Rundstedt, Gerd von
Karl Rudolf Gerd von Rundstedt ( 12. Dezember 1875 in Aschersleben; 24. Februar 1953 in Hannover) war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee (u. a. in Hessen, zuletzt Hauptmann), des Deutschen Heeres (zuletzt Major), der Reichswehr (zuletzt General der Infanterie und Oberbefehlshaber des Gruppenkommandos I in Berlin) und der Wehrmacht, zuletzt Generalfeldmarschall, Oberbefehlshaber West und Schwerterträger im Zweiten Weltkrieg.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Gerd von Rundstedt wurde am 12. Dezember 1875 als Sohn eines preußischen Offiziers in Aschersleben geboren. Mit 12 Jahren kam er auf die Kadettenschule Oranienburg, machte 1892 seine Primareife an der Preußischen Hauptkadettenanstalt und wurde noch vor seinem 18. Geburtstag Leutnant der königlich-preußischen Infanterie.
Er trat am 22. März 1892 als Fähnrich dem Infanterie-Regiment „von Wittich“ (3. Kurhessisches) Nr. 83 bei und wurde am 24. März 1909 als Hauptmann in den Generalstab versetzt. Als Generalstabsoffizier fand von Rundstedt, nach kurzem Frontdienst als Kompaniechef, während des ganzen Ersten Weltkrieges Verwendung im In- und Ausland.
Zwischenkriegszeit
Nach dem Kriege war er in der Reichswehr Chef des Stabes der 3. Kavallerie-Division (1920), Oberst und Kommandeur des Inf. Reg. 18 (1923) und seit 1929 Kommandeur der 2. Kavallerie-Division. Am 1. Januar 1932 erhielt er die 3. Infanterie-Division in Berlin. Als am 20. Juli 1932 der Reichskanzler Franz von Papen zum Reichskommissar für Preußen ernannt wurde und den Ausnahmezustand erklärte, wurde an von Rundstedt als den zuständigen Militärbefehlshaber die vollziehende Gewalt übertragen.
Im Oktober 1938 führte er als Generaloberst die Gruppe IV beim Einmarsch in das Sudetenland. Wie alle hohen Generale hatte auch von Rundstedt vorher von einer gewaltsamen Lösung abgeraten. Anschließend nahm von Rundstedt auf eigenen Wunsch den Abschied und ging in den Ruhestand.
Zweiter Weltkrieg
Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges führte zu seiner Reaktivierung. Er befehligte zunächst in Polen und Frankreich und der Ukraine eine Heeresgruppe.
Am 19. Juli 1940 erhielt er nach erfolgreicher Heerführung beim Westfeldzug den Marschallstab. 1942 wurde er endgültig Oberbefehlshaber West, Ende 1944 leitete er die deutsche Ardennenoffensive.
- „Soldaten der Westfront, Eure große Stunde hat geschlagen! Starke Angriffsarmeen sind heute gegen die Anglo-Amerikaner angetreten. Mehr brauche ich Euch nicht zu sagen, Ihr fühlt es alle, es geht ums Ganze! Tragt in Euch die heilige Verpflichtung, alles zu geben und Übermenschliches zu leisten für unser Vaterland und unseren Führer!“ — Tagesbefehl des Oberbefehlshaber West, Generalfeldmarschall von Rundstedt zu Beginn der Ardennenoffensive Dezember 1944
Nach endgültigem Scheitern des Unternehmens „Wacht am Rhein“ wurde der Generalfeldmarschall im März 1945 entlassen.
Kriegsgefangenschaft
Am Kriegsende wurde von Rundstedt am Abend des 1. Mai 1945 gemeinsam mit seinem Sohn Leutnant Dr. Hans-Gerd von Rundstedt in Bad Tölz von VS-amerikanischen Truppen gefangengenommen. Hier war er erkrankt und befand sich mit seiner Gattin „Bila“ und ein paar Getreuen seines Stabes in der dortigen Kurklinik. Nach intensiven Verhören in Luxemburg und Wiesbaden kam er später in britische Kriegsgefangenschaft.
