Vollard-Bockelberg, Alfred von
Alfred Bernhard Karl Egon von Vollard-Bockelberg ( 18. Juni 1874 in Magdeburg; 24. Juli 1945 für tot erklärt) war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee, des Deutschen Heeres, der Reichswehr und der Wehrmacht, zuletzt General der Artillerie sowie Chef des Heereswaffenamtes und zeitweise Militärbefehlshaber in verschiedenen Städten.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Alfred von Vollard-Bockelberg war der Sohn eines Rittergutsherrn und Generalmajors der Preußischen Armee.
Militär
Nach seiner Kadettenausbildung (Kadettenhaus Potsdam, Kadettenschule Oranienburg und Preußische Hauptkadettenanstalt) trat er am 17. März 1894 als Secondeleutnant in das 2. Garde-Feldartillerie-Regiment (2. Garde-Division im Garde-Korps) in Potsdam ein. 1897 wurde er Abteilungsadjutant, 1902/03 besuchte er die Kriegsakademie. Am 29. März 1903 wurde er zum Oberleutnant befördert. Von 1903 bis 1907 war er Regimentsadjutant, und von 1907 bis 1909 diente er im Großen Generalstab. Am 24. März 1909 wurde er zum Hauptmann befördert und als Generalsstaboffizier in den Großen Generalstab versetzt, wo er unter dem Leiter der 2. Abteilung (Aufmarschabteilung) Oberstleutnant Erich Ludendorff diente. Zum 1. Oktober 1912 wurde er als Batteriechef ins 2. Pommerschen Feldartillerie-Regiment Nr. 17 nach Bromberg versetzt.
Erster Weltkrieg
Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges diente er immer noch im 2. Pommerschen Feldartillerie-Regiment Nr. 17 als Hauptmann, wurde dann aber unverzüglich als Generalsstaboffizier zum Armeeoberkommando 8 unter Generaloberst Maximilian von Prittwitz und Gaffron nach Marienburg kommandiert. Wenige Wochen Später siegte die 8. Armee unter General der Infanterie Paul von Hindenburg und Generalmajor Erich Ludendorff. Als Ludendorff am 18. September 1914 Chef des Stabes der 9. Armee wurde, holte er von Vollard-Bockelberg, den er sehr schätzte, in den Stab.
Am 28. November 1914 wurde er zum Major befördert. In der Folgezeit war er als Generalstabsoffizier tätig, und als von Hindenburg und Ludendorff im August 1916 die Oberste Heeresleitung übernahmen, wurde Major von Vollard-Bockelberg Tage später Abteilungschef (Ic = Reserve und Organisation) beim Chef des Generalstabes des Feldheeres – er galt als hervorragender Organisator und Stratege. Zuletzt war er Verbindungsoffizier zwischen dem Armeeoberkommando in Kolberg und den Abteilungen in der „neutralen Zone“ in Kassel.
Zwischenkriegszeit
Von Mitte Juni bis Ende September 1919 diente er als Ia des XI. Armee-Korps in Kassel unter Generalleutnant Viktor Kühne. Nach Kriegsende am 1. Oktober 1919 in die Vorläufige Reichswehr übernommen, wurde von Vollard-Bockelberg zuerst Regimentsführer, dann am 18. Dezember (mit Wirkung vom 1. Oktober 1920) zum Oberstleutnant befördert und als Regimentskommandeur und Generalstabsoffizier im Gruppenkommando 2 in Kassel eingesetzt. Diese Stellung hatte er bis Mitte 1922 inne und wurde anschließend zum Kommandeur der II. Abteilung im 2. (Preußisches) Artillerie-Regiment in Güstrow ernannt.
