Musikkorps der Leibstandarte-SS „Adolf Hitler“
Das Musikkorps der Leibstandarte-SS „Adolf Hitler“ war das am 4. August 1933 gegründete Orchester der Leibstandarte „Adolf Hitler“. Zuletzt hatte die Kapelle eine Sollstärke von 108 Musikern, wenngleich eine tatsächliche Stärke von 96 Mann.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Im Sommer 1933 waren die Grundlagen für die entstehende Leibstandarte gebildet worden. Was zur Entstehung eines Musikzuges geführt hat, ist nicht genau bekannt. So soll der Kommandeur der LAH den späteren Obermusikmeister der LAH den in einer SA-Kapelle musizierenden Hermann Müller angesprochen haben und ihn für die Aufstellung eines Musikzuges geworben haben. Tatsächlich ist dann in der zweiten Jahreshälfte 1933 ein Musikzug von planmäßig 36 Mann entstanden. Nach einem Foto aus dieser Zeit waren es aber 42 Musiker unter der Leitung von Hauptsturmführer Hermann Müller-John.
Bei der notwendigen Ausbildung ging es um die Grundbegriffe ohne Ausbildung mit der Waffe. Schon im Dezember 1933 wurde im Sportpalast ein Konzert mit einem Chor ausgeführt. Bis zum Sommer 1934 war der Musikzug in der LAH verschiedenen Dienststellen unterstellt. Mit dem Befehl zur Verstärkung auf 72 Musiker erfolgte dann die Unterstellung beim I. Bataillon. Durch Inserate in den Fachzeitungen sind Musiker aus dem Reichsgebiet angeworben worden. Aus über 200 Bewerbungen wurden 30 Musiker gefunden, die den Ansprüchen in musikalischer und gesundheitlicher Form entsprachen.
Zur Grundausbildung wurden diese Musiker nach Jüterbog einberufen und Ende Oktober nach Berlin-Lichterfelde verlegt. Nach erfolgter Einkleidung und Zuteilung eines Instrumentes war Anfang November die Fahrt zur Vereidigung am 8./9. November vor der Feldherrnhalle in München. Im Dienstbetrieb wurde nur der Begriff Musikzug (MZ) verwendet, dagegen war bei öffentlichen Auftritten nur vom Musikkorps die Rede.
Was bei einer Kompanie der Stabsscharführer (Spieß) ist, ist bei der Musik der Korpsführer. Der Korpsführer ist der Stellvertreter des Musikmeisters, er ist für viele Dinge verantwortlich, hat Proben des Musikzuges zu leiten u. ä. Im LAH- Musikzug war der erste Korpsführer Willy Ohde. Zwischen ihm und Müller-John kam es zu Differenzen, wahrscheinlich auf musikalischem Bereich. Ein solch gespanntes Verhältnis war für den musikalischen Werdegang des Musikzuges nicht vorteilhaft. Vermutlich hat Sepp Dietrich ein Machtwort sprechen müssen und Willy Ohde ist bereits 1934 aus dem Musikzug ausgeschieden.
Nun bekam der Musikzug zwei Korpsführer! Für die militärische Ausbildung und die Schreibstube war Franz Reif verantwortlich, die musikalische Vertretung des Musikmeisters übernahm Stradi Schulz. Als guter Musiker hatte Franz Reif nicht das Talent als Vertreter des Musikmeisters und Stradi Schulz war angeblich für die notwendige Zucht und Ordnung nicht „stramm” genug. Als Rechnungsführer war auch Stradi Schulz vorbildlich.
Die wiederholten Versuche, die Musiker zusätzlich im Nachrichtendienst oder in der Sanitätseinheit auszubilden, waren nicht erfolgreich. Der Dienstplan des Musikzuges hat eine kontinuierliche Ausbildung nicht zugelassen. Auch war die Begeisterung der Musiker für diese zusätzliche Ausbildung nicht besonders.
Ein Ausbildungsmarsch der LAH von rund 200 Kilometern um Berlin war auch für die Musiker befohlen. Es wurde marschiert und in bewohnten Gegenden wurde auch musiziert. Erstmals wurde bei diesem Marsch statt der schwarzen Uniform feldgrau getragen.
Die täglichen Gesamtproben am Vormittag wurden überwiegend von Müller-John durchgeführt, nachmittags waren Einzel- oder Gruppenübungen angesetzt. Dazu kam Spind- und Kleider-Appell, das Revier reinigen und was sonst noch ein Soldaten- und besonders Musiker-Herz erfreute. Auf- und Abmarsch mit einer zu stellenden Ehrenkompanie, das Ein- und Ausschwenken des Musikzuges mit einem Spielmannszug wurde geübt bis nichts mehr zu tadeln war.
