 25 dann zur I./Kampfgeschwader 30 umbenannt, obwohl der Stab des KG 30 erst im November 1939 aufgestellt werden sollte. Die I. Gruppe/KG 25 bzw. dann KG 30 nahm nicht am Polenfeldzug teil. Sie unterstand statt dessen zu dieser Zeit der 3. Flieger-Division der Luftflotte 2 im Westen und griff mit ihren Junkers Ju 88 von Jever aus feindliche Schiffe der Royal Navy in der Nordsee an. Vom 25. zum 26. September stieß dabei ein britischer Flottenverband mit den Schlachtschiffen „Nelson“ und „Rodney“, den Schlachtkreuzern „Hood“ und „Renown“, dem Flugzeugträger „Ark Royal“, den Kreuzern „Norfolk“, „Newcastle“ und „Edinburgh“ und den Zerstörern der 4. und 8. Z-Flottille in die mittlere Nordsee vor. Vier Junkers Ju 88 der I. Gruppe erzielten am 26. September 1939 einen Apraller auf der HMS „Hood“ (Storp) und einen Nahtreffer bei der „Ark Royal“. Storps 500-kg-Bombe prallte zwar ab, detonierte aber neben dem riesigen Kriegsschiff, so daß dieses zur Reparatur der Schäden am 27. September 1939 im Hafen von Scapa Flow einlaufen mußte. Storp wurde früh mit beiden Eisernen Kreuzen ausgezeichnet.
Firth of Forth
Am 16. Oktober griff die I. Gruppe von Sylt aus (Fliegerhorst Westerland) im Meeresarm „Firth of Forth“ an der Ostküste von Schottland die Leichten Kreuzer „Southampton“ und „Edinburgh“ sowie den Zerstörer „Mohawk“ an. Die Aufklärer, zwei He 111, hatten tatsächlich am Morgen eine Sichtung der HMS „Hood“ gemeldet (die zu diesem Zeit tatsächlich zwischen Schottland und Island Begleitschutz fuhr), ebenso wurde gemeldet, keine feindliche Jagdwaffe vorhanden. Beide Informationen sollten sich als falsch herausstellen. 12 Ju 88 (vier Wellen á drei Ju) waren im Einsatz und die beiden beachtlichen Kreuzer ein willkommenes Ziel, aber kaum hatte der Angriff begonnen, erschienen über die deutschen zwei jagdhungrige Staffeln (602. und 603.) der Royal Air Force mit Supermarine Spitfire. Die langsame Ju 88 war ein willkommenes Ziel.
Gruppenkommandeur Hauptmann Helmut Pohle hatte die „Southampton“ anvisiert und stürzte sich auf sie. Seine 500-kg-Bombe war sogleich ein Treffer, aber auch Blindgänger. Dennoch schlug sie durch drei Schiffsdecks, durchbrach die Außenwand und richtete erheblichen Schaden an. Nun war Storp an der Reihe, der aus dem Westen herangeflogen kam. Sein Funker konnte ihn noch warnen: „Spitfire“!, aber es war zu spät. Fliegerleutnant Patrick Gifford visierte Storps Maschine an und schoß. Treffer in dem Backbord-Propeller, aber auch den Bordschützen Obergefreiter Friedrich Krämer hatte es erwischt, der erste Gefallene des Luftkampfes. Storp bot sein ganzes Können auf und konnte sechs Kilometer nördlich von Port Seton, wie schon einmal vor Spanien, Notwassern. Oberleutnant Storpe, Beobachter Oberfeldwebel Hugo Köhnke und Bordfunker Oberfeldwebel Hans Hielscher wurden von den Briten (HMS „Jervis“ und Schleppnetzfischer „Dayspring“) aus dem Wasser gefischt und leicht verwundet gefangengenommen. Storpe gehörte nun zu den ersten drei deutschen Fliegern, die in britische Gefangenschaft gingen.
