Killinger, Manfred von
Karl Theodor Hermann Manfred Freiherr von Killinger ( 14. Juli 1886 in Nossen (Gut Lindigt); 2. September 1944 in Bukarest) war ein deutscher Offizier der Kaiserlichen Marine, Freikorpskämpfer, Politiker, SA-Obergruppenführer, Schriftsteller, Mitglied des Reichstages und Diplomat.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Krieg und Zwischenkriegszeit
Von Killinger trat nach dem Abitur im April 1904 in die Kaiserliche Marine ein (Crew 4/04). Im Ersten Weltkrieg diente er zuletzt als Kapitänleutnant. Anschließend beteiligte er sich im Freikorps beim Grenzschutz „Ost“ gegen polnische Aggressoren und übernahm später die Finanzverwaltung der Organisation Consul. Wie die meisten Mitglieder der O. C. gehörte er auch dem vaterländischen Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund an. Im Zusammenhang mit dem Attentat auf Matthias Erzberger wurde Killinger angeklagt, jedoch freigesprochen. 1927 wurde er Mitglied der NSDAP, 1932 Inspekteur der Sturmabteilung und ab Februar 1933 Führer der SA-Obergruppe I (Adjutant bis Ende Juni 1934 war Adolf Schmidt) sowie gleichzeitig ab März Reichskommissar für Sachsen.
Drittes Reich
Von Mai 1933 bis 1935 amtierte Killinger als Ministerpräsident in Sachsen und trat dann in den Dienst des Auswärtigen Amtes. Von 1937 bis 1939 war er Generalkonsul in San Franzisko. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges vertrat er 1940 das Deutsche Reich als Gesandter in der Slowakei und anschließend in Rumänien. Nachdem die sowjetischen Bolschewisten 1944 auf die rumänische Hauptstadt vorgerückt waren, wählte Killinger den Freitod.[1]
Chronologie
- Besuch der Fürstenschule St. Afra, des Kadettenkorps Dresden und des Gymnasiums Freiberg
- 6. April 1904 Seekadett in der Kaiserlichen Marine
- auf dem Schulschiff „Stein“
- 11. April 1905 Fähnrich zur See; auf dem Linienschiff SMS „Wittelsbach“
- 28. September 1907 Leutnant zur See
- 16. Oktober 1909 Oberleutnant zur See; auf S.M. Kreuzer „Vineta“
- 1914 Torpedooffizier auf dem Linienschiff SMS „Brandenburg“
- 17. Oktober 1915 Kapitänleutnant
- ab 1915 Kommandant der Großtorpedoboote SMS „V.3“ und „V.45“
- 1916 Teilnahme an der Skagerrakschlacht
- 1918 Freikorps „von Killinger“ der Brigade „Ehrhardt“
- 1919 Kommandeur der Sturmkompanie der Brigade „Ehrhardt“, mit der er sich an der Niederschlagung der Münchner Räterepublik und am Kapp-Putsch beteiligte
- 1920 Ausscheiden aus der Reichsmarine im Range eines Kapitänleutnants
- 1921 Führer der militärischen Abteilung der Organisation Consul (O. C.), Mitglied im Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund
- 1921 Führer der Sturmabteilung „Koppe“ im Kampf um Oberschlesien
- 1923 Führer des sächsischen „Bund Wikings“
- 1. Mai 1928 Eintritt in die SA und die NSDAP
- 1928 Fraktionsvorsitzender der NSDAP im sächsischen Landtag
- 1932 Reichstagsabgeordneter der NSDAP
- Februar 1933 Führer der SA-Obergruppe I (Mecklenburg, Pommern, Berlin-Brandenburg, Ostmark, Magdeburg-Anhalt, Halle-Merseburg, Schlesien)
- 8. März 1933 Reichskommissar für Polizei in Sachsen
- 10. März 1933 Leitung der Landesregierung
- 6. Mai 1933 Ministerpräsident von Sachsen
- Juli 1933 Führer der SA-Obergruppe IV (Sachsen-Thüringen, Magdeburg-Anhalt)
- 1935 Mitglied des Volksgerichtshofes
- 1936–1944 Diplomat im Auswärtigem Dienst
- 1936–1938 deutscher Generalkonsul in San Franzisko, Kalifornien
- 29. Juli 1940 bis 19. Januar 1941 deutscher Gesandter in der Slowakei (Preßburg)
- Januar 1941 deutscher Gesandter im Königreich Rumänien
- 2. September 1944 Freitod vor dem Einmarsch der Roten Armee in Bukarest
Tod
Bei einem Überfall rumänischer Soldaten auf das Gebäude der deutschen Gesandtschaft in Bukarest, der in der Absicht durchgeführt wurde, die Mitglieder der Gesandtschaft zu verschleppen und den Bolschewisten auszuliefern, fand der deutsche Gesandte in Bukarest, Kapitänleutnant außer Dienst Manfred von Killinger, in treuer Pflichterfüllung für Führer und Reich, gemeinsam mit seiner Sekretärin im Keller des Gesandtschaftsgebäudes den Tod. Adolf Hitler gewährte der Witwe eine Dotation in Höhe von 250.000 Reichsmark.[2] Carl August Clodius hatte Killingers Funktion in Bukarest faktisch bereits seit Mai 1944 übernommen.
Er ruht inzwischen auf der Kriegsgräberstätte Bukarest „Pro Patria“; Endgrablage: Block E, Reihe 9, Grab 128. Auf dem Gefallenendenkmal in Altenberg-Schellerhau wird er ebenfalls geführt.
