Ehrhardt, Hermann

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Korvettenkapitän Hermann Ehrhardt

Georg Hellmut Hermann Ehrhardt (Lebensrune.png 29. November 1881 in Diersburg, Großherzogtum Baden; Todesrune.png 27. September 1971 in Brunn am Walde, Niederösterreich) war ein deutscher Offizier der Kaiserlichen Marine sowie vaterländischer Freikorpsführer während der Weimarer Republik.

Werdegang

Nachbildung des Marine-Denkmals von Swakopmund für Hermann Ehrhardt

Kindheit und Jugend

Hermann Ehrhardt wurde als Sohn des evangelischen Pfarrers Georg Ehrhardt, und dessen Frau Marie Elisabeth geb. Wießler in Diersburg in Baden geboren. Schon als Kind wollte er mit einem Klassenkameraden nach Indien auswandern. Angeregt dazu wurde er durch den Brief eines Vetters, den dieser aus Indien geschrieben hatte. Erhardt hatte zwei Schwestern, eine davon begeisterte Briefmarkensammlerin. Durch die Schweiz wollten die beiden Jungen zu Fuß wandern, dabei einen Onkel in Genf besuchen. Danach sollte die Wanderung durch Italien nach Brindisi gehen. Da man für eine solche Reise etwas Geld brauchte, nahm Hermann Erhardt kurz entschlossen das Briefmarkenalbum seiner Schwester mit auf die Reise, um dieses in der Schweiz zu verkaufen. Die Reise endete beim Onkel in Genf. Unter Polizeibegleitung wurden die beiden nach Weil zurückgebracht.

Sein weiterer Weg war dann als Pastor vorbestimmt. Auf dem Gymnasium in Lörrach sollte er die dazu notwendige Reife bekommen. Aus verletztem Stolz und Ehrgefühl ohrfeigte er als Primaner einen Klassenlehrer und mußte deshalb das Lörracher Gymnasium fristlos verlassen. Verschärfend dazu war es Erhardt nicht gestattet, an einem anderen Gymnasium in Baden aufgenommen zu werden.

Kaiserliche Marine

Die durch Kaiser Wilhelm II. und Großadmiral Alfred von Tirpitz 1897/1898 eingeleiteten Flottenrüstungen großen Umfangs, erforderten auch eine Aufstockung des Marinepersonals. In allen großen Tageszeitungen Deutschlands wurde für die Kaiserliche Marine geworben, denn der Kaiser benötigte viele Seekadetten. Erhardts große Chance war gekommen. Er fuhr nach Kiel zur Aufnahmeprüfung und bestand diese. Hermann Ehrhardt trat 1899 als Seekadett (Crew 99) in die Kaiserliche Marine ein.

Das erste Jahr im Dienst auf einem Segelschulschiff war sehr hart. Die Bedeutung des praktischen und körperlichen Dienstes stand hier im Vordergrund. Nach der Zeit als Fähnrich zur See, u. a. auf der SMS „Weißenburg“, folgte 1902 die Ernennung zum Leutnant zur See und dem Dienst in der Maschinenkanonen-Abteilung des Marine-Expeditionskorps. 1904 nahm er mit der Schutztruppe unter Oberstleutnant Ludwig von Estorff an der Niederschlagung des Hereroaufstandes in Deutsch-Südwestafrika teil. Nach der Rückkehr in der Heimat diente er u. a. als Lehrer an der Marineschule in Kiel. Im letzten Vorkriegsjahr diente er als Referent im Torpedoversuchskommando in Kiel und zugleich als solcher auf dem Torpedoversuchs- und Schulschiff, dem Großen Kreuzer SMS „Friedrich Karl“.

Erster Weltkrieg

Geschenkstatue hergestellt von dem deutschen Bildhauer Albert Moritz Wolff (1854–1923)

Bei Beginn des Ersten Weltkrieges war Ehrhardt als Kapitänleutnant Chef der 20. Torpedoboot-Halbflottille. In der Skagerrakschlacht nahm seine Gruppe (seit Februar 1915 17. Torpedoboot-Halbflottille) an der Versenkung des englischen 1.000-Tonnen-Zerstörers HMS Nomad teil, wobei sie aber selber das Führerboot V 27 verlor. Ehrhardts Halbflottille wurde im Oktober 1916 nach Flandern verlegt und fuhr von dort Vorstöße in den Ärmelkanal zur U-Boot-Sicherung. 1917 wurde Ehrhardt zum Korvettenkapitän befördert, im September des Jahres wurde er Chef der IX. Torpedoboot-Flottille. In dieser Funktion blieb er bis Kriegsende, um danach seine Einheit nach Scapa Flow zu führen, wo sie sich 1919 selbst versenkte. Da dies drei Tage vor der eigentlichen offiziellen Übergabe geschah, hat sich die kaiserliche Flotte de facto niemals ergeben.

