Marinekorps Flandern

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Kaiser Wilhelm II. besucht im August 1916 eine Marine-Division in Brügge, Flandern, hinter ihm Admiral von Schröder.

Das Marinekorps Flandern war ein deutscher militärischer Großverband im Ersten Weltkrieg. Sie ging am 20. November 1914 aus der Marine-Division „Flandern“, die Aufstellung mit einer weiteren Division war Mitte Dezember abgeschlossen, 1917 erhielt das Korps einen dritte Marine-Brigade. Der Name leitete sich vom belgischen Landesteil Flandern ab, in dem das Korps zur Küstensicherung gebildet worden war. Das eigenständige Marine-Korps war auch zuständig für die von Flandern ausgehenden Operationen der See- und Luftstreitkräfte im Ärmelkanal bis zur Irischen See.

Geschichte

Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg stattet dem Marinekorps Flandern einen Besuch ab und schreitet die Truppe ab.
Generalmajor von Hülsen, Chef des Generalstabes des Marinekorps „Flandern“

Durch Allerhöchste Kabinettsordre vom 8. November 1914 wurde die Mobile Marine-Division zum Marinekorps Flandern erweitert. Das Stabsquartier des Generalkommandos siedelte sich in Brügge an, wo es bis zum Rückzug 1918 verblieb. Das Marinekorps, das über Land-, See- und Luftstreitkräfte verfügte, erreichte eine Kopfstärke von 60.000 bis 70.000 Mann. Es setzte sich im Wesentlichen aus zwei, seit Juni 1917 aus drei Marinedivisionen zusammen.

Einheiten des Marinekorps nahmen an den Kämpfen an der Westfront teil. Sie wurden in der Schlacht an der Somme, in den Schlachten bei Arras sowie in den Endkämpfen an den Siegfried-, Hermann- und Hindenburgstellungen eingesetzt. Zur See unternahm das Marinekorps Feindfahrten gegen englische Streitkräfte, legte eigene und räumte feindliche Minen- und Netzsperren und führte Handelskrieg.

Gliederung

Angehörige des Marinekorps Flandern an der belgischen Küste

Das Generalkommando des Marinekorps der Kaiserlichen Marine (Marinekorps Flandern) hielt die mit einer Reihe von Batterien armierte belgische Küste besetzt, beteiligte sich am Kampfe der Landfront inmitten der Truppen des Heeres, stellte den Grenzschutz gegen Holland, Bewachungs- und Ordnungsmannschaften in dem ganzen dem Marinekorps zugewiesenen Gebiet sowie notwendiges seemännisches Personal für andere Orte in Belgien; schließlich arbeitete es an dem Ausbau der in seinem Gebiet vorhandenen für die offensive Seekriegführung wichtigen Anlagen.

Die beiden Divisionen des Marinekorps teilten sich die Aufgaben. Die 1. Marine-Division hatte die belgische Küste bis hin zur niederländischen Grenze zu sichern. In ihrem Bereich lagen die Hafenkommandantur Antwerpen sowie die Kommandanturen in Ostende, Zeebrügge, De Haan, Blankenberghe, Knocke, Heyst, Westkapelle, Stalhille, Wenduine und zeitweise Raversyde.

Das schlagkräftige Korps (mit zuletzt drei Divisionen) bestand vorwiegend aus der Marine-Infanterie der 2. Marine-Division und wurde unterstützt von Angehörige der Kaiserlichen Marine, Landwehreinheiten des IX. Armeekorps in Altona und des X. Armeekorps in Hannover, Seeflieger, U-Boote, Zerstörer und Torpedoboote, der Minensuch-Halbflottille „Flandern“ und Küstenbatterien (Küstenverteidigung West, Hafenschutzgruppe Zeebrügge, Hafenschutzgruppe Blankenberge, Küstenverteidigung West, Nahkampfgruppe Mariakerke und Hafenschutzgruppe Ostende-Ost).

Der 2. Marine-Division fiel die Aufgabe zu, den rechten Flügel des Landheeres von Schoorbake bis zur Küste zu decken. Ihr unterstanden die Kommandanturen Gistelles, Leffingen, Middelkerke, Slype, Oudenburg, Zaadvoorde, Zevekote, St. Pietres-Kapelle und Snaakskerke.

