Einjährig-Freiwilliger

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Einjährig-Freiwillige im Schleswig-Holsteinischen Fußartillerie-Regiment Nr. 9 (FsAR 9); „Die in einem Koblenzer Fotoatelier entstandene Aufnahme zeigt Richard Lauxen, Sohn eines Weingutsbesitzers aus Klotten an der Mosel, in der Mitte von vier weiteren Einjährig-Freiwilligen. In lässiger Haltung, manche mit Zigaretten zwischen den Fingern, blicken die jungen Männer selbstsicher in die Kamera. Richard Lauxen hatte seinen Militärdienst am 1. Oktober 1913 in der Bespannungsabteilung des Schleswig-Holsteinischen Fußartillerie-Regiments Nr. 9 auf der Festung Ehrenbreitstein angetreten und wurde am 1. April 1914 zum Gefreiten befördert. Da er in der Uniform eines Kanoniers abgebildet ist, muß das Foto in den ersten sechs Monaten seiner Dienstzeit entstanden sein.“[1]

Ein Einjährig-Freiwilliger (kurz: EF) ist ein Wehrpflichtiger mit höherem Schulabschluß (Matura, Abitur), der nach freiwilliger Meldung einen Wehrdienst (Präsenzdienst) ableistet, um nach Abschluß der Grundausbildung als Anwärter auf die Reserveoffizierslaufbahn in einem Truppenteil seiner Wahl zu dienen. Bis 1918 galt es zur heranwachsenden Mannespflicht und zum guten Ton junger Edelmänner aus deutschen Landen, dem Vaterland als Einjährig-Freiwilliger zu dienen. Seit 2021 gibt es auch bei der Bundeswehr einen einjährigen Freiwilligendienst.

Geschichte

Abzeichentafel Einjährig-Freiwillige; Quelle: Die Uniformen der Deutschen Armee, Leipzig, 1900

Die Möglichkeit zum Einjährig-Freiwilligen-Dienst als Einjährig-Freiwilliger wurde erstmals während der Befreiungskriege 1813 in Preußen, 1868 nach preußischem Vorbild im Heer Österreich-Ungarns und der Armee Bayerns und schließlich 1871 im Deutschen Reich eingeführt; Länder wie Italien, Frankreich und das Russische Kaiserreich folgten.

Aus den Reihen der Einjährig-Freiwilligen rekrutiert das österreichische Bundesheer noch heute seine Reserveoffiziere und nutzt diesen Dienst als Möglichkeit, Kandidaten zu dahingehend überprüfen, ob sie für den Fachhochschulstudiengang „Militärische Führung“ auf der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt geeignet sind.

„Das Bundesheer erlebt heuer einen regelrechten Ansturm auf die Einjährig-Freiwilligen-Ausbildung. Mehr als 500 junge Maturanten und Maturantinnen wollen ihren Dienst als Einjährig-Freiwillige absolvieren und damit die Voraussetzungen für eine Offizierslaufbahn schaffen. Einjährig-Freiwillige sind Maturanten, die bereit sind, sich für ein Jahr zu verpflichten – die mehr erleben wollen, mehr leisten und mehr gefordert werden.“Wien, 27. August 2010

Preußische Armee und Deutsches Heer

Rechtliche Definition

Der im Jahre 1822 modifizierte § 8, Abs. 1 der Deutschen Wehrordnung lautete:

„Junge Leute von Bildung, welche sich während ihrer Dienstzeit selbst bekleiden, ausrüsten und verpflegen, und welche die gewonnenen Kenntnisse in dem vorgeschriebenen Umfange dargelegt haben, werden schon nach einer einjährigen aktiven Dienstzeit im stehenden Heere – vom Tage des Diensteintritts an gerechnet – zur Reserve beurlaubt.“[2]

Nach § 14 Reichsmilitärgesetz konnten junge Männer ihrer Dienstpflicht als sogenannte Einjährig-Freiwillige nachkommen. Dies war unter der Bedingung möglich, daß sie 1. eine wissenschaftliche Befähigung, z. B. ein Zeugnis nach einem einjährigem Besuch der Untersekunda oder ein Reifezeugnis nachweisen konnten oder die Einjährigen-Prüfung absolviert hatten, 2. daß sie über die finanziellen Mittel verfügten, sich selbst einzukleiden, und 3. daß sie sich freiwillig meldeten.

