Gablenz, Carl August von
Wilhelm Carl August Heinrich Adolf Freiherr von Gablenz (auch: Karl; 13. Oktober 1893 in Erfurt; 21. August 1942 bei Mühlenberg) war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee, des Deutschen Heeres, der Freikorps, der Vorläufigen Reichswehr und der Wehrmacht, zuletzt Generalmajor der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Gablenz stammt aus einem alten Adelsgeschlecht der Niederlausitz, seine Taufe erfolgte am am 18. Januar 1894 in Erfurt. Die Taufzeugen waren laut Taufschein Generaldirektor Max Freiherr von Gablenz, Hauptmann Bothe in Mainz, Freiin Sybille von Uchtritz, Frau von Forckenbeck in Cottbus und Freiin von Gablenz in Wien.
Militär und Erster Weltkrieg
Nach dem Abitur schlug er die Offizierslaufbahn ein, trat am 10. Februar 1913 als Fahnenjunker dem Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1 ein und erhielt nach einer schweren Verwundung (Knieschuß, Oktober 1914) im Ersten Weltkrieg eine Ausbildung als Beobachter, dann Flieger. Er erwarb besondere Verdienste bei seinem Einsatz auf Jagd-, Kampf- und Beobachtungsflugzeugen (Flieger-Abteilung Nr. 42, Kampfgeschwader I OHL, Kommandeur der Flieger-Heeresgruppe F). Im letzten Kriegsjahr war er vom 1. März bis 13. Dezember 1918 als Flugzeugführer eines viermotorigen Großbombers eingesetzt und diente als Geschwaderadjutant im Bombengeschwader der Obersten Heeresleitung Nr. 7 (Bogohl), bis Mai 1918 unter Hermann Köhl. Während der Demobilisierung war er bis zum 10. Januar 1919 bei der Geschwaderschule in Paderborn.
Freikorps
Am 11. Januar 1919 wurde Freiherr von Gablenz Fliegerführer beim Freikorps „Lüttwitz“.
Zwischenkriegszeit
Im Juni 1919 erhielt er Urlaub und am 26. Oktober 1920 schied er mit dem Charakter als Oberleutnant aus der Vorläufigen Reichswehr aus. 1926 wurde er Flugbetriebsleiter, später Vorstandsmitglied der Deutschen Lufthansa. Berühmtheit erlange er durch seine wagemutigen Forschungsflüge über den Süd- und Nordatlantik sowie in Fernost. In den 1930er Jahren erwarb er Verdienste beim Aufbau des internationalen Streckennetzes. 1934 richtete er schwimmende Flugzeugstützpunkte im Atlantik ein, die den ersten planmäßigen Transatlantikflug ermöglichten. Er war ab 1. Juli 1933 Vorstand der Lufthansa sowie neben Hugo Eckener und Albert Mühlig-Hofmann Aufsichtsrat der Deutschen Zeppelin-Reederei und der Deutschen Lebensversicherungs-AG. Am 12. Juni 1935 trat er als Reserveoffizier der neuen Luftwaffe bei.
Zweiter Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg wirkte er als Kommandeur der deutschen Blindflugschulen sowie als Lufttransportführer in der Luftwaffe. 1941 wurde er im Rang eines Generalmajors Chef des Planungsstabes der Reichsluftfahrtministeriums.
Chronologie (Auswahl)
- 1919 Flieger bei der Deutschen Luft-Reederei (seit seiner Beurlaubung vom Militärdienst)
- 1920 bis 1923 Vorsitzender der Zentralverwaltung der „Freien Standesherrschaft Militsch“
- 1924 bis 31. Dezember 1925 Flieger der Junkers Luftverkehr AG ein
- er übernahm technische Sonderaufgaben und setzte sich besonders für die Entwicklung zuverlässiger und für den Allwetterbetrieb geeigneter Flugzeugmotoren ein
- 6.1.1926 bis 30.6.1933 als Prokurist und (ab Ende 1929) als Leiter des Flugbetriebs (Flugbetriebsleiter) und der Technischen Abteilung bei der Deutschen Luft Hansa Aktiengesellschaft
- Unter dem damaligen Technischen Direktor der Lufthansa und späteren Generalfeldmarschall Erhard Milch leistete Gablenz bahnbrechende Arbeit und entwickelte die Grundlagen des modernen Blind- bzw. Instrumentenfluges. Er setzte konsequente Schulungsprogramme zur Beherrschung des Instrumentenflugs durch, was der Deutschen Lufthansa beim Aufbau des europäischen Nachtpoststreckennetzes einen bedeutenden technischen Vorsprung sicherte.
