Luftangriff auf den Hafen von Bari 1943
Der Luftangriff auf den vom Feind besetzten Hafen von Bari (engl.: air raid on Bari; ital. bombardamento di Bari) fand am 2. Dezember 1943 statt. Die deutsche Luftwaffe zerstörte hierbei erfolgreich Kriegsgerät der Alliierten, das gegen die deutsche Zivilbevölkerung eingesetzt werden sollte. Bari, die italienische Hafen- und Universitätsstadt an der Adria, war im Rahmen der alliierten Invasion in Italien ab Sommer 1943 von US-Amerikanern und Briten okkupiert worden. Der Angriff erreichte das Einsatzziel einer Verlangsamung des feindlichen Aufmarsches gen Norden Richtung Monte Cassino, indem durch Bomben, Explosionen und Feuer 28 feindliche Schiffe versenkt bzw. zerstört und 13 weitere beschädigt wurden (insgesamt 41 Schiffe, des weiteren viele kleinere Boote und Leichterschiffe). Vor allem wurde der US-amerikanische Liberty-Frachter „SS John Harvey“ versenkt, der, was damals nicht bekannt war, völkerrechtswidrig eine geheime Ladung aus mindestens 2.000[1] AN-M47A1-Senfgasbomben[2] transportierte, die zum Einsatz bei der USAAF für einen geplanten alliierten Giftgasgroßangriff auf das Ruhrgebiet gedacht waren. Taktisches Vorbild für den verwegenen Feindflug der deutschen Kampfflieger war der Luftangriff auf den Hafen von Piräus 1941.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Am frühen Nachmittag des 2. Dezember 1943 flog Oberleutnant (nach anderen Quellen noch Leutnant und Kriegsoffizier) Werner Hahn mit seiner Messerschmitt Me 210 über Bari Richtung Nordwesten. Stunden zuvor am Vormittag war ein Konvoi eingetroffen, der von den Geleitzerstörern HMS „Zetland“, HMS „Bicester“ und drei Minenräumbooten der Royal Navy begleitet wurde. Der Hafen war vollgepackt und die vielen Schiffe warteten tagelang auf Entladung, die mit Senfgas beladene US-amerikanische „John Harvey“ z. B., die am 18. November 1943 von Oran (Algerien) aus in See gestochen war (und am 26. November 1943 in Augusta auf Sizilien von einem Offizier der „7th Chemical Ordnance Company“ inspiziert wurde), lag schon sechs Tage auf Reede vor Anker. Kapitän Elwin F. Knowles berichtete später, er wollte angeblich, daß die Ladung seines Schiffes schneller gelöscht werden sollte, dürfte aber aus Geheimhaltungsgründen die Gefährlichkeit seiner Ladung als Grund nicht angeben.
Aufklärer Hahn meldete seine Sichtung sofort an Wolfram von Richthofen, Oberbefehlshaber der Luftflotte 2. Nach Rücksprache mit Albert Kesselring wurde die schnelle Entscheidung getroffen, den Hafen von Bari, Nachschubhafen für die gesamte 8. britische Armee, die von Nordafrika aus im September 1943 italienisches Festland betreten hatte, anzugreifen. Bedauerlicherweise war die Luftwaffe in Italien kaum vorhanden, Heinkel He 111, die u. a. über Minenleger-Sonderstaffeln verfügten, fehlten völlig. Von Richthofen rechnete, daß er zumindest 150 Ju 88 A-4 benötigen wurde, die aus Norditalien und Jugoslawien starten sollten, aber auch diese Anzahl war nicht möglich.