Besondere Abzeichen an der Uniform

Das Abzeichen der deutschen Einjährig-Freiwilligen bestand aus einer in den Landesfarben gedrehten Wollschnur, die entlang des äußeren Randes der Schulterklappen verlief. Die Schnur wurde über das Ende des einjährigen Präsenzdienstes hinaus getragen und erst mit Beförderung zum Offizier abgelegt.

Die Einjährig-Freiwilligen der Kaiserlichen Marine trugen auf dem linken Ärmel einen Winkel in den Reichsfarben.

Reichswehr

Auch bei der Reichswehr gab es für kurze Zeit (1. Oktober 1934 bis 12. Oktober 1935) Freiwillige bei den um Nachwuchs bemühten und noch getarnten Regimenter. In Oberst Otto-Hinrich Bleickens Memoiren „Bewegte Jahre“ heißt es zur Zusammensetzung der Einheiten, auch zu den Freiwilligen bzw. „Einjährigen“ (Seite 48):

„Die durch die erste Heeresvermehrung am 1.10.1934 als ,Zellteilung' – aus 1 mach 2 – entstanden Lücken wurden zunächst, mehr schlecht als recht, mit ,Freiwilligen' aufgefüllt. Erst ab dem Frühjahr 1935 mit der Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht standen […] eingezogene Rekruten zur Verfügung.“

Meyers Großes Konversations-Lexikon

Zu den Freiwilligen des Heeres erläuterte „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 1905:

Einjährig-Freiwillige

1) Einjährig-F. Die allgemeine Wehrpflicht gestattet jungen Männern, die sich eine höhere wissenschaftliche Bildung erworben, sich selbst ausrüsten, bekleiden und verpflegen und doch nicht Berufssoldat werden wollen, eine kürzere aktive Dienstzeit als die für Ausgehobene geltende. In Deutschland bilden die Einjährig-Freiwilligen den Ersatz für die Offiziere der Reserve und Landwehr. Die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Dienst muß spätestens bis 1. Febr. des ersten Militärpflichtjahres, d. h. des Jahres, in dem das 20. Lebensjahr vollendet wird, nachgesucht werden und zwar in dem Bezirk, wo der Wehrpflichtige gestellungspflichtig ist. Der schriftlichen Meldung bei der Ersatzkommission (Zivilvorsitzenden derselben) ist beizufügen: a) ein Geburtszeugnis, b) ein Einwilligungsattest des Vaters oder Vormundes mit der Erklärung über die Bereitwilligkeit und Fähigkeit, den Freiwilligen während einer einjährigen aktiven Dienstzeit zu bekleiden, auszurüsten und zu verpflegen, c) obrigkeitliche Bescheinigung, daß er hierzu die Fähigkeit besitzt, d) ein Unbescholtenheitszeugnis, das für die Zöglinge höherer Schulen durch den Direktor, für andre junge Leute durch die Polizeibehörde auszustellen ist, im Original. Außerdem ist der Nachweis für die wissenschaftliche Befähigung zum einjährig-freiwilligen Dienst beizuschließen. Erlangt ein Schüler die fragliche Reise erst zu Ostern des ersten Militärpflichtjahres, so kann bei rechtzeitiger Anmeldung unter Bescheinigung des Schulvorstandes, daß der Betreffende am Schluß des Schuljahres die Reise erlangt haben wird, die Entscheidung der Ersatzkommission über ihn bis dahin ausgesetzt werden. Obiger Nachweis besteht: a) für die Schüler von Gymnasien, Realgymnasien und Realschulen erster Ordnung durch das Reifezeugnis für Obersekunda, b) für Progymnasien und Realschulen zweiter Ordnung durch den Nachweis des einjährigen Besuchs der ersten Klasse jener Anstalten, c) für höhere Bürgerschulen, Industrie- und Handelsschulen und andre Lehranstalten, soweit sie in dem jährlich veröffentlichten Verzeichnis vom Reichskanzler als dazu berechtigt bezeichnet sind, durch die bestandene Entlassungsprüfung, d) für die privatim vorbereiteten Bewerber durch Ablegung einer Prüfung vor einer Kommission, bei der die Anforderungen für die Reise zur Obersekunda eines Gymnasiums etc. zu erfüllen sind. Vom Nachweis der wissenschaftlichen Befähigung dürfen Künstler, Schauspieler etc. von hervorragender Leistung auf Grund amtlich beglaubigter Zeugnisse entbunden werden. Versäumte Meldung zur Erlangung des Berechtigungsscheins zieht den Verlust der Vergünstigung nach sich. Die Ersatzkommission kann den Eintritt bis zum 1. Okt. des Jahres, in dem der Betreffende sein 23. Lebensjahr vollendet, ausnahmsweise auf begründeten Antrag noch drei Jahre weiter hinausschieben. Der Diensteintritt findet alljährlich bei sämtlichen Waffengattungen, ausschließlich des Trains, 1. Okt., bei dem Train 1. Nov. sowie bei einzelnen durch die Generalkommandos zu bestimmenden Infanteriebataillonen 1. April statt. Mediziner dienen mit der Waffe oder nur ein halbes Jahr mit der Waffe, ein halbes Jahr als freiwilliger Arzt. Sie können auch, um sich die Approbation als Arzt zu erwerben, nach halbjähriger Dienstzeit als Sanitätsunteroffizier zur Reserve »mit Vorbehalt« entlassen werden und müssen das zweite Halbjahr spätestens im letzten Halbjahr ihrer Dienstpflicht im stehenden Heer abdienen. Der Diensteintritt von Militärapothekern kann, sofern Stellen offen sind, jederzeit durch Vermittelung des Korpsgeneralarztes erfolgen. Approbierte Tierärzte können, sofern sie die vorgeschriebene Prüfung im Hufbeschlag bestanden, bei der Kavallerie, Feldartillerie und dem Train als Einjährige eintreten und nach halbjährigem Dienst mit der Waffe zu einjährig-freiwilligen Unterroßärzten befördert werden. Die bei der Kavallerie und reitenden Artillerie eintretenden Einjährigen