Legion Condor
Die Legion „Condor“ war eine deutsche Militärmission und faktisch ein Expeditionskorps der deutschen Wehrmacht an der Seite von General Franco im Spanischen Bürgerkrieg. Die Legion wurde nach der Rückkehr in das Reich am 10. Juni 1939 auf dem Truppenübungsplatz Döberitz aufgelöst.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Im Jahre 1936 überschlugen sich im seinerzeit ohnehin unruhigen Spanien die Ereignisse. Nach dem Wahlsieg der linken Volksfront im Februar ergoß sich eine Welle blutigster Gewalt über das Land. Der Befehlshaber der Marokkanischen Armee, General Francisco Franco, sah sich daher im nationalen Interesse Spaniens gezwungen, einzugreifen und die von Kommunisten dominierte Regierung zu stürzen, da diese offensichtlich nicht in der Lage war, Sicherheit und Ordnung im Lande zu gewährleisten. Da Franco jedoch auf dem afrikanischen Kontinent festsaß und aus eigener Kraft nicht vermochte, nach Spanien überzusetzen, bat er den deutschen Reichskanzler Adolf Hitler um Hilfe.
Die Legion
Dieser – gleichfalls in Sorge über die politischen Verhältnisse auf der iberischen Halbinsel und das dort drohende Unheil – sandte ihm daraufhin Transportflugzeuge, Waffen und Munition. Die erste Ju 52, die am 28. Juli 1936 in Tetuan in Spanisch-Marokko landete (Unternehmen „Hispano-Marokkanische Transport AG Tetuan-Sevilla“), gehörte der Lufthansa und wurde von Flugkapitän Dipl.-Ing. Alfred Henke geflogen, der noch am selben Tag mit dem Lufttransport der ersten spanischen Legionäre nach Sevilla begann. Außerdem wurden am 31. Juli 1936 auf dem Flugplatz Döberitz die ersten 86 – vorher aus der Luftwaffe ausgegliederten – Freiwilligen verabschiedet, die den Grundstock jener Truppe bilden sollten, die ab November den Namen Legion Condor trug. In Spanien wurden sie mit neuen Uniformen ausgestattet. Ohne ihren Einsatz in den folgenden drei Jahren – und darüber besteht in der wissenschaftlichen Diskussion weitgehend Einigkeit – hätte der Staatsstreich Francos keine Aussicht auf Erfolg gehabt.
In der öffentlichen Darstellung findet sich dagegen – entsprechend der gängigen Praxis, die historische Forschung über die Zeit des Dritten Reiches als retrospektive Zweckforschung zu betreiben und demzufolge auf eine fundierte Ursachenforschung zu verzichten – meist nur ein von Denkschablonen geprägtes und verzerrtes Bild der damaligen Ereignisse und insbesondere der deutschen Soldaten.
Ruchlosigkeit und Barbarei sind auch der Grund dafür, daß der Name der kleinen baskischen Stadt Guernica noch heute, mehr als 60 Jahre nach dem angeblichen Vorfall, zum Synonym deutscher Ruchlosigkeit und Barbarei stilisiert wird. Aufgrund propagandistischer Verzerrungen und Falschmeldungen wurde lange Zeit ein tatsachengerechtes Verständnis der zeitgeschichtlichen Vorgänge verhindert und der Bombenangriff der Legion Condor vom 26. April 1937 zum Anlaß genommen, die deutsche Luftwaffe als Terrorwaffe abzustempeln.
Die Rotspanier bedienten sich des Vorfalls, um über die Einschaltung der Weltpresse daraus erhebliches propagandistisches Kapital zu schlagen und antideutsche Ressentiments zu bedienen. Die Schlagzeilen von New York bis Paris lauteten beispielsweise: „Infamer Überfall deutscher Luftpiraten auf friedliche spanische Stadt“ oder „Empörungsschrei der zivilisierten Welt: Guernica“. Noch Jahrzehnte nach Beendigung des spanischen Bürgerkrieges wird – selbst in deutschen Medien – der Mythos gepflegt, in Guernica habe es „das erste heimtückische und feige Bombardement der Zivilbevölkerung“ gegeben. Dabei hatten Flugzeuge der rotspanischen Luftwaffe bereits zuvor verschiedene Städte abseits der Front wie Saragossa, Valladolid, Cordoba, Melilla und andere Wohnsiedlungen bombardiert und dadurch Hunderte von Menschen getötet oder verletzt – ohne daß die Weltöffentlichkeit dies zur Kenntnis genommen hätte.