- 1.6.1933 in der Vorstand der Deutschen Lufthansa berufen
- Er setzte sich in den folgenden Jahren maßgeblich für den Aufbau des Atlantikluftverkehrs ein. Er selbst führte die ersten Erkundungsflüge über den Nord- und Südatlantik aus und sorgte 1934 für die Aufnahme eines regelmäßigen Flugdienstes nach Südamerika. Die Logistik der Postflüge brachte der Deutschen Lufthansa ein Höchstmaß an internationaler Anerkennung ein. Größtes Aufsehen erregte der auf Initiative von Freiherr von Gablenz erworbene Dampfer „Westfalen“, seine Stationierung auf dem Südatlantik und seine Nutzung als schwimmender Stützpunkt zwischen dem afrikanischen und dem südamerikanischen Kontinent. Damit konnte nunmehr Post auf dem schnellsten Wege nach Südamerika befördert werden, zunächst mit einer Heinkel He 70 von Berlin und Stuttgart nach Sevilla, weiter mit einer Junkers Ju 52 bis Bathurst in Westafrika, um dort auf den Dampfer „Westfalen“ umgeladen und schließlich per Katapultstart mit Dornier-Wal-Flugbooten nach Natal (Brasilien) transportiert zu werden. Von Gablenz sorgte unermüdlich für den Ausbau des Streckennetzes der Deutschen Lufthansa. Im September 1934 überführte Gablenz eine Junkers Ju 52 von Berlin nach Shanghai in China, wo das Flugzeug die neu gegründete „Eurasia Aviation Corporation“ verstärkte. 1936 war er der Kapitän der Besatzung, die den ersten Flug auf verkehrsmäßiger Grundlage von Europa nach Neu York durchführte.
- 12.6.1935 Beitritt zur neuen Luftwaffe als Reserveoffizier
- 12.6.1935 bis 10.7.1935 Beobachterlehrgang bei der Fliegergruppe Tutow (früher getarnt als Funkpeilversuchsinstitut der elektronischen Industrie e. V., später Kampfgeschwader 152) als Oberleutnant der Reserve
- 16.3.1936 Flugzeugführer und Beobachter bei der I. Gruppe/Fliegergeschwader Greifswald in Neunrandenburg
- August 1937 Erkundung des Luftwegs in den Fernen Osten mit der Lufthansa Junkers Ju-52 D-ANOY; er wurde nach einer Notlandung vier Wochen mit seiner Besatzung in Chotan in Chinesisch-Turkestan festgehalten. Über diesen Flug, den er zusammen mit Flugkapitän Robert Untucht und Oberfunkermaschinist Karl Kirchhoff durchführte, berichtete er ausführlich in seinem 1937 erschienenen Buch „D-ANOY bezwingt den Pamir“. Der spektakuläre „Pamirflug“, bei dem die Paßhöhen des Wakhan von mehr als 5.300 Höhenmetern bezwungen werden mußten, war eine weltweit beachtete Pionierleistung. Als die schon verschollen geglaubten Flieger am 3. Oktober 1937 in Berlin-Tempelhof landeten, wurden sie wie Helden gefeiert.
- 26.8.1939 Kommodore des in Berlin-Tempelhof neu aufgestellten Kampfgeschwaders z. b. V. 172
- Mit wenigen Ausnahmen wurde fast der gesamte Lufthansa-Flugzeugpark samt Besatzungen in die Luftwaffe integriert und bildete dort den Stamm des Kampfgeschwaders.
- Teilnahme als Transportgeschwader am Unternehmen „Weserübung“ und am Balkanfeldzug beim IX. Fliegerkorps
- 10.11.39 bis 30.9.1941 Kommandeur der Blindflugschulen der Luftwaffe
- 12.3.1940 Lufttransportführer (Land)
- 5.5.1940 Lufttransportführer beim Generalquartiermeister der Luftwaffe Hans-Georg von Seidel
- 1.10.1941 bis 21.8.1942 Chef des Planungsamtes (GL/A-Pl) beim Generalluftzeugmeister im RLM (sein Nachfolger wurde Heinrich-Sigismund von der Heyde)
- ab November 1941 zugleich Technischer Leiter im RLM
Tod
Generalmajor Freiherr von Gablenz (als Flugzeugführer seiner Reisemaschine Siebel Si 204), Ministerialdirektor Dr. Carl Krümmel und der Bordfunker Oberfeldwebel Klaer verstarben bei einem Flugzeugabsturz bei Mühlberg/Elbe als Folge eines Gewittersturms. Aufgrund der schlechten Bodensicht flog er wohl tief und soll beim Ausweichen an einem Industrieschornstein hängengeblieben sein. Die drei waren unterwegs nach Ainring bei Salzburg. Von Gablenz und Dr. Krümmel wollten in Salzburg an einer Vorstandssitzung der Deutschen Forschungsanstalt für Segelflug teilnehmen. Die Maschine war in Berlin-Tempelhof um 12.13 Uhr gestartet, der Absturz erfolgte gegen 12.45 Uhr. Die Trauerrede beim Staatsakt am 25. August 1942 hielt Generalfeldmarschall Milch, in der er ihn als „in der ganzen Welt ersten Fachmanns des Luftverkehrs“ würdigte. Noch am selben Tag wurde er auf dem Invalidenfriedhof feierlich beigesetzt.
Familie
Carl August war der Sohn des Majors und späteren Generalleutnants z. D. Heinrich Adolf Ernst Freiherr von Gablenz ( 11. Juni 1845; 12. Juli 1917; u. a. Teilnehmer am Deutschen Bruderkrieg, 1867 dann Leutnant der preußischen Landwehr, seit Anfang der 1890er Jahre Bataillonskommandeur im 3. Thüringischen Infanterie-Regiment Nr. 71 und Inhaber des Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausordens) und seiner am 28. September 1880 in Frankfurt/Oder geehelichten Gemahlin Clara (Klara) Johanna Marie, geb. von Forckenbeck ( 16. Februar 1859; 9. Oktober 1923). Sein Großvater war Maximilian „Max“ Franz August von Forckenbeck (1821–1892), der hochdekorierte Oberbürgermeister von Berlin.
Gebrüder von Gablenz
Carl August war der Jüngste der fünf Gebrüder von Gablenz, seine vier Brüder waren:
- Maximilian Anton Heinrich Adolf Freiherr von Gablenz (1881–1945)
- Adolf Heinrich Anton Franz Freiherr von Gablenz (1882-1948), preußischer Regierungsassessor in Johannisburg (Ostpreußen), 1914 bis 1916 Landrat im Kreis Johannisburg
- Hanns(-)Anton Ludwig Wilhelm Freiherr von Gablenz ( 18. April 1886 in Höxter an der Weser), Dr. jur. (Promotion in Jena), Gerichts-Referendar, 1911 als Kaufmann in Buenos Aires geführt
- Eccard Friedrich Alexander Heinrich Adolf Freiherr von Gablenz (1891-1978), Generalleutnant und Ritterkreuzträger
Ehe
Am 6. Februar 1919 heiratete Leutnant von Gablenz in Gonzenheim seine Verlobte und Kusine Anna Martha Paula von Forckenbeck ( 13. Dezember 1897 in Frankfurt an der Oder), Tochter des Landgerichtsdirektors Geheimer Justizrat Franz Theodor Max von Forckenbeck und dessen Ehefrau Johanna Paulina Clara Elisabeth, geborene von Hagens. Zeugen waren der 61jährige Vater der Braut und der 37jährige Hauptmann Max Freiherr von Gablenz (wohnhaft in Durlach bei Karlsruhe), der älteste Bruder von Carl August.
Aus der Ehe sind zwei Söhne und eine Tochter entsprossen. Sein Sohn Franz-Heinrich Freiherr von Gablenz (1922–2019; im Krieg Fernaufklärer der Luftwaffe, zuletzt Oberleutnant) wurde Flugkapitän, dann Chefpilot der Lufthansa,[2] sein Enkel Dr. jur. Carl-Heinrich Freiherr von Gablenz ( 2. Februar 1952) war Vorsitzender des Aufsichtsrats der CargoLifter AG.[3]
Beförderungen
- Fahnenjunker (10. Februar 1913)
- Fähnrich (18. Oktober 1913)
- Leutnant (19. Juni 1914)
- Charakter als Oberleutnant (26. Oktober 1920)
- aus der Vorläufigen Reichswehr ausgeschieden
- Hauptmann der Reserve (1. April 1936)
- Major der Reserve (1. Oktober 1936)
- Oberstleutnant der Reserve (1. Februar 1940)
- Oberst der Reserve (1. Juni 1940)
- am 1. Oktober 1941 in das aktive Offizierskorps überführt
- Generalmajor (1. Januar 1941)
Auszeichnungen (Auszug)
- Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse
- Abzeichen für Beobachtungsoffiziere aus Flugzeugen (1914)
- Preußisches Militär-Flugzeugführer-Abzeichen
- Königlicher Hausorden von Hohenzollern, Ritterkreuz mit Schwertern
- Österreichisches Militärverdienstkreuz, III. Klasse mit Schwertern und der Kriegsdekoration
- Bulgarischer Militär-Verdienstorden, V. Klasse
- Eiserner Halbmond
- Verwundetenabzeichen (1918) in Schwarz
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
- Gemeinsames Flugzeugführer- und Beobachterabzeichen
- Spanienkreuz ohne Schwerter
- Wiederholungsspange (1939) zum Eisernen Kreuz II. und I. Klasse (1914)
- Imperialer Orden vom Joch und den Pfeilen, Großoffizier am 20. Januar 1941[4]
- Kriegsverdienstkreuz (1939), II. und I. Klasse mit Schwertern
- Gemeinsames Flugzeugführer- und Beobachter-Abzeichen in Gold mit Brillanten (ggf. posthum)
- Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern am 25. August 1942 (postum) als Generalmajor und Chef des Planungsamtes beim Generalluftzeugmeister im Reichsluftfahrtministerium
- Eine Ju 52 mit der Werknummer 7220 wurde am 29. Juli 1965 während der Internationalen Verkehrsausstellung in München auf von Gablenz' Namen getauft. Das Flugzeug wurde dem Verkehrsmuseum Berlin durch die spanische Regierung für einen symbolischen Kaufpreis zur Verfügung gestellt.[5]
- Der Gablenz-Rücken in Neuschwabenland wurde nach Carl August von Gablenz benannt.
- Die Lufthansa AG hat ihren Unternehmenssitz in der Von-Gablenz-Straße in Köln.
Schriften (Auswahl)
- D-ANOY bezwingt den Pamir. Ein abenteuerlicher deutscher Forschungsflug. Oldenburg i.O. 1937.
- Unter dem Titel Pamirflug. Lufthansa D-ANOY 1937. neu aufgelegt, Herbig, München, 2002
- Carl August von Gablenz, Die Blindflugschule, Richtlinien für Lehrer und Schüler, o. J., herausgegeben von der Deutschen Lufthansa AG
Literatur
- Freiherr von Gablenz starb den Fliegertod, in: „Deutsche Luftwacht“ (Ausgabe Luftwissen), Nr. 9, Verlag E. S. Mittler & Sohn GmbH, Berlin 1942