Strähle, Paul

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Oberstleutnant d. R. der Luftwaffe Paul Strähle in der Etappe; nicht nur sein Luftbildarchiv ist beeindruckend, ebenfalls sein am Boden aufgenommenes Farbfilm- und Lichtbildarchiv des Ostfeldzuges gilt außerhalb der Archive der Kriegsberichter als einzigartig.

Paul Strähle (Lebensrune.png 20. Mai 1893 in Schorndorf; Todesrune.png 8. Mai 1985[1] ebenda) war ein deutscher Offizier des Deutschen Heeres, Jagdflieger und Pionier der zivilen Luftfahrt sowie zuletzt Oberst der Reserve der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg. Das Flieger-As errang bei seinen Feindflügen im Ersten Weltkrieg 15 Luftsiege. Strähle war der Vater des Unternehmers und Porsche-Rennfahrers Paul-Ernst Strähle (1927–2010).

Werdegang

Schon vor seiner Fliegerausbildung war Strähle Ritter des Eisernen Kreuzes II. Klasse
Paul Strähle, Albatros D.V, Jasta 18
„Paul Strähle, 1893 in Schorndorf bei Stuttgart geboren, interessierte sich schon als Jugendlicher für Technik, vermutlich geprägt durch Vater und Großvater. Sie eröffneten schon 1898 in Schorndorf ein Fahrradgeschäft und 1900 eine Motorradvertretung. So wundert es nicht, dass Paul Strähle von 1809 bis 1911 die Technische Hochschule in Schwenningen besuchte. Im Anschluss volontierte er bei der Firma NSU und war dort bis 1913 in der Versuchsabteilung und als Einfahrer für Motorräder und Automobile tätig. Strähle ging im Oktober 1913 als Einjährig-Freiwilliger zu den Luftschiffern und gehörte bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs der Besatzung des Luftschiffes Zeppelin ‚Z VII‘ an. 1915, bereits zum Leutnant befördert, erfolgte seine Ausbildung zum Piloten. Strähle flog zunächst 1916 als Aufklärer und ab 1917 als Jagdflieger. Er kam in die Jagdstaffel 18 von Hauptmann Berthold. Vom 1. Januar bis zum 27. September 1918 war Strähle Staffelführer der Jagdstaffel 57. […] So entschloss sich Strähle im Sommer 1919 zur Gründung des ‚Luftverkehr Strähle‘, mit dem Ziel Passagier-, Post-, Schau- und Fotoflüge durchzuführen. Zu diesem Zweck erwarb er vom ehemaligen Flughafen Böblingen drei entmilitarisierte Flugzeuge vom Typ Halberstadt CL IV von der Reich-Treuhandstelle, weil ihm diese für zivile Zwecke geeignet erschienen. Doch nach den ersten Probeflügen im Juli mit den neuen Maschinen und seiner Zulassung als Flugzeugführer im Luftverkehr am 17. Oktober 1919 war plötzlich alles zu Ende. Aufgrund den Bestimmungen des Versailler Vertrages durfte Strähle aber diese gar nicht besitzen. Die Flugzeuge wurden beschlagnahmt und erst 1920 konnte Strähle sie zum zehnfachen Kaufpreis von der Reparationskommission freikaufen. Hoch verschuldet rüstete Strähle die im 1. Weltkrieg als Aufklärer und Erdkampfflugzeug eingesetzten Maschinen zu Passagier- und Postflugzeugen um. Sie erhielten die Zulassungen D-71, D-111 und D-144. Trotz größter Bedenken wurde ihm als einzigem deutschen Privatunternehmer vom Reichsluftamt Berlin 1921 die Konzession zunächst für die Fluglinie Stuttgart-Konstanz erteilt. Am 3. Januar 1921 um 11.19 Uhr startete Flugpionier Paul Strähle mit D-71 zum ersten Flug vom Cannstatter Wasen. Damit war Stuttgart – über Konstanz – an das deutsche und internationale Flugnetz angeschlossen. Damit begann auf rein privater Basis der zivile Luftverkehr in Deutschland. In einem zeitgenössischen Zeitungsartikel wird berichtet:
