Minetti, Bernhard
Bernhard Theodor Henry Minetti ( 26. Januar 1905 in Kiel; 12. Oktober 1998 in Berlin) war ein deutscher Schauspieler.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Nach dem Abitur in Kiel und einem kurzen Studium an den Universitäten München und Berlin absolvierte er von 1925 bis 1927 in Berlin die Staatliche Schauspielschule von Leopold Jessner.
Wirken als Künstler
Ein erstes Engagement erhielt Bernhard Minetti am Reussischen Theater in Gera (1927/28). Er debütierte hier mit zwei Rollen in Schillers „Wallenstein“. Nach nur einer Spielzeit holte ihn Carl Ebert bis 1930 an das Hessische Landestheater in Darmstadt, wo sich unter Hartung ein glanzvolles Ensemble gesammelt hatte. Hier konnte Minetti, der später von seinem „Darmstädter Frühling“ sprach, sein Können in großen klassischen Rollen erproben, als Hamlet und Tartuff, Don Carlos und Ricaut. Von 1930 bis 1945 gehörte er unter Jessner und Gustaf Gründgens zum berühmten Ensemble des Preußischen Staatstheaters in Berlin. Er spielte dort bis zur Schließung im Jahre 1944 den Hamlet, Franz Moor und Gessler, Sigismund (Calderon), Brutus, Ottokar (Grillparzer), Wallenstein, Macbeth, Faust und Robespierre; sowie 1934 in der Premiere des Stückes „Hundert Tage“ (Autor: Benito Mussolini).
Minetti gehörte bis zum Kriegsende dem Ensemble des Berliner Staatstheaters an. Man sah Minetti in 17 Filmen, darunter „Das Mädchen Johanna“, „Robert Koch“, „Henker, Frauen und Soldaten“, „Fridericus“ und „Die Rothschilds“ (1940). Im Krieg war er Assistent von Leni Riefenstahl bei der „Tiefland“-Verfilmung (1940-1944), ein Kolossalwerk, in welchem er eine der Hauptrollen (bei gefährlichen Szenen gedoubelt von Ritterkreuzträger Karl-Peter Jacob) an der Seite der Meisterin übernahm. 1943 gehörte er als Vertreter der schauspielenden Zunft zu den Teilnehmern der Sportpalastkundgebung Dr. Goebbels' („Wollt Ihr den totalen Krieg?“); er habe nicht in den vieltausendfachen „Jaaa!“-Ruf eingestimmt, machte er später weis. Am 16. April 1944 wurde in Breslau Rehbergs U-Boot-Heldenschauspiel „Die Wölfe“ uraufgeführt; Regie: Bernhard Minetti.
Tod
Bernhard Minetti starb am 12. Oktober 1998 in Berlin.
Familie
Der in Kiel geborene Minetti war der Sohn eines italienischstämmigen Architekten, dessen Familie im 19. Jahrhundert aus dem norditalienischen Ort Crusinallo, an der Nordspitze des Lago d'Orta, nach Deutschland eingewandert war.
Bernhard Minetti ist der Vater der Schauspieler Hans-Peter Minetti ( 1926; 2006, dieser avancierte in der DDR 1984 zum Präsidenten des Verbandes der Theaterschaffenden und 1986 zum SED-ZK-Mitglied) und Jennifer Minetti ( 1940; 2011) und der Großvater des Schauspielers Daniel Minetti. Minetti war mit der Kommunistin Elisabeth Minetti ( 1917; 2003) verheiratet.