Angenehme Abwechslung waren die Konzerte aller Art. Ob es Rundfunksendungen oder Schallplattenaufnahmen oder Werkkonzerte -waren, Nachmittagskonzerte im Zoo, Filmaufnahmen in Babelsberg, Automobil-Ausstellung, Film- und Presseball - immer war das Musikkorps gern gesehen und gehört. Konzertreisen nach Königsberg, ins Rheinland, nach Westfalen und Niedersachsen sowie Lausitz waren im Jahresprogramm. Zu den Bayreuther Festspielen wurden die Gäste mit besonderen Fanfarenklängen begrüßt. Die anfallenden Honorare wurden einer eigenen Kasse zugeführt; wenige Prozente mußten an die LAH abgeführt werden, alles andere wurde an die an den einzelnen Veranstaltungen beteiligten Musiker abgeführt. Der Chef erhielt drei Anteile und die Musiker ohne Rücksicht auf Dienstgrad ein Anteil. Nicht immer konnte das gesamte Musikkorps auftreten, eine gerechte Einteilung hat keinen benachteiligt.
Bei der Rückkehr des Saargebietes in das Reichsgebiet am 1. März 1935 war das Musikkorps mit einigen Kompanien in Saarbrücken. Die Reichsparteitage in Nürnberg waren für das Musikkorps mit der jeweilig zu stellenden Ehrenkompanie ein ständiger Einsatz. Zu einer Seereise mit dem MS „St. Louis” war von der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude” im Sommer 1936 eine Besetzung von rund 30 Musikern eingeladen worden. Von Hamburg durch den Kanal nach Lissabon und Funchal auf Madeira und wieder zurück ist für die Beteiligten ein großes Reiseerlebnis gewesen.
Nach einer Konzertreise im Rheinland im Juli 1936 wurde auf der Rückfahrt in der Nähe von Magdeburg der Omnibus von einem schleudernden Lastwagen seitlich aufgerissen. Vier Kameraden wurden tödlich verletzt, einige weitere Kameraden kamen mit mehr oder weniger schweren Verletzungen davon. Zu der Trauerfeier im Hof ihrer Kaserne in Lichterfelde war auch Adolf Hitler gekommen. Die so tragisch ums Leben gekommenen Kameraden wurden nach der Trauerfeier in ihre Heimat überführt und dort beigesetzt.
Die im Reichsgebiet durchgeführten Konzertreisen waren bis dahin von einem privaten Organisator durchgeführt worden. Auf Grund nicht näher bekannten Unstimmigkeiten sollte in Zukunft auf Privatpersonen bei der Durchführung der Konzertreisen verzichtet werden. Mit der Planung weiterer Konzertreisen wurde der Sturmmann Weissenborn beauftragt. In Verhandlungen mit der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude” (Reichsleitung) wurde ein Plan für zukünftige Reisen in die einzelnen Gaue festgelegt.
Ostmark und Sudetenland
Das Musikkorps war bei der Heimkehr Österreichs dabei, später auch beim Einsatz im Sudetenland.
Zweiter Weltkrieg
Es folgten nach Kriegsbeginn der Einsatz in Polen. Während des Polenfeldzugs im Jahre 1939 wurde der Bus mit den Musikern des MK aus mehreren Häusern beschossen, als er auf einem Dorfplatz haltmachte. Es gab Tote und Verwundete unter den Musikern, worauf SS-Hauptsturmführer Hermann Müller-John einigen Männer des Musikkorps befahl die Häuser zu durchsuchen. Ca. 50 Polen, darunter auch einige Juden, bei denen man Waffen und Munition fand, wurden dabei erschossen. Es gab eine Untersuchung des Vorfalls, angeordnet vom den Oberbefehlshabern der Heeresgruppe Süd von Rundstedt und von Reichenau. Müller-John wurde vom Militärgericht für schuldig befunden, sich gewehrt zu haben. Sepp Dietrich setzte sich daraufhin für Müller-John ein, der sich allerdings selbst als schuldig im Sinne der Anklage ansah.
Danach war ihr Einsatz in Frankreich, in der Sowjetunion kam das Musikkorps bis Mariupol am Asowschen Meer und 1942 wieder ein Einsatz in Frankreich. Im Dezember 1942 war ein Groß-Konzert im „Trocadero” in Paris mit außergewöhnlichem Erfolg. Nach einem Weihnachtsurlaub begann am 6. Januar 1943 in Aachen eine längere Konzertreise bis Ende Februar durch die Gaue Köln-Aachen, Düsseldorf, Essen, Westfalen-Nord und Süd sowie Hessen- Nassau. Neben von KdF gestellten Bussen wurde überwiegend die Reichsbahn in Anspruch genommen. Einer längeren Pause in Berlin folgten wieder Konzerte in Solingen, wiederum Köln, Pforzheim und Karlsruhe und Abstecher nach Hamburg und Glücksburg.
Im September 1943 kam ein Marschbefehl mit Ziel Innsbruck, die Unterbringung war in zwei großen stillgelegten Hotels. In diese Zeit fiel die Befreiung Mussolinis durch die Einheit Skorzeny. Bei einem Aufenthalt auf dem Hafelekar wurden die Musiker von dem dort anwesenden Otto Skorzeny über die Befreiungsaktion unterrichtet.
Neuer Einsatzort war im Oktober Meran in Südtirol. Von der veränderten Situation durch den Abfall Italiens war oberflächlich hier wenig zu spüren. Für die Musiker war der Kurort Meran zu einer „Kur” geworden. Einquartiert im Hotel Cremona „Ritz” und die Möglichkeit der schönen Umgebung, dazu außer wenigen Proben fast immer Dienstfrei. Müller-John war in dieser Zeit mit der Rekrutierung von jungen Musikern im Reichsgebiet beschäftigt, um den Auftrag von Sepp Dietrich zur Aufstellung eines Musikkorps für die geplante „HJ”-Division zu erfüllen. Unter der Leitung von Hauptscharführer Weissenborn wurde im Kursaal Meran am 6. November 1943 ein Konzert von über 100 Musikern und einem ausgewählten Programm durchgeführt. Vom in Meran liegenden Korpsstab mit Sepp Dietrich an der Spitze wurde dieses Konzert mit viel Beifall und Anerkennung bedacht.
Anfang Dezember wurde die Verlegung nach Belgien befohlen. Nach mehreren Tagen und Nächten im Eisenbahn-Transport wurde Antwerpen erreicht. Für längere Zeit war Lommel der Unterkunftsort, der Frontlage entsprechend war an Konzerte nun nicht mehr zu denken. Ohne Wissen von Sepp Dietrich war das Musikkorps zeitweilig aufgelöst worden, diese Unterbrechung war vorübergehend. Im Raum Minden wurde im September/Oktober 1944 Quartier bezogen, erneute Verlegung erfolgte im November nach Wehe bei Rahden und zeitweise Unterstellung beim Regiment Peiper. Im Januar 1945 wurde in den Raum Siegburg verlegt und im Februar nach Beidl in der Oberpfalz.
Es sollten vom Musikkorps der LAH und „HJ” Musiker zur Aufstellung eines neuen Musikkorps in Berlin in Marsch gesetzt werden. Unter Leitung von Hauptscharführer Hopf sind diese Musiker nach Lichterfelde gefahren, ob es zu einem musikalischen Einsatz je gekommen ist, ist nicht bekannt und auch sehr unwahrscheinlich (Februar 1945).
Anfang April 1945 war das Ende für ein einmaliges Musikkorps gekommen. Instrumente, Noten, Uniformen, alle Unterlagen der Schreibstube mußte ein Nachkommando in Beidl in einer Scheune einlagern, alles wurde beim Einmarsch der VS-Amerikaner von diesen wahrscheinlich geplündert. Was nicht zum Nachkommando gehörte, hatte den Marschbefehl in den Raum St. Pölten. Wer wann und bei welcher Einheit eingesetzt wurde, ist nicht bekannt geworden.
Das Nachkommando von ungefähr 10 Musikern mit Hermann Müller-John an der Spitze erhielt einen Marschbefehl nach Söll/Tirol. Ebenso erging es dem Nachkommando vom „HJ”-Musikkorps mit Hauptscharführer Weissenborn. In oder bei Söll war eine Wehrmachtseinheit, dieser wurden die Musiker unterstellt. Gegen Ende April wurde nochmals verlegt nach St. Johann oder Hopfgarten, Unterkunft war eine frühere Arbeitsdienst-Baracke. In Söll blieb zurück Müller-John und wohl im Einverständnis mit der befehlenden Wehrmachtseinheit. Die in Söll anwesende Ehefrau und Tochter von Müller-John, mit denen er sich dann zusammen das Leben nahm, sind wohl der Grund für diese Entscheidung gewesen.
Am 7. Mai 1945 wurde das Nachkommando verständigt, daß am folgenden Tag die Kapitulation der Wehrmacht erfolgen solle. Vorhandene Waffen sollten bis 22 Uhr abgegeben werden und alles weitere sei abzuwarten. Von den im Raum St. Pölten eingesetzten Musikern sind einige gefallen. Alle anderen sind in Gefangenschaft geraten und nach unterschiedlicher Zeit erst entlassen worden.
Angehörige des Korps (Auswahl)
- Straubel, Gerhard - Schellenbaumträger (über zwei Meter groß)
- Müller-John, Hermann - Leibstandarten-Obermusikdirektor, SS-Hauptsturmführer
- Weissenborn, Gustav - stellvertretender Musikdirektor, SS-Hauptscharführer
Siehe auch
Quelle
- Nach einem Gespräch mit Gustav-Adolf Weissenborn (1993)