Noch am Nachmittag des 2. Dezember 1943 hatte „Air Marshall“ Arthur Coningham, Kommandeur Northwest African Tactical Air Force (gemeinschaftliche Luftstreitkräfte von Royal Air Force und United States Army Air Force) und somit für den Luftraum im Mittelmeer zuständig, den Medien auf Nachfrage berichtet, daß er es für eine persönliche Beleidigung halten würde, wenn die Deutschen auch nur ein Flugzeug über Bari schicken sollten („I would consider it as a personal insult if the enemy should send so much as one plane over the city.“), obwohl KG 54, KG 76 und andere Einheiten in den letzten Wochen den Hafen von Neapel viermal erfolgreich angegriffen hatten. Die Pressekonferenz in seinem Hauptquartier in der Stadt Bari fand nur wenige Stunden vor dem deutschen Luftangriff statt.
Feindflug
Am späten Nachmittag hoben drei Ju 88 als Pfadfinder ab, vollbeladen mit Düppel-Störstreifen und Leuchtbomben für die Zielmarkierungen. Es war schon dunkel, als sie die Küste südlich Ravenna kreuzten. Die deutschen Pfadfinder sollten von der Adria her ihr Ziel anfliegen. In Höhe von Kap Rossa gingen sie auf 7000 Meter und stellten dann fest, daß der Hafen von Bari wie im tiefsten Frieden hell erleuchtet war. Sie begannen mit dem Abwerfen von Stanniol-Störstreifen, und weil der Hafen in hellem Licht lag, hätten sie sich den Abwurf von Leuchtbomben sparen können, aber Befehl war Befehl.
Um die Arbeiten im Hafen zu beschleunigen, wurde unbedachterweise bei Anbruch der Dunkelheit die gesamte Beleuchtung eingeschaltet, um das Löschen der Ladungen durchgehend zu gewährleisten. Nachdem die Pfadfinder-Maschinen Stanniol-Streifen abgeworfen und so die Radargeräte der Alliierten lahmgelegt hatten, erschienen deutsche Kampfverbände fast unbemerkt über Bari. Erst als um 19.30 Uhr die Bomben im Hafen explodierten, eröffnete die Flak das Feuer.
Am späten Nachmittag des 2. Dezember 1943 hoben insgesamt 96 (nach anderen Quellen 88 oder 105) Ju 88 der I. und II. Gruppe des KG 54 sowie die I. und II. Gruppe des KG 76 auf den Flugplätzen Vilaorba und Aviano im Raum von Mailand zum Angriff auf Bari ab. Um 19.25 Uhr erreichten sie die Hafenstadt an der Adriaküste östlich von Neapel. Kein Scheinwerfer versuchte sie abzufangen, kein Sperrballon schützte den seinerzeit wichtigsten Versorgungshafen der Alliierten auf dem europäischen Kontinent, und kein einziger feindlicher Jäger erschien über Bari. So erfolgreich und ohne Verluste (wenngleich die Briten den unbelegten Abschuß einer deutschen Ju 88 meldeten) war noch nie ein Luftangriff verlaufen. Durch Volltreffer explodierten zwei Munitionsschiffe mit solcher Gewalt, daß die Fensterscheiben in einem Umkreis von 12 Kilometern zersprangen. Eine Ölleitung am Kai wurde getroffen, und das ausströmende Öl entzündete sich an dem Benzin des brennenden Tankers und breitete sich zu einem riesigen Flammenteppich aus. Auch die bisher verschonten Schiffe brannten nun lichterloh.
Dieser nur 20 Minuten dauernde Angriff war einer der erfolgreichsten des Zweiten Weltkrieges: Niemals wurden, mit Ausnahme vom Angriff auf Pearl Harbor, so viele Schiffe mit einem Schlag versenkt. Insgesamt wurden 19 Transporter mit 73.343 BRT vernichtet und 7 schwer beschädigt. Die Verluste unter den Wachmannschaften und Seeleuten betrugen über 1000 Mann. Mindestens 800 Menschen wurden verwundet oder verletzt, viele starben Tage, manche Wochen später durch Senfgas, auch Hunderte italienische Zivilisten starben am Giftgas der „Befreier“. Tausende Italiener flohen aus der Stadt.
