Zech-Nenntwich, Hans-Walter

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Zech-Nenntwich ist in der Nacht zum 23. April 1964 aus der Haft in Braunschweig geflohen. Er war im SS-Reiterprozeß am 20. April 1964 wegen Beihilfe zum Mord zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Das letzte Lebenszeichen stammt aus Remagen im Jahre 1979.

Joachim Hans Walter Zech-Nenntwich (eigentlich Hanswalter Nenntwich; Lebensrune.png 10. Juni 1916 in Thorn; Todesrune.png nach 1979), Decknamen Hermann Böttcher oder Dr. Sven Joachim Nansen, war ein deutscher SS-Obersturmführer, Deserteur, Landesverräter, Hochstapler und feindlicher Agent sowie Unternehmer der Nachkriegszeit. In der BRD verriet der verräterische britische Agent aus opportunistischen Gründen wiederum seine deutschen Mittäter bei den Briten gegenüber Konrad Adenauer.

Werdegang

Walter Zech-Nenntwich.jpg

Hans-Walter Nenntwich war der einzige Sohn eines Bergbaupraktikanten, der 1925 an den Folgen einer Kopfverwundung aus dem Ersten Weltkrieg starb. Nenntwich besuchte die Schule bis zur Mittleren Reife und trat 1934 in den Polizeidienst ein, sein Engagement war jedoch von kurzer Dauer. 1934 bis 1935 absolvierte er seinen Wehrdienst bei der Luftwaffe, nach eigenen, stark zu bezweifelten Angaben als Beobachter in einem Kampfgeschwader. Von 1935 bis 1938 will er als RAD-Unterführer beim Reichsarbeitsdienst gedient haben. 1938 meldete er sich freiwillig zum Dienst in den verstärkten SS-Totenkopfverbänden, zuerst im KL Sachsenhausen, dann KL Mauthausen. Über die SS-Standarten Brandenburg und Ostmark kam er zur Reiterstaffel der SS-Heimwehr Danzig, wo er an den Kämpfen 1939 beteiligt war. 1939/1940 absolvierte er einen Führerlehrgang an der SS-Junkerschule Bad Tölz, diente dann als SS-Standartenjunker, schließlich SS-Standartenoberjunker erneut kurzzeitig bei den verstärkten SS-Totenkopfverbänden, ab Ende 1940 kurz beim SS-Standarte „Germania“ in Hamburg, dann beim 2. SS-Kavallerie-Regiment, das am 25. Februar 1941 aus der SS-Totenkopf-Reiter-Standarte 2 hervorgegangen war. Mit dem Regiment nahm er im Rahmen der SS-Kavallerie-Brigade als Aufklärer und Bandenbekämpfer am Ostfeldzug teil. 1942 wurde er zum SS-Untersturmführer befördert, war an der Kriegsfront ausgezeichnet und wurde 1943 verwundet. Wann, und ob er überhaupt zum SS-Obersturmführer befördert wurde, ist unbekannt. In vielen Quellen wird er zwar derart angegeben, in anderen jedoch nur als SS-Untersturmführer.[1]