Am 1. Juni 1917 wurde die 3. Marine-Division aufgestellt. Sie setzte sich neben drei Marine-Infanterie-Regimentern auch aus Husaren des Husaren-Regimentes „König Wilhelm I.“ (1. Rheinisches) Nr. 7, Pionieren und Feldartillerie zusammen. Sie unterstand direkt der Obersten Heeresleitung.

Das Marine-Korps unterstand der 4. Armee, die wiederum einer Heeresgruppe unterstand, ab dem 1. März 1917 der Heeresgruppe „Kronprinz Rupprecht“.

Führung

Kommandierender Admiral war von der Gründung bis Dezember 1918 Ludwig von Schröder. Generalstabschef war ab 30./31. August 1914 Oberst/Generalmajor Bernhard von Hülsen und ab 21. Juni 1916 Oberst Emil Otto Berlet.

Status

Admiral von Schröder (links mit Schäferhund) mit dem früheren Chef des Admiralstabes Vizeadmiral Paul Behnke (zweiter von links), dessen Adjutant und Männer des Marine-Korps „Flandern“ im Ersten Weltkrieg

Wie die Schutztruppen war das Marinekorps Flandern eine Reichstruppe, da es weder der Preußischen Armee angehörte noch dem Oberkommando der Marine unterstellt war. Das „Generalkommando des Marinekorps der Kaiserlichen Marine“ unterstand somit der Obersten Heeresleitung:

„Das Marinekorps Flandern ging aus der Mobilen Marine-Division hervor, die am 29.8.1914 durch Allerhöchste Kabinettsordre gegründet wurde. Die Formation, die der Heeresleitung unterstand, sollte Teile des mobilen Feldheeres ablösen, die Belgien besetzt hielten. Das Divisionskommando übernahm Admiral Ludwig von Schröder (1854-1933). Die Formation setzte sich zunächst zusammen aus: der Matrosenbrigade mit drei Abteilungen, der Matrosenartilleriebrigade mit der XV., XVI. und XVII. Matrosenartillerieabteilung, der Marineinfanteriebrigade, die aus dem 1. Marineinfanterieregiment mit dem I., V. und VIII. Seebataillon und dem 2. Marineinfanterieregiment mit dem II., IV., VI. und VII. Seebataillon bestand. Ergänzt wurden diese Einheiten durch eine Flottenstammdivision, die sich aus zwei Kompanien zusammensetzte. Die Flottenstammdivision wurde allerdings bereits im September 1914 wieder aufgelöst. Der Mobilen Marine-Division gehörten außerdem die Marinefeldlazarette I bis IV und einige Armee-Einheiten an. Die ersten Einheiten der Marine-Division trafen Anfang September 1914 in Belgien ein, bis Mitte des Monats war die Division vollständig ausgerückt. Der Stab trat unter Admiral von Schröder in Brüssel zusammen. Am 7. September wurde die Division dem Armeeoberkommando VII zugeteilt und beteiligte sich an den Kämpfen um Antwerpen. Nach der Einnahme Antwerpens hielt die Marine-Division die Stadt bis zum 21.10.1914 besetzt; Admiral von Schröder nahm in dieser Zeit auch die Funktion des Gouverneurs von Antwerpen wahr. Anschließend wurde die Marine-Division an die flandrische Küste verlegt und dem Armeeoberkommando IV unterstellt.“[1]

