Schlacht von Jassy

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Die Schlacht von Jassy oder Pruth-Schlacht vom 20. bis 29. August 1944 war die sowjetische Sommeroffensive und in etwa vergleichbar mit der Schlacht von Stalingrad. Die neu aufgestellte 6. Armee geriet hier in Rumänien am Pruth erneut zwischen eine sowjet-bolschewistische Zangenbewegung. Die Rote Armee marschierte am 29. August 1944 in Ploesti, am 30. August 1944 in Konstanza und am 31. August 1944 in Bukarest ein. Der sowjetische Angriffserfolg und der rumänische Waffenverrat führte zur Eroberung Rumäniens und zur kampflosen Besetzung Bulgariens Anfang September 1944. Die deutsche Besetzung Rumäniens im Rahmen des geplanten Unternehmens „Margarethe II“ fand nicht mehr statt.

Kessel von Jassy-Kischinew.jpg

Erläuterung

Nachdem Ende August 1944 der sowjetische Vormarsch vor Warschau zum Schluß der Operation Bagration zu einem vorläufigen Stillstand gekommen war, verlagerte das sowjetische Oberkommando den Schwerpunkt seiner Angriffsoperationen nach Süden. Innerhalb von fünf Tagen – vom 20. bis zum 25. August 1944 – vernichtete die Rote Armee in Rumänien das Gros von 19 Infanterie-Divisionen, einer Panzer- und einer Panzergrenadierdivision. 100.000 bis 150.000 deutsche Soldaten fielen (bei Stalingrad: 80.000), 106.000 bis 200.000 Landser gerieten in Kriegsgefangenschaft (bei Stalingrad: 108.000); weitere 80.000 deutsche Soldaten blieben verschollen.

Stärke

Rumänien wurde von der Armeegruppe „Moldau“ (8. Armee und rumänische 4. Armee unter General Wöhler) und Armeegruppe „Bessarabien“ (6. Armee und rumänische 3. Armee unter Generaloberst Dumitrescu) mit einer Truppenstärke von 21 deutschen und 23 rumänischen Divisionen (zumindest auf dem Papier) verteidigt. Die Heeresgruppe Südukraine hatte den Befehl, die Erdölfelder Rumäniens zu sichern. Nach der Vernichtung der Heeresgruppe Mitte im Juni/Juli 1944 wurden im Abschnitt der Heeresgruppe Südukraine keine größeren Offensiven der Roten Armee vermutet, das OKW ging sogar von einem Kräfteabzug der sowjetischen Truppen aus. Am Vorabend des Großangriffes verfügte die Heeresgruppe über nur drei gepanzerte Einheiten: Die 1. rumänische gepanzerte Division, die 13. Panzer-Division unter Generalleutnant Hans Tröger und die 10. Panzergrenadier-Division unter Generalleutnant August Schmidt. Nach kurzen Gefechten stand die deutsche Panzerwaffe der feindlichen 1:20 gegenüber.

Deutsche Heerestruppen

  • 400.000-450.000 Mann, ungefähr 30 Divisionen (Berichte von 40 Divisionen oder mehr auf dem Papier sind reine Spekulation); die Heeresgruppe war nach den Kämpfen im Frühsommer schon stark dezimiert. Die Heeresgruppe verfügte über 170 Panzer und 800 Flugzeuge, nach Abfall des Waffengefährten Rumänien am 23. August dezimierte sich diese Zahl auch stark.

Rumänien

400.000-450.000 Mann

Sowjetunion

1.314.200 Mann, 16.000 Geschütze, 1.870 Panzer und 2.200 Flugzeuge

Verlauf

Noch Mitte Juni 1944 gingen Hitler, das Hauptquartier und die Abteilung „Fremde Heere Ost“ davon aus, daß der Schwerpunkt der sowjetischen Sommeroffensive bei Kovel ansetzen würde.

Die deutsch-rumänische Heeresgruppe „Südukraine“ (vorher Heeresgruppe A, später Heeresgruppe Süd), die seit dem 25. Juli unter dem Oberbefehl von Generaloberst Hans Frießner stand, stellte zu jenem Zeitpunkt noch eine schlagkräftige Streitmacht dar. 929.000 Rotarmisten standen 360.000 Deutschen und ebenso vielen Rumänen in der Heeresgruppe Südukraine gegenüber. Die Kriegsfront hatte eine Länge von 900 km und spannte sich wie ein Bogen von den Ostkarpaten an der linken Flanke über Jassy, Kischinew, Tiraspol bis zum Schwarzen Meer an der rechten Flanke.

