Kluge, Hans Günther von
Günther Adolf Ferdinand „Hans“ Kluge, seit 1913 von Kluge ( 30. Oktober 1882 in Posen; Freitod 19. August 1944 bei Metz; auch bekannt als Hans Günther von Kluge) war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee, des Deutschen Heeres, der Reichswehr und der Wehrmacht, zuletzt Generalfeldmarschall, Oberbefehlshaber West und Schwerterträger des Zweiten Weltkrieges.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Günther von Kluge war der Sohn des 1913 in den erblichen Adelsstand erhobenen Generalleutnants Max Kluge und trat am 22. März 1901, aus der Kadettenanstalt kommend, als Leutnant in das Niedersächsische Feldartillerie-Regiment Nr. 46 in Altona ein. Er wurde in seiner Jugend aufgrund seiner besonderen geistigen Fähigkeiten auf der Kadettenschule von seinen Freunden in Anlehnung an ein damals sehr bekanntes „rechnendes“ Pferd der kluge Hans genannt. Daraus hat sich später der Vorname Hans Günther eingebürgert.
Im Ersten Weltkrieg war von Kluge als Hauptmann im Generalstab des XXI. Armee-Korps. Er kämpfte an der Westfront in der Zweiten Flandernschlacht und wurde in der Schlacht um Verdun im Oktober 1918 schwer verwundet.
Reichswehr und Wehrmacht
Nach Kriegsende und Genesung kam er am 1. Oktober 1919 zur Heeres-Friedenskommission unter Theodor Michelis, am 15. Juni 1921 kam er in den Stab der 3. Divison der Reichswehr, am 1. April 1923 wurde er zum Major und am 1. Juli 1927 zum Oberstleutnant befördert. Im Jahr darauf wurde er Chef des Stabes der 1. Kavalleriedivision in Frankfurt (Oder), Brandenburg. Mit der Beförderung zum Oberst am 1. Februar 1930 ernannte man ihn zeitgleich zum Kommandeur des 2. (Preußischen) Artillerie-Regiments in Schwerin.
Die nächsten Beförderungen von Kluges waren jene zum Generalmajor und Inspekteur der Nachrichtentruppe am 1. Februar 1933 sowie zum Generalleutnant am 1. April 1934. Ein Jahr später erfolgte die Ernennung zum Kommandierenden General des VI. Armeekorps sowie Befehlshaber im Wehrkreis VI (Münster). Die Beförderung zum General der Artillerie erfolgte am 1. August 1936.
Zweiter Weltkrieg
Er war als Armeeführer der 4. Armee am Polen- wie auch am Westfeldzug beteiligt. Am 19. Juli 1940 wurde er zum Generalfeldmarschall befördert. Beim Unternehmen „Barbarossa“ führte von Kluge seine 4. Armee bis an den Stadtrand von Moskau.
Anfang Juli 1944 wurde er von Adolf Hitler zum Oberbefehlshaber im Westen ernannt. Sein erster Generalstabsoffizier Henning von Tresckow drängte ihn nach der Invasion in der Normandie zur Teilnahme am Attentat vom 20. Juli 1944, wozu keine klare Zustimmung oder Ablehnung von Kluges bekannt ist. Dieses Zögern ließ ihn nach dem Scheitern des Staatsstreiches in den Verdacht des Mitwissens geraten.
Das Scheitern eines deutschen Feldherrn
Von Kluge galt als ein Defensivstratege; er kam von dem überschaubaren Kriegsschauplatz Italien als Rundstedt-Nachfolger nach Frankreich – mitten hinein in den Verrätersumpf.
Kritiker behaupten, er hielt sich 1944 alle Optionen offen, hörte zu, ließ das Unkraut des Verrats gedeihen. Schon Ende 1942 soll er an der Ostfront mit den Verschwörern gegen Hitler in Kontakt gekommen sein, soll diese geduldet haben und über alle wichtigen Vorgänge informiert gewesen sein, ohne jedoch selber persönlich aktiv daran teilgenommen zu haben.
Zwischen den Verschwörern in Berlin sowie ihren Mitwissern in Zossen, dem Sitz des Oberkommandos des Heeres (OKH), und der Zentrale in Paris bestanden ständige und besondere Kontakte.[1]
Obwohl er zunächst schwankte, verweigerte er sich einer Teilnahme am geplanten Umsturz, als er von Hitlers Überleben erfuhr. Zu dieser Zeit waren in Paris auf Befehl des Militärbefehlshabers von Frankreich Carl-Heinrich von Stülpnagel bereits SS-Angehörige verhaftet worden. Von Kluge nahm den Befehl zurück und entließ General der Infanterie von Stülpnagel. Nach dem Scheitern des deutschen Gegenangriffes auf Avranches und merkwürdigen Vorgängen im Kessel von Falaise nahm sich von Kluge folgerichtig das Leben.
Tod
Am 17. August 1944 wurde von Kluge durch einen von Generalfeldmarschall Walter Model überbrachten Brief von Hitler seines Postens enthoben und in das Deutsche Reich zurückbeordert. Die Gelegenheit zur Stellungnahme nahm er nicht wahr; zwischen Verdun und Metz tötete er sich am 19. August 1944 selbst mit Zyankali. In einem Abschiedsbrief an den Führer beteuerte er seine Unschuld und schrieb:
- „Zeigen Sie nun auch die Größe, die notwendig sein wird, wenn es gilt, einen aussichtslos gewordenen Kampf zu beenden. [...] Ich scheide von Ihnen, mein Führer, der ich Ihnen innerlich näher stand, als Sie vielleicht geahnt, in dem Bewußtsein, meine Pflicht bis zum Äußersten getan zu haben.“
Von Kluge wurde mit allen militärischen Ehren beigesetzt, sein Grab wurde nach der „Befreiung“ geschändet, sein Leichnam geraubt.[2]
Familie
Kluge heiratete am 2. Oktober 1907 die Gutserbin Mathilde Marie, geb. Briesen auf Böhne und Bünsche (1885–1965), Tochter des Oberlandesgerichtsrats Ernst Adalbert Briesen auf Böhne und Bünsche und dessen Gattin Marie, geb. Freiin Wolff von Gudenberg. Das Ehepaar bekam drei Kinder: Günther, Ester und Marie Louise.
Sein jüngerer Bruder war Ritterkreuzträger Wolfgang von Kluge, sein gleichnamiger Sohn Günther war u. a. Oberstleutnant i. G. und Erster Generalstabsoffizier resp. „Ia“ (1. November 1943 bis 12. Juli 1944) bei der 18. Artillerie-Division, die beim Unternehmen „Walküre“ vom militärischen Widerstand gegen Hitler zur Besetzung des Führerhauptquartiers „Wolfsschanze“ vorgesehen war. Noch im August 1944 war Günther von Kluge an der Invasionsfront und im Kessel von Falaise Ia unter General der Panzertruppe Heinrich Eberbach, der die ad hoc gebildete Panzergruppe „Eberbach“, die Teil der 7. Armee war, führte. Sie kämpften unter dem Oberbefehl von SS-Oberst-Gruppenführer Paul Hausser, dabei auch Oberst i. G. von Gersdorff (Haussers Ia) und Major i. G. Heinz Günther Guderian, Ia der 116. Panzer-Division. Wann Oberstleutnant Günther von Kluge verhaftet wurde, ist unklar, er befand sich aber bis Januar 1945 in der politischen Internierung in Küstrin, wo er sich u. a. gemeinsam mit Alexander von Pfuhlstein befand.
Beförderungen
- Leutnant (22. März 1901)
- Oberleutnant (16. Juni 1910)
- Hauptmann (2. August 1914)
- Major (1. April 1923)
- Oberstleutnant (1. Juli 1927)
- Oberst (1. Februar 1930)
- Generalmajor (1. Februar 1933)
- Generalleutnant (1. April 1934)
- General der Artillerie (1. August 1936)
- Generaloberst (1. Oktober 1939)
- Generalfeldmarschall (19. Juli 1940)
Auszeichnungen (Auszug)
- Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse[3]
- Abzeichen für Beobachtungsoffiziere aus Flugzeugen (1914)
- Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern[3]
- Bayerischer Militärverdienstorden IV. Klasse mit Schwertern[3]
- Mecklenburgisches Militärverdienstkreuz II. Klasse[3]
- Oldenburgische Verdienstmedaille für Rettung aus Gefahr[3]
- Orden der Eisernen Krone III. Klasse mit der Kriegsdekoration[3]
- Österreiches Militärverdienstkreuz III. Klasse mit der Kriegsdekoration[3]
- Verwundetenabzeichen (1918) in Schwarz[3]
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
- Wehrmacht-Dienstauszeichnung, IV. bis I. Klasse
- Medaille zur Erinnerung an den 13. März 1938
- Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938
- Wiederholungsspange (1939) zum Eisernen Kreuz II. und I. Klasse (1914)
- II. Klasse am 5. September 1939
- I. Klasse am 17. September 1939
- Medaille „Winterschlacht im Osten 1941/42“
- Mehrfache namentliche Nennung im Wehrmachtbericht am 7. August 1941; 18. Oktober 1941; 19. Oktober 1941; 3. September 1943
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub und Schwertern[4]
- Ritterkreuz am 30. September 1939 als General der Artillerie und Oberbefehlshaber der 4. Armee
- Eichenlaub am 18. Januar 1943 (181. Verleihung) als Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte
- Schwerter am 29. Oktober 1943 (40. Verleihung) als Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte
Fußnoten
- Geboren 1882
- Gestorben 1944
- Deutscher Generalfeldmarschall
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Generalleutnant (Reichswehr)
- Kommandeur der 6. Division (Reichswehr)
- Hauptmann (Preußen)
- Hauptmann (Heer des Deutschen Kaiserreiches)
- Generalfeldmarschall (Heer der Wehrmacht)
- Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe (Heer der Wehrmacht)
- Oberbefehlshaber West (Wehrmacht)
- Kommandierender General des VI. Armeekorps (Heer der Wehrmacht)
- Befehlshaber des Wehrkreises VI (Heer der Wehrmacht)
- Träger des Eisernen Kreuzes I. Klasse (1914)
- Träger des Hausordens von Hohenzollern
- Träger des Bayerischen Militärverdienstordens (IV. Klasse)
- Träger des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub und Schwertern
- Träger des Österreichischen Militärverdienstkreuzes III. Klasse
- Träger des Ordens der Eisernen Krone (III. Klasse)
- Träger des Mecklenburgischen Militärverdienstkreuzes
- Person im Zweiten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Erwähnung im Wehrmachtbericht
- Attentat vom 20. Juli 1944