Spiegel-Bericht

Er hieß mal Zahn, mal Nansen, mal nannte er sich Freiherr Zech von Nenntwich. Er konferierte mit Adenauer in Rhöndorf, korrespondierte mit Ulbricht in Ostberlin und redete Globke mit »Hans« an. Er betätigte sich als Turnierreiter, SS-Junker, britischer Abwehr-Agent, deutscher Staatsbeamter, Bonner Journalist und rheinischer Handelsmann. Seit letztem Sommer sitzt er in Braunschweig in Untersuchungshaft. Am 17. Februar muß Hans-Walter Zech-Nenntwich, 47, auf die Anklagebank des Braunschweiger Schwurgerichts. Staatsanwalt Kintzi hält den früheren SS-Obersturmführer und Spähtrupp-Offizier in der 2. Schwadron des SS-Reiterregiments 2 für einen Mörder. Der bewegliche Reitersmann war gerade dabei, wieder einmal umzusatteln, als der Haftbefehl am 5. Juli vergangenen Jahres vollstreckt wurde: Mit Ersparnissen vom Direktorengehalt einer EFA-Film-AG in Remagen hatte Zech-Nenntwich eine Zylinderschleiferei in Andernach erworben. Statt mit Zylindern mußte sich Zech-Nenntwich mit dem Vorwurf beschäftigen, er habe im Sommer 1941 in der Gegend von Pinsk bei einem Massaker an 5200 Juden mitgewirkt. Hineingeritten wurde Zech-Nenntwich durch seinen früheren Kommandeur Franz Magill, der das SS-Reiterregiment befehligte. Magill, Reitlehrer beim Reit- und Fahrverein in Cremlingen bei Braunschweig, verplapperte sich vor zwei Jahren als Zeuge im Prozeß gegen den SS-Obergruppenführer von dem Bach -Zelewski und posaunte ungefragt einen »Sondereinsatz« seiner Reiterei bei Pinsk aus. Der Sondereinsatz war bis dahin nirgends dokumentiert gewesen. Die SS hatte einen Funkbefehl aus dem Reichssicherheitshauptamt so gründlich befolgt, daß nur Täter und keine Zeugen übriggeblieben waren. Text des Funkspruchs: »Sämtliche Juden müssen erschossen werden. Judenweiber in die Sümpfe treiben.« Kommandeur Magills Enthüllung veranlaßte die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Braunschweig, ein Ermittlungsverfahren gegen »Magill und andere« einzuleiten. Die »anderen« suchte Staatsanwalt Dr. Kintzi aus 40 Akten-Ordnern im Freiburger Militärgeschichtlichen Forschungsamt heraus, in denen Schriftverkehr und Namenslisten der aus zwei Regimentern bestehenden SS-Kavallerie-Brigade abgeheftet worden sind. Auf alle in der Bundesrepublik liegenden Heimatadressen der SS-Reiter setzte der Staatsanwalt sodann Kriminalbeamte an. Knapp 200 Zeugen wurden gehört, fünf Kavalleristen verhaftet: Kommandeur Franz Magill, Adjutant Walter Bornscheuer, die Schwadronschefs Walter Dunsch und Kurt Wegener sowie der Obersturmführer Nenntwich. Des Mordes wird allein Zech-Nenntwich bezichtigt, die anderen sind lediglich der Beihilfe angeklagt. Er soll laut Anklageschrift auf der Rollbahn zwischen Bialystok und Baranowicze »acht Frauen und junge Männer ohne gerechtfertigten Anlaß mit einer Pistole erschossen« und bei der Ermordung von ungefähr hundert Juden in den Pripet-Sümpfen »eigenhändig mindestens einen Juden erschossen haben, wozu er sich einen Karabiner reichen ließ«. Zech-Nenntwich bestreitet die Tat. Überdies empfindet er die Anklage als grobe Ungerechtigkeit: Er war bereits 1943 desertiert und hatte von England aus über den »SS-Widerstandssender Hagedorn« am Ätherkrieg gegen Hitler teilgenommen. Nenntwich, der seinem Namen den Zech-Zusatz erst nach dem Krieg bei der Wiederverheiratung seiner Mutter mit einem Polizeimajor a.D. Zech anfügte, hatte auf abenteuerliche Weise die Front gewechselt. Wegen Gehorsamsverweigerung bei der Sicherung eines Transports jüdischer Polenkinder oder wegen Waffenschiebungen im Generalgouvernement oder, wie eine dritte Lesart lautet, wegen Fahnenflucht und Vergewaltigung war der SS-Obersturmführer Nenntwich vor ein SS-Gericht in Krakau gestellt und als »Todeskandidat« - so Nenntwich - in ein Warschauer Gestapo-Gefängnis verbracht worden. Am Abend des 5. April 1943 ließ sich Nenntwich heißes Wasser zum Rasieren in die Zelle bringen, schor sich den Häftlingsbart und verließ mit Nachschlüssel, Pistole, Blanko-Dienstreisepapieren und Soldbuch als »Hermann Böttcher, SS-Obersturmführer der Sicherheitspolizei« unbehelligt das Gefängnis. Seinem SS-Gruppenführer Krüger hinterließ er auf einem Zettel: »Entziehe mich der SS-Gerichtsbarkeit, da man mir keine Möglichkeit gibt, einen ehrenvollen Soldatentod zu sterben.« Knapp vier Wochen später verließ der falsche Böttcher in Südschweden einen nach Kirkenes bestimmten Wehrmachtstransport unter Vorspiegelung einer Blinddarmentzündung und machte sich erst per Tragbahre, dann per Taxi davon. Schweden gewährte ihm Asyl, der britische Militärattaché heuerte ihn zur Überwachung von Agenten in englischen Kriegsgefangenenlagern an und ließ ihn mit einer Kuriermaschine nach London fliegen. Vom britischen Secret Service wurde Nenntwich alias Böttcher zu Neujahr 1944 der Spezialabteilung M. B. (Milton Bryan) von Sefton Delmer übergeben. Nenntwich berichtete Delmer, er habe zusammen mit SS-General Fegelein, dem Schwager von Eva Braun, eine SS-Widerstandsgruppe gegründet und fliehen müssen. Delmer taufte Nenntwich in Dr. Sven Joachim Nansen um und übertrug ihm Aufgaben am »SS-Widerstandssender Hagedorn«, einem Instrument der britischen »schwarzen Propaganda«, die unter Delmers Leitung von deutschen Emigranten betrieben wurde. Nansen-Nenntwich, der mit dem AA-Diplomaten Wolfgang Gans Edler zu Putlitz (Deckname: Mr. Potts) zusammenwohnte, beschloß alsbald, sich die »ehrenwerten deutschen Freunde« zu merken, die – offenbar anders als er selber – bereit waren, »gegen ihr Vaterland« und nicht nur gegen das NS-Regime zu arbeiten. Bei Kriegsende kehrte Nansen als britischer Vernehmungsoffizier nach Deutschland zurück. Als Legationsrat I. Klasse wurde er Berater und Verbindungsmann der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen zur Militärregierung und leitete eine Paß-Stelle. Seine Tätigkeit erlaubte es ihm, nach dem Verbleib der ehemaligen Delmer-Propagandisten zu forschen. Silvester 1949 hatte Zech-Nenntwich sein Material zusammen und bat („Ihr sehr ergebener früherer Dr. Nansen“) den Bundeskanzler Adenauer um eine Unterredung. In seiner Rhöndorfer Villa empfing der Kanzler den SS-Kämpfer zu einer zweistündigen Unterredung. Sefton Delmer dazu: »Er erzählte dem alten Kanzler alles, was er über die Leute wußte, die mit mir gearbeitet hatten, insbesondere über diejenigen, die, wie einige der Sozialdemokraten, nach dem Krieg aktiv am politischen Leben in Deutschland teilnahmen und nun in Opposition zu Adenauer standen.« Berufsfördernd war der Rhöndorfer Besuch nicht: Ministerpräsident Arnold warf den Legationsrat Nansen aus dem Düsseldorfer Amt. Im Februar 1952 gründete Zech-Nenntwich in Düsseldorf eine Firma »Ausrüstungsdepot H.-W. Zech & Co« und versuchte, 800 000 »Zünduhren für 8,8-cm-Flakgranaten« zum Stückpreis von drei Mark ins Ausland zu verkaufen. Die Zünduhren waren jedoch nur sogenannte Fliehkraftsicherungen und besaßen einen Schrottwert von 30 Pfennig. Das Geschäft scheiterte. Wenige Monate später, im Juni 1952, wurde Zech-Nenntwich von einem alliierten Gericht in Bielefeld wegen versuchter Bestechung zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Er war an einem Sonntagmittag in einem Büroraum des britischen Armee-Beschaffungsamts in Herford dabei erwischt worden, wie er gerade in Akten blätterte. Aus den Akten wollte Zech-Nenntwich, der damals eine Reifenfirma vertrat, Angebote der Konkurrenz ermitteln. Dem deutschen Wachmann hatte er 2000 Mark geboten. Noch im selben Jahr wurde er vom Schöffengericht Geldern wegen Nötigung, Hausfriedensbruchs und Körperverletzung, zu denen ein Mietstreit geführt hatte, mit fünf Wochen Gefängnis bestraft. Zu dieser Zeit ventilierte Zech-Nenntwich die Möglichkeit, als Offizier in die Volkspolizei einzutreten, schrieb deswegen an Ulbricht und führte Unterredungen mit dem KPD-Abgeordneten Renner in Bonn und Grotewohls Sekretär Meissner. Er blieb dann doch im Westen, reiste als »Beauftragter für das Ausland« umher, erzählte von einer Promotion in Oxford, stellte sich auch als »Freiherr Zech von Nenntwich vom Bundespresseamt« vor und ließ sich endlich als Mitarbeiter im Büro des Journalisten Hans Georg Bachmann im Bonner Pressehaus V, Zimmer 29a, nieder. Mit Bachmanns Telephon klingelte Zech-Nenntwich häufig im Bundeskanzleramt an, verlangte Staatssekretär Globke und unterhielt sich mit »Hans« in vertrautem Ton. Auch rühmte er sich gewisser Kontakte zum damaligen Bundesinnenminister Dr. Schröder, von dem er derart intime Dinge wisse, daß es ihm ein leichtes gewesen wäre, Schröders Ernennung zum Minister zu vereiteln. In einer längeren Unterredung sei man aber einig geworden, einander nichts anzutun. Eines Tages erschien Zech-Nenntwich mit einer leichten Kopfwunde im Bundeshaus-Restaurant und behauptete, von Rolandseck aus sei auf ihn gefeuert worden, als er gerade an Schloß Ernich, dem Repräsentations-Bau des französischen Botschafters, vorbeifuhr. Für seine Fahrten benutzte der umtriebige Kavallerist mit Vorliebe schwere amerikanische Wagen. Später stieg er auf ein cremefarbiges, rotgepolstertes Mercedes-Cabrio um, dessen Heck das Schweizer Nationalitäten-Kennzeichen zierte. Die Bürogemeinschaft mit dem Journalisten Bachmann flog auf, als Zech -Nenntwich, der sich inzwischen als Mitarbeiter eines deutschen Geheimdienstes (Deckname: Zahn) bezeichnete, im März 1954 von der Bundeskriminalpolizei festgenommen wurde. In seiner Aktentasche fand sich geheimes Material des Bundesgerichtshofs, das Zech-Nenntwich zu verkaufen gedachte. Danach ging Zech-Nenntwich, wie er in Bonn kundtat, »in die Industrie«. Nach zehn Jahren tritt er nun – zum erstenmal unfreiwillig – wieder in die Öffentlichkeit. Als Zeugen gegen den SS-Reiter Zech-Nenntwich hat der Staatsanwalt einen Vorarbeiter und einen Landwirt gefunden, die gleichfalls Angehörige der Schwadron gewesen sind. Jede Möglichkeit, die beiden Kavalleristen könnten durch abgesprochene Aussagen an dem Deserteur und Verräter späte SS-Rache nehmen wollen, verneint Staatsanwalt Dr. Kintzi: »Ihre bei völlig getrennten Vernehmungen geäußerten Aussagen ergänzen sich.« Untersuchungshäftling Zech-Nenntwich dagegen zum Staatsanwalt: »Ich habe viele Feinde.«[2]