Giftgas
Als der Angriff begann, war der Frachter „SS John Harvey“ unter Kapitän Elwin F. Knowles am Pier, 17 andere Schiffe hatten daneben festgemacht oder lagen vor Anker. Seine Ladung bestand neben der hochbrisanten Munition aus mindestens 100 Tonnen (nach einem Spiegel-Bericht 1988 540 t, nach dem Überlebenden George Southern 5.037 t) Gelbkreuz-Gas (schweres Senfgas) in Bomben, jede 45,5 kg schwer, ein äußerst gefährlicher völkerrechtswidriger Kampfstoff, den die alliierte Führung in ihrem Arsenal auf dem italienischen Kriegsschauplatz haben wollte. Gleich zu Beginn des Angriffes bekam die „SS John Harvey“ einen Volltreffer. Das Schiff brannte und mehrfarbige Gasfontänen sprühten in alle Richtungen, manche bis 400 Meter hoch.
Obwohl die Gasbomben ohne Zünder waren, barsten viele von ihnen; der gefährliche Kampfstoff breitete sich im Hafenbecken aus. Das an der Wasseroberfläche schwimmende Gift – zum Glück trieb wenigstens der größte Teil aufs Meer heraus – wurde zur tödlichen Bedrohung für die Überlebenden des Angriffs. Viele der Seeleute und Soldaten konnten aus dem verseuchte Wasser wieder an Land gezogen werden. Doch weder die Rettungsmannschaften noch die Geretteten ahnten etwas von dem Senfgas. Den militärischen Dienststellen im Hafen war zwar bekannt, welche gefährliche Ladung die „SS John Harvey“ an Bord hatte, waren aber mit der Geheimhaltung bedacht. Einige der Überlebenden erinnerten sich später daran, daß sie einen „Knoblauchgeruch“ wahrgenommen haben, doch maß dem niemand eine Bedeutung bei. Und in den überfüllten Krankenhäusern kümmerte sich keiner um die Menschen, die zwar mit Öl verschmiert, aber äußerlich nicht verletzt waren. Sie wurden einfach in ihrer durchnäßten, mit Senfgas getränkten Kleidung in allen möglichen Quartieren untergebracht.
Bereits zwei Stunden danach klagten die ersten von ihnen über furchtbare Schmerzen, als hätten sie Sand in den Augen. Bereits 18 Stunden nach dem Angriff wurde der erste Todesfall durch Einwirkung des gefährlichen Giftstoffes gemeldet. Es gab viele Hunderte Verletzte, viele Tote, der letzte einen Monat nach der US-amerikanischen Untat.
- „Von der allgemeinen, speziell deutschen Presse und den Polit-Büros wird dieser Tatbestand nicht erwähnt, sogar verheimlicht […] Der Hafen war unter der Gerichtsbarkeit der Briten. Zum einen, weil Bari die wichtigste Basis für die Versorgung der 8. Armee von General Bernard Law Montgomery war, und zum anderen, weil die Stadt auch das neue Hauptquartier der amerikanischen 15. Luftwaffe, die im November des Jahres 1943 aktiviert wurde, war. Die primäre Aufgabe war es, Ziele auf dem Balkan, Italien und vor allem in Deutschland zu bombardieren. Der Commander der 15. Air Force, Generalmajor James H. ‚Jimmy‘ Doolittle wurde am 1.12.1943 nach Bari versetzt. Elwin F. Knowles war der Kapitän der ‚John Harvey‘; es war ein sogenanntes typisches Liberty-Schiff, kaum anders aussehend, als die anderen Schiffe, die im Hafen vertäut waren. Die überwiegende Ladung der Schiffe war konventionell, so unter anderem Munition, Lebensmittel und Ausrüstung für die stationierten Truppenverbände. Aber dieses Schiff hatte eine sehr tödliche Ladung, welche ein großes Geheimnis verbarg. […] Die Bomben sollten verwendet