Brandt, Fred
Fred Hermann Brandt ( 1908 in Sankt Petersburg; 1994 in Paderborn) war ein baltendeutscher Entomologe (Insektenforscher und -sammler), Botaniker, Geheimagent der Abwehr und Sonderführer (Offizier)[1] der Brandenburger während des Zweiten Weltkrieges. Brandt, der in den Jahren 1937/38 im Iran im Auftrag seines Bruders, des renommierten Entomologen Dr. Wilhelm Brandt, tausende Schmetterlinge zur systematischen Bestimmung durch international bekannte Spezialisten gesammelt hatte (in dieser Zeit erschienen einige wissenschaftliche Aufsätze von ihm), verfügte über gute russische, iranische und arabische Sprachkenntnisse sowie fundierte Kenntnisse über Moslems. Bereits 1935 hatte er an der Murmanskbahn in der Sowjetunion Schmetterlinge gesammelt. Er war der perfekte Rekrut für den deutschen Geheimdienst von Wilhelm Canaris.[2]
Inhaltsverzeichnis
Wirken und Krieg
Persien
Im November 1937 war Fred Brandt als Entomologe (Insektenforscher) in das Gebiet der Belutschen-Nomaden gereist, die an der persisch-afghanischen Grenze leben. Er kam gerade zur rechten Zeit, was sich als wahrer Glücksfall für ihn erweisen sollte, nicht nur in wissenschaftlicher Hinsicht. Wenige Tage nach seiner Ankunft setzte Regen ein, auf den die Belutschen drei Jahre lang vergeblich gewartet hatten. Sie verehrten den rothaarigen Deutschen, der ihre Landeskleidung trug, fortan als eine Art „Glücks-“ oder „Regenbringer“. Als solcher begleitete Brandt wiewohl vor allem an seltenen Krabbeltieren interessiert, die Nomaden auf ihren Schmuggelreisen und Schmuggelfahrten, die sie bis an die arabische Küste führten. Dort wurden Waffen eingekauft, die bis an die indische Nordwestgrenze gebracht und dort an die unruhigen Bergstämme verhökert wurden, die sich ständig gegen die britischen Besatzer wehrten.
Auf den Fahrten zur „Piratenküste“ wie auf den Ritten zu den Bergstämmen begleitete Brandt die Nomaden und Waffenschmuggler stets als „Afghane“. Diese Tarnung war so gut, daß er nicht ein einziges Mal einer der zahlreichen britischen Streifen auffiel, die aus erfahrenen Kolonialsoldaten bestanden. Sein langes rotes Haar und sein roter Schnurrbart machten ihn scheinbar zum Afridi.
Sämtliche Unternehmungen, an denen er beteiligt war – zur See und zu Kamel – waren von Erfolg gekrönt. So sahen auch die Schmuggler, die in ihm einen „afghanischen“ Helfer gefunden hatten, in diesem Ferangi (Ausländer; das Wort kommt von „Franken“, die das Land während der Kreuzzüge erobert hatten) einen wahren Glücksbringer. 1938 lebte er mehrere Monate unter den Küsten-Nomaden des Arabischen Meeres, deren Mentalität er eingehend studierte und deren Sprache er schließlich hervorragend beherrschte.
Von seinen langen Reisen zu Pferd und zu Kamel wußte Fred Brandt, daß es kein Zugangshindernis nach Indien mehr gab, wenn einmal das Stammesgebiet der Tschbahar erreicht war. Dies verdeutlichte er auch der Abwehr. Fred Brandt schlug vor, im Alleingang aus Persisch-Belutschistan heraus an die Nordwestgrenze zu starten. Ihm kam dabei zugute, daß er Ende 1938 in diesem Raum und in der Gegend von Kabul bzw. nördlich davon umfangreiche entomologische Studien betrieben hatte.
Die Stämme Persisch-Belutschistans waren von den Iranern noch nicht unterworfen. Die persischen Kontrollen, Militärposten und Zollstreifen saßen entweder an der Küste in ihren Stützpunkten fest oder waren erst weit im Norden bei der Stadt Iranschar präsent. Dazwischen war nicht die Spur einer staatlichen Autorität. Nomadenstämme beherrschten das Land.