Die Legion Condor erhielt den von Franco genehmigten Operationsplan für die Einnahme Bilbaos am 20. März 1937. Danach war ein Angriff von Osten her vorgesehen, wobei die Verbände der navarresischen Karlisten und eine italienische Division durch deutsche Artillerie und Panzer sowie durch fliegende Verbände der Legion Condor, der Spanier und der Italiener unterstützt wurden. Zunächst sollte das Vorfeld zum sogenannten „Eisernen Ring“, einem Festungs- und Sicherungssystem um Bilbao, überwunden werden und anschließend der „Eiserne Ring“ selbst.
Im Zusammenhang mit dem Großangriff der nationalspanischen Streitkräfte auf das Baskenland wurde eine Brücke bei Guernica, dem 23 Kilometer östlich von Bilbao liegenden kulturellen und religiösen Zentrum der Region, am 26. April 1937 bombardiert und dabei auch die Stadt teilweise zerstört. Dieses historiographisch am heftigsten umstrittene Ereignis des Bürgerkrieges hat zu einer historisch-politischen Frontbildung geführt, die bis in die Gegenwart nichts von ihrer Schärfe verloren hat.
Organisation
- Sonderstab (Plannungstab) des OKW unter der Leitung von Erhard Milch und Helmuth Wilberg; dieser am 27. Juli 1936 von Hermann Göring gebildeter Stab mit unterstellten Dienststellen und Einheiten war die geheime Planungsgruppe für den Einsatz der Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg. Freiwillige der Legion Condor konnten mit dem Dienst in Spanien ihre Wehrdienstzeit verringern und verdienten ein Vielfaches mehr als die im Reich stationierten Soldaten. Ab dem 1. Oktober 1937 war Generalleutnant Wilberg alleiniger Leiter, weshalb der Stab auch „Sonderstab W“ hieß.
Fliegertruppen
Die Legion war zum Zeitpunkt ihrer Aufstellung im November 1936 wie folgt gegliedert:
- Oberbefehlshaber: Generalmajor Hugo Sperrle
- S/88: Führungsabteilung in Ávila, der Stab unterhielt eine Flotte von Transport- und Verbindungsflugzeugen (Ju 52, Junkers W 34, Bf 108, Klemm L25)
- Träger des Spanienkreuzes in Gold mit Brillanten der S/88:
- von Richthofen, Wolfram / Gen.Maj.
- Sperrle, Hugo / Gen. d. Fl.
- Volkmann, Hellmuth / Gen. d. Fl.
- Träger des Spanienkreuzes in Gold mit Brillanten der S/88:
- J/88: Jagdgruppe mit vier Staffeln He 51 ausgerüstet (48 Flugzeuge) in La Virgen del Camino (León), Vitoria, Escalona del Prado (Segovia) und Ávila
- Schlachtfliegergruppe 88: Als die neue Bf 109 eingeführt wurde, wurde die als Jäger ungeeignete He 51 als Schlachtflugzeug eingesetzt. Es ist unsicher, inwieweit es tatsächlich eine eigenständige Schlachtfliegergruppe der Legion Condor gab. Sicher ist, daß es einen silbernen Finger- bzw. Ehrenring für Angehörige der Schlachtfliegergruppe 88 gab.
- K/88: Bombergruppe in Sevilla-Tablada (kurzzeitig) und anschließend in Salamanca-San Fernando mit drei Staffeln Ju 52 ausgerüstet (31 Flugzeuge),
- A/88: verstärkte Aufklärungsstaffel in Ávila mit vier Schwärmen:
- AS/88: Seeaufklärungsstaffel der Seefliegerverbände in Cádiz-Puntales (kurzzeitig) und anschließend in Melilla-El Atalayón mit He 59 (3 Flugzeuge) und He 60 (1 Flugzeug)
136 Flugzeuge insgesamt, dazu noch
- LN/88: Luftnachrichtenabteilung mit zwei Kompanien
- F/88: Flugabwehrabteilung mit sechs Batterien in Sevilla-Tablada bzw. im Einsatz an der Madrider Front:
- P/88: zwei Luftwaffen-Betriebskompanien in Ávila
Im Verlauf der folgenden zweieinhalb Jahre kam es zu kleineren Veränderungen, so wurde die 4. Staffel der J/88 später aufgelöst, dafür wurde der Jagdgruppe 88 eine mit Ju 87 ausgerüstete Sturzkampfbomberstaffel, die 5. Staffel der J/88, angegliedert. Im Laufe der Zeit wurde das fliegende Gerät durch moderne Typen ersetzt. Die ersten Einsatzbeurteilungen erfolgten durch extra aufgestellte Versuchsbomber- und -jagdstaffeln (VB/88 und VJ/88) des Versuchskommandos 88. So ersetzte die Bf 109 ziemlich bald die ersten He 51, die He 111 löste die Ju 52/3m in ihrer Rolle als Bomber („Kampfflugzeug“) ab und Do 17 kamen u. a. als Aufklärer zum Einsatz.[1]
Bodentruppen
Das Bodenkontingent der Legion Condor trug die Bezeichnung „Gruppe Imker“ und umfaßte bis zu drei Panzerkompanien („Gruppe Drohne“), ein PaK-Kommando und einige Unterstützungstruppenteile sowie Ausbilder verschiedener Waffengattungen an mehreren Militärschulen. Die Offiziere und Unteroffiziere der Panzerkompanien rekrutierten sich überwiegend aus Personal des Panzer-Regiments 6 der 3. Panzer-Division der Wehrmacht. Diese bildeten im Wechsel spanische Mannschaften aus und führten ausgebildete Truppen an der Front.