Der Angriff wurde mit einem zweistündigen Trommelfeuer eingeleitet. Wegen der Trockenheit des Lößbodens entstand eine undurchsichtige Staubwolke über der Hauptkampflinie, die jede Beobachtung verhinderte. Die Sowjet-Bolschewisten durchstießen die mehrere hundert Kilometer lange Frontlinie nur an wenigen schmalen Stellen. Gezielt wurden dafür jene Frontabschnitte ausgesucht, an denen die wenig kampfkräftigen rumänischen Einheiten lagen. Dieses Wissen kann nur auf Verrat von deutscher oder rumänischer Seite zurückzuführen sein.

Die Durchbruchstellen waren wegen der stark befestigten Verteidigungsstellungen nur 5 bis 8 Kilometer breit. Letzte Hoffnung war, daß die Einbrüche an den Nahtstellen zwischen den rumänischen und den deutschen Einheiten doch noch abgeriegelt werden konnten. Auf der Höhe nordwestlich von Letcani ließen die Rumänen bolschewistische Panzer und Lastkraftwagen mit aufgesessener Infanterie friedlich passieren. Die 3. rumänische Infanteriedivision trat befehlswidrig nur mit geringen Teilen zum Gegenangriff an. Die mit deutschen Panzern ausgerüstete 1. rumänische Panzerdivision setzte sich mit unbekanntem Ziel ab, und auch der Kommandeur der 21. rumänischen Division war unauffindbar.

Und am 23. August 1944, mitten in der Schlacht, vollzogen die Rumänen, was sie seit Monaten in Geheimkontakten mit Russen, Amerikanern und Engländern vorbereitet und nach der Normandie-Invasion vom 6. Juni und dem Beginn der Russen-Offensive im Mittelabschnitt der Ostfront am 22. Juni verstärkt betrieben hatten: Der 22jährige König Michael kündigte das Bündnis mit den Deutschen und schloß einen Waffenstillstand mit den Alliierten. In der 654 Kilometer langen Front der Heeresgruppe Südukraine klaffte nun eine 267 Kilometer breite Lücke.[1]

Damit war die Südostfront verloren und Rumänien für die folgenden 45 Jahre dem Bolschewismus preisgegeben. Es folgten Jahre der Diskriminierung und Verfolgung der deutschen und deutschgesonnenen Menschen und die Deportation der arbeitsfähigen Frauen und Männer zur Zwangsarbeit in die sowjet-bolschewistischen Konzentrationslager.

Brandenburger

Das Fallschirm-Jäger-Bataillon „Brandenburg“ wurde im August 1944 beim Entsatz von Bukarest nach der feindlichen Operation Jassy-Kischinew eingesetzt. Eine kleine Einheit dieser Fallschirmjäger nahm den Bukarester Flughafen am 24. August um Mittag ein und konnte diesen gegen eine unvorstellbare Übermacht des Feindes, der von den Rümänen unterstützt wurden, die am 23. August waffenbruderverratend die Seiten gewechselt hatten. Um 19 Uhr kamen deutsche Truppen in zahlreichen Me 323 an, bis 21 Uhr war Flughafen und der eingekesselte deutsche Hauptbefehlsstand unter vollständiger deutscher Kontrolle. Brandenburger-Kommandos war es dagegen nicht gelungen, die Flugplätze in Boteni und in Tăndărei zu nehmen. Ziel war es, die inzwischen feindliche gewordene königlich-rumänische Luftwaffe auszuschalten.

Bukarest konnte jedoch nicht befreit werden, auch die Befreiung von Antonescu durch Otto Skorzeny und seine „Friedenthaler“ wurde fallengelassen, denn als die Kommandoführung herausfand, wo er sich befand, wurde dieser schon an die Sowjets übergeben und nach Moskau verschleppt. Der Feind hatte 20:1 Panzer und 3:1 Flugzeuge. Bei der Schlacht wurde die nach Stalingrad wieder aufgestellten deutsche 6. Armee großenteils zerschlagen, nachdem sie südwestlich von Kischinjow (Chișinău) in einen Kessel geraten war. Teile der 8. Armee konnten sich über die Karpaten nach Ungarn zurückziehen.

Ausgang

„Im Sommer 1944 verlief die Front im Süden zwischen den deutsch-rumänischen und den sowjetischen Verbänden vom Quellgebiet des Sereth an den Karpaten über den Sereth und den Pruth hinweg, an Jassy vorbei östlich Kischinew, entlang des Dnjestr bis zu dessen Mündung in das Schwarze Meer. Auf deutscher Seite stand die Heeresgruppe ‚Südukraine‘ mit der 6. und 8. deutschen Armee sowie der 3. und 4. rumänischen Armee. Ihr gegenüber massierte sich die II und III. ‚Ukrainische Front‘ mit insgesamt 7 Panzerkorps und 90 Schützendivisionen. Am 20. August 1944 brach der Sturm los. Die II ‚Ukrainische Front‘ trat zwischen Sereth und Pruth in Richtung Südwesten und Süden zum Angriff an, während die III. ‚Ukrainische Front‘ nach Westen vorstieß. Die ungeheure Überlegenheit des Gegners an Menschen und Material zeigt die Tatsache, daß bei dem einsetzenden Trommelfeuer auf die deutsch-rumänischen Stellungen auf einen Kilometer etwa 200 Rohre schossen. Bereits zwei Tage später, am 22. August 1944, war das Gros der unglücklichen 6. Armee am unteren Pruth eingekesselt, während die 8. Armee kämpfend in die Ostkarpaten auszuweichen versuchte. Am 24. August 1944 fiel Kischinew, die Sowjets stießen auf Focsani und längs der Küste auf Ismail und Galatz vor. Am gleichen Tag landeten sie in Constanza, der dortige deutsche U-Boot-Stützpunkt ging verloren. Am 30. August 1944 war Ploesti mit seinen Ölfeldern in sowjetischer Hand, und als am 31. August 1944 Bukarest eingenommen wurde, war das Schicksal Rumäniens (und mit ihm zugleich auch Bulgariens) besiegelt.“

Deutsche Verluste

Von den 400.000 bis 450.000 deutschen Rumänien-Kämpfern sind etwa 180.000-200.000 mit ziemlicher Gewißheit während der Kämpfe gefallen oder haben in Gefangenschaft den Tod gefunden haben, das ist nahezu die Hälfte. 100.000, vorwiegend Angehörige der schwer angeschlagenen 8. Armee, konnten sich zu den Karpathenpässen durchschlagen. Sie sind später in der ungarischen Tiefebene erneut in verlustreiche Kämpfe verwickelt worden. Das Kriegstagebuch der Heeresgruppe Südukraine, die inzwischen nur noch aus Reste der 8. Armee, der Armeegruppe „Fretter-Pico“ (6. Armee, 2. ungarische Armee) und dem XXIX. Armeekorps bestand, vermerkte am 5. September 1944:

„Es besteht keine Hoffnung mehr, daß sich noch irgendwelche geschlossenen Verbände durchschlagen werden. Es ist dies die größte Katastrophe, die die Heeresgruppe betroffen hat. Verloren sind 5 Korps-Stäbe und 18 Divisionen.“

Als vollständig vernichtet galten die 9., 15., 62., 76., 79., 106., 161., 257., 258., 282., 294., 302., 306., 320., 335. und 370. Infanterie-Divisionen.

Gefallene (Auswahl)

Bekannte, gefallene deutsche Soldaten während der Schlacht von Jassy:

Heimkehrer

Es gab etwa 80.000 (wobei allerdings unbekannt ist, wie viele in die Ostzone zurückgekehrt sind) die aus der Gefangenschaft zurückgekehrt sind (darunter viele Spätheimkehrer) und als „Rumänien-Kämpfer“ registriert werden konnten.

Weitere Verluste

Russische Garde-Schützen zum Schluß der Jassy-Offensive, Ende August 1944

Rumänien

  • 8.305 Gefallene
  • 24.989 Verwundete
  • 170.000 Gefangene und Vermißte
  • 25 Flugzeuge

Sowjetunion (nicht nachprüfbare Propagandazahlen)

  • 13.197 Gefallene und Vermißte
  • 53.933 Verwundete und Kranke
  • 111 Flugzeuge

Erlebnisberichte deutscher Soldaten

  • „Die 161. I.D., mit ihr die Kraftfahrzeugkompanie 241, war in dem Raum von Kischinew eingesetzt. Am 20. August gingen wir unseren Schicksalsweg. Wir haben vier Kessel durchbrochen. Am 25. August kam der letzte Armeebefehl. Kleine Kampfgruppen bilden und Marschzahl 24 (in die Pruth-Sümpfe hinein). Die 13. P.D. hält den Pruthbrückenkopf. Bei den Durchbruchsschlachten hatten wir zirka 50 Prozent der Mannschaften verloren, die tot oder verwundet zurückbleiben mussten. In der Schlucht am Pruth blieben allein 4000 Verwundete zurück. Der Pruthübergang war schrecklich, der Pruth sehr reißend und tief. Am 28. August waren wir glücklich über dem Strom, am 29. August kamen wir an einen Nebenarm vom Pruth, hier war die Schleuse gezogen, alles ein See; bis zur letzten Patrone verschossen, nahm uns der Russe in Empfang, und wir waren Gefangene. Wir wurden gesammelt und zu einem Zug von 92 Hundertschaften zusammengestellt, und jetzt begann der Leidensweg von Hussi nach Balti, zirka 300 km. Verpflegung gab es nicht, nur das, was uns die rumänischen Frauen zuwarfen. Panzer und Kraftfahrzeuge fuhren in die Kolonnen hinein. Russenweiber schossen und warfen Handgranaten. Übermüdete und Schlappe wurden erschossen. Bei der Übergabe in Balti waren es nur noch 48 1/2 Hundertschaften. Die Hälfte war auf dem Marsch umgekommen. Am 14. September erhielten wir das erste Essen, ganz nasses Brot; es setzte Ruhr und Typhus ein. Jeden Tag starben 800 – 1200 – 720, so daß man einen Durchschnitt von 800 Toten am Tage nicht als zu viel ansetzt. Es waren zirka 20 000 Mann im Lager. Es kamen immer mehr Transporte, aber es wurden nicht mehr. Diese wurden als Tote wieder in der Nacht weggebracht.“
  • „Am 22. August“, berichtet ein ehemaliger Regimentsadjutant, „greift die feindliche Infanterie mit starker Artillerie- und Panzerunterstützung die schwachen deutschen Linien an und wirft uns weiter nach Westen zurück. Seit diesem Augenblick kann von einem geordneten Rückzug nicht mehr gesprochen werden. Auf höheren Befehl müssen sofort sämtliche Gepäckfahrzeuge vernichtet werden. Bei einem Befehlsempfang auf dem Div.-Gefechtsstand – auf dem Wege dorthin zwangen mich feindliche Jäger dreimal in Deckung, von deutschen Flugzeugen ist nichts zu sehen – erfahre ich, daß die Division in der folgenden Nacht zum Pruth durchbrechen soll. Im Raum nördlich Leova sollen sich das 29., 30. und 44. Korps sammeln, um mit Hilfe der uns bei Hussi erwartenden zwei deutschen Panzerdivisionen den Pruth zu überschreiten. Die Nacht offenbart uns unsere wirkliche Lage. Wir sitzen in einem großen feindlichen Kessel! Durch heftigen Beschuß aller Kaliber kämpft sich die Division unter schweren Verlusten zum Pruth durch, den wir im Morgengrauen erreichen. Im Laufe des Tages strömen die Reste der drei Korps in diesen Raum ein. Jenseits des Flusses (40–50 Meter breit) dehnt sich hinter einem festeren, leicht bewaldeten Streifen eine Sumpfniederung von fast 2 km Breite. Von den drüben erwarteten zwei deutschen Panzerdivisionen ist nichts zu sehen, dagegen nehmen uns vereinzelte feindliche schwere Waffen aus Stellungen jenseits des Sumpfes unter Feuer. Zum Übersetzen stehen nur zwei Schlauchboote für alle drei Korps zur Verfügung. Behelfsmäßig werden einige Flösse hergestellt. Teils mit diesen Übersetzmitteln, teils schwimmend gelangen die Soldaten unter immer stärker werdendem russischem Artillerie-, Granatwerfer-, Panzer- und Pakfeuer ans westliche Ufer. Von einigen in Stellung befindlichen deutschen Geschützen wird das feindliche Feuer schwach erwidert. Die nicht benötigten Kanonen, schweren Waffen (keine Munition) und Fahrzeuge aller Art werden vernichtet oder im Fluß versenkt. Ein Bild des Grauens. Das Übersetzen der drei Korps nimmt volle zwei Tage in Anspruch. Verluste entsprechend. Auf den erwähnten festen Streifen versuchen die drei kommandierenden Generale mit gewissem Erfolg eine Gliederung nach Kampfgruppen. Die gebildeten Kampfgruppen erhalten entsprechende Befehle. Dem Ia des 29. Korps wird der Auftrag erteilt, den Weg über die einzige Brücke, die die tiefste Stelle des Sumpfes überspannt, zu erkunden und über ihre eventuelle feindliche Besetzung aufzuklären. Bei der Führung in der Nacht verirrt sich jedoch der Ia auf dem erkundeten Weg, die Brücke wird verfehlt. Die Kampfgruppen werden auf den festen Boden zurückgenommen und graben sich ein. Das Unternehmen soll in der nächsten Nacht wiederholt werden. Da sich jedoch das feindliche Feuer im Laufe des Tages derartig verstärkt, daß ein weiteres Ausharren bei der großen Masse der Menschen auf dem vorhandenen engen Raum einen Wahnsinn bedeutet, erheben sich die Reste der drei ehemaligen Korps zu einer Verzweiflungstat sondergleichen, die zu den einmaligen Geschehnissen des letzten Krieges zählen dürfte. Durch teilweise bis zum Kinn reichendes Wasser, mit ihren Waffen in den emporgehaltenen Händen, überrennen die Soldaten im Wirbel der krepierenden feindlichen Granaten unter lauten Hurrarufen, ohne selbst schießen zu können, die unermüdlich feuernden russischen Linien jenseits der Niederung. In den anschließenden großen Waldungen sammeln sich die Überlebenden. Der gleichfalls mit durchgebrochene General würdigt in einer kurzen Ansprache den Durchbruch als eine der glänzendsten Heldentaten des letzten Krieges. Infolge des ungeordneten Durchbruchs sind sämtliche bisher noch wirksam zusammengehaltenen Restteile der einzelnen Einheiten auseinandergerissen. Es ist nicht leicht, die heillose Verwirrung zu schildern, in der sich das damalige Geschehen vollzog. Nur sie macht es verständlich, daß so wenig über den letzten Einsatz und das Vermißt sein des einzelnen Mannes berichtet werden kann.“ — Berichtes eines Regimentsadjutanten
  • „Auf dem Marsch von Hussi nach Jassi verstarben von 3000 Gefangenen etwa 600-700 an Entkräftung. Auf den Märschen sind durchschnittlich etwa 10–15 Prozent der Gefangenen aus den genannten Gründen ums Leben gekommen.“
  • „Gefangennahme: 27. August 1944 am Pruth. Marsch bis Balti in Bessarabien, zirka zwei Wochen. Wer nicht mitkam, wurde erschossen. Bei einem Marschtempo von vier Kilometer je Stunde wurden auf dem Marsch von mir im Verlauf von 2–3 Stunden eines Tages etwa 200 tote Soldaten am Marschweg gezählt. Diese Toten rühren wohl von früheren Marschkolonnen her.“
  • „Vom Ort der Gefangennahme an der Donau hatten wir bis zum Sammellager Focsani in Marschsäulen von je 2000 Mann zu marschieren. Es gab täglich Ausfälle von 15–20 Mann, vorwiegend durch Erschießungen. Als die Gefangenen dann endlich nach Wochen in den Sammellagern zusammengezogen waren, hatte ihre Gesundheit bereits schwer gelitten. Ihre Anfälligkeit gegenüber ansteckenden Krankheiten, wie sie bei einer solchen Zusammenpferchung vieler Tausender von Menschen an der Tagesordnung sind, war daher besonders groß – ebenso die Zahl der Toten. Zeitweise waren in Balti z. B. 30000, in Focsani 25000, in Jassy 20000 (häufig wird sogar die doppelte Anzahl genannt) und in Reni etwa 12000 Mann konzentriert, meist unter freiem Himmel, bei völlig unzulänglichen hygienischen Verhältnissen und praktisch ohne ärztliche Fürsorge. Auch für Tiraspol, einem der wichtigsten Gefangenenlager, wird eine sehr hohe Gefangenenzahl genannt, nämlich 40000. In den Sammellagern wüteten daher Ruhr, Typhus, Fleckfieber, Tbc, Gelbsucht und andere gefährliche Krankheiten.“