Unternehmen „Tiger“
Im März 1940 betrat Fred Brandt das Gebäude des Abwehr-Hauptquartiers am Berliner Tirpitzufer und fragte nach einem Ansprechpartner, dem er einen besonderen Plan vorlegen wollte. Von einem Unteroffizier wurde er zu dem erfahrenen Abwehr-Außenagent Hauptmann Wilhelm Kohlhaas von der Abwehrabteilung II gebracht. Dort kam es zwischen den beiden Männern zu einem Stunden währenden Gespräch, dessen Zusammenfassung durch Hauptmann Kohlhaas folgende Fakten herausstellte:
- „Durch die Entsendung von Stör- und Sabotagetrupps in das afghanische Grenzgebiet zu Indien sollte der permanente Aufruhr der Bergstämme angeheizt werden, um sie zum offenen Krieg gegen die Briten zu bringen.“
Als das Gespräch auf den germanophilen in Italien lebenden König von Afghanistan Aman Ullah[3] kam, und Hauptmann Kohlhaas sich dessen Hilfe versichern wollte, lehnte Brandt dies ab. Er war dagegen, einen „Emigranten“ ins Spiel zu bringen, er wollte ausschließlich mit der afghanischen Bevölkerung und sozusagen mit der „legalen Regierung“ in Kabul zusammenarbeiten. Falls die Einsätze Erfolg haben würden, könne es erhebliche Störungen und Freiheitskämpfe in Indien geben, die zur weiteren Aufstellung und Konzentration britischer Truppen zwingen müßten.
Die in einem ständigen Widerstandskrieg mit den Briten liegenden Bergstämme saßen vor allem im Gebiet des Khaiberpasses, zwischen Waziristan und Chitral. Da war zum einen der große Stamm der Afriden, zum anderen gab es die Waziri und die Mohmand, die sich wahrscheinlich ebenfalls an einem Aufstand beteiligen würden. Hauptlast desselben liege allerdings auf den Schultern der Afriden. Denen habe das große Interesse der Abwehr II zu gelten. Die Waziri waren überwiegend schwarz- und rothaarig, und Rotschopf Fred Brandt war in Eingeborenenkleidung auch auf den zweiten Blick nicht von einem Afridi zu unterscheiden.
Fred Brandt machte Hauptmann Kohlhaas einen weiteren Vorschlag, ihn in die Türkei einzuschleusen. Von dort aus konnte er mit seinem lettischen Reisepaß ohne weiteres nach Persien einreisen. Vor allem deshalb, weil dieser Paß nach wie vor bei der französischen Botschaft in Teheran registriert war.
Hauptmann Kohlhaas war von den Plänen des jungen Mannes sehr angetan, zumal sie - wenn auch unter anderen Ausgangspunkten - den von der Abwehr II angepeilten Zielen entsprachen. Die Abwehr schickte Fred Brandt im April 1940 als einen ihrer V-Leute zur Ausbildung nach Brandenburg/Havel, wo er bei den „Brandenburgern“ einen ersten Lehrgang durchlief. Anschließend kam er ins Ausbildungslager Quenzgut, wo er bis zum Spätherbst 1940 einen zweiten Lehrgang besuchte. Dieser beinhaltete unter anderem Spreng- und Sabotagetechniken.
Generalmajor a. D. Erwin von Lahousen, Leiter der Abteilung für Sabotage und Spezialaufträge des Amtes Ausland/Abwehr, schrieb nach dem Krieg über die außergewöhnlichen Fähigkeiten Brandts während des Unternehmens „Tiger“, das er in enger Zusammenarbeit mit der deutschen Gesandtschaft in Kabul koordiniert hatte:
- „Dieser Mann konnte mit seinem Fangnetz natürlich ganz harmlos den Schmetterlingen nachlaufen und dabei die Grenzstämme in Afghanistan ausbilden und mit Waffenkontingenten versorgen.“
Nach dem Krieg schrieb Brandt über seine Unternehmungen, hier ein Auszug zum Unternehmen „Tiger“:
- „Am 21. Mai 1941 verließen wir den Bahnhof Berlin-Zoo im Schlafwagen. Wir fuhren im Erste-Klasse-Abteil: Dr. med. Oberdörffer und ich als sein Assistent. Als der Morgen graute, rollten wir bereits weit ostwärts von Posen nach Osten, passierten Warschau und Brest-Litowsk. Danach rollte der Zug durch Rußland, und am Morgen des zweiten Reisetages hatten wir Moskau erreicht und wurden im Hotel Intourist am Roten Platz untergebracht. Mir war Moskau bekannt, weil ich bereits anläßlich meiner vorhergegangenen Reisen, von Finnland nach dem Iran und wieder zurück, in dieser Stadt an der Moskwa gewesen war. Bis zum Abend hatten wir in