werden, um das Rheinland, explizit Köln und Düsseldorf durch dieses hochgradig wirksame Gas zu entvölkern, damit die alliierten Truppen später ohne Gegenwehr in das Rheinland einmarschieren konnten. Damit stand endgültig fest, daß der Krieg nicht nur gegen die deutsche Armee geführt wurde, sondern auch speziell vor allem gegen die Zivilbevölkerung. […] Am 2. Dezember 1943 kam es dann im italienischen Hafen Bari im Zuge der anglo-amerikanischen Invasion zu einem ungeplanten Giftgasausbruch. Bari als wichtiger Nachschubhafen und das Hauptquartier der 15. US-Luftarmee, dort stationiert, von wo aus die Flächenbombardements in Süddeutschland und auf dem Balkan gelenkt werden sollten. Auch der VS-amerikanische Frachter ‚John Harvey‘ lag im Hafen zum Löschen seiner brisanten Ladung: unter anderem tausende Fliegerbomben, gefüllt mit schwerem Senfgas, auch Schwefel-Lost, Gelbkreuz oder Yperit genannt. […] Erst 2006 wurde in Washington die ‚Tragedy of Bari‘ der Öffentlichkeit bekanntgegeben. Der Spiegel hatte bereits 1988 dazu geschrieben: ‚Ein geheimer Plan enthüllt, daß die Amerikaner gegen Kriegsende bereit waren, einen großen Teil der deutschen Bevölkerung mit Giftgas zu vernichten.‘ Danach sollten von Italien und England aus Tausende Flugzeuge in einer 15-Tage-Operation über 30 deutschen Großstädten Giftgasbomben abwerfen. Je nach den klimatischen Bedingungen wären das leicht flüchtige Phosgen oder das schwerere Senfgas ‚Lost‘ zum Einsatz gekommen. Unter Punkt 4 des Plans („Mögliche Ergebnisse des Angriffs“) errechneten US-Spezialisten der Abteilung für Chemiekriegführung, wie viele Menschen direkt beeinträchtigt, also getötet würden – 5.600.000. Weitere zwölf Millionen würden dem vorgeschlagenen Angriff indirekt ausgesetzt sein. Deutschland war – entgegen der Einschätzung der Londoner Generalität – fast schutzlos. Weder gab es Sirenen für Gasalarm noch genügend gasdichte Luftschutzräume. Etwa 65 Prozent aller Zivilisten im Reichsgebiet besaßen keine Gasmasken. Am schlimmsten stellte sich die Lage bei kleinen Mädchen und Jungen bis zu drei Jahren dar. Sie sollten eigentlich mit speziellen, rundum abgedichteten Gasbettchen und Gasjäckchen aus Gummi ausgerüstet werden. Doch weil es weder genug Kautschuk noch den Ersatzstoff Buna gab, waren fast 90 Prozent der deutschen Kinder ungeschützt.“[4]
Auch der Fall der beiden Geleitzerstörer HMS „Zetland“ und HMS „Bicester“, die beide rund eineinhalb Jahre zuvor in Dienst gestellt wurden, wurde von der Royal Navy streng geheimgehalten: Das „Zetland“ wurde beschädigt, aber ihr Schwesternschiff scher beschädigt. Die Schiffe fischten bei der Ausfahrt aus dem Hafen 30 Überlebende aus dem Hafenbecken und hatten dann Befehl, auszulaufen. Die „Zetland“ schleppte dabei die manövrierunfähige „Bicester“ nach Tarent am Golf von Tarent im Ionischen Meer (Süditalien), das seit der Operation Slapstick am 9. September 1943 in britischer Hand war. Vier Stunden später auf hoher See wurde die gesamte Mannschaft von unerträglichen Augenschmerzen befallen. Als die Schiffe 18 Stunden nach dem Angriff Tarent endlich erreichten, gelang es deren fast völlig erblindeten Besatzungen nur mit Mühe, die Schiffe festzumachen, was nur mithilfe von Navigationsoffizieren im Hafen gelang.