  • „Gestorben sind an Hunger und Ruhr im Sammellager Tiraspol bzw. seinen sanitären Notanstalten in der Zeit von Ende August 1944 bis Mitte Januar 1945 nicht weniger als 11500 Mann. Diese Zahl ist von zehn Ärzten errechnet, die bis zum fast vollständigen Abtransport der Kriegsgefangenen nach dem Zentrum Rußlands noch in den einzelnen Unterabteilungen des Lazaretts zurückblieben. Bei meinem Abtransport sowie dem der übrigen Ärzte blieben noch etwa 350 Kriegsgefangene zurück, ebenfalls in bedrohlichem Zustand, so daß sich die Totenzahl noch erhöht.“ „Im Durchgangslager Balti (Belzy) in Bessarabien befanden sich zum aller größten Teil Angehörige der 6. Armee, die im August 1944 nach der Kapitulation Rumäniens in Gefangenschaft geraten waren. Die Gefangenen kamen z. T. dürftig bekleidet, fast alle aber unterernährt und erschöpft im Lager an. Leute, die verwundet in Gefangenschaft geraten waren, dürften den Marsch zum Sammellager nicht geschafft haben. Im September 1944 brach in diesem Sammellager Balti, das eine Stärke von 22000- 24000 Mann aufwies, eine Ruhrepidemie aus, die innerhalb von vier Wochen schätzungsweise 13000–17 000 Mann hinwegraffte. Z. B. starben etwa 600 Mann an einem Tag. Eine Registrierung wurde und konnte bei diesem Massensterben naturgemäß nicht durchgeführt werden.“
  • „In Jassy wurden alle sogenannten ‚Lazarettlager‘, d. h. Ruinen, Schuppen, Erdbunker usw. mit Gefangenen vollgepfercht – ohne jede Möglichkeit einigermaßen medizinischer Versorgung, wobei die Ruhr grassierte und dabei die gegebene Ernährung (fast 80 Prozent nur Sojamehl) das ihre tat, die Sterblichkeit ständig steigen zu lassen. Nach verschiedenen Umgruppierungen kam ich Oktober/ November in ein Krankensammellager (Gefangenenlazarett genannt), wo wir alles taten, um mit unvorstellbar primitiven Mitteln zu heilen und zu helfen (große Operationen mit Minimalbesteck, Bluttransfusionen aus Blechirrigator usw.). Trotzdem verstarben dort von Oktober 1944 bis Februar 1945 von vielleicht 7000 Mann zirka 3900. Einige an den Folgen ihrer schweren Verwundungen (Brust-, Bauchschüsse usw.). Einige an Fleckfieber und fast 3000 Mann an Ruhr und Dystrophie.“
  • „Im Oktober 1944 kam ich dann mit einem Transport von 5000 Mann in das Donezgebiet. Am 11. Oktober 1944 kam ich mit noch 1644 Mann in das Lager 144/4 Kamenka bei Kadiewka. Es dauerte keine drei Monate, so waren von 1644 Mann 800 Mann gestorben an Ruhr, Fleckfieber, Lungenentzündung, allgemeiner Körperschwäche u. a. Der Grund hierfür: zu wenig ärztliche Hilfe, Mangel an Medikamenten, Gleichgültigkeit der Lagerverwaltung, schlechte Bekleidung und katastrophale Behandlung. Das Lager bestand nur ein Jahr, vom 11. Oktober 1944 bis 12. Oktober 1945.“

Literatur

  • Hans Kissel: Die Katastrophe in Rumänien 1944, Beiträge zur Wehrforschung, Band V/VI. Wehr und Wissen Verlag, Darmstadt
  • Karl-Heinz Frieser (Hrsg. im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes): Die Ostfront 1943/44. Der Krieg im Osten und an den Nebenfronten (= Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Band 8. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2007, ISBN 978-3-421-06235-2)

Verweise

Fußnoten