Günsche, Otto
Otto Günsche ( 24. September 1917 in Jena; 2. Oktober 2003 in Lohmar) war ein deutscher SS-Hauptsturmführer und als Angehöriger der Leibstandarte-SS „Adolf Hitler“ der persönliche Adjutant Adolf Hitlers.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Leibstandarte
Günsche war allein aufgrund seiner Körpergröße von 2,10 Meter eine recht imposante Erscheinung. Schon seit 1934 war er Angehöriger der Leibstandarte „Adolf Hitler“ (SS-Nr. 257.773), war seit dem 1. März 1935 Mitglied der NSDAP und gehörte ab 1936 zum Führer-Begleit-Kommando.
Zweiter Weltkrieg
Im Krieg wurde Günsche auch an der Kriegsfront eingesetzt.
- „Im persönlichen Begleitkommando des Führers war die Möglichkeit der Beförderung in einen höheren Dienstrang ohnehin begrenzt. [...] Immer wieder meldeten sich Kameraden von mir freiwillig an die Front, um Beförderungen zu erhalten. Otto Günsche etwa, der diese als Voraussetzung für eine Karriere beim Auswärtigen Amt brauchte, die er nach dem Krieg anstreben wollte. Von fünf Kameraden, die diesen Schritt machten, fielen drei im Fronteinsatz.“ — Rochus Misch, in: Der letzte Zeuge – Ich war Hitlers Telefonist, Kurier und Leibwächter
Ab Januar 1943 war Günsche zunächst nur vertretungsweise Adjutant Hitlers. Bis zum Frühjahr 1944 hatte er weitere Fronteinsätze und wurde dann schließlich am 6. Februar 1944 zum offiziellen und einzigen Adjutanten Adolf Hitlers ernannt.
Aufgrund dieser Dienststellung hielt er sich ständig in der Nähe des Führers auf.
Putschversuch vom 20. Juli
Beim Wolfsschanzen-Attentat am 20. Juli 1944 wurde Günsche nur leicht verwundet.
- „Die Lagebaracke sah schlimm aus. Ein Kamerad vom RSD ließ mich hinter die Absperrungen treten und führte mich am Ort des Geschehens herum. Die Bombe wäre wohl für Hitler tödlich gewesen, hätte nicht Generalleutnant Rudolf Schmundt, Chefadjutant der Wehrmacht bei Hitler, den Aktenkoffer Stauffenbergs, den der unter dem Tisch platziert hatte, hochgehoben und hinter sich gestellt, weil dieser ihn in seinem Fußbereich störte. Otto Günsche, der bei der Explosion durch das Fenster geschleudert worden war, hatte das beobachtet und meinem Kameraden Artur Adam berichtet, der es mir so weitergab. Schmundt hatte deshalb den Großteil der Sprengladung abbekommen.“ — Rochus Misch, in: Der letzte Zeuge – Ich war Hitlers Telefonist, Kurier und Leibwächter
In den letzten Tagen des Krieges während der Schlacht um Berlin hielt sich Günsche im Kanzleibunker auf. Im Beisein Martin Bormanns bestattete er gemeinsam mit Heinz Linge im Garten der Reichskanzlei die sterblichen Überreste von Adolf Hitler und dessen Gemahlin Eva Hitler, geb. Braun.
- „Ich mache einige vorsichtige Schritte aus meinem Raum heraus auf den Korridor. Linge schubst mich von hinten unsanft zur Seite, drängt sich hastig an mir vorbei. Ich weiß nicht, ob er vom Waschraum oder von der Treppe aus dem Vorbunker gekommen ist. Totenstille. Linge legt das Ohr an die Tür zum Vorraum. Er und Günsche öffnen die erste Tür zum Vorraum. Langsam gehen sie vor bis zur Tür zu Hitlers Arbeitszimmer. Niemand holt Atem. Die zweite Tür geht auf. Ich mache noch zwei Schritte nach vorn und recke den Hals. Das Bild, das sich mir bietet, nehme ich für nur wenige Sekunden in mich auf, aber ich habe es nie mehr vergessen. Mein Blick fällt zunächst auf Eva. Sie sitzt mit angezogenen Beinen auf dem Sofa, den Kopf zu Hitler geneigt. Unter dem Sofa stehen ihre Schuhe. Neben ihr - ich weiß nicht mehr, ob auch auf dem Sofa oder dem danebenstehenden Sessel sitzend – der tote Hitler. Seine Augen stehen offen, starren ins Leere; sein Kopf ist leicht nach vorn gefallen. Blut sehe ich keins. [...] Irgendwann stieß Otto Günsche zu uns, berichtete knapp von der Verbrennung. Es musste schnell gehen. Mehr als die Leichen einfach hinzulegen, Benzin über sie zu gießen und dies zu entzünden, war unter dem Dauerbeschuss der Artillerie nicht zu machen. Zumindest einen kleinen Erdaushub hätte man doch machen müssen, sagte ich leicht vorwurfsvoll zu Günsche. Der zuckte nur die Schultern.“ — Rochus Misch, in: Der letzte Zeuge – Ich war Hitlers Telefonist, Kurier und Leibwächter
Endkampf und Flucht
Noch am Abend des 30. April 1945 verließ Günsche, gemeinsam mit Hitlers erster Privatsekretärin Gerda „Dara“ Christian (Gattin von Eckhard Christian), die Reichskanzlei. Über die U-Bahn-Schächte gelang es ihnen, im umkämpften Berlin den Bahnhof Friedrichstraße zu erreichen. Während im späteren Verlauf Gerda Christian die Flucht nach Bayern gelang, geriet Günsche in sowjet-bolschewistische Kriegsgefangenschaft, aus der er nach jahrelangen qualvollen Verhören erst 1955 entlassen wurde. Er wurde an die DDR übergeben, wo er abermals inhaftiert wurde.
Nachkriegszeit
Nach seiner Entlassung 1956 floh Günsche in die BRD. Laut Militärhistoriker David Irving half Günsche ihm – nach Vorstellung durch Karl-Heinz Keitel – ab 1966/67 bei seinen Recherchen für seine späteren Werke, indem dieser Irving den überlebenden Angehörigen des Inneren Kreises Adolf Hitlers vorgestellt haben soll.
Bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1987 war Günsche, liebender Vater dreier Kinder, dann in leitender Funktion in einem Pharmaunternehmen beschäftigt.
Tod
Kurz nach seinem 86. Geburtstag starb SS-Sturmbannführer a. D. Otto Günsche am 2. Oktober 2003 an Herzversagen. Auf eigenen Wunsch wurde seine Asche über der Nordsee verstreut.[1]
Bildergalerie
Otto Günsche (Aufnahme: 1980)[2]
David Irving und Otto Günsche, 1982
Generalmajor der Waffen-SS a. D. Wilhelm Mohnke und SS-Sturmbannführer a. D. Otto Günsche lesen die sogenannten Tagebücher von Adolf Hitler[2]
Von links: Otto Günsche, Gerda Christian (geb. Daranowski; Hitlers Sekretärin und Ehefrau von Eckhard Christian), Nicolaus von Below, Centa Baur (Hans Baurs Gemahlin), Johanna Wolf (Hitlers Sekretärin), Generalleutnant und Flugkapitän a. D. Hans Baur und Emilie Christine „Christa“ Schroeder (Hitlers Sekretärin)[2]
Beförderungen
- SS-Untersturmführer: 21. Juni 1942
- SS-Obersturmführer: 20. April 1943
- SS-Hauptsturmführer: 20. April 1944
- SS-Sturmbannführer: 21. Dezember 1944
Auszeichnungen (Auszug)
- Deutsche Olympia-Erinnerungsmedaille 1936
- Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938 mit Spange „Prager Burg“
- Deutsches Schutzwall-Ehrenzeichen
- Medaille zur Erinnerung an die Heimkehr des Memellandes
- Eisernes Kreuz (1939), 2. und 1. Klasse
- 1. Klasse im Dezember 1943
- Infanterie-Sturmabzeichen in Bronze (ggf. Silber)
- Verwundetenabzeichen (1939) in Schwarz und Silber
- Goldenes HJ-Ehrenzeichen
- Verwundeten-Abzeichen „20. Juli 1944“ in Schwarz am 20. Juli 1944 als SS-Hauptsturmführer
- Kriegsverdienstkreuz (1939), II. Klasse mit Schwertern
Literatur
- Henrik Eberle / Matthias Uhl: Das Buch Hitler – Geheimdossier des NKWD für J.W. Stalin. Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 2010, ISBN 3-4046-4219-8 (NKWD Verhörprotokolle von Heinz Linge und Otto Günsche)