Die britische Krankenschwester Gwladys Rees berichtete später, was sich am Morgengrauen nach dem Luftangriff im Krankenhaus und im Feldlazarett (98th British General Base Hospital) von Bari ereignete. Die Patienten schrien vor Schmerzen, Blasen von der Größe von Luftballonen bildeten sich. Die Vergifteten hatten das Gefühl, von innen zu verbrennen und rissen sich die Kleider, aber auch die Verbände herunter. Viele Ärzte und Schwestern wurden ebenfalls vergiftet, da weder Briten noch US-Amerikaner ihr eigenes Personal noch die Italiener warnten. Gwladys Rees selbst schrieb nach dem Krieg, daß in der ersten Nacht rund 1.000 Männer starben, weitere rund 1.000 in der zweiten Nacht.[5] Krankenschwester Gay Trevithic berichtete, daß Patienten die ganze Nacht gebracht wurden, sie schrien, waren ölverschmiert und schwer verbrannt. Bei manchen fehlten Gliedmaßen. Es war, wie sie berichtete, eine große, sterbende Masse, das Krankenhauspersonal konnte nicht erkennen, ob es Briten, Italiener oder Inder waren.
Vertuschung
Ein Teil der Ladung des US-Frachters „John Harvey“ lief ins Wasser, ein anderer Teil wurde durch die Explosionen und die Brände in der Luft verteilt. Da aufgrund der Geheimhaltung nur wenige Personen in Bari von der Existenz dieser Ladung wußten und diese allesamt umkamen, wurde die Verwundeten zunächst nicht richtig behandelt. Genaue Zahlen über die zivilen Opfer existieren nicht, die meisten Quellen geben zumindest 1.000 Tote an, darunter auch Frauen und Kinder. Die Briten flogen Sanitätsoffiziere und -personal aus Algier ein, um die geheimnisvollen Leiden der unzähligen Patienten zu behandeln.
Wenige Tage nach dem Angriff konnte der deutsche Abwehragent Dieter Gollob, der mit zwei weiteren Agenten getarnt in Bari wohnte, mithilfe eines italienischen Kampfschwimmers einen Bombenmantel bergen. Auf dem Gehäuse war die Aufschrift „M47A1“ leicht auszumachen. Schnell wurde die Information in das Hauptquartier im Norden übermittelt, und schnell war klar: Die US-Amerikaner hatten Senfgas mitgebracht – ein Kriegsverbrechen.[6] Gollob berichtete, daß Karl Wolff Heinrich Himmler darum bat, die Information propagandistisch verwerten zu lassen, was dieser jedoch ablehnte.
Derweil überlegten alliierte Befehlshaber, wohlwissend, daß es zu viele Zeugen für eine lange Geheimhaltung gegeben hatte, wie man den deutschen einen „Senfgasangriff“ ankreiden könnte. Am 11. Dezember 1943 konnte ein britischer Taucher ebenfalls einen Bombenmantel bergen. Stück für Stück konnten die militärischen Führer in Bari die neuen Tatsachen zusammentragen und das Ausmaß begreifen, aber zumeist zu spät für die Opfer.
Der überforderte und ratlose britische Generalarzt, Deputy Surgeon General Fred Blesse, ließ Oberstleutnant Stewart Francis Alexander, einen Experten für chemische Kriegsführung, einfliegen. Blesse untersuchte den Angriff und die Opfer, und schon bald war sein Urteil eindeutig: Senfgas auf der „John Harvey“. Dann traf Dr. Stewart F. Alexander direkt vom Eisenhower-Sanitätsstab in Bari ein. Er hatte im Edgewood Arsenal in Maryland trainiert und kannte die verheerenden Auswirkungen von Senfgas. Erst Dr. Alexander wies alle Krankenhäuser an, auf Gelbkreuz-Gas zu behandeln. Seine Untersuchungen und genommenen Proben von den vielen Autopsien führten später zu der Entwicklung der Chemotherapie mit Mechlorethamin (Stickstoff-Lost[7]).