Ehrhardt kehrte bereits zuvor mit einem Großteil der ehemaligen Besatzungen auf einem Transportschiff nach Wilhelmshaven zurück. Als dessen Mannschaft angesichts des gefährlichen Minensperrgürtels vor der deutschen Küste meuterte und die Weiterfahrt verweigerte, übernahm Hermann Ehrhardt mit Gewalt das Kommando und brachte das Schiff sicher nach Wilhelmshaven.[1]

Nach Kriegsende kehrte Ehrhardt nach Wilhelmshaven zurück, wo mittlerweile Bernhard Kuhnt erster Präsident des neu gegründeten Freistaates Oldenburg war. Am 27. Januar 1919 riefen Kommunisten die sogenannte „Räterepublik Wilhelmshaven“ aus. Ehrhardt sammelte etwa 300 Mann um sich, meist Berufssoldaten der Marine-Infanterie, und erstürmte mit diesen am selben Abend die 1.000-Mann-Kaserne, das Hauptquartier der putschenden Matrosen. Unter dem Einsatz von Bootskanonen brach der Widerstand schnell zusammen. Nun wurde die Gründung einer Freiwilligen-Formation vorangetrieben und spätestens jetzt wurde der Name Hermann Ehrhardt zum Mythos.

Freikorps

Ehrhardt gehörte als Kommandeur bzw. Kommandant der nach ihm benannten Marine-Brigade „Ehrhardt“ zu den bekanntesten Freikorpsführern der Jahre nach dem Ersten Weltkrieg. 1919 war er Mitglied der „Nationalen Vereinigung“ um General Walther von Lüttwitz und Generallandschaftsdirektor (Ostpreußen) Wolfgang Kapp. Hier agierte er zusammen mit u. a. Waldemar Pabst, Erich Ludendorff, Wilhelm Canaris, Friedrich Grabowski und Friedrich Wilhelm Heinz.

Die Brigade nahm als Teil des Garde-Kavallerie-Schützen-Korps am Kampf gegen die mordenden Spartakisten und Kommunisten während der sogenannten Novemberrevolution teil und gehörte später zu den Hauptakteuren während des Kapp-Aufstandes vom März 1920. Ehrhardts Brigade führte schon im Jahre 1919 das (auch spiegelverkehrte) Hakenkreuz als germanisches Symbol am Stahlhelm und an den Fahrzeugen.

Am 30. März 1920 nahm Korvettenkapitän Hermann Ehrhardt die letzte Parade seines Freikorps ab, die meisten von ihnen wurden in die reguläre Reichswehr eingegliedert. Er selbst wurde am 10. September ehrenhaft aus der Reichsmarine[2] entlassen; die Marine-Brigade „Ehrhardt“ war bereits zum 31. Mai aufgelöst worden. Gegen Ehrhardt erging ein Haftbefehl, dem er sich jedoch durch die Flucht nach München entziehen konnte, wo er zunächst nicht mehr strafrechtlich verfolgt wurde.

Organisation Consul

Nach der Auflösung gründete Ehrhardt aus den Überresten der Einheit die Organisation Consul und setzte den Kampf für ein nationalistisches und freies Deutsches Reich fort. Später entstand der Neudeutsche Bund, der die alten Kämpfer der Brigade „Ehrhardt“ zu bündeln versuchte. Auch der aus dem Exil in Ungarn zurückkehrende Ehrhardt (Adjutant Franz-Maria Liedig) selbst schloß sich der Entwicklung an, wurde aber schließlich im November 1922 verhaftet.

Aus dem Gefängnis heraus wies Ehrhardt 1923 den loyalen Kapitänleutnant Eberhard Kautter an, den Neudeutschen Bund zu reorganisieren. Nach der Neuformung wurde daraus der Bund Wiking, der im ganzen Reich operierte und gut 10.000 Mitglieder hatte. Im Juli 1923 floh Ehrhardt aus der Haft zunächst zu seinem engen Freund, dem deutschen Fürsten Carl Eduard, auf das Schloß Callenberg und dann in die Schweiz, bis er am 29. September wieder nach München zurückkehrte. In Berlin fürchtete man, daß er jetzt an Stelle Hitlers zu einer Integrationsfigur für die nationalen Bewegung nicht nur in Bayern-, sondern auch im Reich werden könnte.[3] Im April 1924 floh Ehrhardt abermals vor der strafrechtlichen Verfolgung aus dem Deutschen Reich nach Österreich und kehrte im Oktober 1926 nach einer Amnestie des neuen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg zurück.

Hermann Ehrhardt führt die Männer seiner Brigade an, die nun dem Reichsführer-SS (siehe Ärmelstreifen) unterstellt war, 1933/34

Drittes Reich

Anfang 1931 versammelte Ehrhardt, gemeinsam mit seinem Adjutanten Hartmut Plaas, eine Gefolgschaft von über 2.000 Männern um sich, die sich inoffiziell wieder Brigade „Ehrhardt“ nannte. Ihm gelang es nach schweren Verhandlungen, Verbindungen und Zusammenarbeit verschiedener nationaler Organisationen von links bis rechts zu bewerkstelligen. Mitte 1931 führte Ehrhardt eine von Walther Stennes gegründete Zeitung („Arbeiter, Bauern, Soldaten. Nationalsozialistisches Kampfblatt“) unter gleichzeitiger Abwendung von Otto Strasser als „Das Montagsblatt“ (Nachfolgeblatt von „Das National-Sozialistische Montagsblatt“) fort, Schriftleiter war nach wie vor Friedrich Wilhelm Heinz. Das Montagsblatt war die erste Zeitschrift, die am 1. Februar 1932 meldete, daß Adolf Hitler in einem deutschen Land verbeamtet und eingebürgert wurde.

1933 hatte Ehrhardt Residenz auf dem von ihm erworbenen ehemaligen Gut des Grafen von Bredow in Kleßen, Westhavelland. Er verkündete am 17. Juli 1933 im Beisein von ehemaligen Angehörigen der O. C., des Stahlhelms und hunderten anderen von SA sowie SS bei einer Gedenkveranstaltung der NSDAP auf Burg Saaleck (Burgherr: Dr. Stein) zu Ehren der Rathenau-Attentäter, die „Vorkämpfer deutscher Freiheit“ Erwin Kern und Hermann Fischer während einer Ansprache, seine über 2.000 Männer geschlossen der SS und dem Reichsführer-SS zu unterstellen. Ernst Werner Techow war als Ehrengast dabei.

Am 28. Juni 1933 meldete die „Westhavelländische Tageszeitung“ über die Gedenkveranstaltung: „Kapitän Ehrhardt bekennt sich zur NSDAP, habe die Reichsführung-SS mitgeteilt. Er sei „persönlich in die Partei eingetreten und hat sich mit seinem Wehrverband, der Brigade „Ehrhardt“, dem Reichsführer-SS unterstellt.“

1936 ging er nach Österreich, wo er in Brunn am Wald im Bezirk Krems an der Donau das herrschaftliche Gut betrieb und mit seiner Familie auf Schloß Brunn am Wald wohnte. Das Gut Kleßen wurde 1937 verkauft. In der Folgezeit lebte er als Gutsherr im Wasserschloss Brunn am Wald und betrieb Land- und Forstwirtschaft. Trotzdem er bis zu seinem Tode nicht mehr politisch oder militärisch aktiv war, wurde er nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945 mit anderen „politisch Belasteten“ als 64Jähriger zu schweren Arbeiten im Kremser Hafen gezwungen.

Tod

Gemeinschaftsgrab des Ehepaares Ehrhardt

Korvetten-Kapitän a. D. Hermann Ehrhardt, seit 1948 Staatsbürger der Republik Österreich, verstarb 1971 in Brunn am Walde. Er wurde ebenso wie seine Gattin Margarethe auf dem Gemeindefriedhof in Lichtenau im Waldviertel beigesetzt.

Familie

Am 13. August 1927 hatte Ehrhardt in Neuruppin Margarethe Viktoria Prinzessin zu Hohenlohe-Öhringen (1894–1976) geheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Die am 6. Mai 1929 in Wuthenow (Ortsteil der brandenburgischen Kreisstadt Neuruppin) geborene Marie-Elisabeth Gertrud Emma Zita und der am 15. November 1930 ebenso in Wuthenow geborene Hermann Georg. Sohn Hermann Georg heiratete am 23. Mai 1958 Hildegard Schulz in Rio de Janeiro und verstarb am 31. August 1991. Tochter Marie-Elisabeth verstarb am 17. April 2019 in einem Seniorenheim in Wien-Döbling.

Beförderungen

Auszeichnungen (Auszug)

Werke

  • Deutschlands Zukunft. Aufgaben und Ziele, 1921

Literatur

Fußnoten

  1. Gabriele Krüger: Die Brigade Ehrhardt, Hamburg 1971, ISBN 3-87473-003-4, S. 25 f.
  2. Manche Quellen berichten, er sei mit dem Charakter eines Kapitäns zur See entlassen worden.
  3. Vgl. Bericht des Reichskommissars für Überwachung der öffentlichen Ordnung vom 18.11.1923, BA, R 134/22