Moskau Aufenthalt. Das Intourist-Büro stellte uns eine Dolmetscherin zur Verfügung, die gut Deutsch sprach; ich unterhielt mich mit ihr auf Russisch. An meiner Aussprache bemerkte sie sofort, daß ich Petersburger war. Am Abend ging es in Richtung Süden weiter. Wir passierten Charkow, Rostow am Don, und nach zweitägiger Fahrt kamen wir in Baku am Kaspischen Meer an. Schon am nächsten Tage schifften wir uns auf einem Dampfer ein, und nun ging es durch die Kaspi-See nach dem Iran. Als wir in Baku den Hafen verließen, wehte eine leichte Brise. Mit Erreichen der freien See aber tanzte unser Dampfer wie ein Korken auf den steilen Wellenbergen. Die Passagiere verschwanden nacheinander von der Abendtafel, und als wir mit nur noch etwa einem halben Dutzend Gästen im Speisesaal saßen, gesellten sich der Kapitän und einige Offiziere zu uns. Oft mußte ich den Dolmetscher spielen, aber sonst fühlte ich mich ganz heimisch. Am nächsten Tag gegen Mittag erreichten wir die iranische Küste und legten im Hafen Pahlewi an, der nach der Schah-Dynastie benannt war. Im Hintergrund hoben sich düster und hoch die Gebirgsmassive des Elbrusgebirges mit Höhen von bis zu 5000 m empor. Zoll- und Paßkontrolle verliefen reibungslos. Dann saßen wir im einzigen Gasthaus des Ortes. Zwar gab es eine Busverbindung nach Teheran, doch diese war sehr unzuverlässig, da der Bus erst dann von den Stationen abfuhr, wenn er bis auf den letzten Platz gefüllt war. Vom Hafen aus hatten sich uns zwei Mitreisende angeschlossen. Wir suchten und fanden rasch einen Pkw-Fahrer, der uns Vier nach Teheran fahren wollte. Als die Tageshitze verebbte, fuhren wir los. Es ging zunächst steil ins Gebirge hinaus. Der Paß lag auf etwa 3.000 Metern Höhe. Wir erreichten am nächsten Vormittag Teheran [einer der beiden Koffer mit Geheimunterlagen von Dr. Oberdoerffer war bei der Ankunft in der iranischen Hauptstadt unauffindbar und blieb volle acht Tage verschwunden]. Es empfing uns eine Wärme von 40 Grad. Hier erkundigte sich Dr. Oberdörffer lautstark und offiziell nach Lepra-Kranken. Wir waren ja Lepra-Forscher und mußten uns dementsprechend verhalten. Die Fahrt nach Südosten ging bis nach Farah, dort wurde auf Ostkurs eingeschwenkt. Am späten Nachmittag passierten wir den Flußlauf des Hilmend durch eine Furt. Er führte in diesen Tagen Niedrigwasser. Bei Hochwasser war diese Furt oftmals wochenlang unpassierbar. Als es Abend wurde, erreichten wir Kandahar. Ab dort wurde dann die Straße besser, so daß wir am folgenden Tage gut vorwärts kamen. Links von uns erhoben sich die Gebirgszüge des Hindukusch. Rechterhand, in weiter Ferne, war ein dunkler Hügelkamm zu erkennen. Dies sei das Grenzgebirge zu Indien, erklärte unser Fahrer. Spät am Abend kamen wir in Kabul an und quartierten uns in einem Hotel ein; übrigens das einzige in der Stadt. Am nächsten Morgen meldeten wir uns bei der deutschen Gesandtschaft, wo wir unseren Verbindungsmann zur Abwehr II in Berlin, Hauptmann Witzel, trafen - den Abwehr-II-Residenten in Kabul. Er war in Zivil. Für die Ausländer in Kabul war es streng verboten, die Stadt zu verlassen. Es wimmelte dort von Spitzeln und Agenten aller Schattierungen, und man war nie sicher, wen man vor sich hatte. So war übrigens auch unsere Ankunft bereits allbekannt. Auch in der italienischen Gesandtschaft wurden wir erwartet. Die Frau des Gesandten, eine Russin (aber keine Emigrantin), nahm sich unser in besonderer Fürsorge an. Wie sie mir erklärte, hatte sie bereits die Fahrtroute zum Fakir von Ipi ausgekundschaftet. Der Fakir war eine Schlüsselfigur im damaligen Geschehen. Wer ihn für sich eingenommen hatte, was natürlich auch einiges kostete, der hatte auch den Khaiber-Paß, in dessen Raum er als Herrscher saß. Dr. Oberdörffer war von der Russin begeistert und konferierte mit ihr stundenlang auf Englisch. Ich sprach mit ihr Russisch, und so konnte ich jedoch gut heraushören, daß ihre Sympathien bei den Bolschewisten lagen.