‚Punkt 11.15 Uhr erfolgte der Abflug von H.Euting als Begleiter von Strähle. Die Fahrt ging in direkter Luftlinie über die Filderhochebene auf Reutlingen zu, wobei gleich am Albrand kräftige Fallböen einsetzten, so dass der Flugzeugführer von den Steuerorganen kräftig Gebrauch machen musste. Weiter ging der Flug von wenigen hundert Metern teils durch tiefhängende Wolken mit schöner Sicht auf das Donautal über das prächtige Sigmaringen hinweg und dann mit Kurs au Überlingen über ausgedehnte Waldungen dem Bodensee zu, der bei Überlingen überquert wurde mit reizendem Blick auf die Insel Mainau. Da stellenweise ein ungemein starker Gegenwind einsetzte, kam das Flugzeug mit etwa vier Minuten Verspätung in Konstanz an, dort freudig begrüßt von Vertretern der Stadt und der Behörden. Fahrplanmäßig erfolgte dann 12.45 Uhr wieder der Abflug von Konstanz, und ebenso planmäßig um 14.15 Uhr die Ankunft im Flughafen auf dem Canstatter Wasen.‘
In der Zeit vom 15. Juni bis zum 31. Juli wurden versuchsweise auch gewöhnliche Briefsendungen befördert, bevorzugt Eilsendungen. Vom 3. Januar bis zur Einstellung der Fluglinie am 31. Oktober 1921 fanden auf dieser Linie insgesamt 630 Flüge statt, außerdem beförderte man außer Flugpost auch ca. 700 Passagiere. Die Flugzeugführer waren Paul Strähle und Otto Hermann Wieprich, im I. WK Jagdflieger in der Jasta 57. Ende 1921 wurde mit dem Reichspostministerium vereinbart, diese Linie, die ursprünglich bis Zürich gehen sollte, aber von den Alliierten nicht genehmigt worden war, mit der Linie Stuttgart-Nürnberg zu tauschen. Ab dem 1. April 1922 bis zur Inflation 1923 beflogen dann Strähle und seine beiden Piloten Wieprich und Müller nur noch die neue Strecke. Zwei Jahre lang führte ‚Luft-Verkehr-Strähle‘ diesen Luftpost- und Passagierdienst mit größter Regelmäßigkeit ohne nennenswerte Unfälle durch. In dieser Zeit wurden 825 Passagiere und 5.235 Kilogramm Post transportiert und insgesamt 119.712 Flug-Kilometer zurückgelegt. Schon 1923 musste der Flugpionier sein Unternehmen dichtmachen, die Lufthansa bekam das Monopol für den gesamten deutschen Luftverkehr. Mit dem Ende des Flugdienstes wurde auch die D-71 außer Dienst gestellt. Danach war sie u. a. in Schorndorf ausgestellt und befindet sich heute im Deutschen Technikmuseum in Berlin. Die D-111 wurde im Juni 1924 verkauft und bald danach ausgemustert. Aber bald verlegte Strähle sein Geschäft auf die Anfertigung von Luftbildern. Es entstand ein umfangreiches Archiv von ca 40.000 Luftbildern in den Grenzen Deutschlands von 1938. Ab dem 7.Mai 1935 erhielt die D-144 das neue Kennzeichen D-IBAO. Am 25.September 1938 war dann unter Nr. F 241 der letzte Flug. Dann ging sie nach Göppingen, wo das Flugzeug abgestellt wurde, weil Paul Strähle wegen der Sudetenkrise seine Einberufung zur Luftaufklärung erhalten hatte und danach keine Fotoflüge mehr erlaubt waren. Anfang der 80er Jahre suchte Strähle für das Flugzeug eine dauerhafte Bleibe. Da aber in Deutschland kein Interesse bestand wurde die Maschine 1982 nach den USA verkauft, kam aber 1989 wieder nach Deutschland, wurde restauriert und im Deutschen Technikmuseum in Berlin ausgestellt. 2018 kam die Maschine als Leihgabe ins Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Berlin-Gatow und ist das älteste noch existierende deutsche Verkehrsflugzeug.“[2]