Auszeichnungen
- 1938: Ernennung zum Staatsschauspieler
- 1973: Berliner Kunstpreis
- 1974: Deutscher Kritikerpreis
- 1994: Theaterpreis Berlin
Filmographie
- 1931: Der Mörder Dimitri Karamasoff
- 1931: Les frères Karamazoff
- 1931: Berlin – Alexanderplatz
- 1935: Mein Leben für Maria Isabell
- 1935: Glückspilze
- 1935: Das Mädchen Johanna
- 1935: Henker, Frauen und Soldaten
- 1936: Der Kaiser von Kalifornien
- 1937: Fridericus
- 1937: Ein Volksfeind
- 1937: Revolutionshochzeit
- 1937: Alarm in Peking
- 1938: Geheimzeichen LB 17
- 1938: Am seidenen Faden
- 1939: Der grüne Kaiser
- 1939: Das unsterbliche Herz
- 1939: Der ewige Quell
- 1939: Robert Koch, der Bekämpfer des Todes
- 1939: Das Stilett
- 1939: Die Frau ohne Vergangenheit
- 1940: Die Rothschilds. Aktien auf Waterloo
- 1940: Friedrich Schiller – Der Triumph eines Genies
- 1944: Tiefland
- 1957: Nebel
- 1960: Paris, 20. Juli
- 1961: Das Kartenspiel
- 1964: Das Bild des Menschen. Gespräche einer letzten Nacht
- 1966: Woyzeck
- 1966: Es
- 1966: Der Fall der Generale
- 1967: Der Schulmeister
- 1967: König Ödipus
- 1968: Der Freischütz
- 1969: Der Tag der Tauben
- 1970: Wir – zwei
- 1975: Colomba
- 1977: Die linkshändige Frau
- 1979: Nachbarn und andere nette Menschen
- 1982: Gedächtnis. Ein Film für Curt Bois und Bernhard Minetti
- 1984: Die vierte Zeit
- 1984: Don Carlos. Infant von Spanien
- 1985: Minetti. Lear
- 1987: Francesca
- 1988: Europa und der zweite Apfel
- 1990: Landläufiger Tod
- 1992: Thea und Nat
Theatrographie(Auswahl)
- 1930/31: Weislingen in Götz von Berlichingen von Johann Wolfgang von Goethe – Preußisches Staatstheater Berlin
- 1930/31: Tartuffe in Tartuffe von Molière – Preußisches Staatstheater Berlin
- 1931/32: Franz Moor in Die Räuber von Friedrich Schiller – Preußisches Staatstheater Berlin
- 1932/33: Wagner in Goethes Faust I und II – Preußisches Staatstheater Berlin
- 1934/35: Edmund in König Lear von William Shakespeare – Preußisches Staatstheater Berlin
- 1935/36: Mephisto in Faust I von Goethe – Preußisches Staatstheater Berlin
- 1936/37: Buckingham in Richard III. von Shakespeare – Preußisches Staatstheater Berlin
- 1937/38: Marinelli in Emilia Galotti von Gotthold Ephraim Lessing – Preußisches Staatstheater Berlin
- 1939/40: Robespierre in Dantons Tod von Georg Büchner – Preußisches Staatstheater Berlin
- 1939/40: Angelo in Maß für Maß von Shakespeare – Preußisches Staatstheater Berlin
- 1940/41: Brutus in Julius Caesar von Shakespeare – Preußisches Staatstheater Berlin
- 1947/48: Oderbruch in Des Teufels General von Carl Zuckmayer – Deutsches Schauspielhaus Hamburg
- 1951/52: Alceste in Der Menschenfeind von Molière – Städtische Bühnen Frankfurt
- 1957: Kommissar der großen Mächte in Die Bürgschaft von Kurt Weill – Städtische Oper Berlin
- 1957/58: Cotrone in Die Riesen vom Berge von Luigi Pirandello – Düsseldorfer Schauspielhaus (Regie: Giorgio Strehler)
- 1959/60: Edgar in Totentanz von August Strindberg – Schauspiel Köln
- 1960/61: Wallenstein in Wallenstein-Trilogie von Schiller – Schauspiel Köln
- 1964/65: Pozzo in Warten auf Godot von Samuel Beckett – Schiller-Theater Berlin
- 1972/73: Kurfürst in Prinz Friedrich von Homburg von Heinrich von Kleist – Schiller-Theater Berlin
- 1972/73: Krapp in Das letzte Band von Samuel Beckett – Theater am Goetheplatz in Bremen (Regie: Klaus Michael Grüber)
- 1973/74: Caribaldi in Die Macht der Gewohnheit von Thomas Bernhard – Salzburger Festspiele
- 1976/77: Minetti in Minetti von Thomas Bernhard – Württembergisches Staatstheater Stuttgart
- 1977/78: Prospero in Der Sturm von Shakespeare – Schiller-Theater Berlin
- 1979/80: Gerichtsrat Walter - Der zerbrochne Krug von Kleist – Schiller-Theater Berlin
- 1980/81: Weltverbesserer - Der Weltverbesserer von Thomas Bernhard – Schauspielhaus Bochum
- 1981/82: Faust in Faust von Goethe – Freie Volksbühne Berlin (Regie: Klaus Michael Grüber)
- 1982/83: Erster Schauspieler in Hamlet von Shakespeare – Schaubühne am Lehniner Platz (Regie: Klaus Michael Grüber, mit Bruno Ganz als Hamlet)
- 1983/84: Karl in Der Schein trügt von Thomas Bernhard – Schauspielhaus Bochum
- 1984/85: Lear in König Lear von Shakespeare – Schaubühne am Lehniner Platz