haben beim Eintritt 400 Mk., die bei der fahrenden Feldartillerie und dem Train Eintretenden 150 Mk. für Berittenmachung durch den Truppenteil, außerdem für den Hufbeschlag und Pferdearznei zu zahlen, einjährige Tierärzte sind von diesen Zahlungen entbunden. Die Einjährig-Freiwilligen tragen eine wollene Schnur in den Landesfarben um Schulterklappen, bez. Epauletteshalter (Ulanen) und sind, soweit sie sich durch ihre Lebenslage, ihre militärische Beanlagung und ihren Diensteifer hierzu eignen, zu Offizieren, die, welche sich hierzu nicht eignen, zu Unteroffizieren der Reserve und Landwehr auszubilden. Sie können, je nach ihrer Führung und den erlangten Dienstkenntnissen, nach 6 Monaten zu überzähligen Gefreiten und nach 9 Monaten zu überzähligen Unteroffizieren befördert werden. Die hierzu Geeigneten haben kurz vor Beendigung ihrer aktiven Dienstzeit die Offizieraspirantenprüfung abzulegen, werden nach deren Bestehen zu Reserveoffizier-Aspiranten ernannt und erhalten hierüber ein Befähigungszeugnis. Die hierzu nicht Geeigneten können als Reserveunteroffizier-Aspiranten entlassen werden; in ihrem Überweisungsnationale muß vermerkt sein, ob sie an der Ausbildung zum Offizier teilgenommen haben. Soweit es mit dem Dienst vereinbarlich, darf Einjährig-Freiwilligen Gelegenheit gegeben werden, sich in ihrem Lebensberuf weiter auszubilden. Einjährig-F. der Garde dürfen zur Provinzialreserve, die der Jäger, Schützen, Pioniere und Eisenbahntruppen zur Infanterie, die der Kavallerie zum Train entlassen werden. Den Offizieraspiranten steht bei ihrer Beurlaubung zur Reserve die Wahl frei, wo sie zum Offizier vorgeschlagen zu werden wünschen. Junge Leute der Landbevölkerung, die den Berechtigungsschein besitzen, können bei der Marineinfanterie, den Matrosenartillerie-Abteilungen und, sofern sie Schiffbautechniker sind, bei den Handwerkerabteilungen der Werftdivisionen als Einjährige eintreten, müssen sich aber selbst bekleiden, ausrüsten und verpflegen. Hiervon sind die Seeleute von Beruf, die bei den Matrosendivisionen, und die Maschinisten deutscher Seedampfschiffe, die bei den Maschinistenabteilungen der Werftdivisionen eintreten, entbunden. Einstellung bei den Matrosendivisionen erfolgt 1. Febr., 1. April, 1. Juli und 1. Okt.; bei den Werftdivisionen 1. Febr. und 1. Okt., bei der Marineinfanterie und Matrosenartillerie 1. April und 1. Okt. Die Ausbildung erfolgt zu Unteroffizieren, Deckoffizieren oder Offizieren, bez. Maschineningenieuren. Die Einjährig-Freiwilligen bleiben sechs Jahre in der Reserve. Seit 1900 müssen sämtliche tauglichen Volksschullehrer ein Jahr aktiv dienen, und zwar können sie dies ohne weitere Prüfung als Einjährig-F. ohne Schnüre, wenn das Seminarabgangszeugnis ihre Befähigung nachweist. Wahl des Truppenteils steht ihnen nicht zu. Sie sollen möglichst zu Unteroffizieren herangebildet werden. Wollen sie sich selbst kleiden, unterbringen und verpflegen, so werden sie als Einjährig-F. mit Schnüren und deren sonstigen Privilegien eingestellt. Vgl. Treutlein, Geschichtliche Entwickelung des Einjährig-Freiwilligen-Berechtigungswesens in Deutschland (Hamb. 1891); »Wehrordnung«, § 84 bis 94; „Heerordnung“, § 19 und 20; Exner, Der Weg zum Einjährig-Freiwilligen etc. in Armee und Marine (2. Aufl., Leipz. 1897); Rott, Der Einjährig-Freiwillige (2. Aufl., Kassel 1896); Menzel, Der Infanterie-Einjährige und Offizier des Beurlaubtenstandes (6. Aufl., Berl. 1903); die Handbücher von Weigelt (für die Fußartillerie, 4. Aufl., das. 1904, 2 Tle.), Wernigk (für die Feldartillerie, 8. Aufl., das. 1903), Hartmann (für die Pioniere und Eisenbahntruppen, 3. Aufl., das. 1902), v. Glasenapp (für die Kavallerie, 3. Aufl., das. 1902) u. Unger (desgl., das. 1904); über die österreichischen Verhältnisse: „Der Einjährig-Freiwillige im k. k. Heer“ (Wien), Strobl, Der Weg zum Einjährig-Freiwilligen und Reserveoffizier (4. Aufl., das. 1900) und Schadl, Der Einjährig-Freiwillige etc. (3. Aufl., das. 1899).