Feldzüge und Gefechte

Torpedoübergabe auf See für ein U-Boot des Marinekorps
Munitionsraum in den Dünen von Flandern, Marine-Artillerie bei der Küstenverteidigung im Ersten Weltkrieg
  • 1914 Westfront
    • 20.10.1914 - 10.11.1918: Küstenschutz und Küstengefechte in Flandern (→ Flandernschlacht)
    • 01.12.1914 - 21.04.1915: Stellungskämpfe an der Yser
  • 1915
    • 22.04.1915 - 25.05.1915: Kämpfe um Ypern
    • 26.05.1915 - 26.05.1917: Stellungskämpfe an der Yser
  • 1917
    • 27.05.1917 - 03.12.1917: Schlacht in Flandern
    • 27.05.1917 - 21.07.1917: 1. Teil: Kampf um den Wyschaetebogen und Vorbereitungskämpfe für die Simmerschlacht 1917 in Flandern
    • 22.07.1917 - 17.09.1917: 2. Teil: Sommerschlacht 1917 in Flandern
    • 18.09.1917 - 03.12.1917: 3. Teil: Herbstschlacht 1917 in Flandern
    • 09.07.1917 - 11.07.1917: Erstürmung des Brückenkopfes an der Yser-Mündung
    • 04.12.1917 - 09.04.1918: Stellungskämpfe in Flandern im Winter 1917/18
  • 1918
    • 10.04.1918 - 29.04.1918: Stellungskrieg in Flandern
    • 30.04.1918 - 27.09.1918: Stellungskrieg in Flandern
    • 28.09.1918 - 17.10.1918: Abwehrschlacht in Flandern
    • 18.10.1918 - 24.10.1918: Nachhutkämpfe zwischen Yser und Lys
    • 25.10.1918 - 01.11.1918: Schlacht an der Lys
    • 02.11.1918 - 04.11.1918: Nachhhutkämpfe beiderseits der Schelde
    • 05.11.1918 - 11.11.1918: Rückzugskämpfe vor der Antwerpen-Maas-Stellung
    • ab 12.11.1918: Räumung des besetzten Gebietes und Marsch in die Heimat

Seeflieger (Gliederung Juni 1917)

Deutscher Matrose der II. Seeflieger-Abteilung
  • Seeflugstation Flandern I – Zeebrügge (Oberleutnant der Reserve Friedrich Christiansen), 35 C-Flugzeuge
  • Seeflugstation Flandern II – Ostende, 16 C-Flugzeuge
  • Seefrontstaffel Nieuwmunster, 18 Jagdflugzeuge (Kampfeinsitzer)
  • Gruppenkommandeur der Küstenflieger (Korvettenkapitän Franz Schröter)
    • Küsta I - Zeebrügge
    • Küsta II – Ostende
    • Küsta III – Uitkerke
    • Küsta IV – Utikerke
    • Schusta I - Uitkerke
    • Schusta II – Uitkerke
  • Marine-Jagdgruppe
    • Jasta I - Jabbeke
    • Jasta II – Jabbeke
  • I Feld – Vlissegem, 6 Flugzeuge
  • II Feld – Gistel, 6 Flugzeuge
  • Gruppenführer der Fernlenkwaffe (Kapitänleutnant der Reserve von Ketelhodt)
    • Fernlenkzug I, zwei Fernlenkboote und ein Fernlenk-Flugzeug
    • Fernlenkzug II, ebenso

Kommandeur

Uniformierung

Schirmmütze der Kaiserlichen Marine, Sonderanfertigung in Feldgrün für das Marinekorps Flandern

Das Marinekorps „Flandern“ war anfänglich mit sehr gemischten Uniformen ausgestattet. Die Seesoldaten trugen die Uniformen der See-Bataillone, Matrosen blaues oder weißes Matrosenzeug, über das feldgrau gefärbtes Arbeitszeug getragen wurde. 1915 wurde das Korps einheitlich mit feldgrauen Uniformen ausgestattet, zu denen jedoch Dienstgradabzeichen der Marine als Schulterstücke oder Ärmelstreifen oder aber in Kombination getragen wurden. Die Mannschaften trugen weiterhin die Kopfbedeckung der Marine.

Flandernkreuz

Das Kriegserinnerungskreuz wurde am 13. September 1921 durch Admiral Ludwig von Schröder gemeinsam mit der Kriegerkameradschaft des Marinecorps gestiftet. Es sollte den Kämpfern des Korps als Anerkennung für Tapferkeit und Pflichttreue, den gefallenen Kameraden zum ehrenden Gedächtnis und dem deutschen Volk als Mahnung dienen. Empfangsberechtigt waren, nach vorheriger Prüfung, ehemalige Mitglieder des Korps die außerdem die bürgerlichen Ehrenrechte hatten, also nicht straffällig geworden waren.