Über ihnen ging der Kampf weiter, neun Minuten (nach anderen Quellen 15 Minuten später, wiederum nach anderen Quellen 5 Minuten vor Storpe um 14.45 Uhr) wurde Hauptmann Pohle von Fliegerleutnant George Pinkerton abgeschossen. Die Ju88 A-1 war schwer beschädigt, wurde schon über der „Southampton“ von Schiffsflak getroffen (verlor dabei das Dach der Führerkanzel samt Heck-Maschinengewehr) und stürzte rund fünf Kilometer östlich von Crail ins tiefe Wasser. Stab I./KG30 Junkers. Gruppenkommandeur Pohle war schwer verwundet, sein Gesicht vollständig voller Blut, er konnte jedoch gerettet werden, das galt auch für den Bordschützen Gefreiter August Schleicher, der jedoch später an seinen schweren Verwundungen verstorben war. Bordfunker Unteroffizier Kurt Seydel fiel (nach anderen Quellen erst am 17. Oktober 1939 in Rosyth Dockyard Mort an seinen Verwundungen verstorben) und Beobachter Feldwebel Werner Weise, dessen Leichnam von den Wellen ergriffen wurde, galt offiziell als „vermißt“.
Die I. Gruppe/KG 30 gab nicht auf, der Zerstörer „Mohawk“ nahm erheblichen Schaden, 16 britische Seemänner fielen, 44 wurden verwundet, alle drei britische Schiffe trugen Schäden davon, diese Information wurde jedoch erst nach dem Krieg veröffentlicht. Eine dritte Ju 88 mußte schwer beschädigt (Treffer im Steuerbord-Motor) notlanden, allerdings auf Westerland. Leutnant Horst von Riesen und seine Besatzung blieben unverwundet, die Maschine war zu 45 % beschädigt, konnte aber repariert werden.
Beisetzung
Die beiden Gefallenen, die geborgen werden konnten, wurden von den Briten mit militärischen Ehren beigesetzt. In Edinburgh hatten sich über 10.000 Menschen versammelt, die Särge waren ehrenvoll mit der Hakenkreuzflagge bedeckt. Zwei Trauerkränze zweier Schottinnen stachen besonders heraus. Der eine las: „An zwei mutige Flieger von der Mutter eines Fliegers.“ (To two brave airmen from the mother of an airman). Der andere: „Mit dem tiefsten Mitgefühl schottischer Mütter.“ (With the deep sympathy of Scottish mothers).[1] Der 22jährige Gefreite August Schleicher ruht auf der Kriegsgräberstätte in Cannock Chase; Endgrablage: Block 3, Reihe 15, Grab 477. Sein Kamerad, der 26jährige Unteroffizier Kurt Seydel, ruht neben ihm; Endgrablage: Block 3, Reihe 15, Grab 478.
Kriegsgefangenschaft
Die Luftsieger Gifford, im Zivilleben Rechtsanwalt, und Pinkerton, die beide mit dem „Distinguished Flying Cross“ ausgezeichnet wurden, ließen es sich nicht nehmen, Storp und Pohle im Militärkrankenhaus Edinburgh Castle zu besuchen, wo die Kavaliere zusammensaßen und den Luftkampf besprachen. Gifford sollte nicht überleben, im Mai 1940 fiel er im Luftkampf über Frankreich. Seine Überreste wurden nie geborgen, da er vermutlich in die Nordsee stürzte. Nach der Genesung ging es dann für die deutschen Offiziere in die Gefangenschaft in das Kriegsgefangenenlager „Grizedale Hall“. Storp wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1940 zum Hauptmann befördert.
Nachkriegszeit
Nach Krieg und Kriegsgefangenschaft zählte 1955 Storp zu den ersten Freiwilligen der jungen Luftwaffe der Bundeswehr (umgangssprachlich Bundesluftwaffe), wo er es bis zum Oberstleutnant brachte.[2] Seine musikalische Leidenschaft mit der Ziehharmonika ließ ihn auch zum Komponisten werden, mit Erfolgen in Goslar und darüber hinaus. Insbesondere ist Storp für sein Werk „Das Matrosenklavier I – 14 Seemannslieder nach Gedichten von Hans Leip für Singstimme und Akkordeon (Klavier ad lib.)“ bekannt (Möseler Verlag, 1968).
Familie
Sigmund heiratete 1947 seine Verlobte Elisabeth Soltenborn (1924–2003), aus der Ehe sind zwei Kinder entsprossen.
Auszeichnungen (Auszug)
- Flugzeugführerabzeichen (Wehrmacht)
- Spanisches Flugzeugführerabzeichen für Angehörige der Legion Condor
- Medalla Militar Individual de España
- Spanische Feldzugsmedaille
- Spanienkreuz in Gold mit Schwertern
- Wehrmacht-Dienstauszeichnung, IV. Klasse
- Eisernes Kreuz (1939), 2. und 1. Klasse