Personen
Kommandeure
- November 1936 bis Oktober 1937: Hugo Sperrle
- bis zu dessen Eintreffen war Walter Warlimont vom 31.8.1936 bis 6.11.1936 Bevollmächtigter des Reichskriegsministers bei General Franco in National-Spanien und zugleich nominell Befehlshaber der deutschen Militärmission in Spanien
- November 1937 bis Oktober 1938: Hellmuth Volkmann
- Oktober 1938 bis März 1939: Wolfram von Richthofen
Chef des Stabes
- November 1936 bis Januar 1937: Alexander Holle
- Januar bis Oktober 1937: Wolfram von Richthofen
- Oktober 1937 bis Oktober 1938: Hermann Plocher
- Oktober 1937 bis März 1939: Hans Seidemann
Bekannte Angehörige (Auswahl)
- Hermann Aldinger
- Wilhelm Balthasar (→ Jagdgruppe 88)
- Otto Bertram
- Hans-Henning Freiherr von Beust
- Oskar Dirlewanger
- Wolfgang Ewald
- Josef Fözö
- Egbert von Frankenberg und Proschlitz
- Adolf Galland
- Sigmund-Ulrich von Gravenreuth
- Gotthard Handrick
- Martin Harlinghausen
- Hajo Herrmann (→ Kampfgruppe 88)
- Günther Lützow
- Werner Mölders
- Wilfred von Oven
- Rolf Pingel
- Gerhard Rose
- Johannes Trautloft
- Heinz Trettner
Bildergalerie
Kommandeur Generalmajor Wolfram Freiherr von Richthofen (Mitte) bei einer Parade für die Legion Condor entweder in Madrid am 19. Mai 1939 oder in León am 22. Mai 1939 zum Abschied aus Spanien; rechts SS-Oberführer Willi Köhn im Gespräch mit dem Chef des Stabes Hans Seidemann.
Oberstleutnant Hermann Plocher (hier als spanischer Oberst), Chef des Generalstabes der Legion Condor; über der rechten Brusttasche trug er das Flugzeugführerabzeichen der Legion mit gekreuzten Propellern, darunter, kaum sichtbar, das einzige erlaubte deutsche Hoheitszeichen, den Reichsadler.
Werner Mölders von der J/88
Hugo Sperrle, Hellmuth Volkmann und Walter Warlimont beim Empfang der Legion Condor in Berlin am 6. Juni 1939.
Fliegertruppe
Eine Junkers Ju 52/3m der Kurier-Staffel des Stabes (S/88) der Legion „Condor“
Luftwaffen-Bomber der Jagdgruppe 88 (ggf. Kampfgruppe 88) 1939 gegen Kriegsende
Lieder
Bombenfliegermarsch der Legion Condor:
Verfilmungen
- Legion Condor (1939)
- Im Kampf gegen den Weltfeind – Deutsche Freiwillige in Spanien (1939)
- Alkazar (1940)
- Wunschkonzert
- Raza (1941)
Siehe auch
- Spanienkreuz
- Panzertruppenabzeichen der Legion Condor
- Ehrenkreuz für Hinterbliebene Deutscher Spanienkämpfer
- Verwundeten-Abzeichen für deutsche Freiwillige im spanischen Freiheitskampf
- Medalla de la Campaña
- Medalla Militar Individual de España con Diamantes
Literatur
- Walther L. Bernecker: Krieg in Spanien 1936–1939. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1991, ISBN 978-3-534-08021-2.
- Kai Biermann, Erhard Cielewicz: Flugplatz Döberitz. Geburtsort der militärischen Luftfahrt in Deutschland. Berlin 2005, ISBN 978-3-86153-371-9.
- Stefanie Schüler-Springorum: Krieg und Fliegen. Die Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg. Schöningh, Paderborn 2010, ISBN 978-3-506-76747-9.
- Karl Georg Stackelberg: Legion Condor. Deutsche Freiwillige in Spanien, Verlag die Heimbücherei (1939)
- Heinz Kiehl: Kampfgeschwader Legion Condor 53. Sonderausgabe. Eine Chronik. Berichte, Erlebnisse, Dokumente 1936–1945, Motorbuch Verlag (1996), ISBN 978-3879439478