Tresckow, Henning von
Hermann Karl Robert Henning von Tresckow[1][2] ( 10. Januar 1901 in Magdeburg; 21. Juli 1944 in Ostrow bei Bialystok, Polen) war ein deutscher Offizier, Generalmajor der Wehrmacht und einer der Haupttäter des Attentats vom 20. Juli 1944. Der christliche[3] Hoch-, Landes- und Kriegsverräter hatte noch weitere Mordanschläge gegen den Führer des Großdeutschen Reiches geführt. Er endete durch Suizid.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Henning von Tresckow, Sohn von Leopold Hans Heinrich Eugen Hermann von Tresckow und dessen zweite Gemahlin Marie Agnes, geb. von Zedlitz und Trützschler, meldete sich nach dem Notabitur bereits sechzehnjährig am 13. August 1917 als Freiwilliger des Deutschen Heeres und nahm am Ersten Weltkrieg teil. Er war seinem Bruder Gerd in das 1. Garde-Regiment zu Fuß des Garde-Korps gefolgt. Nach seiner Ausbildung u. a. in Döberitz kam er im Frühjahr 1918 an die Kriegsfront. Am 5. Juni 1918 wurde er zum Oberleutnant befördert.
Am 31. Oktober 1920 wurde er aus dem aktiven Dienst der Vorläufigen Reichswehr verabschiedet und begann ein Jurastudium. Vier Jahre später übernahm er das väterliche Gut in der Neumark, trat nach zwei Jahren jedoch erneut in die Reichswehr ein.
Von Oktober 1934 bis September 1936 absolvierte er die Kriegsakademie. Am 28. September 1936 trat er seine neue Stelle in der 1. Abteilung des Generalstabs (Operationsabteilung) im Reichswehrministerium an. Im Januar 1939 wurde er dann nach Elbing zur 21. Infanterie-Division versetzt, wo er Kompaniechef des 10./III. Bataillon/Infanterie-Regiments 45 wurde. Am 1. März erfolgte seine Beförderung zum Major.
Zweiter Weltkrieg
Mitte August 1939 wurde er Erster Generalstabsoffizier (Ia) in der 228. Infanterie-Division. Mit dieser nahm er am Feldzug gegen Polen teil und erhielt für die erfolgreiche Operationsführung der Division Anfang Oktober das Eiserne Kreuz 1. Klasse.
Der Verrat
Tresckow, der seine Verbindungen zu Ludwig Beck und Carl Goerdeler gefestigt hatte, kam unter den oppositionellen Offizieren eine führende Stellung zu. Er war der Meinung, man müsse „Hitler wie einen tollen Hund abschießen“. Der Anschlag war für ihn Ausdruck der Notwehr und Folge einer „sittlichen Verpflichtung“.[4] 1939 als Major in die Führung der Heeresgruppe A unter General Gerd von Rundstedt berufen, wurde er 1940 Oberstleutnant und als Ia (Erster Generalstabsoffizier) zur Heeresgruppe B versetzt, die 1941 in Heeresgruppe Mitte umbenannt wurde. 1942 zum Oberst im Generalstab befördert, versuchte von Tresckow seit Mitte 1942 mehrmals, Anschläge auf Hitler zu organisieren, deren Ausführung jedoch immer wieder scheiterte. Eine Bombe, die er in das Flugzeug des Führers geschmuggelt hatte, detonierte nicht und konnte am Ziel unerkannt wieder entfernt werden. Ende Juli 1943 wurde Tresckow in die Führerreserve versetzt. Er nutzte die Gelegenheit, zusammen mit Claus Schenk Graf von Stauffenberg in Berlin an einem Staatsstreich zu arbeiten. Im Herbst 1943 wurde Tresckow an den Südabschnitt der Ostfront versetzt und dort Ende November 1943 zum Chef des Stabes der 2. Armee ernannt.
Albert Esche, Generalstabsoffizier und Verantwortlicher des Transportwesens, schrieb rückblickend:
- „Einmal fragte Tresckow mich, als wir wieder vor dem Kartentisch standen: ,Esche, wie lange soll das so weitergehen?‘ Jedes halbe Jahr 300 km zurück? Sicher wollte er da feststellen, ob ich für den Widerstand zu gebrauchen bin.“[5]
Unmittelbar vor dem Attentat vom 20. Juli 1944 bestärkte Tresckow Claus von Stauffenberg in dessen Entschluß, den Anschlag auszuführen. Nachdem Henning von Tresckow die Nachricht vom gescheiterten Staatsstreich erhalten hatte, setzte er seinem Leben am 21. Juli 1944 an der Hauptkampflinie bei Ostrow ein Ende. Er ließ sich von einem Soldaten eine 15-Millimeter-Granate bringen, lief mit dieser zu einem Waldrand und zündete sie. Ein Lügner bis zum Schluß, wollte Tresckow seinen Tod als Angriff feindlicher Partisanen aussehen lassen.[6]
Sein Leichnam wurde zunächst nach Wartenberg überführt, da seine Verstrickung in die Verschwörung erst allmählich bekannt wurde. Am 24. Juli meldete der Wehrmachtbericht noch, daß der Generalmajor „in vorderster Linie den Heldentod“ gefunden habe. Der Leichnam wurde am 27. Juli auf Gut Wartenberg bestattet. Durch erste Gerüchte über einen Selbstmord und einsetzende Untersuchungen in der Armee sowie dann der Gestapo und Verhören von anderen Verschwörern des 20. Juli 1944 wurde die Beteiligung Tresckows endlich teilweise aufgedeckt.
Auszug aus einer Rede Henning von Tresckows anläßlich der Konfirmation seiner beiden Söhne in der Potsdamer Garnisonkirche am 11. April 1943:
- „Vergeßt in diesem Zusammenhang niemals, daß Ihr auf preußischem Boden und in preußisch-deutschen Gedanken aufgewachsen und heute an der heiligen Stätte des alten Preußentums, der Garnisonkirche, eingesegnet seid.
- Es birgt eine große Verpflichtung in sich, die Verpflichtung zur Wahrheit, zu innerlicher und äußerlicher Disziplin, zur Pflichterfüllung bis zum letzten. Aber man soll niemals vom Preußentum sprechen, ohne darauf hinzuweisen, daß es sich damit nicht erschöpft. Es wird so oft mißverstanden. Vom wahren Preußentum ist der Begriff der Freiheit niemals zu trennen.
- Wahres Preußentum heißt Synthese zwischen Bindung und Freiheit, zwischen selbstverständlicher Unterordnung und richtig verstandenem Herrentum, zwischen Stolz auf das Eigene und Verständnis für Anderes, zwischen Härte und Mitleid. Ohne diese Verbindung läuft es Gefahr, zu seelenlosem Kommiß und engherziger Rechthaberei herabzusinken. Nur in dieser Synthese liegt die deutsche und europäische Aufgabe des Preußentums, liegt der ‚preußische Traum’!“
Henning von Tresckow hat durch sein Verhalten Verrat am Preußentum begangen:
- „Fabian von Schlabrendorff, Adjutant des ,zutiefst religiösen' (von Boeselager) Widerständlers Henning von Tresckow, der immer als echter Preuße hingestellt wird, aber meines Erachtens keiner war, teilte uns in seinem Buch ,Offiziere gegen Hitler' mit, daß von Tresckow Hitler überredete, seinen Frontbereich zu besuchen, um ihn bei dieser Gelegenheit zu erschießen. Aus mir unerklärlichen Gründen wurde daraus nichts (er hatte sicherlich nicht die Absicht, diese Exekution durchzuführen – d. V.). Man übergab aber beim Rückflug Hitlers nach Ostpreußen dem mitfliegenden, ahnungslosen Oberstleutnant Brandt eine als Geschenk kaschierte Sprengladung, die das Flugzeug, eine viermotorige Condor, mitsamt den rund 30 Insassen in der Luft zerreißen sollte. Hier kann man wohl sagen, selber waren diese Herren zu feige, Hitler zu erschießen, aber man war bereit, eine Flugzeugbesatzung nebst Offizierskameraden und Soldaten in den Tod zu schicken. Nach diesem tapferen Herrn von Tresckow ist in Potsdam eine Kaserne benannt, während man die in Bad Aibling nach dem von seinen Soldaten so beliebten Generaloberst Dietl umbenannte.“[7]
Tod
Am 24. Juli meldete der Wehrmachtbericht, daß Generalmajor von Tresckow nach einem Partisanenüberfall „in vorderster Linie den Heldentod“ gefunden habe. Sein Leichnam wurde nach Gut Wartenberg überführt, wo er am 27. Juli bestattet wurde. Durch einsetzende Untersuchungen durch den Armeerichter Wilken von Ramdohr sowie dann der Gestapo und Verhöre von anderen Verschwörern des 20. Juli 1944, etwa Erich Fellgiebel, wurde die Beteiligung von Tresckows teilweise aufgedeckt. Am 4. August 1944 wurde er durch den „Ehrenhof“ des Deutschen Heeres aus der Wehrmacht ausgestoßen.
Familie
Henning von Tresckow heiratete am 18. Januar 1926 Erika von Falkenhayn (1904–1974), Tochter des einstigen preußischen Generals der Infanterie, preußischen Kriegsministers und Chef des Großen Generalstabs Erich von Falkenhayn (1861–1922). Am 18. April 1927 wurde ihr erster Sohn Mark Hermann Erich Robert von Tresckow geboren, der am 22. Januar 1945 als Kanonier in einem Artillerie-Regiment bei Bentschen (zwischen Posen und Frankfurt an der Oder) gefallen war. Sohn Rüdiger Hermann Erich Henning (1928–2012) wurde Geschäftsinhaber der BHF-Bank. Das Paar hatte auch zwei Töchter.
Beförderungen
- 5. Juni 1918 Leutnant
- im 1. Garde-Regiment zu Fuß
- 31. Oktober 1920 Verabschiedung aus der Vorläufigen Reichswehr
- 1. Februar 1926 Eintritt in die Reichswehr
- mit Fürsprache des Reichspräsidenten Paul von Hindenburgs
- 1. Februar 1928 Oberleutnant
- 1. Mai 1934 Hauptmann
- 1. März 1939 Major i. G.
- 1. März 1940 Oberstleutnant i. G.
- 1. April 1942 Oberst i. G.
- 30. Januar 1944 Generalmajor
Auszeichnungen (Auszug)
- Eisernes Kreuz (1914) II. Klasse [8]
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
- Wehrmacht-Dienstauszeichnung IV. und III. Klasse
- Spange zum Eisernen Kreuz II. Klasse
- Eisernes Kreuz (1939) 1. Klasse
- Deutsches Kreuz in Gold am 2. Januar 1943 [9]
Zitate
- „[D]ieser Eidbruch [der Verschwörer und Täter des Anschlags in der Wolfsschanze] war nach seinem inneren Antrieb, seiner falschen Moral und späteren Rechtfertigung durch und durch christlich-konservativ, darüber sollte sich jedermann klar sein.“ — Dietrich Schuler, 2009[10]
Literatur
- Hans Meiser:
- Verratene Verräter: Die Schuld des „Widerstandes“ an Ausbruch und Ausgang des Zweiten Weltkrieges, Druffel-Verlag, Stegen am Ammersee, 2. Aufl. 2008, ISBN 9783806111798
- Zu Landes- und Hochverrat, in: Rolf Kosiek / Olaf Rose (Hgg.): Der Große Wendig, Bd. 3, Grabert Verlag, Tübingen, 3. Aufl. 2010, S. 449–458
- Rolf Kosiek:
- Legenden zum Attentat vom 20. Juli 1944, in: Rolf Kosiek / Olaf Rose (Hgg.): Der Große Wendig, Bd. 3, Grabert Verlag, Tübingen, 3. Aufl. 2010, S. 467–472
- Weitere Legenden zum 20. Juli 1944, in: Rolf Kosiek / Olaf Rose (Hgg.): Der Große Wendig, Bd. 3, Grabert Verlag, Tübingen, 3. Aufl. 2010, S. 473–479
- Hans Paar: Dilettanten gegen Hitler – Offiziere im Widerstand. Ihre Worte, ihre Taten, Verlag K.W. Schütz, Preußisch Oldendorf, 1985, ISBN 9783877251126
- Friedrich Lenz: Der ekle Wurm der deutschen Zwietracht – Politische Probleme rund um den 20. Juli 1944 (Klappentext, HTML-Version
- Johann von Leers: Die Kirchen als Wegbereiter der jüdischen Macht, 3. Folge. Dürer-Verlag, Buenos Aires, 1956, darin das Kapitel Reichsverräter, S. 48–64, PDF
- Heinz Roth: Widerstand im Dritten Reich, 1976 (PDF-Datei)