- Tagsüber war Dr. Oberdörffer damit befaßt, mit Witzel Lagebesprechungen abzuhalten. Ebenso auch Besprechungen mit einem angeblichen englischen Colonel, der aus Indien nach Kabul geflohen und uns von der Russin wärmstens empfohlen worden war. Ich hatte dabei nie zu tun und saß meistens im Basar, palaverte mit den Einheimischen und schloß Bekanntschaften. Dort erhielt ich den Hinweis, daß ich mich wegen einer Genehmigung, die Stadt zu verlassen, nur an den Protokollchef des Außenministeriums zu wenden brauche. Noch am selben Tag sprach ich dort vor und erhielt ohne weiteres die erwünschte Erlaubnis, mich im Paghman-Gebirge nördlich von Kabul aufhalten zu können. [...] Ich mußte mich hier seinen [Dr. Oberdörffer] Weisungen fügen, da er von der Abwehr als Chef der Aktion eingesetzt war; ich war ihm nur als Dolmetscher und Kenner des Landes beigegeben worden. Ich konnte also nur zusehen, wie Dr. Oberdörffer im Kabul eingewickelt wurde und war gewillt, auf eigene Faust zu handeln, um den Auftrag zu erledigen. Nachdem ich mich noch einmal in Kabul hatte sehen lassen, verließ ich wieder die Stadt, doch anstatt in die Berge zu meinem Zeltplatz fuhr ich nach Osten, passierte in der Nacht Dschallalabad und war im Morgengrauen bereits in der Nähe des Khaiber-Passes. Hier erwarteten mich meine Begleiter, und gemeinsam ritten wir zu Pferde weiter, um gegen Mittag das Dorf der Afridi zu erreichen. Der Kontaktmann, der mich begleitete, war ein Freund des hiesigen Scheichs. Wir wurden deshalb freundlich aufgenommen und bewirtet. Ich nahm aus meinem Gepäck ein Bündel mit Banknoten, um es dem Scheich zu schenken. (Allerdings wußte ich damals noch nicht, daß es sich bei diesem englischen Geld um sorgfältig gefälschte Scheine handelte. Diese Fälschung war so gut, daß die Bank of England sie erst nach dem Kriege feststellte). Gegen dieses Geld konnten die Afridi in Peschawar Rupien eintauschen und sich dafür Waffen und Munition kaufen. Es wurde viel palavert, gegessen und getrunken und natürlich sollte ich wiederkommen. Die Afridi versprachen mir, uns im Kampf gegen die Briten zu unterstützen und sich daran zu beteiligen. Vor dem Fakir von Ipi aber warnten sie mich, er sei ein Agent der Engländer, der wohl viel vom Heiligen Krieg gegen die Besatzungsmacht rede, in Wirklichkeit von den Engländern unterstützt werde. Er denke gar nicht daran, sich in Kampfhandlungen gegen die Engländer verstricken zu lassen. In der folgenden Nacht mußte ich den Rückmarsch antreten. Zuerst zu Pferde, dann mit dem Wagen nach Kabul. Am Abend darauf war ich bereits wieder in meinem Zelt am Fuße des Paghman [...] saß ich brav an meinem Pilawtopf und sortierte Schmetterlinge.
