Meyer-Waldeck, Alfred
Alfred Wilhelm Moritz Meyer, seit April 1903 Meyer-Waldeck ( 27. November 1864 in Sankt Petersburg; 25. August 1928 in Bad Kissingen), war ein deutscher Offizier der Kaiserlichen Marine und der Vorläufigen Reichsmarine, zuletzt Vizeadmiral sowie Gouverneur des deutschen Schutzgebietes Kiautschou.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
- Besuch des Gymnasiums in Bonn und Heidelberg; Abitur zu Ostern 1883
- Zwei Semester Studium an der Universität Heidelberg
- 21.4.1884 Eintritt in die Marine als Kadett, Grundausbildung
- Zwei Auslandsreisen nach Westindien
- 1888 bis 1893 verschiedene Kommandos an Land und auf See
- Herbst 1893 bis 1895 kommandiert zum Oberkommando der Marine
- 1895 bis 1897 Dienst auf Torpedobooten
- 1898 bis 1899 zur Marine-Akademie kommandiert
- 1.5.1899 Ausreise nach Panama
- 9.6.1899 eingeschifft als Erster Offizier auf dem Kleinen Kreuzer „Geier“
- 6.4. bis 26.6.1901 Heimreise aus Tsingtau
- 29.9.1901 bis 29.1.1905 im Admiralstab der Marine
- 1905 sechs Monate Erster Offizier (I.O.) auf dem S.M. Linienschiff „Wettin“
- 28.9.1905 bis 29.9.1908 Erster Admiralstabsoffizier (I. AStO) beim Stab des I. Geschwaders auf dem Flaggschiff SMS „Wittelsbach“
- 30.9. bis 15.11.1908 Ausreise nach Tsingtau
- 16.11.1908 (ggf. 24.12.1908) bis 5.2.1911 Chef des Stabes des Gouvernements Kiautschou
- 23.1. bis 2.4.1909 und 21.2. bis 2.4.1910 in Vertretung des Gouverneurs Oskar Truppel
- 6.2.1911 Heimreise mit dem Zug über Sibirien, Ankunft im Reich am 22.2.1911
- danach zur Verfügung des Reichsmarineamtes
- 14.5.1911 erneute Ausreise nach Tsingtau; bis zu seinem Eintreffen vertrat ihn Kapitän zur See Wilhelm Höpfner (1868–1951; zuletzt Konteradmiral) als geschäftsführender Gouverneur
- 19./20.8.1911 Gouverneur des Pachtgebietes Kiautschou
- zugleich Chef der Militär- und Zivilverwaltung und Befehlshaber der Streitkräfte an Land
- 7. November 1914 gefangengenommen;
- im Lager Fukuoka (Gefangenen-Nr. 1635), später im Lager Narashino
- 25.3. bis 25.5.1920 Heimreise mit der „Nankai Maru“
Kiautschou
Als Nachfolger von Oskar von Truppel wurde Kapitän zur See Meyer-Waldeck am 19. August 1911 Gouverneur von Kiautschou. Als am 23. August 1914 die japanische Kriegserklärung an das Deutsche Kaiserreich erfolgte, kam es zur Belagerung von Tsingtau. Bereits am 14. August 1914 stellte Japan das Ultimatum Kiautschou am 15. September 1914 zu räumen. Der Gouverneur Meyer-Waldeck drahtete an den Kaiser:
- Einstehe für Pflichterfüllung bis zum Äußersten![1] bzw. Ausharre in Pflichterfüllung bis zum Äußersten!
Gegen die 4.500 bis 4.800 Mann starke Besatzung kämpften drei japanische Divisionen, das entsprach 60.000 Mann, unter General Kamio, ein japanisches Blockadegeschwader und 2.000 britische Marineinfanteristen. Erst nachdem die Munitionsvorräte verbraucht waren, mußten die deutschen Truppen am 18. November 1914 kapitulieren. Allein Gunther Plüschow entkam mit einer Etrich-Rumpler „Taube“ als einziger Deutscher aus Tsingtau, er führte dabei die letzten Depeschen des Gouverneurs und die Spitze der Bataillonsflagge des III. Seebataillons mit sich. 76 Schwerverwundete wurden an die Briten abgegeben, die zwar keine Gefangenen gemacht hatten, aber gegenüber Japan das Abstellen von Gefangenen gefordert hatten. Die meisten Gefangenen wurden im Dezember 1919 und im Januar 1920 entlassen.
Verabschiedung
Vizeadmiral Meyer-Waldeck wurde nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft in der Heimat am 25. Mai 1920 beurlaubt und am 31. August 1920 aus der Vorläufigen Reichsmarine verabschiedet. Von 1920 bis 1928 lebte er mit seiner Familie in Berlin.
Tod
Im Sommer erkrankte Vizeadmira a. D. Meyer-Waldeck und trat eine Kur in Bad Kissingen an, wo er jedoch im August 1928 verstarb. Seine Beisetzung fand im Familiengrab in Heidelberg statt.
Familie
Alfred war das achte von zehn Kindern. Sein aus dem Fürstentum Waldeck stammenden Vater war der Sprachwissenschaftler, Schriftsteller und Journalist Prof. Dr. phil. Clemens Friedrich Meyer (1824–1899), seine Mutter war Dorothea, geb. Bursy, Tochter des Medizinalinspektors von Kurland und Wirklichen Staatsrats Dr. med. Karl Gottlieb Heinrich Friedrich (von) Bursy[2] (1791–1870) und der Anna, geb. von Dieterichs ( 1853; Tochter von Johann Christian von Dieterichs, Chef der Artillerieschule in St. Petersburg).