Familie
Manfred war der Sohn des Gutsbesitzers Karl Arthur Freiherr von Killinger und dessen Ehefrau Bertha, geb. Schneider.[3] Er hatte sechs Geschwister, sein älterer Bruder Arthur war ebenfalls Marineoffizier.
Ehe
Kapitänleutnant Freiherr von Killinger heiratete am 24. Januar 1917 in Dresden seine Verlobte Luise Anna Helene Gertrud Martin ( 2. Dezember 1886 in Dresden). Aus der Ehe sind zwei Töchter entsprossen:
- Bertha Ottilie Brigitte Freiin von Killinger ( 29. Mai 1919 in Dresden) ∞ 6. November 1939 Friedrich Volke (⚔ 23. Oktober 1941 an der Ostfront im Raum Metwascha), Oberleutnant und Beobachter der Luftwaffe, Staffelkapitän im Stab der I. Gruppe/Kampfgeschwader 3. Mit ihm fielen der Flugzeugführer Oberfeldwebel Hans von Graurock sowie die restliche Besatzung der Ju 88 A-4. Er wurde posthum mit Wirkung vom 1. Oktober 1941 zum Hauptmann befördert. Friedrichs Bruder war Jagdflieger Oberfeldwebel Maximilian Volke.
- Ottilie Dorka Renate Freiin von Killinger ( 27. Oktober 1921 in Dresden) ∞ 1942 in Bukarest Hauptmann Hans Graf von Holtzendorff, Besitzer von Gut Wünschendorf; geschieden 1943
Witwe Gertrud und ihre Töchter, die Vater und Ehemänner verloren hatten, erlebten, wie die mordende und vergewaltigende Rote Armee am 8. Mai 1945 das Erzgebirge erreichte. Nach zwei Tagen ihres unvorstellbaren Martyriums in Bärenfels bei Kipsdorf entschieden sich alle drei dazu, am 10. Mai 1945 aus dem Leben zu scheiden. Der Grabstein der Familie ist auf dem Friedhof von Schellerhau im Osterzgebirge erhalten (Stand Juli 2019).
Bildergalerie
Adalbert Tuka (links) und der deutsche Gesandte Manfred Freiherr von Killinger
Manfred Freiherr von Killinger, Ion Antonescu (Mitte) und der abberufende Gesandter Dr. jur. Wilhelm August Julius Fabricius (rechts), Bukarest, 3. Februar 1941
Freiherr von Killinger in Rumänien
Auszeichnungen (Auszug)
- Eisernes Kreuz (1914), II. und I. Klasse
- I. Klasse im Juni 1916
- Albrechts-Orden, Ritterkreuz I. Klasse mit Schwertern (SA3a⚔)
- Friedrich-August-Kreuz, II. und I. Klasse
- II. Klasse mit der mit der Spange „Vor dem Feinde“
- Verdienstabzeichen 2. Marine-Brigade Wilhelmshaven der Marine-Brigade „Ehrhardt“
- Schlesischer Adler, II. und I. Stufe mit Schwertern (ggf. auch mit Eichenlaub)
- Nürnberger Parteitagsabzeichen 1929
- Abzeichen des SA-Treffens Braunschweig 1931
- Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP, 1933
- Deutsches Reichssportabzeichen in Bronze
- Herzoglich Sachsen-Ernestinischer Hausorden, Kommandeurskreuz I. Klasse mit Schwertern für militärische Verdienste (Halsorden), 1933 durch Carl Eduard
- Ehrenwinkel für alte Kämpfer
- Ehrendolch der SA mit Wirkung vom 3. Februar 1934
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
- SA-Ehrenstreifen
- Dienstauszeichnung der NSDAP in Bronze und Silber
- Orden vom Slowakischen Kreuz, vermutlich Offizierkreuz (siehe Bild der Trauerfeier)
- Stern von Rumänien, Großkreuz am 8. Januar 1941 durch König Michael
- Ehrenbürgerrecht der Stadt Nossen, Sachsen am 24. März 1933
Schriften
- Erinnerungen der Sturmkompagnie, 1920 (Bestellmöglichkeit des Nachdrucks)
- Heiteres aus dem Seemannsleben, 1923
- Ernstes und Heiteres aus dem Putschleben, 1928
- Die SA in Wort und Bild, 1933
- Kampf um Oberschlesien 1921. Bisher unveröffentlichte Aufzeichnungen des Führers der Abteilung von Killinger, K. F. Köhler, Leipzig 1934
- Der Klabautermann – Ein deutsches Schicksal, 1936
- Das waren Kerle, 1937
Literatur
- Mike Schmeitzner: Martin Mutschmann und Manfred Killinger – Die „Führer der Provinz“. In: Christine Pieper (Hg.): Braune Karrieren – Dresdner Täter und Akteure im Nationalsozialismus. 2012. S. 22–31
- Bert Wawrzinek: Manfred von Killinger. Ein politischer Soldat zwischen Freikorps und Auswärtigem Amt. 2003 (Bestellmöglichkeit)
Fußnoten
- Geboren 1886
- Gestorben 1944
- Deutscher Politiker
- Deutscher Botschafter
- Deutscher Diplomat
- Deutscher Autor
- Militärperson (Kaiserliche Marine)
- Deutscher Kapitänleutnant
- Marineoffizier (Deutschland)
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Ministerpräsident (Sachsen)
- Reichstagsabgeordneter (Weimarer Republik)
- Reichstagsabgeordneter (Deutsches Reich 1933–1945)
- Landtagsabgeordneter (Freistaat Sachsen)
- NSDAP-Mitglied
- SA-Mitglied
- Freiherr
- Mitglied der Organisation Consul
- Träger des Eisernen Kreuzes I. Klasse (1914)
- Träger des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP