Boyen, Hermann von
Ludwig Leopold Gottlieb Hermann von Boyen ( 23. Juni 1771 in Kreuzburg (Ostpreußen), 15. Februar 1848 in Berlin) war ein deutscher Offizier, zuletzt Generalfeldmarschall der Preußischen Armee und Preußischer Kriegsminister.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang und Wirken
1787 trat von Boyen in die Preußische Armee ein, hörte 1788 Vorlesungen Kants in Königsberg, die seine späteren Vorstellungen einer „Armee als Schule der Nation“ beeinflußten, und nahm 1794/95 am Feldzug gegen Polen teil. Von Boyen wurde 1803 von Gerhard Johann David von Scharnhorst in die Militärische Gesellschaft aufgenommen, 1808 als Major in die Militärreorganisationskommission berufen, 1810 zum Direktor des Allgemeinen Kriegsdepartements ernannt.
1812 ging er nach Rußland; er war der Überbringer des Bündnisangebots des russischen Kaisers an Friedrich Wilhelm III., das dessen Kriegseintritt gegen Frankreich mitbestimmte. Von Boyen nahm als Generalstabsoffizier an den Befreiungskriegen teil und wurde 1814 als Generalmajor Kriegsminister. Er setzte das Wehrgesetz vom 3.9.1814 durch, mit dem die allgemeine Wehrpflicht eingeführt, eine Landwehr und ein Landsturm aufgebaut wurden. Von reaktionären Kräften angegriffen, trat er 1819 zurück.
Seit 1841 leitete er nochmals das Kriegsministerium, bis er 1847 als Generalfeldmarschall seinen Abschied nahm. Neben Scharnhorst und Clausewitz gilt von Boyen als der bedeutendste preußische Heeresreformer.
Kurzchronologie
- 23.6.1771 geboren zu Kreuzburg (Kreis Preußich Eylau)
- nach dem frühen Tod seiner Eltern erzogen im Hause seiner Tante, einer unverheirateten Schwester seines Vaters, in Königsberg in Preußen
- 7.4.1784 Gefreiterkorporal im Infanterie-Regiment „von Anhalt“
- 7.9.1785 Portepeefähnrich
- 1.2.1786 zum Infanterie-Regiment „von Wildau“ versetzt
- 31.1.1787 wirklicher Fähnrich
- 19.4.1788 Sekondeleutnant
- 1.11.1790 Adjutant des I. Bataillons
- 20.5.1794 Generaladjutant bei General von Wildau, dann bei General von Günther
- 1794/1795 Feldzug in Polen
- 11.6.1796 Premierleutnant im Infanterie-Regiment „Prinz Georg Hohenlohe“
- 15.6.1799 Stabskapitän
- 1806 Feldzug (Vierter Koalitionskrieg) im Generalstab des Herzogs von Braunschweig
- Schlacht bei Auerstedt (schwer verwundet), nach Wiederherstellung auf den östlichen Kriegsschauplatz
- 4.5.1807 in den Stab des russischen Generals Tutschkoff
- 11.5.1807 Rang als Quartiermeisterleutnant
- 21.7.1807 wirklicher Kapitän von der Armee
- 22.11.1807 Erlaubnis zu Heirat und 6 Wochen Urlaub in Gumbinnen
- 20.1.1808 dem Generalstab unter Gerhard von Scharnhorst zugeteilt
- 25.1.1808 Major
- 10.1.1810 Mitglied der Generalordenskommission
- 3.2.1810 Direktor der ersten Abteilung des Allgemeinen Kriegsdepartements
- 11.3.1812 Abschied als Oberst, ging in russische Dienste (Russisch-Deutsche Legion)
- nach der Konvention von Tauroggen Rückkehr nach Preußen
- 21.2.1813 in preußischen Diensten als Oberst im Generalstab wieder angestellt
- 8.8.1813 Chef des Generalstabes des Korps Bülow
- 1813/1814 Befreiungskriege:
- Schlacht bei Großbeeren
- Schlacht bei Dennewitz
- Schlacht bei Leipzig
- Schlacht bei Laon
- Besetzung von Westfalen
- Feldzug in Holland
- Feldzug in Frankreich
- 8.12.1813 Generalmajor
- 13.5.1814 nach Paris gerufen, um an den Arbeiten einer Kommission teilzunehmen, die über die künftige Verfassung des Heeres beraten sollte
- 3.6.1814 Staats- und Kriegsminister
- 30.3.1818 Generalleutnant
- 25.12.1819 Abschied
- 22.11.1840 als General der Infanterie im aktiven Dienst wieder angestellt
- 28.2.1841 erneut zum Staats- und Kriegsminister ernannt
- 20.6.1841 auch Chef des Direktoriums des Potsdamer Waisenhauses
- 7.10.1847 Generalfeldmarschall unter Beibehalt des Charakters als Geheimer Staatsminister und Gouverneur des Invalidenhauses zu Berlin
Tod
Hermann von Boyen starb am 5. Februar 1848 in Berlin. 1848 wurde er neben seiner 1845 verstorbenen Ehefrau Amalie auf dem benachbarten Invalidenfriedhof im Grabfeld C beigesetzt. Die Grabanlage geht auf Hofarchitekt Friedrich August Stüler zurück. Später fanden dort auch Sohn und Schwiegertochter und Tochter Amalie Friederike ihre letzte Ruhestätte. Die Grabmale Gerhard von Scharnhorsts sowie der von Boyen vorangegangenen Kriegsminister Job von Witzleben und Gustav von Rauch liegen in Sichtweite seines Grabes. Es ist als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet. Der König von Preußen benannte nach ihm die zwischen 1847 und 1855 im masurischen Lötzen errichtete Feste.
Hermann von Boyen in Walhall
„Hermann von Boyen in Walhall“ ist ein Gedicht von Ernst Moritz Arndt aus dem Jahre 1848:[1]
- Blast! Blaset hell von Walhalls Zinnen!
- Tut weit die goldnen Pforten auf!
- Weckt alle Ehren, alle Minnen!
- Es steigt ein hoher Glanz herauf.
- Weckt jede Harfe, jede Leier!
- Erleuchtet jeder Wonne Schein!
- Ein Held, ein Retter, ein Befreier,
- Licht, Recht und Schwert tritt bei euch ein.
- Licht, Recht und Schwert, das sind die Fahnen,
- Worunter Hermann Boyen stritt,
- Die läßt den Enkeln er als Ahnen
- Für deutscher Zukunft Heldenschritt.
- Wird wo gesungen, wo gelesen
- Von einem hohen, edlen Mann,
- Der rein und fleckenlos gewesen,
- So bleibt der Boyen Vordermann.
- Schon steht er da im Götterglanze
- Auf Idas ewig grüner Au,
- Schon grüßen aus dem Heldenkranze
- Sein Scharnhorst ihn, sein Gneisenau.
- Der Blücher grüßt, Bülow der Schnelle,
- Sein Streitgenoß und Siegsgenoß,
- Grolman der Freund, der Ernste, Helle,
- Des Auge Schlachtenblicke schoß.
- Doch steigen von der hohen Stätte
- Zur kleinen Erde wir hinab
- Und legen Hoffnung und Gebete
- Auf unsers deutschen Hermanns Grab.
- Wir beten: Ewig lebe Treue
- Für König, Gott und Vaterland,
- Wie dieser stille Schlachtenleue
- Sich ihre Ehrenkränze wand!
- Wir beten: Nimmer möge fehlen
- Die freie, fromme Heldensaat
- Von solchen festen, starken Seelen,
- Gerüstet gleich für Wort und Tat!
- Wir beten: Nimmer möge fehlen
- Der Blitz, der durch die Herzen fährt,
- Der rechte Blitz für deutsche Seelen,
- Der Blitz von Licht und Recht und Schwert!
Familie
Hermanns Vater war Johann Friedrich, Oberstleutnant und Kommandeur des Garnisonregiments von Ingersleben, geboren 18. Juli 1720, gestorben 31. Oktober 1777, seine Mutter war Hedwig Sophie, geborene von Holtzendorff a. d. H. Gerlauken, geboren 2. März 1735, gestorben 2. September 1778.
Ehe
Von Boyen heiratete am 9. Dezember 1807 in Gumbinnen seine Verlobte Antoinette Amalie Berent (1780–1845), jüngste Tochter des Kammerassistenzrates Berent ( 13. Dezember 1780 zu Gumbinnen; 27. Juni 1845 zu Berlin). Er war u. a. der Vater von Leopold Hermann von Boyen (1811–1886; preußischer General der Infanterie, 1883 Gouverneur von Mainz, 1875 von Berlin, Träger des Schwarzen Adlerordens). Sein erster Sohn soll jedoch Friedrich Hermann Julius Ernst gewesen sein.[2] Später kamen die Töchter Amalie Friederike (1815–1886) und Johanna Sophie Hedwig ( 1819).
Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)
- Eisernes Kreuz (1813), II. und I. Klasse
- Kriegsdenkmünze für die Befreiungskriege (Preußen)
- Pour le Mérite mit Eichenlaub im August 1814
- Schwertorden, Ritterkreuz (SS3)
- Russischer Orden des Heiligen Georg, III. Klasse (RG3)
- Militärverdienstorden (Frankreich), Kommandeur (FMV2)
- Österreichisch-kaiserlicher Leopold-Orden, Großkreuz (ÖL1)
- Roter Adlerorden, I. Klasse mit Eichenlaub, 1815[3]
- Preußisches Dienstauszeichnungskreuz
- Schwarzer Adlerorden mit Brillanten am 18. Juni 1841
- Orden vom Niederländischen Löwen, Großkreuz (NL1) im Oktober 1842
- Guelphen-Orden, Großkreuz (HG1), 1843
- St. Andreas-Orden (RAd), 1843
Ehrungen
- Chef des 1. Ostpreußisches Infanterie-Regiment am 7. April 1842
- am 21. Juni 1888 in Grenadier-Regiment „König Friedrich III.“ (1. Ostpreußisches) Nr. 1 und am 6. Mai 1900 in Grenadier-Regiment „Kronprinz“ (1. Ostpreußisches) Nr. 1 umbenannt
- 19. Ehrenbürgerschaft der Stadt Berlin am 19. November 1842
Literatur
- Gerhard von Pelet-Narbonne (Hrsg.): „Erzieher des Preussischen Heeres“, 1905-1907 Band 7: Boyen (PDF-Datei)
- Hermann Foertsch: Hermann von Boyen, in: Willy Andreas / Wilhelm von Scholz (Hg.): Die Großen Deutschen. Neue Deutsche Biographie. Propyläen Verlag, Berlin, 4 Bde. 1935–1937, 1 Ergänzungsbd. 1943; Zweiter Band, S. 620–634
Fußnoten
- Geboren 1771
- Gestorben 1848
- Deutscher Adliger
- Deutscher Feldherr
- Deutscher Freimaurer
- Deutscher Generalfeldmarschall
- Militärtheoretiker
- Generalfeldmarschall (Preußen)
- Kriegsminister (Preußen)
- Person in den Koalitionskriegen (Preußen)
- Träger des Pour le Mérite (Militärorden)
- Träger des Roten Adlerordens 1. Klasse
- Ritter des Schwarzen Adlerordens
- Träger des Ordens vom Niederländischen Löwen (Großkreuz)
- Großkreuz des Guelphen-Ordens
- Träger des Schwertordens (Ritter 1. Klasse)
- Träger des Eisernen Kreuzes 1. Klasse
- Ehrenbürger von Berlin