Dr. Alexander berichtete in der Zeitung „Mohave Daily Miner“ vom 20. Mai 1988, daß er drei Tage nach dem Luftangriff der Luftwaffe in einem Bericht der US-amerikanischen Radiomoderatorin Mildred Gillars, die im Auftrag vom Reichssender Berlin deutsche Propagandameldungen verlas und die von den Alliierten auch „Axis Sally“ genannt wurde, hörte, wie diese im Radio fragte: „Na, Jungs, wie gefällt es euch, von eigenem Senfgas verbrannt zu werden (Well, boys, how do you like being burned by your own mustard)?“[8] Dies bestätigt die Aussage des Agenten Gollobs, daß die Deutschen früher als Briten und US-Amerikaner in Bari über das Giftgas Bescheid wußten.
Dwight D. Eisenhower, aber vor allem Winston Churchill befahlen, das Kriegsverbrechen in spe zu verheimlichen. Dennoch genehmigte Eisenhower Dr. Alexanders Bericht, Churchill ließ jedoch diesen einstampfen. Senfgasverwundungen wurden auf seinen Befehl hin als „Verbrennung durch Feindeinwirkung“ klassifiziert.
Aufklärung
US-amerikanische Geheimberichte wurden erst im Jahre 1959 freigegeben, das Verbrechen blieb jedoch unbeachtet. Erst 1967 wurde die Öffentlichkeit durch das Buch „Disaster at Bari“ von Glenn B. Infield über die Tatsachen aufgeklärt. 1975 schrieb Lieutenant Commander außer Dienst Roger Hill von der Royal Navy in seinem Buch „Destroyer Captain“, wie die HMS „Grenville“ kurz nach dem Luftangriff in den Hafen kommandiert wurde und wie er Gerüchte von Senfgas gehört hatte, die er nicht glauben wollte.
1986 gab die britische Regierung gegenüber britischen Überlebenden zu, daß sie Giftgas ausgesetzt worden waren und passten die Pensionszahlungen dementsprechend an. Bert Stevens ( 24. Februar 1995) erhielt als erster eine solche Anerkennung. 1988, durch Initiative des späteren Militärhistorikers sowie Filmemachers Nick T. Spark, seines Vaters Dr. Ronald Spark, des U.S.-Senators Dennis DeConcini und des U.S.-Senators Bill Bradley, erhielt Dr. Alexander eine Anerkennungsurkunde für seinen Einsatz in Bari durch den Generaloberstabsarzt des Heeres (Surgeon General of the United States Army).
Liste der zerstörten und beschädigten Schiffe
Versenkt
- „Ardito“, Flagge: Italien, 3.732 BRT
- „Aube“, Flagge: Frankreich, Frachter, 1.055 BRT
- „Barletta“, Flagge: Italien, Hilfskreuzer, 1.975 BRT, 70 Tote, 14 Vermißte, 44 Verwundete
- „Bollsta“, Flagge: Norwegen, Frachter, 1.832 BRT
- „Devon Coast“, Flagge: Großbritannien, Küstenmotorschiff, 646 BRT
- „Fort Athabasca“, Flagge: Großbritannien, Frachter, 7.132 BRT
- „Fort Lajoie“ , Flagge: Großbritannien, Frachter, 7.134 BRT
- „Frosinone“, Flagge: Italien, Frahcter, 5.202 BRT
- „Genepesca II“, Flagge: Italien, Frachter, 1.628 BRT
- „Inaffondabile“ Flagge: Italien
- „John Bascom“, Flagge: USA, Liberty-Frachter, 7.176 BRT, 14 Tote
- „John Harvey“, Flagge: USA, Liberty-Frachter, 7.177 BRT, 66 Tote