Der Generalfeldmarschall wurde in verschiedenen englischen Gefangenenlagern herumgezerrt und ein „Kriegsverbrecherprozeß“ gegen ihn vorbereitet. Zuerst ab Juli 1945 Kriegsgefangenenlager Trent Park bzw. Wilton Park, ab Oktober 1945 Camp 1 Grizedale Hall, anschließend ab Januar 1946 Special Camp 11/Speziallager XI, zuletzt ab Mai 1948 Camp 231[1]).
Im Dezember 1947 wurde er aus humanitären Gründen von den Briten beurlaubt und durfte seinen Sohn, der im Sterben lag, im Krankenhaus besuchen. Zu Weihnachten sah er seine Frau zum ersten Mal seit Mai 1945 und konnte endlich seine Enkelkinder umarmen, die er seit 1941 nicht mehr gesehen hatte. Er mußte nach England zurückkehren und wurde dann, ebenfalls krankheitsbedingt, im Juli 1948 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen.
Nachkriegszeit
Er kehrte zu seiner Frau zurück und lebte in Hannover. Die Familie war verarmt und vereinsamt; sie hatte im Krieg alles verloren. Als General der Infanterie a. D. Günther Blumentritt und der Militärhistoriker Sir Basil Henry Liddell Hart dies erfuhren, initiierten sie eine Spendensammlung und unterstützten das Paar bis zu deren Ableben.
Lexikon der Wehrmacht
- „Gerd von Rundstedt trat 1891 in das preußische Kadettenkorps ein. 1892 trat er dann als Fähnrich in das 3. kurhessische Infanterie-Regiment 83 in Kassel ein und wurde 1883 Offizier in der preußischen Infanterie. 1894 wurde er zum Leutnant befördert und an die Kriegsakademie kommandiert. 1909 wurde er Hauptmann im Generalstab, 1912 wurde er Kompaniechef des Kolmarer Infanterie-Regiments 171. Am Ersten Weltkrieg nahm er als Generalstabsoffizier in der Türkei und in Frankreich teil. 1919 wurde er in die Reichswehr übernommen, wo er im Jahr darauf zum Oberstleutnant und Chef des Stabs der 3. Kavalleriedivision in Weimar ernannt wurde. 1923 erfolgte die Beförderung zum Oberst. Ab 1925 war er Kommandeur des Infanterie-Regiments 18 in Münster. In den Jahren von 1927-1929 erfolgten die Beförderungen zum Generalmajor und zum Generalleutnant. Im Oktober 1932 wurde er Oberbefehlshaber des Gruppenkommandos 1 in Berlin und General der Infanterie. Von 1933-1938 war er im Generalstab in Berlin. Er war Befehlshaber des Wehrkreises III und wurde am 1. März 1938 zum Generaloberst befördert. Während der deutschen Besetzung des Sudetenlands führte er eine Heeresgruppe. Im November wurde Rundstedt aus der Wehrmacht verabschiedet, weil er gegen den Zeitpunkt des deutschen Einmarsches protestiert. Nach seiner Auffassung ist die Wehrmacht noch nicht kriegsbereit. Im Sommer 1939 wurde er und Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Süd, die er in Polen führte. Für die Erfolge seiner Heeresgruppe wurde er am 30. September 1939 mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet. Von Mai bis Juni 1940 war er während des Frankreichfeldzuges Rundstedt Oberbefehlshaber der Heeresgruppe A. Er führte den Vorstoß der Panzerkräfte durch die Ardennen bis zur Kanalküste und umklammerte dort alliierte Streitkräfte. Am 19. Juli 1940 wurde er zum Generalfeldmarschall befördert. Ab dem 22. Juni 1941 führte von Rundstedt die Heeresgruppe Süd in der Ukraine. […] Am 3. Dezember zog Rundstedt gegen Hitlers Befehl die Heeresgruppe aus taktischen Gründen aus Rostow zurück. Daraufhin wurde er von Hitler abberufen und durch Reichenau ersetzt. Im März 1942 wurde er reaktiviert und als Oberbefehlshaber West und Chef der Heeresgruppe D eingesetzt. Im August 1942 mißlang ein alliiertes Landeunternehmen bei Dieppe. […] Nachdem es nicht gelungen war, die alliierten Truppen im Juni 1944 von der Landung in der Normandie abzuhalten, mußte von Rundstedt den Posten des Oberbefehlshabers West an Generalfeldmarschall Hans Günther von Kluge abtreten. Am 21. Juli verließ von Rundstedt die Westfront. Er wurde Vorsitzender des ‚Ehrengerichts‘ (Ehrenhof des Deutschen Reiches), welches die in das Attentat vom 20. Juli verwickelten Offiziere aus der Wehrmacht ausschließt. Am 5. September wurde von Rundstedt wieder OB West. Über Wilhelm Keitel forderte von Rundstedt Hitler auf, den Krieg zu beenden. Im Winter 1944 gehörte er dem Planungsstab an, welcher die Ardennen-Offensive vorbereitete. Am 18. Februar 1945 wurde er mit den Schwertern ausgezeichnet. Am 3. März wurde er wegen Differenzen mit dem OKW über die Taktik der Ardennenoffensive und wegen des erfolgten Rheinübertritts amerikanischer Truppen bei Remagen erneut seines Kommandos enthoben. Im Mai wurde er von amerikanischen Truppen in Bad Tölz verhaftet und in britische Kriegsgefangenschaft übergeben. In Nürnberg fungierte er als Zeuge der Anklage in den OKW-Prozessen. Am 5. Mai 1949 wurde er wegen einer Herzerkrankung aus britischer Haft entlassen.“[2]
Tod
Generalfeldmarschall a. D. Karl Rudolf Gerd von Rundstedt verstarb am 24. Februar 1953 in Hannover.[3] Zu seiner Aufbahrung in Paradeuniform und seiner Beisetzung mit militärischen Ehren kamen über 2.000 Trauergäste aus dem In- und Ausland. Er ruht in einem Gemeinschaftsgrab mit seiner Gattin auf dem Stadtfriedhof Stöcken.[4]
Familie
Karl Rudolf Gerd war der Sohn des Generalmajors Gerd Arnold Konrad von Rundstedt ( 19. Februar 1848 in Berlin; 4. Januar 1916 in Heikendorf) und dessen Gemahlin Adelheid Eleonore, geb. Fischer (1856–1925). Am 22. Januar 1902 heiratete Leutnant von Rundstedt seine aus Colmar (Reichsland Elsaß-Lothringen) stammende Verlobte Luise „Bila“ Agathe Marie von Götz (1878–1952), Tochter des Majors Georg Friedrich Christoph von Götz und der Luise Marie, geb. Freiin von Schlotheim. Aus der Ehe ist Sohn Hans-Gerd entsprossen.
Sonstiges
Als Chef seines Infanterieregiments trug von Rundstedt während des Zweiten Weltkrieges traditionsgemäß überwiegend die Offizierskragenspiegel in der Waffenfarbe Weiß sowie die Regimentsnummer „18“ zusätzlich auf den weiß (nicht rot) unterlegten Schulterstücken. In dem Kriegsfilm Der längste Tag (The Longest Day, 1962) wurde er von Paul Hartmann dargestellt. Im Film Die Brücke von Arnheim verkörperte Wolfgang Preiss von Rundstedt.
Beförderungen
- 1890 Preußischer Kadett
- Kadettenanstalt Oranienstein
- Preußische Hauptkadettenanstalt Groß-Lichterfelde: 1892 Primareife
- Fähnrich: 22. März 1892
- Infanterie-Regiment „von Wittich“ (3. Kurhessisches) Nr. 83 in Kassel
- Kriegsschule Hannover
- Leutnant (Sekondeleutnant): 17. Juni 1893
- Oberleutnant: 12. September 1902
- Hauptmann: 24. März 1909
- Major: 28. November 1914
- Oberstleutnant: 1. Oktober 1920
- Oberst: 1. Februar 1923
- Generalmajor: 1. November 1927
- Generalleutnant: 1. März 1929
- General der Infanterie: 1. Oktober 1932
- Generaloberst: 1. März 1938
- Generalfeldmarschall: 19. Juli 1940
Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)
Kaiserreich
- Kaiser Wilhelm I. Erinnerungsmedaille 1897
- Kronenorden IV. Klasse[5]
- Roter Adler-Orden, IV. Klasse
- Ritterkreuz des Hausordens vom Weißen Falken[5]
- Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse[5]
- Ritterkreuz des Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausordens[5]
- Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern
- Waldecksches Verdienstkreuz, IV. Klasse
- Schwarzburgisches Ehrenkreuz, III Klasse
- Kgl. Bayer. Militär-Verdienstkreuz, I. Klasse
- Kgl. Bayer. Militär-Verdienstorden, IV. Klasse mit Schwertern
- Bayerischer Militärverdienstorden IV. Klasse mit Schwertern und mit Krone[5]
- Ritterkreuz des Albrechtsordens, I. Klasse mit Schwertern[5]
- Lippisches Kriegsverdienstkreuz[5]
- Waldeckesches Verdienstkreuz, IV. Klasse[5]
- Österreichisches Militärverdienstkreuz III. Klasse mit der Kriegsdekoration[5]
- Eiserner Halbmond[5]
- Königlich Preußisches Dienstauszeichnungskreuz
Drittes Reich
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
- Wehrmacht-Dienstauszeichnung IV. bis I. Klasse
- Eichenlaub zur Wehrmacht-Dienstauszeichnung I. Klasse
- Großkreuz des kgl. Ungar. Verdienstorden am 11. August 1937
- Großkreuz des Ordens der Krone von Italien am 7. Juni 1938
- Kgl. Jugoslw. Heisen-Orden, II. Klasse am 6. Juli 1938
- Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938
- Wiederholungsspange (1939) zum Eisernen Kreuz II. und I. Klasse (1914)
- II. Klasse am 16. September 1939
- I. Klasse am 21. September 1939
- Militärorden „Michael der Tapfere“ III. bis I. Klasse
- III. und II. Klasse am 19. September 1941
- I. Klasse am 1. September 1942
- Ernennung zum Chef des Infanterie-Regiments 18 in Bielefeld am 4. November 1938
- Namentliche Nennung im Wehrmachtbericht am 6. und 8. August 1941; 19. September 1941; 11. und 12. Oktober 1941; 10. September 1943
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub und Schwertern[6]
- Ritterkreuz am 30. September 1939 als Generaloberst und OB der Heeresgruppe Süd (Aushändigung des Ritterkreuzes durch Adolf Hitler)
- Eichenlaub am 1. Juli 1944 (519. Verleihung) als Generalfeldmarschall und OB West
- Schwerter am 18. Februar 1945 (133. Verleihung) als Generalfeldmarschall und OB West
Literatur
- Das Deutsche Führerlexikon, Otto Stollberg G.m.b.H., Berlin 1934
Fußnoten
- Geboren 1875
- Gestorben 1953
- Deutscher Adliger
- Deutscher Generalfeldmarschall
- Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe (Heer der Wehrmacht)
- Oberbefehlshaber West (Wehrmacht)
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Person im Zweiten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- General der Infanterie (Reichswehr)
- Kommandeur der 3. Division (Reichswehr)
- Major (Preußen)
- Träger des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub und Schwertern
- Träger des Hausordens von Hohenzollern
- Träger des Bayerischen Militärverdienstordens (IV. Klasse)
- Träger des Eisernen Halbmondes
- Träger des Militärordens „Michael der Tapfere“
- Träger des Preußischen Königlichen Kronenordens 4. Klasse
- Träger des Albrechts-Ordens (Ritter 1. Klasse)
- Träger des Ordens der Krone von Italien (Großkreuz)
- Träger des Österreichischen Militärverdienstkreuzes III. Klasse
- Träger des Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausordens (Ritter II. Klasse)
- Träger des Hausordens vom Weißen Falken (Ritter II. Klasse)
- Kriegsgefangener
- Zeuge beim Nürnberger Tribunal
- Erwähnung im Wehrmachtbericht