Am 1. Februar 1923 erfolgte dort seine Beförderung zum Oberst. Vom 1. Oktober 1924 bis zum 30. September 1926 war von Vollard-Bockelberg Chef des Stabes des Gruppenkommandos 2 und wurde anschließend in das Reichswehrministerium nach Berlin versetzt. Dort war er vom 1. Oktober 1926 bis Mitte 1929 Inspekteur der Verkehrstruppen und wurde zwischenzeitlich am 1. November 1927 zum Generalmajor befördert.
Nach seiner Beförderung zum Generalleutnant am 1. April 1929 wurde er als Inspekteur der Verkehrstruppen am 31. Mai 1929 durch Generalmajor Otto von Stülpnagel abgelöst. Er war vom 1. Juni 1929 bis zu seiner Verabschiedung in den Ruhestand am 31. Dezember 1933 als Nachfolger von Generalleutnant Max Ludwig Chef des Heereswaffenamtes (WaA) im Reichswehrministerium, Chef des Stabes war zuletzt Oberstleutnant Georg Thomas. Am 1. Oktober 1933 erfolgte noch seine Beförderung zum General der Artillerie. Am 31. Dezember 1933 wurde sein Abschied bewilligt unter Verleihung der Uniform des 2. (Preußischen) Artillerie-Regimentes (spätere Artillerie-Regiment Schwerin, dann Artillerie-Regiment 12), bei dem er früher in Güstrow Abteilungs-Kommandeur gewesen war. Sein Nachfolger wurde Oberst Kurt Liese.
Nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Militärdienst gehörte von Vollard-Bockelberg ab 1934 dem vierköpfigen Vorstand der Braunkohle-Benzin AG an. Dieses Unternehmen war auf die synthetische Treibstofferzeugung ausgerichtet, seit 1937 das bedeutendste Treibstoffunternehmen in Deutschland und maßgeblich an der Erfüllung des Vierjahresplanes beteiligt.
Zweiter Weltkrieg
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde von Vollard-Bockelberg wieder reaktiviert und zum Militärbefehlshaber Posen ernannt. Es folgte am 25. Oktober 1939 seine Ernennung zum Oberbefehlshaber des Grenzschutz-Abschnittkommandos Nord sowie am 5. November 1939 als Nachfolger von Generalleutnant Oskar von Beneckendorff und von Hindenburg zum Kommandierenden General des Wehrkreises I (Königsberg). In beiden Funktionen war er bis zum 14. Mai 1940 tätig, sein Nachfolger wurde General der Artillerie Wilhelm Ulex. Nach einer kurzzeitigen Versetzung in die Führerreserve erfolgte am 1. Juni 1940 seine Ernennung zum Militärbefehlshaber Paris. Diese Stellung hatte er bis zum 1. August 1940 inne, bevor er abermals in die Führerreserve versetzt und am 31. August desselben Jahres aus der Wehrmacht ehrenvoll entlassen bzw. endgültig in den verdienten Ruhestand verabschiedet wurde.
Verschleppung und Ermordung
Im Mai 1945 wurde General der Artillerie a. D. Vollard-Bockelberg durch sowjetische Truppen völkerrechtswidrig verhaftet, verschleppt und vermutlich ermordet bzw. zu Tode gefoltert. Er gilt seit dieser Zeit als verschollen. Das Amtsgericht Schöneberg erklärte ihn am 11. Juli 1953 rückwirkend zum 24. Juli 1945 für tot.
Hintergründe
Am 24. Juli 1945 drangen Agenten der sowjetischen Geheimen Staatspolizei (GPU) in das Haus des Generals der Artillerie außer Dienst in West-Berlin (Nikolassee) ein und verschleppten ihn. Die Russen warfen ihm vor, daß er gemeinsam mit dem späteren „Marschall der Sowjetunion“ Michail Nikolajewitsch Tuchatschewski vor dem Kriege den Sturz Stalins geplant habe. Die Generäle kannten sich aus der Zeit der Reichswehr, da sie als Ranggleiche Verhandlungen führten.
1932 nahm Tuchatschewski (einst Chef des Generalstabes der Roten Armee, nun stellvertretender Leiter des Revolutionären Kriegsrates) als Gast beim Reichswehrmanöver in Frankfurt (Oder) teil und wurde dort persönlich von Reichspräsident Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg begrüßt. Vier Wochen verblieb er 1932 mit seiner elfköpfigen Delegation in Deutschland und hatte dort intensive Kontakte zu den deutschen Spitzenmilitärs, unter anderem zu dem späteren Generalfeldmarschall und Reichskriegsminister Werner von Blomberg und dem General und späteren Reichskanzler Kurt von Schleicher. Frühere Kontakte hatte er ebenfalls zum späteren General der Infanterie Carl-Heinrich von Stülpnagel. Dabei besuchte Tuchatschewski auch einige deutsche Rüstungsfirmen im Ruhrgebiet. Diese Besuche wurden auch von westlichen Geheimdiensten intensiv beobachtet. Tuchatschewski wurde einer der ersten prominenten Opfer des Bluttäters Stalin während der „Säuberungen“
Alfred von Vollard-Bockelberg soll nach Sibirien gekommen sein, bis dato blieb sein Schicksal ohne amtliche Bestätigung.
Zitat
- „General von Vollard-Bockelberg gehört nicht zu den von russischer Seite zugegebenen exakt 400 deutschen Generälen in sowjetischer Kriegsgefangenschaft während und nach Ende des Zweiten Weltkrieges 1941–56. Tatsächlich befanden sich mindestens 416 deutsche Generäle in sowjetischer Hand. 141 dieser Generäle waren Ritterkreuzträger. Von den 81 in sowjetischem Gewahrsam umgekommenen deutschen Generälen befanden sich 1 Feldmarschall, 3 Generalobersten, 21 Generäle, 47 Generalleutnante und 59 Generalmajore; 2 starben durch Freitod, 21 wurden hingerichtet. 2 der getöteten deutschen Generäle waren Juden, 1 weiterer General war mit einer Jüdin verheiratet.“ — Peter Hild, 2015
Familie
Alfred Bernhard Karl Egon von Vollard Bockelberg war Sohn von Egon Alfred Emil Friedrich Wilhelm Leopold von Vollard-Bockelberg (1849–1937) und dessen Gattin Elisabeth Marie Louise Emilie Valeska von Schmettow (1849–1903). Er hatte fünf Geschwister:
- Emilie Valeska Marie Elisabeth von Vollard-Bockelberg, 7. Nov 1872 in Magdeburg
- Egon Fritz Wilhelm Heinrich von Vollard Bockelberg, 2. Jul 1875 in Magdeburg
- Friedrich Wilhelm von Vollard Bockelberg, 26. Nov 1876 in Hannover
- Emil Alfred Egon von Vollard Bockelberg, 15. Jan 1880 in Oldenburg
- Cäcil Alfred Bernhard Heinrich Ernst Egon von Vollard-Bockelberg 20. November 1882 in Oldenburg; 2. Mai 1948 in Dresden
Sein Vater war Offizier der Reiterei, Veteran des Deutschen Bruderkrieges sowie des Deutsch-Französischen Krieges. Er war von 1892 bis 1897 als Major/Oberstleutnant/Oberst Kommandeur der „Zieten-Husaren“ in Rathenow. Am 17. Juni 1897 wurde er unter Stellung à la suite zum Kommandeur der 5. Kavallerie-Brigade ernannt und am 29. November 1898 zum Generalmajor befördert. Am 15. Dezember 1900 reichte er sein Abschiedsgesuch ein, welches 1904 endgültig akzeptiert wurde.[1]
Ehe
Alfred von Vollard-Bockelberg heiratete Erna Marie Karoline Louise Henriette von Ditfurth am 24. Oktober 1899 in Potsdam. Sie hatten drei Kinder:
- Alfred Egon Hermann Fritz Wilhelm Adolf von Vollard-Bockelberg, 23. Aug 1900 in Potsdam
- Hans Karl Alfred Wilhelm Eduard von Vollard-Bockelberg, 26. Aug 1901 in Potsdam
- Helmut von Vollard-Bockelberg
Auszeichnungen (Auszug)
Kaiserreich
- Kaiser Wilhelm I. Erinnerungsmedaille 1897
- Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse[2]
- Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern[2]
- Pour le Mérite [2] am 4. November 1917
- Preußisches Dienstauszeichnungskreuz[2]
- Bayerischer Militärverdienstorden III. Klasse mit Schwertern[2]
- Ritterkreuz I. Klasse des Albrechts-Ordens mit Schwertern und Krone[2]
- Ritterkreuz des Ordens der Württembergischen Krone mit Schwertern[2]
- Ritterkreuz I. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen mit Schwertern[2]
- Hessische Tapferkeitsmedaille[2]
- Mecklenburgisches Militärverdienstkreuz II. Klasse[2]
- Braunschweigisches Kriegsverdienstkreuz II. Klasse[2]
- Friedrich-August-Kreuz I. Klasse[2]
- Ritterkreuz I. Klasse des Hausordens vom Weißen Falken mit Schwertern[2]
- Ritterkreuz I. Klasse des Sachsen-Ernestinischen Hausordens mit Schwertern[2]
- Sachsen-Meiningisches Kreuz für Verdienste im Kriege[2]
- Reußisches Ehrenkreuz III. Klasse mit Schwertern und Krone[2]
- Hanseatenkreuz Lübeck[2]
- Ritterkreuz des Österreichisch-kaiserlichen Leopold-Ordens mit der Kriegsdekoration[2]
- Orden der Eisernen Krone III. Klasse mit der Kriegsdekoration[2]
- Österreichisches Militärverdienstkreuz III. Klasse mit der Kriegsdekoration[2]
- Silberne Imtiaz-Medaille mit Schwertern[2]
- Medschidié-Orden III. Klasse mit Schwertern[2]
- Eiserner Halbmond[2]
- Komtur des Bulgarischen Militärverdienstordens[2]
- Erinnerungsmedaille der Heeresgruppe „Kronprinz“
Drittes Reich
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
- Wehrmacht-Dienstauszeichnung, IV. bis I. Klasse
- Wiederholungsspange (1939) zum Eisernen Kreuz II. und I. Klasse (1914)[3]
Fußnoten
- Geboren 1874
- Gestorben 1945
- Deutscher General der Artillerie
- Major (Preußen)
- Major (Heer des Deutschen Kaiserreiches)
- General der Artillerie (Reichswehr)
- General der Artillerie (Heer der Wehrmacht)
- Befehlshaber des Wehrkreises I (Heer der Wehrmacht)
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Person (Wirtschaft im Deutschen Reich, 1933–1945)
- Träger des Eisernen Kreuzes I. Klasse (1914)
- Träger des Hausordens von Hohenzollern
- Träger des Pour le Mérite (Militärorden)
- Träger des ö.k. Leopold-Ordens (Ritter)
- Träger des Ordens der Eisernen Krone (III. Klasse)
- Träger des Ordens der Württembergischen Krone (Ritter)
- Träger des Ordens vom Zähringer Löwen (Ritter I. Klasse)
- Träger des Bayerischen Militärverdienstordens (III. Klasse)
- Träger des Österreichischen Militärverdienstkreuzes III. Klasse
- Träger des bulgarischen Militär-Verdienstordens
- Träger des Eisernen Halbmondes
- Träger des Mecidiye Ordens
- Träger des Albrechts-Ordens (Ritter 1. Klasse)
- Träger des Hanseatenkreuzes (Lübeck)
- Träger des Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausordens (Ritter I. Klasse)
- Träger des Hausordens vom Weißen Falken (Ritter/Ritter I. Klasse)