- „John Harvey“ lag beim Angriff zwischen „John L. Motley“ und „Testbank“
- „John L. Motley“, Flagge: USA, Liberty-Frachter, 7.176 BRT, drei Bombentreffer, 60 Tote
- „Joseph Wheeler“, Flagge: USA, Liberty-Frachter, 7.176 BRT, ein Bombentreffer, 41 Tote
- „Lars Kruse“, Flagge: Großbritannien, 1.807 BRT, 19 Tote
- „Lom“, Flagge: Norwegen, Frachter, 1.268 BRT, 4 Tote
- „Luciano Orlando“, Flagge: Italien, Frachter, 86 BRT
- „Lwów“, Flagge: Polen, Frachter, 1.409 BRT
- „MB 10“, Flagge: Italien, bewaffnetes Motorboot
- „Norlom“, Flagge: Norwegen, Frachter, 6.326 BRT, 6 Tote
- „Porto Pisano“, Flagge: Italien, Küstenmotorschiff, 226 BRT
- „Puck“, Flagge: Polen, Frachter, 1.065 BRT
- „Samuel J. Tilden“, Flagge: USA, Liberty-Frachter, 7.176 BRT, zwei Bombentreffer, 27 Tote
- „Testbank“, Flagge: Großbritannien, Frachter, 5.083 BRT, 70 Tote
- „Volodda“, Flagge: Italien, Frachter, 4.673 BRT
Totalschaden
- „Cassala“, Flagge: Italien, Frachter, 1.797 BRT
- „Corfu“, Flagge: Italien, Frachter, 1.409 BRT
- „Goggiam“, Flagge: Italien, Frachter, 1.934 BRT
Beschädigt
- „Argo“, Flagge: Italien, Küstenmotorschiff, 526 BRT
- HMS „Bicester“, Flagge: Großbritannien, Geleitzerstörer, 1.050 BRT
- „Brittany Coast“, Flagge: Großbritannien, Frachter, 1.389 BRT
- „Crista“, Flagge: Großbritannien, Frachter, 1.389 BRT
- „Dagö“, Flagge: Lettland, Frachter, 1.996 BRT
- „Grace Abbott“, Flagge: USA, Liberty-Frachter, 7.191 BRT
- „John M. Schofield“, Flagge: USA, Liberty-Frachter, 7.181 BRT
- „La Drome“, Flagge: Frankreich, Tanker, 1.055 BRT
- manövrierunfähig, wurde von der HMS „Zetland“ aus der Gefahrenzone geschleppt.
- „Lyman Abbott“, Flagge: USA, Liberty-Frachter, 7.176 BRT
- Vier deutsche Bomben verfehlten laut MG-Schütze Donald Meissner das Schiff sehr knapp, dann aber brannte es nach der Explosion der „John Harvey“ lichterloh.
- „Odysseus“, Flagge: Niederlande, Frachter, 1.057 BRT
- „Vest“, Flagge: Norwegen, Frachter, 5.074 BRT
- HMS „Vienna“, Flagge: Großbritannien, Vorratsschiff, 4.227 BRT
- HMS „Zetland“, Flagge: Großbritannien, Geleitzerstörer, 1,050 BRT
Literatur
- Gerald Reminick: Nightmare in Bari – The World War II Liberty Ship Poison Gas Disaster and Coverup, Glencannon Press, Palo Alto 2001
- George Southern: Poisonous Inferno – World War II tragedy at Bari Harbour, Airlife Publishing, Shrewsbury 2002
- George Southern diente von 1942 bis 1946 bei der Royal Navy, erfuhr erst 1976 vom US-amerikanischen Senfgas im Hafen von Bari und ist der einzige Überlebende des Luftangriffes, der ein Buch darüber schrieb.[9]
Verweise
- The Mustard Gas Disaster at Bari Harbor (englischsprachig)
Fußnoten
Besonders lesenswerte Artikel sind außergewöhnlich gelungen und umfassend. Verbesserungen und Erweiterungen sind dennoch gern gesehen. Umfangreichere strukturelle und inhaltliche Änderungen sollten zuvor diskutiert werden. |