Zu seinen Brüdern gehörten der Kunstmaler Kunz Meyer-Waldeck und der Dramaturg Wolfgang Alexander Meyer-Waldeck, der wiederum der Vater der Architektin Wera Meyer-Waldeck war. Außerdem hatte er mindestens drei Schwestern, von denen Gabriele mit dem Germanisten Wolfgang Schlüter, Lisbeth mit dem baltendeutschen Historiker Richard Hausmann und Käthe mit dem baltendeutschen Arzt und Professor für spezielle Pathologie und Klinik Karl Dehio verheiratet waren.
Clemens Friedrich Meyer
Clemens Friedrich Meyer (Pseudonyme: Friedrich Montan, Friedrich Meyer von Waldeck), Sohn eines Lederfabrikanten, besuchte 1837/38 das Gymnasium in Wetzlar. Um Bergwissenschaft zu studieren, besuchte er dann die polytechnische Schule in Kassel und ab 1840 die Clausthaler Bergakademie. Ohne Abschluß ging er nach Berlin, wo er am Köllnischen Gymnasium die Maturitätsprüfung bestand. An der Universität Berlin studierte er ein Jahr Naturwissenschaft und dann Deutsche Sprache und Literatur; 1845 wurde er zum Dr. phil. promoviert. Da der Vater verarmte, konnte er vorerst nicht habilitieren und mußte seinen eigenen Lebensunterhalt erwerben. Er ging als Hauslehrer nach Kurland zu einem Freiherr von Recke nach Neuenburg und danach zu Graf Medem in Alt-Autz.
Um in russische Staatsdienste eintreten zu können, zog er nach Dorpat und erwarb ein Zeugnis eines Oberlehrers der Deutschen und Lateinischen Sprache. Kurzzeitig ersetzte er einen erkrankten Freund als Leiter einer Knabenschule in Mitau. 1851 siedelte er nach Sankt Petersburg um, wo er im Mai 1852 als Chefredakteur der dortigen „Deutschen Zeitung“ angestellt wurde. 1859 pachtete er die Zeitung und war Herausgeber. 1865 begann im Kaiserreich Rußland der Kampf zwischen dem Deutschtum und Russentum, wobei Prof. Dr. Meyer zu vermitteln suchte. 1874 kehrte er nach Deutschland zurück und ließ sich, nach einer kurzen Episode in Bonn, schließlich in Heidelberg nieder. An der dortigen Universität konnte er 1880 seine Habilitation nachholen und unterrichtete zunächst als Privatdozent, ab 1885 dann als Honorarprofessor.
Ehe
Am 11. Oktober 1898 heiratete Kapitänleutnant Meyer-Waldeck seine aus Spandau stammende Verlobte Johanna Margarete Ney (1880–1964) in Kiel, wo auch ihr Sohn und ihre beiden Töchter geboren wurden:
- Hans (1902–1965)
- Vater von Klaus Meyer-Waldeck und Irina Straub-Meyer-Waldeck
- Hertha (1906–1919)
- Dagmar (1908–2005; Dr. med.) ∞ 12. April 1933 Dr. med. Hans Joachim Storz[3] (1906–1990), geschieden 1960; ∞ Kurt Frowein
Beförderungen
- 21. April 1884 Kadett (Crew 84)
- 16. April 1885 Seekadett
- 16. April 1887 Unterleutnant zur See ohne Patent
- 3. Oktober 1888 Patent erhalten
- 15. Dezember 1890 Leutnant zur See
- 12. April 1897 Kapitänleutnant
- 28. März 1903 Korvettenkapitän
- 15. Oktober 1907 Fregattenkapitän
- 27. Januar 1909 Kapitän zur See
- 30. Januar 1920 gleichzeitig zum Konteradmiral und zum Vizeadmiral befördert
- Konteradmiral mit Rangdienstalter vom 22. März 1915
- Vizeadmiral mit Rangdienstalter vom 27. Januar 1918
Auszeichnungen (Auszug)
- Roter Adlerorden, IV. Klasse
- Preußischer Kronenorden, IV. Klasse
- Zentenarmedaille, 1897
- China-Denkmünze für Kämpfer, 1901
- Preußischer Kronenorden, III. Klasse
- Roter Adlerorden, III. Klasse mit der Schleife [5]
- Preußisches Dienstauszeichnungskreuz [5]
- Komtur I. Klasse des Ordens Heinrichs des Löwen[5]
- Zweiter Grad des Ordens vom Doppelten Drachen, I. Klasse[5]
- Großkreuz des Chinesischen Ordens der Goldenen Ähre[5]
- Russischer Orden der Heiligen Anna, III. Klasse[5]
- Russischer Sankt-Stanislaus-Orden, II. Klasse[5]
- Preußischer Kronenorden, II. Klasse am 6. Juni 1912[5]
- Großkreuz des Franz-Joseph-Ordens[5]
- Eisernes Kreuz (1914), II. und I. Klasse
- Militärverdienstorden (Bayern), II. Klasse mit Schwertern
Verweise
- Alfred Meyer-Waldeck, kurzer Lebenslauf
- Meyer-Waldeck, Alfred (1864–1928), Gouverneur, tsingtau.org (archiviert)