Das Kreuz wurde mit einer Urkunde verliehen, die einen typischen flämischen Turm mit Sonnenstrahlen dahinter zeigt. Das Flandernkreuz (es wurden ca. 30.000 Kreuze verliehen) mußte vom Träger selbst bezahlt werden. Auf dem Band konnten zusätzlich Gefechtsspangen aufgebracht werden. Bekannt sind folgende Spangen:

Flandernkreuz mit Gefechtsspangen

Die Verleihungsurkunden zeigen den typisch flämischen Glockenturm, einen „Belfried“, im Sonnenschein.

Stiftung

Admiral Ludwig von Schröder und der Kameradschaftsverband des „Marinekorps Flandern“ stifteten am 13. September 1921 als Ehren- und Erinnerungszeichen für die gerade überstandenen Weltkriegskämpfe das „Ehren- und Erinnerungskreuz (des) Marinekorps Flandern“, genannt Flandernkreuz.

Trageberechtigt waren alle Weltkriegsteilnehmer, die dem Marinekorps Flandern angehört hatten und im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte waren.

In den Stiftungssatzungen heißt es u. a.:

„In den Septembertagen 1914 erhielt die neu aufgestellte Marinedivision – das spätere Marinekorps – im siegreichen Kampfe gegen die belgische Armee, bei Löwen und Kampenhout nördlich von Brüssel, in fünftägigem Gefecht die Feuertaufe und zeichnete sich danach in vielen Kämpfen des mehr als vierjährigen Weltkrieges aus. Im Gedenken an diese Zeit, in der das Marinekorps zu Lande, zu Wasser, in der Luft und unter Wasser, sich stets ehrenvoll und ruhmreich bewährt hat, soll das mit dem 13. September 1921 beschlossene Ehren- und Erinnerungskreuz des Marinekorps für ehemalige Angehörige des Korps gewidmet sein: den gefallenen Kameraden zum ehrenden Gedächtnis, den Kämpfern des Korps zur Anerkennung für treu erfüllte Pflicht und Tapferkeit im Kriege 1914/18 und dem deutschen Volke und seinen Nachkommen zur Mahnung.“ — Stiftungsurkunde Flandernkreuz

Aus verschiedenen politischen Gründen unterblieb im Deutschen Reich die Stiftung eines offiziellen Erinnerungszeichens an den Weltkrieg, wogegen die meisten anderen Staaten (auch der Verliererseite) entsprechende Ehrenzeichen schufen. Hierdurch entstand in Deutschland ein starkes Vakuum, da auch von den deutschen Kriegs-Veteranen ein solches Ehrenzeichen gewünscht wurde.

Diese Lücke füllten zahlreiche kleinere und größere Verbände mit privaten Stiftungen von Weltkriegsehren- und Erinnerungszeichen aus, zu denen auch das Flandernkreuz gehört.

Oft sind diese Auszeichnungen gediegener und prächtiger – da selbst bezahlt –, als es ein staatliches Erinnerungszeichen je hätte sein können. Alle diese nichtoffiziellen Weltkriegs-Ehrenzeichen wurden mit der Stiftung des staatlichen Ehrenkreuzes des Weltkrieges, 1934/35 verboten. Ihre Verleihung wurde spätestens zu diesem Zeitpunkt eingestellt, das weitere Tragen war verboten. Faktisch wurden sie jedoch oft mit stillschweigender Duldung neben den offiziellen Orden und Ehrenzeichen weitergetragen.

Siehe auch

Bildergalerie

Literatur

  • Hugo von Waldeyer-Hartz: Ein Mann – Admiral v. Schröder, Braunschweig 1934
  • Hermann Jacobsen: Trutzig und treu – Kämpfe unserer Marine an Flanderns Küste im Weltkriege, Behrs Verlag, 1935
  • Johan Ryheul: Marinekorps Flandern 1914-1918, Verlag E.S. Mittler & Sohn, 1997, ISBN 3-8132-0541-X

Verweise

Fußnoten