- Bei meiner nächsten Rückkehr nach Kabul meldete ich Dr. Oberdörffer meine Exkursion. Er war hell empört über mein selbständiges Handeln. Dennoch berichtete ich ihm auch, in welchem Ruf der Fakir von Ipi stand und warnte ihn vor diesem. Wir einigten uns schließlich, daß wir beide getrennt in Berlin anfragen wollten, ob es genehmigt sei, daß jeder für sich dem Auftrag gemäß handeln dürfe. Mit dem Tirpitzufer, dem Sitz der Abwehr in Berlin, bestand eine direkte Verbindung. Am nächsten Tag erhielten wir die Antwort. Dr. Oberdörffer erhielt allein die Entscheidung über alle Unternehmungen, ich mußte mich also fügen. Einige Tage darauf, ich befand mich wieder in meinem Zeltlager am Gebirge, erschien ein Afghane und überbrachte mir den schriftlichen Befehl Dr. Oberdörffers, sofort nach Kabul zurück zu kommen. Er wollte die von ihm geplante Aktion zum Fakir von Ipi starten. Am nächsten Tage brachen wir bei Dunkelheit auf. Es ging zunächst zu Fuß (Mittelsmänner Dr. Oberdörffers hatten diesem gesagt, daß man mit dem Wagen die Stadt nicht verlassen könne, wegen der vielen Polizeikontrollen. Zu Fuß hingegen käme man gut durch). Sechs Afghanen, alle mit Gewehren ausgestattet, begleiteten uns. Sie waren von dem Indischen Colonel und der Russin gestellt worden. Wir trugen MPi sowie Pistolen und hatten eine Art deutscher Tropen-Uniform angezogen. Dr. Oberdörffer war Major und ich Hauptmann. So marschierten wir als deutsche Soldaten [...] durch die von Hitze flimmernden Steppen und Hügelketten, oder bei Nacht im trüben Licht der Sterne dahin. Nach mehreren Tages- und Nachtmärschen mußten wir bereits in der Nähe der indischen Grenze sein, wo wir von Vertrauensleuten des Fakir von Ipi empfangen werden sollten.“
Albanien
Ende 1943/Anfang 1944 wurden Fred Brandt und seine kämpfenden Tadschiken von der Abwehr in Belgrad nach Nordalbanien entsandt, um in Nikaj einen Stützpunkt zu errichten. In den Bergen unterhielt er, wie in Geheimdiensten üblich, freundschaftliche Beziehungen zu den dort tätigen Offizieren des britischen Geheimdienstes. Jeder versuchte dem anderen Informationen zu entlocken. Anfang Oktober 1944, nachdem er zu seinem Chef in Peja (Peć) den Kontakt verloren und bei seinem „Ein-Mann-Krieg“ völlig alleine, isoliert und umzingelt dastand, ergab er sich den britischen Offizieren und wurde als Kriegsgefangener nach Süditalien evakuiert.
Nachkriegszeit
Im Jahre 1957 veröffentlichte die britische Zeitung „Sunday Pictorial“ einen Bericht über ihn:
- „ [...] der schlaue Schmetterling-Oberst – er machte vor, er wolle bloß Schmetterlinge fangen, doch in Wahrheit war er Oberst Brandt, ein feindlicher Meisterspion, der versuchte, ein Todesnetz um die britischen Agenten zu werfen [...] Diese Spinne war ein Meisteragent der Nazis, einer der unglaublichsten Männer der dunklen Kriegsgeschichte von Spionage und Verrat [...]“
Nach dem Krieg und der Kriegsgefangenschaft betätigte sich Brandt weiterhin als Insektenforscher und Botaniker. Im Jahre 1973 brach Brandt sein Schweigen und veröffentlichte u. a. einen Bericht über seine Abwehr-Tätigkeiten in Albanien.
Tod
Dr. Fred Brandt starb 1994 in Paderborn, seine letzte Anschrift war Im Samtfelde 57.
Schriften (Auswahl)
- Bei den Partisanen in Albanien. In: „Die Nachhut: Informationsorgan für Angehörige der ehemaligen militärischen Abwehr“, München, Bd. 23-24 (1973), S. 21-30.
- Kommt Pontia chloridice Hübner auch in Bayern vor? (Lepidoptera, Pieridae). In: „Mitteilungen der Münchner Entomologischen Gesellschaft e. V.“
- Notodonta dromedarius Linne, 1767 (westfalica ssp. nov.). In: „Mitteilungen der Münchner Entomologischen Gesellschaft e. V.“
Literatur
- Günter Alexander Peis: So ging Deutschland in die Falle – Anatomie einer Geheimdienst-Operation, Econ (1976), ISBN 978-3430110372
- Otto Holik und Leo Sheljuzhko: Über die Zygaenen-Fauna Osteuropas, Kleinasiens, Irans, Zentralasiens und Sibiriens, In: „Mitteilungen der Münchner Entomologischen Gesellschaft e. V.“, XLIII (1953)
- Eduard Schütze: Alte und neue Eupithecien aus Iran (Lep. Geom.), Eupithecien-Studien XV. In: „Mitteilungen der Münchner Entomologischen Gesellschaft e. V.“, 50. Jahrgang, 1960
Verweise
- The National Archives: Die britischen Geheimakten über Brandt wurden erst am 1. Mai 2002 freigegeben.