Kurzchronologie

Paul Strähle, Süddeutschland von oben.jpg
  • 1908 bis 1911 Besuch der königlich-württembergischen Fachschule für Feinmechanik, Elektromechanik und Uhrmacherei in Schwenningen
  • 1912 Volontariat bei der Firma NSU
  • 1913 Einjährig-Freiwilliger
  • 1914 Kriegsteilnahme bei der Luftschiffer-Truppe
  • 1915 Ausbildung zum Flugzeugführer der Fliegertruppe
  • 15. Juli 1916 Aufklärer in der FA(A) 213 = Flieger-Abteilung 213 (Artillerie)
  • 27. Oktober 1916 Jagdflieger in der Jagdstaffel 18
    • zwischen dem 14. Februar 1917 (erster Abschuß) und dem 26. Mai 1917 sieben Luftsiege bei der Jasta 18
  • 1. Januar 1918 als Leutnant der Reserve Staffelführer der Jagdstaffel 57 (u. a. mit Hans Viebig)
    • zwischen dem 17. April 1918 und dem 29. August 1918 (letzter Abschuß) acht Luftsiege bei der Jasta 57[3]
  • 27. September 1918 schwer verwundet; Lazarett
  • 1919 mit dem Charakter als Oberleutnant der Reserve aus der Vorläufigen Reichswehr entlassen
  • 1919 Gründung „Luftverkehr Strähle“, doch nach den ersten Probeflügen mit den neuen Maschinen und seiner Zulassung als Flugzeugführer im Luftverkehr am 17. Oktober 1919 war alles zu Ende: Aufgrund des Versailler Schandvertrages wurden seine Flugzeuge beschlagnahmt. 1920 mußte er sie zum zehnfachen Preis von der Reparationskommission freikaufen.
  • 3. Januar 1921 Strähle bekommt als erster Privatunternehmer in Deutschland eine Konzession für den Passagierdienst auf zwei Fluglinien.
    • insgesamt 119.712 Flugkilometer
  • 1923 „Luftverkehr Strähle“ mußte er auf Grund finanzieller Schwierigkeiten seine Fluglinien einstellen.
    • Danach spezialisierte sich seine Firma auf die Luftbildfotografie (Strähle Luftbild) und die Sportfliegerei mit Fallschirmsprüngen. Zwischen 1919 und 1938 hat Strähle über 40.000 Luftaufnahmen angefertigt. Aus dem Doppeldecker heraus fotografiert er Deutschland von oben, macht über 40.000 Luftbilder von Stuttgart, München, Köln, Hamburg und vielen anderen Städten. Seine Luftaufnahmen aus den 1920er und 1930er Jahren zeigen ein wunderschönes Vaterland, das es so nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr geben wird.
  • 1935 nach Enttarnung der Luftwaffe Eintritt in die Reserve
  • 1941 im Ostfeldzug als Major der Reserve Leiter der Stabsbild-Abteilung beim Koluft AOK 9 (Armeeoberkommando 9)
  • Nach dem Krieg Besitzer eines Auto- und Motorradhandels in Schorndorf

Auszeichnungen (Auszug)

Bildergalerie

Schriften (Auswahl)

  • Süddeutschland von oben. Erste Folge: Württemberg und Hohenzollern. Einhundert Aufnahmen aus dem Flugzeug. (mit Dr. Carl Uhlig), Alexander Fischer Verlag, Tübingen 1924

Fußnoten

  1. Heinz H. Poker, Bernhard Rolf: Chronik der Stadt Stuttgart, 1984–1987. Klett-Cotta, Stuttgart, 1991, ISBN 978-3-608-91345-3, S. 164, 165.
  2. Paul Strähle, Böblinger Flughafengeschichten
  3. Paul Strähle, The Aerodrome