Die Flucht

Ein Freund aus Reichsarbeitsdienst-Zeiten, jetzt Aufseher im Braunschweiger Untersuchungsgefängnis Rennelberg, schloß dem Gefangenen die Türen auf. Weitere Komplizen, darunter seine damalige Verlobte Margit Steinheuer, sorgten für die Fortsetzung der Flucht per Privatflugzeug vom Flugplatz Nordhorn-Klausheide in die Schweiz. Am Steuer saß Hans Altendeitering, ehemaliger Sturzkampfflieger im Geschwader von Hans-Ulrich Rudel. In der Schweiz angekommen, soll Zech-Nenntwich Geld von einer Bank abgehoben haben. Seine Flucht wurde erst am nächsten Morgen gegen 7.30 Uhr entdeckt.

„Das für die Flucht benutzte Privatflugzeug gehört dem Fabrikanten Meerswolke aus Nordhorn. Es stand dem Berufspiloten Altendeitering aus Nordhorn zur freien Verfügung. Altendeitering hat Zech-Nenntwich, ohne den Eigentümer zu verständigen, am 23. April 1964 in die Schweiz geflogen und ist noch am selben Tage kurz nach 12 Uhr mit dem Flugzeug zurückgekehrt.“ — Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz Arthur Bülow, Deutscher Bundestag – 4. Wahlperiode – 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. Mai 1964, S. 6155

Eine Woche nach seiner Flucht wurde Hans-Walter Zech-Nenntwich von zwei Journalisten der Zeitschrift „Stern“ in der ägyptischen Hauptstadt Kairo aufgespürt; zwischen Ägypten und der Bundesrepublik Deutschland bestand damals kein Auslieferungsabkommen. Bis dahin hatte ihn die deutsche Polizei in Südamerika vermutet. Im Sommer kehrte Zech-Nenntwich jedoch freiwillig in die Bundesrepublik zurück und stellte sich am 7. August 1964 in Begleitung der beiden „Stern“-Berichter im niedersächsischen Justizministerium, da er unschuldig sei.I m Januar 1965 stand Zech-Nenntwich wegen seiner Flucht in Braunschweig erneut vor Gericht. Außer ihm waren der Gefängnisaufseher, zwei Frauen und ein weiterer Mann, der die Fahrt zum Flughafen organisiert hatte, angeklagt. Zech-Nenntwich wurde schließlich zu einer weiteren Strafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, der Vollzugsbeamte zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus; die drei anderen Angeklagten erhielten Bewährungsstrafen.

Literatur

  • Kai Hermann: Die Karriere eines SS-Offiziers. Zech-Nenntwich: britischer Agent, Legationsrat, Industrieller, Zuchthäusler, in: Die Zeit, Nr. 18, 1. Mai 1964

Verweise

Fußnoten

  1. Zech-Nenntwich, Hans-Walter (SS-Untersturmführer), unter „Short biographies of perpetrators from the SS Cavalry Brigade“, in: Henning Piepers „Fegelein's Horsemen and Genocidal Warfare – The SS Cavalry Brigade in the Soviet Union“, Houndmills, Basingstoke, Hampshire 2015
  2. Weiber in die Sümpfe, Der Spiegel, 21.01.1964