Zwei-, Drei- oder Vierjährig-Freiwillige

2) Zwei, Drei- oder Vierjährig-F. können, letztere bei der Kavallerie, vom 17. Lebensjahr an eintreten. Die Erlaubnis hierzu haben sie bis zum 31. März ihres ersten Militärpflichtjahres bei dem Zivilvorsitzenden der Ersatzkommission nachzusuchen. Sie bedürfen der obrigkeitlichen Bescheinigung, daß sie durch Zivilverhältnisse nicht gebunden sind, die Familie ihrer Hilfe entbehren kann. Wehrpflichtige der seemännischen Bevölkerung dürfen nur in die Marine (Matrosendivisionen) freiwillig eintreten. Jeder Militärpflichtige darf sich noch im Musterungstermin freiwillig melden, hat jedoch dann nicht mehr die Wahl der Waffengattung und des Truppenteils. Sofortige Einstellung Freiwilliger, sofern Stellen offen sind, findet nur in der Zeit vom 1. Okt. bis 31. März statt, außerhalb dieser Zeit dürfen nur solche eingestellt werden, die auf Beförderung zum Offizier dienen oder in ein Militärmusikkorps eintreten wollen. Junge Leute der Landbevölkerung dürfen nur als Musiker (Spielleute) oder Zahlmeisterapplikanten zwei- oder drei jährig-freiwillig eingestellt werden; dagegen können Vierjährig-F. bei den Matrosendivisionen 1. Febr. und 1. Okt. eintreten. Die Meldung erfolgt beim Kommando der Matrosendivision zu Kiel oder Wilhelmshaven. Bei den Werftdivisionen können Dreijährig-F. für die Maschinisten-, Heizer-, Handwerker- und Schreiberlaufbahn angestellt werden, jedoch ist hierzu der Nachweis der Befähigung zum einjährigen Dienst erforderlich. Vgl. „Die Laufbahnen in der deutschen Kriegsmarine“ (3. Aufl., Berl. 1897). Junge Leute im Alter von 17–20 Jahren können freiwillig in eine Unteroffizierschule eintreten, wenn sie sich hierzu beim Zivilvorsitzenden (Landrat) der zuständigen Ersatzkommission einen Meldeschein lösen und eine Prüfung in den Elementar-Lehrgegenständen bestehen. Die Meldung erfolgt beim Bezirkskommando oder einer Unteroffizierschule. Der Freiwillige muß sich verpflichten, nach Überweisung aus der Unteroffizierschule an einen Truppenteil noch vier Jahre zu dienen. – Eine besondere Art F. waren die Nationalfreiwilligen der Franzosen in den ersten Revolutionsjahren, welche die Aushebung entbehrlich machen sollten, was sich aber als undurchführbar erwies. Vgl. Chassin und Hennet, Les volontaires nationaux pendant la Révolution (Par. 1899, Bd. 1).

Einjährig-Freiwillige der Bundeswehr (2021)

Einjährig-Freiwillige der Bundeswehr (2021)

Wenngleich die „multikulturelleBundeswehr der Groß-BRD gerne medienwirksam alle deutsche Militärtraditionen ablehnt oder gar verächtlich macht, pflegt sie diese dennoch, da diese überlegen und weltweit vorbildhaft sind – ob auf dem Exerzierplatz, durch das Vorhandensein eines Wachbataillons und jetzt auch bei der der Einführung eines einjährigen Freiwilligendienstes im Heimatschutz. Die Bundeswehr hatte schon früher Wehrpflichtigen angeboten, ihre Wehrdienstzeit aufzustocken, zum Beispiel neun auf 12 oder 15 bzw. 18 auf 24 Monate, was natürlich großzügiger entlohnt wurde und insbesondere für zukünftige Reserveoffiziere interessant war.

Nun fehlt die Wehrpflicht und somit Soldaten an allen Ecken. 2021 waren es 20.000 unbesetzte Stellen in einer modernen Streitkraft, die von vorneherein viel zu klein und schwach ausgelegt wurde. Nun hofft das Bundesministerium für Verteidigung, daß aus dem Werbe-Wahlspruch „Dein Jahr für Deutschland“ Zeitsoldaten werden könnte.

„In ‚Deinem Jahr für Deutschland‘ erhältst du im Freiwilligen Wehrdienst im Heimatschutz zunächst in einem Zeitraum von 7 Monaten eine soldatische Ausbildung. Anschließend stehst du als Reservistendienst Leistende bzw. Leistender der Territorialen Reserve in einem Zeitraum von 6 Jahren zur Verfügung. Das bedeutet, dass du in diesem Zeitraum an Übungen und Einsätzen, z. B. bei Naturkatastrophen teilnimmst, bis du insgesamt weitere 5 Monate Dienst geleistet hast. Du kannst dich während oder nach dem Freiwilligen Wehrdienst für die Übernahme in ein anderes Dienstverhältnis (z. B. Zeitsoldatin/Zeitsoldat) und/oder in eine andere Laufbahn (z. B. Unteroffizier) bewerben. Mit dem Freiwilligen Wehrdienst im Heimatschutz hast du die Möglichkeit, eine besondere Facette der Bundeswehr konkret zu erleben. Die dafür erforderliche Grundausbildung umfaßt neben der militärischen Ausbildung an Handwaffen u. a. auch eine Sanitätsausbildung. Es folgt eine Spezialisierung für die Aufgaben, die der Bundeswehr in Deutschland übertragen werden können. Dazu gehört u.–a. bei Naturkatstrophen oder Großschadenslagen, Pandemien und anderen Ereignissen, die der Anstrengung unseres gesamten Landes mit allen Behörden, staatlichen Institutionen und der Bevölkerung bedürfen, mitzuwirken. Wir suchen engagierte junge Menschen für die Territoriale Reserve, um unsere Heimat gemeinsam mit den vielen Freiwilligen der Feuerwehr, des THW und der anderen Hilfs- und Rettungsdienste zu schützen. Mit deinem Engagement leistest du einen wichtigen Beitrag, ganz nah an der Bevölkerung, für die Mitmenschen in deinem regionalen Wohnumfeld.“[3]

Am 6. April 2021 mit Wirkung vom 1. April 2021 sind die ersten 325 Rekruten in die Kasernen eingerückt, bis Jahresende sollen es rund 1.000 werden, ab 2022 deutlich mehr. Schon vor Beginn des Programms sollen sich 9.000 junge Männer und Frauen beworben haben. „Der Zuspruch ist sehr gut“, sagte Generalleutnant Jürgen Weigt, der in der Streitkräftebasis zum ersten Verantwortlichen für das neue Projekt ernannt wurde. Die frischgebackenen Soldaten erhalten für ein Gehalt eine dreimonatige Grundausbildung und eine viermonatige Spezialausbildung „Heimatschutz“, in den darauffolgenden sechs Jahren müssen sie fünf Monate an Reserveübungen und möglichen Einsätzen in einem heimatnahen Verband („Regionale Sicherungs- und Unterstützungskompanie“) teilnehmen. Im Reservistendienst wird das Gehalt nach dem Unterhaltssicherungsgesetz pro aktiven Reservistentag berechnet. Eine Teilnahme an Auslandseinsätzen der Bundeswehr findet nicht statt.

Die Kritik, der neue Freiwilligendienst sei eine Art „THW in Flecktarn“ oder „Wehrdienst light“ wies das Verteidigungsministerium zurück. Vor allem Wohlfahrtsverbände hatten den Dienst kritisiert, da sie Angst haben, wenige Freiwillige zu finden. Das unterstreicht Peter Tauber, Parlamentarischer Staatssekretär im BMVg:

„Ein junger Mensch, der diesen Dienst macht, will Soldat sein und nicht zum THW. ‚Dein Jahr für Deutschland‘ ist eine logische Ableitung aus der Strategie der Reserve. Es gibt einen militärischen Bedarf für diesen Dienst, mit dem wir eine Lücke im Angebot geschlossen haben.“

Die Heimatschutzverbände, die nun wieder aufwachsen, hätten einen klaren Auftrag als Sicherungskräfte. Tauber weiter:

„Die jungen Menschen lernen nicht nur militärisches Handwerkszeug, sondern für sie ist es auch eine gute Gelegenheit, sich selbst neu zu erleben. Solidarität, Zusammenhalt, Miteinander – wir nennen das schlicht und einfach Kameradschaft.“

Der 1961 gegründete Reservistenverband der Bundeswehr (VdRBw e.V.), Dachorganisation der Reservistenkameradschaften Deutschlands, bewertete den offiziell ab 1. April begonnenen neuen freiwilligen Wehrdienst im Heimatschutz und damit die avisierte Stärkung und den Aufwuchs der Strukturen der Reserve für richtig und notwendig. Das linksextremistische Schmierblatt „junge Welt“ schreib am 6. April 2021 panikartig von einer „Teststation für Neonazis“.

Literatur

  • Wilhelm Dilthen: Der Einjährig-Freiwillige, der Reserveoffizier-Aspirant und der Offizier des Beurlaubtenstandes der Infanterie, Ernst Siegfried Mittler und Sohn, (1913)

Fußnoten

  1. Einjährig-Freiwillige im Fußartillerie-Regiment Nr. 9
  2. Lothar Mertens: Das Privileg des Einjährig-Freiwilligen Militärdienstes im Kaiserreich und seine gesellschaftliche Bedeutung, S. 61
  3. Dein Jahr für Deutschland